Steinort, 12. Oktober 1784
Hochwürdiger und Hochgeborener ReichsgrafGnädigster Graf und Herr!
Heute ist auch die Sie fand am 11. und 12.
Oktober statt. Der Landrat, Obristleutnant von Graevenitz, musste den Major dabei
begleiten, vgl. LASA, StA L, Bestand 21950 FA Lehndorff, Nr. 387, Bl.
135-136v (Fragment).
[Schließen]Kantons-Revision
beendiget. Herr Major von Rüchel hat sich dabei zwar als ein exakter
Offizier im Dienst, übrigens aber ganz gefällig und freundschaftlich betragen,
auch soviel, als von ihm abgehangen, hiesige Leute konservieret. Er empfiehlt
sich zu Gnaden und bittet um gnädige Verzeihung, dass seine Geschäfte ihm nicht
verstattet, das erhaltene Schreiben schriftlich zu beantworten. Der
am 20. Mai 1782 zum Generalleutnant ernannte von Anhalt wurde 1783
Generalinspekteur der ostpreußischen Infanterie und Gouverneur von
Königsberg. Dieses Amt behielt er bis zu seiner Dimission am 16. Oktober
1786.
[Schließen]In Kantons-Sachen dependieret das wichtigste allemal
direkt von Herrn Generalleutnant v. Anhalt Exzellenz, dahero Herr Major von Rüchel mir auch unter der
Hand zu verstehen gegeben, dass es das sicherste wäre, Das muss
Lehndorff getan haben. In seinem Brief vom 12. November 1784 übermittelt
Rhenius dessen Dank und „innige Rührung“, ebd., Bl.
120-121v. Zugleich lobt Rhenius dessen Fähigkeiten, Eifer und
Fleiß.
[Schließen]wenn Euer Hochgeboren wegen Herrn Schultz unverzüglich an Herrn Generalleutnant zu
schreiben geruhen möchten, und versicherte mir dabei, dass Ihro Exzellenz als
ein wahrer Freund von Ew. Hochgeboren ihn alsdann nicht würden einziehen lassen.
Vgl. den Brief vom Herbst 1784, in: LASA, StA L,
Bestand 21950 FA Lehndorff, Nr. 397, Bl. 135-136v (Fragment). Hierin
hatte Rhenius Lehndorff mitgeteilt, dass Generalleutnant von Anhalt
verfügt habe, dass alle Kantonisten zur Kantonsrevision, „sie
mögen auch noch so entfernt sich aufhalten“, sich in ihrem
Geburtsort einzufinden hätten. Dies habe im ganzen Land „viel
Gegenvorstellung und selbst von seiten der Kriegs- und
Domänenkammern verursacht, es ist aber alles fruchtlos
gewesen“, auch Schultz müsse sich in Gerdauen
„gestellen, weil er zu diesem Regiment gehört und der Magistrat
deshalb 2 Mal an mich geschrieben.“
[Schließen]Schultz ist 7 Zoll 1 Strich groß, und nach den
Regiments-Anordnungen müsste er jetzt eingezogen werden. Hierbei halte mich noch verpflichtet besonders anzumerken, dass
Herr Schultz für seine Jahre und Lage ein außerordentlich guter Mensch, er ist
in seinem Dienst bis zur Bewunderung unverdrossen fleißig, und da er mit der
hiesigen Verfassung schon so gut bekannt, diesen Gütern fast unentbehrlich.
Das Dach des Speichers ist nunmehro unter göttlicher gnädiger Abwendung allen
Schadens aufgesetzt, und mit Biberschwänzen belegt, die unterste Schüttung wird
auch fertig werden. Die letzte Ankunft des Meisters Bräse war hier sehr nötig, da seine Gesellen
etwas zu dreiste wurden. Sie forderten alle Abend ein Licht, Bett und andere
Dinge, die ich ihnen nicht akkordieren konnte, weil es ganz ungewöhnliche
Neuerungen waren, eben hatten sie sich übernommen, den Rhenius meint wohl
Entresol, ein Zwischengeschoss. Hierzu würde auch die Beschreibung ebd.,
Nr. 387, Bl. 135-136v, passen: „Sobald die Zimmerleute vom
Speicherbau werden abkommen können, wird der enterhol und das Balkon
fertig gemacht werden, die Wand in der großen Stube im neuen Flügel
ist bereits fertig.“ Auch in folgenden Briefen beschwert er
sich über die schlechte Arbeit und die Widerspenstigkeit der Zimmerleute
Bräses, so Bl. 157-157v
(18. Oktober 1784). - Ein Entresol hatte Prinz Heinrich 1777 in einem Flügel seines
Palastes einziehen lassen, Lehndorff erwähnt es mehrfach, vgl.
Schmidt-Lötzen, Nachträge, Bd. 2, u. a. S. 76.
[Schließen]enterhol im Flügel zu
machen, da ich aber ihr Verlangen nicht bewilligte, kündigten sie die Arbeit auf
und ließen alles liegen. Eben kam Meister Bräse und bezeigte über ihr Betragen die größte Unzufriedenheit.
Dem Rädelsführer gab er sogleich seinen Lohn und den völligen Abschied aus
seiner Arbeit. Nachhero sagte mir Bräse, dass ihm seine Leute erzählt hätten, dass allein der
Kammerdiener Über diesen
hatte sich Rhenius gegen Lehndorff mehrfach beschwert, in seinem Brief
vom 12. November 1784 kündigt er dessen Abreise nach Warschau für den Folgetag an, ebd.
Nr. 380, Bl. 120-121v.
[Schließen]
Kahnert
zu dieser Unordnung diese Leute
gereizet, welches ich leicht glauben kann, da er sie in seiner Stube öfters mit
Bier und Branntwein bis in die späte Nacht freundschaftlich bewirtet, und da die
Blumin als Nachbarin über den späten Durchgang unwillig geworden, so sollen die
Gäste nachhero durch die Fenster nach dem Garten ihren Ein- und Ausgang genommen
haben. Dieses wusste zwar schon lange, ich wollte Ew. Hochgeboren aber nicht mit
so vielen unangenehmen Kleinigkeiten belästigen. Da das Übel aber immer ärger
wird, so bin gezwungen, es anzuzeigen.
Der Knecht Pallasch, welchem voriges Mal
die Desertion mit dem Komplott nicht gelungen, ist nunmehro doch entlaufen und
hat von den ihm sogleich nachgeschickten Leuten nicht eingeholt werden können.
Der Knecht Hube ist bei dieser
Gelegenheit auch in Rydzewen im
Kreis Lötzen
[Schließen]
Ridzawen
gewesen, wo Herr v. Gohr mir zur Warnung sagen lassen, dass der
Kutscher Martin seinem letzt hier
gewesenen Knecht im Vertrauen entdeckt, dass er willens wäre, bald in dortige
Gegend zu kommen, um Bosniaque zu werden. Dieses musste mir umso mehr
befremden, da dieser Mensch es wirklich recht gut hat, und ich immer mit ihm
zufrieden bin. Ich habe ihn nichts von diesem merken lassen, auch dem Hube scharf verboten, es jemand
[Schließen]niemand zu
sagen, und George Dusig war Kutscher auf
Groß Steinort, vgl. dessen Lohn- und Deputatzettel in: GStA PK, XX. HA,
Rep. 54 Gutsarchiv Lehndorff-Steinort, Nr. 270.
[Schließen]da der Dusig schon über 1/4 Jahr nicht einen Tag in den Stall
gekommen, sondern
nur seine Krankheit vorschützt, so habe im letzten Quartal sein Lohn und Bier
eingezogen, und dem Martin den vollen
Lohn, so Dusig bisher gehabt,
ausgezahlt, vielleicht wird ihn dieses auf andere Gedanken bringen.
Der Knecht Ribbert, der so lange in
Serwillen auf dem Vorwerk gedient
und seit einiger Zeit hier ist, wünscht, da ihm seine Frau gestorben, die
Gonekin zu heiraten. Er will sich
gerichtlich verpflichten, lebenslang in den Gütern zu bleiben, die Kinder von
der Gonekin sollen Untertanen sein und die 4 Kinder von der ersten Frau auch in
diesen Gütern dienen. Die Gonekin hält es mit ihm und dem Hannibal der Mohr war als Diener in das Schloss
Steinort gekommen.
Anscheinend war er auch 1803 noch nicht verheiratet, denn er habe in
diesem Jahr eine „düchtige Mensche“ aus Taberlack erwählt, die
„natürliche Abneigung der Masurinnen vor der dunklen
Hautfarbe“ habe jedoch die Heirat vereitelt. Vgl. Schultze,
Lebensbild, S. 107.
[Schließen]
Mohren
und ist ganz gleichgültig, wer sie von
beiden erhält, einen Mann will sie aber gern haben.
Die Brau- und Brennerei geht noch sehr gut; auch die Führung des Brauers. Lehndorff erteilte nicht
nur dazu seine Genehmigung, sondern befürwortete alle Hochzeiten, vgl.
den Brief vom 12. November 1784, ebd., Nr. 380, Bl. 120-121v. - Im
selben Brief berichtete Rhenius, die Hochzeit sei ohne Störung des
Braugeschäftes in aller Stille gehalten worden. Fräulein von Gohr habe ihn ermuntert, dazu 1
Scheffel Weizen, 1 Scheffel Korn und 1 Schaf zu geben, er habe 1 Tonne
Bier hinzugefügt. Für den Wunsch des Brauers, ein Schwein „auf der
Mastung zu halten“, bitte er um Genehmigung.
[Schließen]Unter verhoffender hoher Genehmigung ist er vorigen
Sonntag mit der jüngsten Tochter des verstorbenen Schulmeisters
proklamieret.
Voriges Jahr kaufte ich in Königsberg
holländische Saat-Erbsen. Davon überschicke, da sie hier so gut geraten, etwas
zur Probe, durch Dieser befand sich in Steinort, vgl. ebd., Nr. 387, Bl.
158-158v.
[Schließen]Herrn Grafen v. Dönhoff
Es ist hier nun anhaltende trockene Witterung,
und da noch vor Michaelistag, 29. September
[Schließen]Michael sich
starke Nachtfröste eingestellt, so ist die Wintersaat noch wenig grün.
Fortsetzung den 17. Oktober
Soeben komme von Insterburg. Ich
machte mir die Dieser war im Oktober in Berlin, vgl. Nachträge
1775-1806, S. 422, wo Lehndorff ihn zum Essen einlud, und mit ihm
„eine Art Abkommen“ schloss, um die
Justizangelegenheiten „in Gang zu bringen“.
[Schließen]Abwesenheit von Herrn Glave
zunutze, um beim Hofgericht Ew.
Hochgeboren gnädigstem Befehle gemäß Herrn Leitner als Interims-Jusititiarius bestätigen zu lassen. Um
dieses desto sicherer zu erhalten, reiste ich selbst dahin, besprach mich mit
Herrn Wohl
Czudnochowsky, dessen Profession ließ sich nicht ermitteln
[Schließen]
Zudnochowsky
und erbat mir dabei seine Vermittlung, wozu er sehr bereitwillig war und mich
Herrn Hofgerichts-Direktor Puls
vorstellte, welcher auch mein Gesuch sehr gütig bewilligte, und nun erwarte ich
nächstens darüber die schriftliche Bestätigung. Vgl. dessen Brief vom 12.
November 1784, ebd., Nr. 380, Bl. 120-121v.
[Schließen]Da ich
nun diese Sache ganz für mich und also ohne Ew. Hochgeboren Vorwissen
betrieben, so habe ich
mich auch laut dem gnädigen Befehl auf kein festes Gehalt eingelassen, sondern
ein K. Hofgericht gebeten, ihm Das Gehalt wurde
auf 15 Rtlr pro Quartal festgesetzt, vgl. Rhenius Brief von Ende
Oktober, ebd., Nr. 387, Bl. 109-109v.
[Schließen]tägliche Diäten
festzusetzen, womit Leitner
auch zufrieden ist. Bei dieser
Gelegenheit habe auch auf dem Hofgericht die Neuhoffschen Anschläge durchgesehen, und überreiche davon in
der Ebd., Nr.
387, Bl. 158-158v.
[Schließen]Anlage einen kleinen Extrakt. Herr Zudnochowsky
ist zu dem Ankauf dieser Güter sehr anrätig. Ein gewisser Amtmann Eckert hatte die Anschläge dieser Güter zu
hoch angefertigt, dahero wurden sie von dem Hofgericht verworfen und Herr Dr. R.
Henrici auf Barten musste andere Anschläge machen,
welche viel niedriger als die vorigen, Vgl. die Veranschlagung der
Lehndorffschen Besitzungen in: GStA PK, XX. HA, Rep. 54 Gutsarchiv
Lehndorff-Steinort, Nr. 650 (ca. 1784).
[Schließen]und der
beikommende Extrakt ist auf dem Anschlage Herrn Dr. R. Henrici.
Auf der Retour von
Insterburg besuchte ich Leitner, um mit ihm über Verschiedenes zu
sprechen. Herr Kriegsrat Becherer war
eben in Angerburg und ließ mich
sogleich zu sich rufen. Er war ganz von Dankbarkeit, Liebe und Ergebenheit für
Ew. Hochgeboren belebt, mit seinem nun erhaltenen Departement ist er ungemein
zufrieden, So hatte er
sich auch gegenüber Probst Pisanski geäußert, vgl. dessen Brief vom 10. November
1784 an Lehndorff, ebd., Nr. 380, Bl. 118-119v. Zum Vorgang auch
Becherers Briefe vom 14. Mai und 24. August 1784.
[Schließen]und da er es allein Höchstdero gnädiger
Vermittlung zuschreibet, so hat
er mich ersucht, seinen untertänigen Respekt und pflichtvollsten Dank für die
gnädige Verwendung Ew. Hochgeboren vorläufig untertänigst zu vermelden. Er wird
aber auch nächstens selbst seine Schuldigkeit schriftlich zu beobachten nicht
verfehlen. Es wurde auch an die Neuhoffschen Güter gedacht, Herr Kriegsrat
Becherer hat sie diesen Sommer
gründlich bereist und kennengelernt, seine unbegrenzte Treue und Ergebenheit für
Ew. Hochgeboren fordern ihn nunmehro doppelt auf, Hochdenenselben mit dem
rechtschaffenden Eifer zu dem Ankauf dieser Güter zu raten, weil daselbst noch
neue Schöpfungen anzubringen sind, er hätte letzthin zwar nur 45.000 Rtlr. als
den Verkaufspreis gemeldet, alleine jetzt wäre er hinlänglich informiert, dass
Herr Etats-Rat Kulemann, der dass
mehreste Geld in diesen Gütern stehen hat, bei diesem Preis viel verlieren und
sie dafür lieber selbst annehmen würde. Für 47 bis 48.000 Rtlr. glaubt aber Herr
Kriegsrat Becherer, dass sie Ew.
Hochgeboren erhalten würden, vorzüglich ist er aber anrätig, dass bei der
Lizitation darauf gedrungen wird, dass die Das Rittergut war bis 1771 im Besitz der Familie
von Schlieben, als es Major Friedrich Casimir von Finck kaufte. Seine Erben
veräußerten das Gut. Es folgten mehrfache Besitzerwechsel.
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Raudischkeschen Güter
zugleich mit den Neuhoffschen ausgeboten werden, weil ohne diese Neuhoff an
seinem Wert viel verliert, da Barten
die Revenue von 9.000 Rtlr. sicher trägt. Der letzte Termin, wann diese Güter
dem Meistbietenden zugeschlagen werden, ist auf den 4. Mai 1785 bestimmt.
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