Insterburg, 17. September 1872
Editorische Auslassung [...] Frau Gräfin liebes Schreiben hat mich diesmal doppelt erfreut, da dasselbe eine Anfrage wegen Kopieren eines Bildes enthält, welche ich nun hiermit beantworte, dass es mir ein großes Vergnügen gewähren wird, Ihrem Wusch nachzukommen; sie habe eine neue Wohnung mit mehr Licht und Räumen bezogen und sie solle ihr das Bild möglichst bald senden, damit sie in Königsberg das nötige Material besorgen könne.
Sie erhält Geschenke aus Steinort, einen Rehbraten, einen Martinsbraten, und ist
bestürzt, als sie im Winter 1874 keine Briefe mehr erhält: Ich kann
es mir nicht anders denken und muss annehmen, dass ich bei Ihnen verleumdet
worden bin und Tatsachen über mein Verhältnis entstellt worden sind. Diesen
Liebesdienst kann alsdann nur meine Cousine Wallenrodt mir erwiesen haben. Ich liebe zu sehr die Wahrheit
und habe daher Ihnen gegenüber mein Lebensverhältnis ganz aufrichtig so
gezeichnet, wie es wirklich ist. Ihre Cousine sei voller
Tadel über ihre häuslichen Verhältnisse, deshalb habe sie dieser gegenüber
mein Leben hier etwas anders geschildert Editorische Auslassung [...]
,
als es wirklich ist. Denn ihr hauptsächlicher Ärger besteht darin, dass ich
schon viele Jahre mit einer Freundin
zusammenlebe, wodurch sie
Deren Tochter
[Schließen]Selmas einstiges kleines Erbe
geschmälert glaubt.
Nach dem nächsten Brief vom 27. Dezember 1874 aus
Freienwalde (Bl. 16-17v)
scheint es wieder Kontakt gegeben zu haben. Weiß war hierher gezogen in der
Hoffnung, mehr Schülerinnen zum Zeichenunterricht zu finden, darin habe sie
sich getäuscht: Ich wundere mich sehr darüber und glaubte, so nahe
bei Berlin mehr Kunstsinn zu finden.
Sie müsse durch Buntstickerei ihre Einnahmen
aufbessern. Umso glücklicher machte mich Ihr liebes Schreiben, da
mir dasselbe die frohe Aussicht gab, dass die Eröffnung des in Rede stehenden
in
Königsberg, siehe unten
[Schließen]Stiftes nicht mehr so lange dauern würde,
als dies früher zu erwarten stand. Anscheinend gehörte
auch Komtess Anna zu ihren
Schülern, doch habe diese sich in letzt verflossenen Jahren, wie es
den Anschein hat, in der Malerei so ausgebildet, da dieselbe Gelegenheit gehabt,
auswärtig Stunden zu nehmen, dass ich mit meinen bescheidenen Leistungen Frau
Gräfin jetzt unmöglich mehr erfreuen kann. Sie habe keine
Schülerinnen, da in Insterburg
jetzt die Witwe eines früheren Oberlehrers am hiesigen Gymnasium
ohne Existenzmittel zurückgeblieben und 3 Kinder zu erziehen hat, Unterricht in
dieser Kunst zwar mangelhaft erteilen soll und nun, um sie zu unterstützen,
alle, welche Zeichnen lernen, zu ihr gehen. (Bl. 18-19,
Insterburg, 14. November 1877). Sie hofft auf weitere Unterstützung:
Haben Frau Gräfin vielleicht einen Wunsch etwas kopiert zu haben, welche Arbeit
ich ausführen könnte, so bitte ich sehr, mir denselben zukommen zu lassen. (Bl. 20-22v, Insterburg, 27. Dezember 1877). Am 1. Oktober
1880 verlegte sie ihren Wohnsitz nach Königsberg, Kirchhofstraße 12, Seiteneingang (Bl. 23-24, 7.
September 1880). Grund war eine Veröffentlichung in der Hartungschen
Zeitung, dass sich für das dortige Stift Bewerberinnen melden sollen; sie wäre nach Königsberg gegangen, um meine Interessen besser wahrnehmen zu können, habe aber keine Antwort und
gehe davon aus, dass die Stelle bereits besetzt sei, denn sie glaube,
es kommt dort sehr auf Begünstigungen an.
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