Berlin, den 13. März 1858

Meine herzensbeste Änny!

Sie bedankt sich für die Glückwünsche zu ihrem Geburtstag und ein Geschenk.

Carl hat Dir wohl möglichst viele Details über unsere liebe kleine Prinzess Friedrich Wilhelm mitgeteilt, die, ohne eben schön zu sein, doch durch die Anmut ihres Wesens gleich alle Herzen erobert hat,  Die Verbindung zwischen Prinzessin Victoria und Prinz Friedrich Wilhelm stieß in der britischen Öffentlichkeit auf viel Kritik: Diese lastete Preußen seine neutrale Haltung während des Krimkriegs nach wie vor an. In einem Artikel kritisierte die „Times‟ das Haus Hohenzollern als armselige Dynastie, die eine unbeständige und unglaubwürdige Außenpolitik verfolge und deren Fortbestand von Russland abhängig sei, und bemängelte, dass die preußische Königsfamilie die Zusicherungen, die sie während der Revolution 1848 dem Volk gegeben, nicht eingehalten habe. In Deutschland war die Reaktion geteilt. Liberale Kreise begrüßten die Verbindung, während viele Mitglieder des preußischen Königshauses und der politisch konservativen Kreise die Verbindung ablehnten, vgl. Pakula, Hannah, An Uncommon Woman. The Empress Frederick. Daughter of Queen Victoria, Wife of the Crown Prince of Prussia, Mother of Kaiser Wilhelm, London 1997, S. 52; Herre, Franz, Kaiserin Friedrich. Victoria, eine Engländerin in Deutschland, Stuttgart 2006, S. 41.
 [Schließen]
selbst die der politischen Gegner der englischen Verbindung.
Da wir unserer Trauer wegen gar nicht ausgingen, so hatten wir die junge Prinzess nur einmal, und zwar bei ihrer ersten Cour gesehen, und da war mir dann eine große Freude, vor Kurzem auf einem Diner bei der Fürstin Liegnitz, en petit commité, mit der kleinen Prinzess zusammen zu treffen. Der Prinz Friedrich Wilhelm sagte mir bei dieser Gelegenheit, dass er im Juni bestimmt mit seiner Gemahlin nach Preußen zu kommen gedächte und dass er uns in Friedrichstein zu besuchen hoffe. Auch würde es ihm große Freude machen, seiner Gemahlin Steinort zeigen zu können, er fürchte jedoch   Textverlust [...]

Zitierhinweis

Pauline Gräfin von Dönhoff an Anna Gräfin von Lehndorff. Berlin, 13. März 1858. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_fh3_4t4_fdb