Königsberg, den 1. Juni 1927

Betrifft: Gesuch der Kirchengemeinde Rosengarten, Kirchenkreis Angerburg, Regierungsbezirk Gumbinnen, um Bewilligung einer Beihilfe zur Instandsetzung des Kirchengebäudes und der Orgel. Ohne Erlass
Berichterstatter: Konsistorialassessor Dr. Benn

Die Kirche der kleinen unter Privatpatronat stehenden Kirchengemeinde Rosengarten ist im Jahre 1827 erbaut. Die Gemeinde feiert im August d. Js. das Fest des hundertjährigen Bestehens der Kirche. Sie hat den Wunsch, aus diesem Anlass das Gebäude wieder würdig herzurichten.

Gebäude und Einrichtung zeigen einmal Schäden, deren Beseitigung ohne Frage notwendig ist. Es sind eine Reihe von kleineren Reparaturen auszuführen (Ausbessern des Außenputzes, Einbau von Windfangtüren), deren Kosten ohne den nicht nennenswerten Patronatsbeitrag rund 1.000 RM betragen werden; die Patronatsbeitragspflicht hat nur die Lieferung gewisser Materialien zum Inhalt. Eine erheblich höhere Ausgabe steht der Gemeinde dadurch bevor, dass die Orgel einer sehr umfangreichen Instandsetzung bedarf. Die Kosten hierfür werden nach dem uns vorliegenden, von dem staatlichen Orgelrevisor geprüften Anschlag 4.328 RM betragen. Das Instrument ist in seinem derzeitigen Zustand derart schadhaft, dass es ständig zu Störungen des Gottesdienstes führt.

Die weiteren Pläne der Gemeinde gehen dahin, die Ausmalung des Inneren zu erneuern und die schadhafte Ofenheizung durch eine Luftheizung zu ersetzen. Hierdurch würden weitere Kosten im Beitrag von 6.000 RM (für die Ausmalung) und 2.000 RM (für die Heizung) entstehen. Beide Vorhaben hängen insofern zusammen, als bei Erneuerung der Ausmalung die der Heizung notwendig ist, da die Ofenheizung in kurzer Zeit zu einer Verschmutzung des Gebäudes führen würde. Nach dem Urteil des Provinzialkonservators ist die Erneuerung der Ausmalung vom Standpunkt der Denkmalpflege sehr erwünscht und unter diesem Gesichtspunkt namentlich zu fordern, dass sie in künstlerischer Weise ausgeführt wird, was die angegebenen erheblichen Kosten zur Folge hat. Für die Erhaltung des Gebäudes dagegen ist sie ohne Frage nicht notwendig. Man kann sogar in diesem Falle nicht einmal sagen, dass der gegenwärtige Zustand des Gebäudes unwürdig sei. Es ist einfach geweißt und sauber gehalten. Wenn durch die Instandsetzung im Inneren auch die Ausmalung notwendig stellenweise in Mitleidenschaft gezogen wird, so kann dies doch wieder durch einfachen Anstrich behoben werden. Wir werden daher der Gemeinde zwar selbstverständlich, was die Erneuerung der Ausmalung und der Heizung betrifft, insofern unsere Unterstützung gewähren, als es sich um die beabsichtigte Erwirkung einer staatlichen Unterstützung aus Mitteln der Denkmalpflege handelt. Ein entsprechender Antrag scheint nicht ohne Aussicht auf Erfolg zu sein, da jedenfalls die Regierung ihre Befürwortung in Aussicht gestellt hat. Eine Unterstützung der Gemeinde aus kirchlichen Mitteln glauben wird jedoch insoweit nicht befürworten zu können.

Endlich beabsichtigt die Gemeinde die Anschaffung zweier Ersatzkirchenglocken, die ihr jedoch voraussichtlich der Patron Graf Lehndorff-Steinort schenken wird.

Wir bitten gehorsamst, die Gemeinde bei der Instandsetzung des Kirchengebäudes und der Orgel zu unterstützen. Den hierfür erforderlichen Betrag von insgesamt rund 5.300 RM allein aufzubringen, ist sie nicht in der Lage. Sie ist willig, 2.000 RM aus etatsmäßigen Mitteln und durch Sammlungen aufzubringen. Es ist nach unserem Urteil nicht möglich, weitere Leistungen von ihr zu erwarten. Sie hat 2.650 Seelen und hatte im letzten Rechnungsjahr ein Reichseinkommensteuersoll von 13.500 RM, wovon jedoch allein 10.000 RM auf den Kirchenpatron entfallen, und ein Grundvermögensteuersoll von 17.700 RM; die Kirchensteuerzuschläge betrugen 8 und 15 v. H., der etatsmäßige Fehlbetrag 3.800 RM. Da der Patron für die Kirchensteuer insoweit ausfällt, als er zur Beteiligung an den Baulasten speziell verpflichtet ist, würde die Aufbringung eines Beitrages von 2.000 RM allein durch Kirchensteuerzuschläge schon eine nicht tragbare Überlastung der übrigen Gemeinde bedeuten. Da der Patron sich voraussichtlich zur Stiftung zweier Glocken bereitfinden wird, kann man auch eine größere freiwillige Beteiligung an dem Bauvorhaben im übrigen von ihm nicht erwarten.

Eine Unterstützung der Gemeinde durch die Kirchenprovinz ist leider wegen Erschöpfung der Mittel nicht möglich. Wir befürworten daher die Bewilligung einer  Die Beihilfe wurde am 30. Juni 1927 durch den Evangelischen Oberkirchenrat bewilligt. Zur Geschichte der Kirche: Kalweit, Luise, Das hundertjährige Jubiläum der Kirche in Rosengarten, Kreis Angerburg (Ostpr.), Der Reichsbote vom 28. März 1928 (in der Akte).
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Beihilfe von 3.000 RM.
den verbleibenden Betrag von rund 300 RM wird die Gemeinde noch aufbringen können.

Benn

Zitierhinweis

Konsistorialassessor Dr. Benn an den Evangelischen Oberkirchenrat. Königsberg, den 1. Juni 1927. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_wwp_25n_4bb