St. Moritz, 23. Juli 1891

Liebe Gräfin,

man schreibt mir aus Dönhoffstädt, dass ein so schöner Kranz zu unserem Schmerzenstage, von Ihnen gesandt, eintraf und ich eile, Ihnen innigst dafür zu danken.  Der Sohn Conrad war im Vorjahr bei einem Jagdunfall gestorben.
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Dass wir nicht selbst die Stätte, wo wir unsere schönsten Hoffnungen für diese Erde bargen, schmücken konnten, war uns leid,
aber der Versuch, ob die hohe Bergluft Adolfs Natur(?) stärkt, sollte mal gemacht werden, und das kann nur in dieser Jahreszeit geschehen; auch ist Trost ja nicht am Grabe zu finden! Man blickt aus der Ferne vielleicht mehr auf das Überirdische, Unvorstellbare und geistliche Erquickung hatten wir hier durch einen P. Delapierre, der uns in der église évangelique das Abendmahl reichte.

Was sagen Sie, liebe Gräfin, zu unserem Schicksal - zur Ernennung meines Mannes als Oberpräsident von Ostpreußen? Mir war es recht etwas überwältigend, weil ich mich ab und zu um die Gesundheit meines Mannes sorge und dies doch ungewohnte Anstrengungen nach sich zieht; aber er meinte sich der Sache nicht entziehen zu können und ich glaube, es reißt ihn etwas heraus aus dem   Unleserliche Stelle [...] Kummer. Jedenfalls kommen wir mit ganzer Seele in die Provinz, in der wir einst nach getaner Arbeit hoffen zur Ruhe zu gehen, und bitten Gott, dass er es alles segne.

Mit herzlicher Empfehlung meines Mannes an Sie, liebe Gräfin, Ihre dankbar ergebene Else Stolberg

Zitierhinweis

Else Gräfin zu Stolberg an Anna Gräfin von Lehndorff. St. Moritz, 23. Juli 1891. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_un3_l3v_hdb