Wilkowen, 13. Mai 1880

Gnädigste Exzellenz!

Ich Unterzeichnete komme mit einer untertänigsten Bitte.

Ich bin verheiratet an einen alten Witwer, der nicht allein alt sondern auch noch ein Krüppel ist (was ich früher nicht wusste). Er hat einen zersplitterten Arm, ist kurzsichtig und engbrüstig. Früher konnte er mit der Violine noch betteln gehen, jetzt sind ihm von dem Wasser(?) die Füße angeschwollen und muss das Bett hüten. Dazu habe ich noch 3 Kinder und keinen Verdiener.

Also bitte ich Ew. Exzellenz fußfällig, da ich etwas Dünger zu Kartoffeln ausgefahren habe und habe keine Saat bekommen, mit mir Mitleid zu haben und um des Herren willen mir zur Saat Kartoffeln zu verleihen.

Der Allmächtige Herr wird Ew. Exzellenz mit seinem reichen Segen dafür begleiten und beschützen, wenn er sieht, dass ein Christenherz einer Armen seine große Not etwas lindert.

Auf ein gnädigstes Beachten dieser meiner demütigsten Bitte verharrt untertänigst Bertha Assmann
Einwohner Frau

Zitierhinweis

Bertha Assmann an Anna Gräfin von Lehndorff. Wilkowen, 13. Mai 1880. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_uj2_z1j_ycb