30. Juli 1858

Ich habe diese Woche einen wahrhaft glücklichen Tag gehabt.  Vgl. Album Mecklenburgischer Schlösser und Landgüter, Bd. 1.
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Vor 10 Tagen bekam ich einen Brief von Baron Maltzahn aus Rothenmoor i. Meckl.
Dieser sagte mir, Graf Hahn sei in Gastein, derselbe, der vor einem Jahre uns 120 Taler schickte für die Armen und Schulkinder zur Versorgung mit unseren neuen Gesangbüchern. Da ich so nahe wohne, möge ich nicht unterlassen, ihm in Gastein mein Kompliment zu machen. Nun reise ich schon seit etwa 15 Jahren nach Wildbad, ohne hinzukommen. Siehe da nun den willkommenen Anlass dazu.   Er reiste über Schwarzach und nächtigt in dem Wirtshaus, in dem der Salzbund von 30.000 evangelischen Salzburgern geschlossen wurde, die aus Glaubensgründen ausgewandert waren, vgl. hierzu https://www.sn.at/wiki/Salzbund .
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Vorigen Dienstag fuhr ich mit unserem Wagen von hier ab.
  Editorische Auslassung [...] Nun hatte ich schon ein Paar Tage vorher an Graf Hahn geschrieben. Ich lies mich anmelden und wurde gleich zu ihm geführt. Er lag noch im Bett, da er einen heftigen Gichtanfall gehabt hatte. Ich musste mich zu ihm setzen und erzählen. Ich dankte ihm für die erwiesene Wohltat und dann fragte er mich wegen unseres Kirchenbaus und sagte: „Ich habe dafür ein kleines Scherflein hergerichtet‟, und gab mir 100 Gulden. Dann kam seine Tochter, Gräfin Lehndorff von Steinort in Preußen, begrüßte mich liebenswürdig. Es folgten noch ein Herr und eine Dame und dann die Domestiken. „Wir halten eine kleine Morgenandacht alle Tage und heute bitten wir Sie, lieber Herr Pastor, diese zu halten.‟   Editorische Auslassung [...]

Die Gräfin, eine wahre Engelsgestalt, nahm mich bei der Hand, führte mich in ein anderes Zimmer; da musste ich ihr von unserer Gemeinde erzählen; bald kam auch der Graf, auf seinen Stab gestützt, und ich saß noch eine Weile. Dann lud man mich zu Mittag ein, wo ich noch ein paar glückliche vergnügte Stunden mit diesen edlen Menschen verbrachte. Es war auch der Geburtstag der kleinen auch gegenwärtigen Komtess Anni Lehndorff, Da musste ich in Champagner ihre Gesundheit ausbringen.

Der Herr segne diese lieben teuren Menschen!

Zitierhinweis

Johann Heinrich Volkening an seine Tochter Ida Rische. 30. Juli 1858. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_r3v_kwj_r2b