Steinort, 30. Januar 1852

Euer Exzellenz

beehre ich mich die respektvolle Anzeige zu machen, dass nun plötzlich das so lange ersehnte Frostwetter sich eingefunden und auch allem Anschein nach von Dauer zu sein scheint. Seit Mittwoch haben wir hier anhaltend 8 bis 12 Grad Kälte, wonach seit gestern auch alle Gewässer mit Eis bestanden und so endlich auch Raabe wird fischen können. Die an den Werder-Ufern drapiert gewesenen Streuhaufen, worüber ich schon  Im Brief vom 4. Januar 1852, (Bl. 44-44v).
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in meinem früheren Berichte die Ehre hatte zu sprechen
, sind bereits in Sicherheit gebracht.

Die Brücher in den Forsten sind nun auch durchgefroren, so dass die Holzfuhren ohne Gefährdung des Waldes bewerkstelligt werden können.  Siehe hierzu den Bericht vom 19. Dezember 1851 (Bl. 40-41).
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Sowie die Holzfuhren einigermaßen vorgerückt sind, ist es meine Absicht, sofort die Düngerfuhren in Angriff zu nehmen.

 Diese Stute gehörte zu den Tieren, die im Februar 1852 nach Trakehnen abgegeben wurden, ebd., Bl. 49 (26. Februar 1852).
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In hippologischer Beziehung bedaure ich den Todesfall des Vollblut-Hengstfüllens von der Rozette
und Klettmann anzeigen zu müssen. Das Füllen zeigte keine Fresslust, so dass ich sofort den Tierarzt Kurth von Rastenburg zu Rate zog, der die Krankheit für ein Lungenübel ansprach und auch dagegen wirkende Mittel verordnete, die aber nur insoweit von Erfolg waren, einen starken Durchfall herbeizuführen, womit sich auch mehre Würmer zeigten, so dass auch Wachtmeister Schober die Krankheit für eine Magenschwäche mit einer Überfüllung von Würmern ganz richtig ansprach, doch leider war die Krankheit soweit fortgeschritten, dass alle Mittel ohne die geringste Wirkung blieben und das Tier unter den heftigsten Schmerzen endete. Bei der Sezierung bestätigte sich die Ansicht des p. Schober vollkommen, denn in dem Magen des Tieres wurden reine Schwärme von Würmern vorgefunden, wovon 100te den Magen durchbohrt und daran haften blieben, so dass das Tier auf keine Weise verdauen konnte. p. Schober hat diesen Magen mit den daran hängen gebliebenen Würmern in Spiritus gelegt, um ihn später Euer Exzellenz vorzeigen zu können, Die übrigen jungen Pferde erfreuen sich durchweg des besten Gesundheitszustandes und sind auch bereits sämtliche jungen Pferde, so viel es Witterung und Weg gestattet, eingefahren worden. Bezüglich der in diesem Jahre zu belegenden Stuten, wozu die Zeit heranrückt, erlaube ich mir anliegend eine  Liegt dem Brief nicht bei.
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Liste
von sämtlichen Stuten Euer Exzellenz zur gnädigen Einsicht mit der gleichzeitigen respektvollen Bitte zu überreichen, die für dieses Jahr zu benutzenden Hengste in derselben bestimmen und dann mir zur weiteren Veranlassung gnädigst remittieren lassen zu wollen.

Das Bocken bei den drei Herden Labab, Serwillen und Rosengarten ist nun auch beendigt. Die Schafe haben selten gut gebockt, wozu die flaue Witterung viel beigetragen. Hier ist auch heute das erste Lamm von den wenigen im Herbste hier und in Kittlitz zu dem alten schlesischen Bocke Nr. 165 gekommenen Schafe gefallen, das sehr kräftig und gut bewachsen. Der jüngere schlesische Bock formiert sich täglich zu seinem Vorteil. Die Schafe sind durchweg gesund und erfreuen sich eines recht guten Futterzustandes. Amtmann Pfeiffer von Lyck, der vor wenigen Tagen hier war, fand dieselben vortrefflich.

 Maß für die Alkoholbestimmung im Refraktometer. Siehe auch die Ertragsberechnung der Brauerei Steinort für den November 1851, Bl. 37-38.
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Das Resultat aus der Brennerei für diesen Monat wird sich auf 62 bis 63 % Richter täglich herausstellen.
Die Preise für Branntwein  Ein Wort unleserlich [...] hier zwischen 12 bis 13 Sn. pro 0/1.

 Ob aus diesem Grund 1852 für die Vorwerke Stobben, Serwillen, Taberlack und Stawken neue Pächter eingestellt werden sollten, oder ob lediglich die Verträge ausliefen, ist noch festzustellen, vgl. GStA PK, XX. HA, Rep. 54 Gutsarchiv Lehndorff-Steinort, Nr. 758 (Briefe der Bewerber).
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Der kritische Umstand in diesem Jahre wird die Erhaltung der Leute sein, denn bei dem unter aller Würde lohnenden Getreide verdienen die Leute nicht einmal soviel, um von dem eigenen(?) Verdienst leben und bestehen zu können.
Bis jetzt und Februar durch gebe ich ihnen ihre Aussaatentschädigung als Zuschuss zum Spannverdienst, doch von März ab werden dieselben nur vom Speichergetreide leben müssen, weshalb ich, wenngleich wir Konsumtion, Deputanten und auch auf einige Monate die Inst- und Losleute mit den eigenen Vorräten sicherstellen werden, die Vorsicht ergriffen, Getreide a Conto der Gutsleute zu kaufen, denn ich hatte mit Berücksichtigung dieser Kalamitäten schon seit Beginn des laufenden Rechnungsjahres denselben nur geringe Zahlungen geleistet und jetzt zahle ich denselben nur das nötige Saatgeld. Die Leute stehen dennoch, die Mehrzahl wenigstens, sehr gut, so dass den Unterhebungen einigermaßen ein Riegel vorgeschoben ist. Den Leuten das Geld in die Hände zu geben, ist nicht ratsam, denn sie würden der Mehrzahl nach das Geld verbringen und später das Getreide zu ihrem Unterhalte auch beanspruchen, dass man ihnen auch nicht verweigern könnte, und dadurch unwillkürlich in Schulden geraten müssen, so glaube ich, ist der Gutsherr einigermaßen gesichert und den Leuten geholfen, Der glückliche Umstand dabei ist in diesem Jahre, dass die Einnahmen aus der Wirtschaft dergleichen Vorschüsse gestatten, denn die Brennerei sichert in diesem Jahre alle Ausgaben.

Von den für dieses Jahr aufgestellten Mastschweinen sind acht Stück der besten in den ersten Tagen dieses Monats geschlachtet, dieselben ergaben ein Gewicht von 59 Zentner 28 Pfund oder 1.975 Pfund und beträgt pro Stück 246 7/8 Pfund, dieselben haben 94 Scheffel Bohnen und 23 Scheffel Erbsen konsumiert. Drei etwas später aufgestellte Schweine sollen in nächster Woche geschlachtet werden.

Schließlich verfehle ich nicht, Euer Exzellenz zwei Todesfälle anzuzeigen, der erste betrifft den Gastwirt Glach in Stobben, der schon seit geraumer Zeit an der Lunge gelitten, überhaupt von jeher schwindsüchtig gewesen, und der zweite den Schäfer Carl Scheumann, der in Rosengarten zuletzt fungierte und ebenfalls an einem Lungenübel sterben musste.

Endlich bedaure ich auch noch den Verlust des alten treuen Hundes Boxer anzeigen zu müssen. Der Hund war plötzlich verschwunden, so dass man allgemein glaubte, es hätte ihn jemand umgebracht, doch nach ungefähr acht Tagen wurde von dem Wachtmeister Schober in dem Keller unter der Schreiberei ein Wimmern vernommen, wonach es sich ergab, dass es der alte Hund war, der noch in kräftigerem Zustande von außen durch das Kellerloch diesen Zufluchtsort gewählt hatte, denn wahrscheinlich muss er an Krämpfen leiden, was schon mehrmals vorgekommen war und dann pflegte er dergleichen Schlupfwinkel zu suchen. Er war in dieser Zeit natürlich sehr verhungert und klagte namentlich über eine große Schwäche im Hinterteil, die auch stündlich zunahm, so dass ich den Tierarzt Kurth zu Rate zog. Der Tierarzt konstatierte eine Lähmung, an der der Hund auch wenig später verstarb.

Die bis dato hier eingegangenen an Euer Exzellenz gerichteten  Liegen dem Brief nicht bei.
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Postsachen
, bestehend in drei Piecen, erlaube ich mir respektvoll beizulegen.

Mit dem tiefsten Respekte Euer Exzellenz untertänigster Diener Messerschmidt

Zitierhinweis

Heinrich Leopold Messerschmidt an Carl Friedrich Ludwig Graf von Lehndorff. Steinort, 30. Januar 1852. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_dzl_j5p_dz