Möglin, den 9. September 1810

Mein guter, lieber, bester, nicht schreibender Graf!

Wenn Sie es auch übers Herz bringen können, so lange nichts von sich hören zu lassen, so kann ichs doch nicht; und da ich Ihnen hier meine  Ein Wort unleserlich [...] zu senden versprochen habe, so ergreife ich diese Gelegenheit Ihnen zugleich einige Worte über uns etc. zu sagen.

Pro primo finden Sie beigehend den ersten Teil meines  Handbuch der Naturgeschichte für Landwirte, Hannover 1810-1817, 3 Teile in 6 Bänden.
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Handbuchs
, sowie den ersten Teil der Übersetzung von   Erasmus Darwin.
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Darwin
; der erste kostet 2 Rtlr., der andere 20 Gr.  Ein Wort unleserlich [...] Richten Sie es mit der Bezahlung ganz nach Ihrem Belieben ein, und übereilen Sie sich nicht damit. Gern hätte ich Ihnen diese Sachen schon früher geschickt, allein teils hatte ich sie noch nicht vollständig, teils wollte ich Ihnen doch auch einige Worte dabei schreiben, und dazu findet sich dann nicht immer Zeit; heute habe ich sie beim Flügel festgestellt und nun muss sie so lange still halten, bis ich fertig bin. Die zweiten Teile dieser beiden Werke hoffe ich Ihnen (wenn Sie sie anders haben wollen) gegen Weihnachten schicken zu können. Sehen Sie sie übrigens mit nicht zu kritischen Blicken durch und - wenn sie denn in der Revue gut bestanden sind, so könnten Sie sie ebenfalls Ihren benachbarten Herren empfehlen.

Hier in Möglin siehts denn (Kleinigkeiten abgerechnet) noch eben so aus, wie Sie uns verließen. Ihren Abgang haben wie aber alle (aufrichtig gesagt) recht sehr empfunden; sie leben noch beinahe täglich in unserm Herzen und Munde fort, und Gr. R 63, wenn er freilich ganz angenehm und munter sein kann, besetzt freilich noch Ihre Stelle als Tischgenosse, ersetzt Sie aber doch nicht. Die wichtige Veränderung, welche übrigens unserem Institut bevorsteht, haben Sie wahrscheinlich schon durch öffentliche Blätter erfahren. Der Alte hat sich bereden lassen, von nun an alle Winter bei der Universität in Berlin Kollegien zu lesen und zieht in wenigen Wochen mit Frau, Tochter Wilhelmine, den Söhnen Ernst, August und Albrecht dahin ab, wir übrigen bleiben hier. Für diesen Winter  Ein Wort unleserlich [...] die Geschichte des Instituts, wobei ich dann gehörige Zeit haben werde, recht viele Untersuchungen zu machen und an meinen literarischen Produkten zu arbeiten.  Ein Wort unleserlich [...] wird dann noch ein Lehrer der  Ein Wort unleserlich [...] angestellt und der Zensur auf 1 1/2 Jahr ausgesetzt.   Editorische Auslassung [...] Aufrichtig gesagt wollte ich, es wäre beim alten geblieben, denn die ganze Sache will mir noch nicht recht einleuchten. Von Michaelis an will mir der Alte die Direktion des Instituts übergeben, da werde ich dann wohl ein recht ehrbares Ansehen einnehmen müssen, nicht wahr?

Ich muss erst sehen, wie mir das Ding gefallen wird, vorher mag ich noch nicht daran denken. Der König hat sich übrigens viel generös gegen den Alten bewiesen, hat ihm den Canon am Königshof erlassen, einige tausend Taler zur Vollendung der Institutsgebäude (woran jetzt gearbeitet wird) angewiesen, die Konzession zur Branntweinbrennerei gegeben etc. etc. Aber wie es denn immer mit unserem guten Alten geht, vermutlich hat er zu wenig gefordert, denn man hat ihn selbst aufgefordert, Forderungen zu machen, man kennt schon die Genügsamkeit und Billigkeit und handelt deshalb sehr klug, wenn man solche bescheidenen Leute selbst ihre Forderungen bestimmen lässt. Andere würden den Mund anders geöffnet haben, nicht wahr?

Berufliche Perspektiven der Söhne; Reise der Schwiegermutter; Befinden des Sohnes; Situation der eigen Landwirtschaft; seine Forschungen mit Humus.

Für heute Punktum. Ich habe Ihnen treulich einen Auszug aus der Mögeliner Zeitung geliefert, machen Sie es nun ebenso und schreiben Sie mir und meinem Schwiegervater bald, wie es Ihnen geht, was Sie in der Einrichtung gemacht haben etc. Wir nehmen ja alle so herzlich Anteil an Ihrem Wohl und Wehe! Leben Sie wohl, recht wohl, lieber Graf.

Es grüßt Sie alles, alles vom Kleinsten bis zum Größten, selbst Presto, Anton, Christine etc. nicht ausgenommen. Grüßen Sie doch auch H. Vetter bestens. Wie immer Ihr Freund und D. G. Crome

Zitierhinweis

Georg Ernst Wilhelm Crome an Carl Friedrich Ludwig Graf von Lehndorff. Möglin, 9. September 1810. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_uvr_s1p_h3b