Rosengarten, den 11. Oktober 1880

Hochverehrte, gnädigste Frau Gräfin!

Sehr leid tut es mir noch immer, bei der Einweihung des Siechenhauses in Angerburg nicht zugegen gewesen zu sein. Um nun aber bei der Kreissynode am Mittwoch meine Anträge stellen zu können, auch weil ich sonst die Synode mit den Arbeiten der Inneren Mission im Kreise Angerburg bekannt machen will, ist es nötig, dass ich auch in Betreff des Siechenhauses in Angerburg unterrichtet bin, und bitte ich Sie daher, hochverehrte Frau Gräfin, weil ich vor dem Tage der Synode nicht mehr nach Steinort kommen kann, mir gütigst schriftlich einige Mitteilungen über das Siechenhaus zukommen zu lassen. Dass das Haus Montag den 4. d. eingeweiht ist, weiß ich nun schon, aber ich wünsche auch gerne zu erfahren, ob schon einige und wie viel Sieche sich im Haus befinden, ob das Grundstück in Angerburg dazu angekauft ist, ob die Anstalt ein Hospital besitzt, wie sie sonst unterhalten wird, wieviel Kranke überhaupt darin aufgenommen werden können.  Vgl. APO, Bestand 382 FA Lehndorff, Nr. 596, passim.
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Wenn ich darüber etwas Näheres der Synode berichten könnte, so wäre ich auch in der Lage, den Antrag zu stellen, dass der Kreis für diese Anstalt noch etwas tue, und umso mehr bin ich dazu berechtigt, weil ich auf der Synode überhaupt über die Arbeiten der Inneren Mission im Kreise Bericht erstatten werde.
Vielleicht wäre es auch gut, wenn Sie, hochverehrte Frau Gräfin, es gestatten den Antrag zu stellen, dass die Innere Mission die Anstalt als Synodalinstitut übernehme. Ich bitte Sie daher, gnädigste Frau Gräfin, mir darüber gütigste Antwort zukommen zu lassen, so dass ich dieselbe morgen, Dienstag, mit der Post um 1 Uhr mittags schon hier erhalten kann. Ich wäre persönlich gekommen, um Sie um Rat zu fragen, doch wird es mir morgen meine Zeit nicht mehr erlauben.

Die Kleinkinderbewahranstalt in Angerburg ist doch mit dem Siechenhaus verbunden, und wie Sie, hochverehrte Frau Gräfin, mir einmal mitteilten, sind es 90 Familien in Angerburg, welche diese Anstalt noch unterstützen, indem dieselben der Schwester Freitisch geben.

Mit der größten Hochachtung Ew. Hochgeboren treu ergebener Teschner

Zitierhinweis

Ernst Theodor Teschner an Anna Gräfin von Lehndorff. Rosengarten, 11. Oktober 1880. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_sfd_fzr_bbb