Steinort, den 26. Mai 1784
Hochwürdiger und Hochgeborener ReichsgrafGnädigster Graf und Herr!
Ew. Hochgeboren gnädigstes Schreiben aus Berlin
hat allhier eine allgemeine Freude verursacht, Im 23. April hatte Lehndorff mit der ganzen
Familie Steinort in Richtung
Berlin verlassen, um hier
die Angelegenheiten seiner verstorbene Schwiegermutter zu klären, vgl.
die Beschreibung der Reise in: Schmidt-Lötzen, Nachträge, Bd. 2, S. 353
ff.
[Schließen]da
Höchstderen Reise so glücklich beendiget worden, der Höchstgütige Gott sei herzinnig gepriesen, der
auch diese Beschwerden so glücklich überstehen helfen.
Zwei Mal musste nach
Angerburg reisen, ehe ich Herrn
Leitner zuhause gefunden, dahero
nicht im Stande war, anbefohlenermaßen mit rückgehender Post zu antworten. Herr
Probst, dem ich wie auch H. Kaplan die beglückte Ankunft in Berlin meldete,
waren darüber sehr erfreut und versichern den tiefsten untertänigsten Respekt.
Dem H. Leitner ist zwar der letzte
Kontrakt durch Herrn Regierungsrat Glave nicht dotiert worden, letzterer hat ihn aber doch dahin
vermahnt, dass er einen anderen Kontrakt verfertigen müsse. Der
Hofgerichtsreferendar und Angerburger Stadtrichter Johann Georg Leitner
wurde Mitte Oktober 1784 als Interims-Justitiar für die Steinortschen
Güter durch das Insterburger Hofgericht ernannt und bestätigt, vgl.
LASA, StA L, Bestand 21950 FA Lehndorff, Nr. 70; Nr. 387, Bl. 157-157v
(Brief von Rhenius an Lehndorff, 18. Oktober 1784); APO, Bestand 382 FA
Lehndorff, Nr. 54, Bl. 5-6. Zu Leitner: Braumüller, Bernhard, Angerburg
von A-Z. Ein Nachschlagewerk über den Kreis Angerburg, 4. Aufl.,
Rotenburg (Wümme) 2008, S. 448; Pfeiffer, Erich, Der Kreis Angerburg.
Ein ostpreußisches Heimatbuch, 2. Aufl., 1998, S. 93, 516.
[Schließen]Leitner
ist wohl nicht abgeneigt, das hiesige Justitiariat auch nach dem ersten Kontrakt
zu übernehmen, zweifelt aber, dass ihn das Hofgericht auf den ersten Kontrakt
bestätigen wird, besonders, da Herr Glave die Einführung des Kreis-Justitiariats noch gar zu gerne
durchzuführen Willens ist, und würde die Bestätigung schwerlich eher zu erhalten
sein, als bis dem Hofgericht zu
Insterburg durch Ihro Exzellenz dem Herrn Großkanzler aufgegeben
würde, denen hiesigen Gütern ohne Beitritt zum Kreis-Justitariat ein
vorgeschlagenes tüchtiges Subjekt als Justitiarius zu bestätigen, wogegen auch
nichts erhebliches eingewendet werden kann, da das Königsbergsche Hofgericht dieses in seinem ganzen Briefe
bewilligt hat, und diese Güter mit allem Recht eine gleiche Behandlung als der
Adel des Königsbergschen Departements verlangen können. Vgl.
Schmidt-Lötzen, Nachträge, Bd. 2, S. 368.
[Schließen]Wäre es nur irgend möglich, das Ew. Hochgeboren durch Herrn
Großkanzler Exzellenz eine Verfügung an das Insterburgsche Hofgericht zu
bewirken geruhen möchten, dass der neue
Richter zu Drengfurth, H. Prziborowsky, eine Anweisung erhielt, ad
interim die Justizpflege allhier zu besorgen, bis Hochdieselben returnieren, so
könnte man doch auch diesen Mann kennenlernen. H. Leitner scheint mir doch nur wenig Kopf zu haben, und es
ereignen sich doch auch zuweilen Vorfälle, da es sehr nützlich, wenn der
Justitiarius ein Mann von Kopf ist, besonders jetzt, da es so schwer fällt, den
einmal bestätigten Justitiarius wieder los zu werden. Viel besser würde sich ein
Richter zu Drengfurth für hiesigen
Hof schicken, weil er als Richter unter dem
Königsbergschen Hofgericht steht, dahero von dem Insterburgschen Hofgericht nicht soviel als
dem Angerburgschen zu befürchten hat.
Der blessierte Knecht wird bald besser werden, den anderen, der ihn aus
Mutwillen beschädigt, zur Bestrafung in Fesseln zu legen, habe mir nicht
getrauen wollen, da dieses leicht als eine Irregularität in der Justizpflege
angesehen und Herr Glave, der auf
solche hier sich ereignenden Vorfälle gewiss ein wachsames Auge hat, es zum
Vorwand nehmen könnte, unangenehme und nachteilige Bemerkungen zu machen. Zum Bau des Speichers vgl. Schmidt-Lötzen,
Nachträge, Bd. 2, S. 354 f.
[Schließen]
Der Zimmermeister Bräse hat mit mir sehr deutlich und ausführlich über die
großen Türen in dem Speicher gesprochen und mich dringend gebeten, Ew.
Hochgeboren nochmals untertänigst zu befragen, ob solche nicht gewölbt
sein könnten, weil es der Festigkeit des Gebäudes und besonders derer
Balken, die auf den Türen liegen, sehr zuträglich wäre. Die Maurer
sollen nach Pfingsten hier eintreffen, und dann wünschte ich Ew.
Hochgeboren gnädigen Befehl darüber zu erhalten.
Vorige Woche hatte der gute Herr von der Milbe das Unglück, dass in des Hofmanns Haus und der Speicher in
Unleserliche Stelle [...]
mit der ganzen Sommersaat, die er nur Tags vorher
aus Glubenstein holen lassen, wie
auch seinen Vorrat aus anderem Getreide, durch Feuer verloren. Dieses war durch
den schlechten Schornstein in des Hofmanns Haus entstanden, und wenn bei dem
Sturm es der gütigen Gott nicht beschützt, hätte leicht der ganze Ort in Asche
gelegt werden können. Bei solchen Vorfällen vernehme ich mit dankerfüllter Seele
die Güte Gottes, die ähnliche Unglücksfälle, die auch durch das alte Brauhaus
leicht hätten entstehen können, in Gnaden von uns entfernt hat. Die hiesige
Brenn- und Brauerei geht dem Anfänger sehr gut vonstatten, er führt sich dabei
auch recht sehr gut. Vor einigen Tagen hatte er ganz ohne seine Schuld das
Unglück, sich einen Fuß zu verbrühen, es besserte sich aber Gottlob schon jetzt
mit ihm. In der Zeit, da er nicht aus der Stube gehen konnte, hat mein Martin
die Brau- und Brennerei sehr gut in Acht genommen, auch schon ganz allein
vortreffliches Malz gemacht, er erinnerte sich sehr oft an Ew. Hochgeboren, als
Hochdieselben noch auf der Reise waren, und sagte Abends zu mir, wo mögen denn
nun unser lieber Herr Graf schlafen.
Der Garten ist in solcher schönen und
reinlichen Ordnung, dass es ein Vergnügen ist, ihn zu sehen. Die Gräben habe
durch den Voss mit einer Harke reine
machen lassen, beim Hopfen machte er alles verkehrt, ich entdeckte es aber immer
noch früh genug, um es redressieren zu können, und habe ihn jetzt dem Brosch
übergeben. Ew. Hochgeboren geruhten letzthin bei Gelegenheit dero Verlangen zu
äußern, den Kleinbauer ohne Ackerland, nur mit einem Garten. Die Abhängigkeit
reichte bis zur Leibeigenschaft. Siehe hierzu auch Dönhoff, Marion,
Entstehung und Bewirtschaftung eines ostdeutschen Großbetriebes. Die
Friedrichsteiner Güter von der Ordenszeit bis zur Bauernbefreiung,
Königsberg 1935, S. 78 f.
[Schließen]Gärtner
Brosch auf eine andere Art
unterzubringen. Jetzt ist dazu eine schickliche Gelegenheit. Schon im Winter
hatte ich für das Vorwerk Serwillen
mit einem Pachthofmann von der Frau Generalin v. Lossow, der ein Abzugs-Attest mitbrachte, kontrahiert, jetzt
schickt mir die Frau Generalin den Kontrakt zurück und schreibt, dass ihr der
Mann soviel schuldig, dass all sein Vermögen zur Bezahlung nicht hinlänglich
ist, sie könnte ihn also deshalb nicht ziehen lassen. Da nun bis zum 10. Juni
keinen anderen ausmitteln kann, und Brosch nicht abgeneigt ist, diese Kuhpacht zu übernehmen, werde
Ew. Hochgeboren hohe Genehmigung erwarten. In seinem Brief vom 26. November 1784 (in der Akte) lobt Rhenius dessen Arbeit, er habe den
„
Serwillschen
Garten in der kurzen Zeit schon ziemlich verbessert und viele junge
Bäume gepflanzt“.Vgl. die Kauf-, Pacht- und Arbeitsverträge
1744-1893 in: APO, Bestand 382 FA Lehndorff, Nr. 4 bzw. die
Lehndorffschen Kontrakte für die Steinorter Güter, in: APO, Bestand 382
FA Lehndorff, Nr. 47 (1735-1740, 1786-1789).
[Schließen]
Brosch würde sich für Serwillen besonders gut schicken, da
dorten Gelegenheit ist, einen hübschen Garten anzulegen, der ihm in der
Folge in Pacht gegeben werden könnte.
Das
Justizamt Barten schickte abermal
einen Vgl. APO, Bestand 382 FA Lehndorff, Nr. 44. Die
beim Steinorter Patrimonialgericht bestätigten Fischerei-Kontrakte ebd.,
Nr. 549.
[Schließen]Erbpacht-Kontrakt über die Fischerei zu Höchstdero Unterschrift, worinnen aber an die
letzte Erhöhung von 3 Rtlr. gar nicht gedacht wird, ich habe darauf geantwortet,
dass diese Erbpacht wegen des letzten Vorfalls aufgekündigt wäre, und ich zuerst
bei Hochdenenselben untertänigst angefragt habe, ob ich den Kontrakt zur hohen
Unterschrift nach Berlin einsenden
dürfte, oder dem Justizamt remittieren und auf die Aufkündigung bestehen soll.
Es ist mir auffallend, dass der Kontrakt von der Kammer noch nicht
unterschrieben ist, und glaube ich, dass dieses sonst gewöhnlich, denn wenn
solcher zuerst mit Höchstderen Unterschrift versehen wird, kann er wieder einige
Jahre im Amte liegen, und nachher wieder neue Forderungen gemacht werden.
Abschließend bittet Rhenius für den Sohn einer
Magd aus Pristanien und für
ehemals tüchtige Bauern aus Taberlack und Stawisken um ein Hospital-Teil.
Ew. Hochgeboren untertänigster Diener Rhenius
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