Wiesbaden, Sonnenberger Str. Nr. 11, 8. November 81

Gnädigste Gräfin,

 Anna Lehndorff war deren Tante.
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Lilla
hätte gern selber an Sie geschrieben und Ihnen eine Bitte vorgetragen, erwartet aber in 14 Tagen ihre Entbindung und ist zu angegriffen, um die Sache in die Hand zu nehmen - weshalb ich es übernehme, Ihrer Liebenswürdigkeit dieselbe zu unterbreiten.

Es lebt hier in Wiesbaden ein sehr entfernter Vetter von mir, ein Freiherr von Egloffstein, Weimarischer General und Ob.-Stallmeister a. D. Er ist Witwer von einer  Ida von Gagern, verh. Freifrau von Egloffstein. Sie war bereits 1864 im Alter von 30 Jahren verstorben.
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Frau von Gagern
, ist sehr kränklich und wird von seiner einzigen eben erwachsenen  Elisabeth Ida Isabelle von Egloffstein, geb. 1862. Sie heiratete Karl Freiherr von Woellwarth,
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Tochter
gepflegt. Sein einziger Sohn ist Kadett in Lichterfelde und für diesen wünscht er sich brennend, dass die Kaiserin denselben, der ja Weimaraner ist, zum Pagen ernennen möchte - wie der Vater seinerzeit auch als Page seine Karriere begann. Der General wandte sich an meinen Onkel in Arklitten und bat denselben, die Sache zu vermitteln, mein Onkel aber lehnte es ab, sich mit dieser Angelegenheit zu befassen. Dadurch erfuhren wir davon und Lilla überlegte nun, wie dem alten Herrn, der nicht ahnt, dass wir die Sache aufnehmen wollen, zu seinem Wunsche zu verhelfen sei, und verfiel darauf, sich an Ihre Güte zu wenden in der Überzeugung, dass es Ihnen ein Leichtes sein dürfte, die Sache zu arrangieren. Hoffentlich zürnen Sie uns nicht, dass wir im Vertrauen auf Ihre Liebenswürdigkeit Sie damit behelligen.

Den nächsten Sommer hoffen wir nach Ostpreußen zu kommen, wo ich, da die Pacht von Arklitten abläuft, dasselbe übernehmen soll. Wir versuchen hier nach 5 Wintern an der Riviera wieder einen deutschen Winter zu erleben, was Lilla leichter wird als mir. Lilla grüßt Sie, gnädigste Gräfin, herzlich. Mit der Bitte um meine Empfehlungen an den Grafen küsst Ihnen die Hand verehrungsvoll

Ihr gehorsamster Freddy Egloffstein

Zitierhinweis

Friedrich Leopold (Freddy) Graf von und zu Egloffstein an Anna Gräfin von Lehndorff. Wiesbaden, 8. November 1881. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_s5q_rrt_hdb