Denkschrift der alleruntertänigsten Provinzialstände des 4. Landtages in Preußen, die allergehorsamste Bitte um Errichtung von höheren Bürgerschulen betreffend
Der Allerhöchsten Gnade Eurer Majestät hat die Provinz eine hinreichende Zahl von Gymnasien zu danken. Sie bilden höhere Staatsdiener, Geistliche, Lehrer für höhere wissenschaftliche Schulen, Philologen und Gelehrte von Profession, aber eine höchst bedeutende Lücke wird zwischen dem Gymnasial- und Elementarunterricht täglich fühlbar.
Während erstere streng in ihrem Zweck mit Anwendung aller ihnen zu Gebote stehende Lehrstunden und Übung der Geisteskräfte hauptsächlich durch gelebte alte Sprachen halten, können letztere nur einen dürftigen Unterricht in den niederen Elementarkenntnissen bieten.
Aber Gewerbe, Kunst, Handel, Geschäftsleben in administrativer Anwendung, alles dieses hat einen hohen Aufschwung und größte Ansprüche in der Ausübung genommen.
Die Entdeckungen in den genannten Wissenschaften, Länder und Völkerkunde, lebende Sprachen dürfen dem gebildeten Mittelstande nicht mehr fehlen, wenn er tätig und erwerbend neben den Nachbarvölkern stehen will.
Hierzu scheint es uns unverzichtlich der mehreren Verbreitung der Zur Eirichtung siehe hier
[Schließen]höheren Bürgerschulen zu bedürfen.
Das Gymnasium arbeite auf abstrakte Wissenschaften fort, es bilde zu den Universitäten vor, es schaffe Gelehrte. Die höhere Bürgerschule verbreite nicht Gelehrsamkeit, aber höhere Bildung, sie gebe uns einen kräftigen Gewerbestand, der in Handel, Gewerbe, Ackerkultur usw. sich die neueren Erfahrungen zur Benutzung zu eigen machen könne, den die empfangene Bildung in Stand setzt, jede Entdeckung der Chemie und Mechanik in seinem Gewerbe zum Leben zu bringen. Sie bilde uns Offiziere, die durch lebende Sprache und mehrere Kenntnis vom Geschäfte, Geographie und Hilfswissenschaften, als die Gymnasien zu geben pflegen, gleich sich zu ihrem Stand vorbereiten, und so wird diese Lücke schwinden, ja es wird die höhere Bürgerschule den Gymnasien nützlich werden, da es ihnen die Überfüllung entzieht und möglich macht, die Klassen Sexta, Quinta, vielleicht auch Quarta abzuschneiden, die den Gymnasien nur lästig sein sollten, den Anforderungen an dasselbe ganz fremd sind, aber geduldet werden müssen, da keine anderen Schulen da sind, die Schüler der höheren Mittelklasse aufzunehmen, woher der Übelstand kommt, dass die Hälfte der Gymnasialschüler kaum bis Sekunda den Unterricht genießen und das Gymnasium verlassen, ihre Zeit verloren und dem Zweck der gelehrten Ausbildung nicht entsprochen haben.
Wenn in 2-3 landrätlichen Kreisen eine höhere Bürgerschule gegründet, tüchtige Lehrer angestellt und ein zweckmäßiger Lehrplan befolgt würde, so würde bald sich Kenntnis allgemein verbreiten, und Handel und Gewerbe in Blüte treiben.
Das höhere Schulgeld würde einen Teil der Kosten decken, Gebäude sich wohl ermitteln lassen, aber sich ohne eine Beihilfe von Seiten des Staats die Errichtung der höheren Bürgerschulen nicht durchweg durchführen, daher Ew. Königl. Majestät wir alleruntertänigst bitten:
Die Errichtung der höheren Bürgerschulen in der gegebenen Art und Zweck für
mehrere Kreise Allergnädigst anordnen zu lassen, allerhuldreichst, wo es nötig
wird, Zuschüsse zu bewilligen, Das Progymnasium in Hohenstein wurde erst 1843
eingerichtet.
[Schließen]und diese Anordnung
vorzüglich und zuerst in der Stadt Hohenstein in Anwendung zu bringen, für welchen Ort nach den Gutachten und
Schriftwechseln des hiesigen Königlichen Oberpräsidii mit dem Königlichen
Ministerio der geistlichen und Schulangelegenheiten eine höhere Bürgerschule
weit nützlicher und den örtlichen Bedürfnisse zeitgemäßer erscheint, als die
früher angetragene Errichtung eines Gymnasii.
Königsberg den 4. April 1831
Die Provinzialstände des Königreichs Preußen
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