Samstag, 2.8.1941
Betrachtungen über die Operationen und die Fehlgriffe des Russlandfeldzuges
Editorische Auslassung [...] Ein Ausfluss dieser Nervosität an oberster Stelle ist auch unsere Art der Berichterstattung. Sie ist für meine Begriffe schlimm. Die Wehrmachtsberichte sind nichts weiter mehr als Mittel der politischen Propaganda, werden von ihm nur noch persönlich abgefasst ohne Rücksicht auf die ihm oft vorgetragene Rückwirkung auf die Stimmung und die Erwartung der kämpfenden Truppe, für die sie das einzige Unterrichtsmittel über den großen Verlauf der Kämpfe darstellen. Außerdem bauschen sie angebliche Erfolge in einer geradezu abstoßenden Form auf und sind alles andere als nüchterne Tatsachenberichte. Mit Fug und Recht kann man ihren Wahrheitsgehalt anzweifeln. Es ist schade, dass nunmehr auch das letzte Bollwerk des Anstandes in diesem Staat auf dem Altar eines von korrupten oder irrsinnigen Menschen geleiteten Systems geopfert wird. Ich bin sehr verbittert wie noch nie in diesem Krieg und bestimmt wie noch nie im Verlauf eines Feldzuges.
Dass die Umbauten des Herrn von Ribbentrop in dieser
Zeit vordringlich sind, ist mir neulich auch zur Kenntnis gekommen, indem ich
vom Auswärtigen Amt einen UK-Stellungsantrag für einen bei mir beschäftigten
Zeichner erhielt mit der Begründung, dass der Führer ihn für den sofortigen
Die Villa befand sich in der Lentzeallee 7-9.
[Schließen]Umbau der Villa des Herrn von Ribbentrop in Dahlem
befohlen habe. Meine Antwort war unmissverständlich - das wirst Du Dir
vorstellen können - und selbstverständlich bleibt der Mann hier.
Was dieser Kerl aber für ein Parvenü ist, dafür folgendes Beispiel: Herr von
Ribbentrop ist hier in unserer Nähe auf Schloss Steinort des Grafen L. untergebracht, der selbst als
Ordonnanzoffizier des Feldmarschalls von Bock im Felde steht - eine der besten Familien von ganz
Ostpreußen. Da ist diesem Bezieht sich auf dessen Tätigkeit als
Geschäftsmann und Weinimporteur in Ottawa, vgl. https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/joachim-von-ribbentrop/.
[Schließen]hergelaufenen Weinreisenden
die Unterbringung anscheinend nicht fein genug, und so lässt er zur Freude der
Gräfin die für ihn bestimmten 7
Zimmer völlig neu herrichten, tapezieren, Badezimmer und Küche pp. einbauen. Sie
war ganz fassungslos und er ebenfalls, wie er neulich mal hier war. - Man
versteht einfach nicht, wie sich ein Mensch aus angeblich guter Familie als Gast
einfach so aufführen kann. Aber unter diesen Umständen wundert es mich nicht,
wenn auch das Schloss Fuschl nicht
standesgemäß ist und der Spitzhacke anheim fallen muss! - Wenn man bedenkt, dass
man diesen Kerlen ein Leben lang ausgeliefert ist, wünschte man fast, dass
dieser Orlog entsprechend ausgeht. Nur um des so rührend dumm-anständigen
deutschen Volkes Willen kann man beten, dass wir vor einer erneuten Niederlage
bewahrt bleiben mögen. Aber die Überzeugung hat sich in mir immer tiefer
festgesetzt, dass die Völker am besten regiert und geführt werden, wo die
Regierungsgewalt alte traditionsgebundene Schichten in den Händen haben und
nicht Emporkömmlinge und hemmungslose Autokraten.
Ich habe meinem Herzen mal Luft machen müssen. Zeige diesen Brief aber um Gottes Willen keinem Menschen. Er ist nur für Dich bestimmt. Editorische Auslassung [...] Es folgen Frontreiseberichte.
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