Gerdauen, 22. April 1836

Ihr Schreiben, was, vom 30. März datiert, unbegreiflicherweise am 8. d., wo ich von hier abreiste, mir noch nicht zugegangen war, habe ich erst gestern Abend bei meiner Rückkunft aus Königsberg über Sanditten hier vorgefunden, mein teurer Freund, und Sie werden daher über die etwas späte Antwort zu zürnen keine Ursache finden.

Aus dem korrupten neuen  Vgl. Rönne, Ludwig, Die Wegepolizei und das Wegerecht des Preußischen Staats, Breslau 1852.
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Wegegesetzentwurf
haben wir nach langen und reiflichen Debatten, die Schön (wie gewöhnlich dergleichen Verhandlungen) sehr hübsch geleitet hat, gemacht, was zu machen möglich war, und da wir dem Landtage noch die fernere Begutachtung desselben vorbehalten haben, so kann vielleicht etwas Zweckmäßiges zustande kommen, wobei ich die heimliche Hoffnung hege, dass wir dadurch mit der Zeit zur allgemeinen Chaussierung der großen Straßen gelangen werden. Sobald ich Abschrift unseres Entwurfs erhalte, werde ich Ihnen solchen mitteilen.  Liegt der Akte nicht bei, da Lehndorff den Entwurf zurücksenden sollte.
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Vorläufig übersende ich Ihnen anliegend den Ministerial-Entwurf, den Sie unterdessen studieren können, um später unsere Arbeit mit der Entwurfsache zu vergleichen.

Verlieren Sie aber doch nichts davon und senden Sie mir die 6 Piecen nach gemachtem Gebrauch zurück. Neues gab es in Königsberg gar nicht. Auch in Berlin gibt es dergleichen nicht. Below erhielt in Königsberg einen Brief von Kalckreuth, der auch nichts enthielt.  1836 feierte der Offizier sein 50-jähriges Dienstjubiläum. Am 12. März 1836 wurde ihm mit einer jährlichen Pension von 6.250 Talern der erbetene Abschied gewährt.
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Jagow war böse, er hatte übel genommen dass seine Verabschiedung unter der allgemeinen Rubrik im Militär-Wochenblatt aufgenommen war.
Die Leute vergessen immer, dass mit dem Niederlegen des Kommandostabes der eitle Nimbus aufhört und nur der eigene Wert sich geltend machen kann. Dass Sie das Vizekommando bei Pferderennen niedergelegt haben, findet (mit Ausnahme meiner Wenigkeit) die ganze Welt unrecht, und findet es anmaßend, dass  Möglicherweise Generalmajor Hans von Auerswald, Bruder des Ministerpräsidenten Rudolf von Auerswald. Siehe zum Königsberger Rennverein das Dokument vom 22. Oktober 1833.
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Auerswald
Ihre Stelle besetzt hat. Berner, der mit 2 Vollblutpferden in 4 Tagen von Berlin bis Dirschau gefahren, war in Königsberg und bereist jetzt seine Brigade. An ihm erhält das Pferderennen einen tätigen Rekruten. Er war so pfiffig, Natzmer seine vorjährigen Wettrennen abzukaufen.

In ihrer Familie war alles wohl. Sie sind kürzlich für ein paar Tage in Dönhofstädt gewesen. Lassen Sie es mir wissen, wenn Sie wieder hinkommen, damit wir uns dort ein Rendezvous geben können.

Der Landtag wird dieses Jahr wahrscheinlich schon im Oktober zusammentreten, und in diesem Fall würden wir jetzt im November austretenden auch noch dazu einberufen werden müssen, was in der Absicht zu liegen scheint.

Eine Menge Menschen gehen wieder auf Reisen. Hackes – General Brennecke mit Familie –  Zu dessen Reiseplänen: APO, Bestand 382 FA Lehndorff, Nr. 341, Bl. 6-7.
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Farenheid
– Herr von Saucken – die Zudnochowskysche Familie usw. – Was werden Sie tun? Von mir weiß ich nichts zu sagen, denn habe ich erst Lust und Unruhe zum Reisen, so sitze ich auch im Wagen und fahre los. An Diners und einer Tanzgesellschaft bei Dohna-Wundlacken hat es in Königsberg nicht gefehlt. Die Regierungspräsidenten sind so wenig an die langen Sessionen (die immer von 9-3 Uhr währten) gewöhnt, dass  Es ist unsicher, ob hier der Staatsminister Christian von Rother gemeint ist.
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Rother
aus Danzig desertierte mit der Versicherung: er sei schon ganz wirr im Kopf.

Nun adieu mein teurer Freund. Sagen Sie Ihrer schönen, hübschen und wenn sie mir gnädig ist, sehr liebenswürdigen Frau sehr – sehr viel Liebes, Gutes und Schönes von mir, und bleiben Sie mit ein bisschen Liebe zugetan Ihrem treuen Knecht Schlieben

Auch von Werther habe ich Briefe vom 7. dieses. Er ist mit Thiers zufrieden, versichert, dass die Franzosen in Spanien nie intervenieren werden, und klagt über die dumme Canaille des Don Carlos.

Zitierhinweis

Gustav Dietrich Graf von Schlieben an Carl Friedrich Ludwig Graf von Lehndorff. Gerdauen?, 22. April 1836. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_ohm_mdf_4y