Königsberg, den 31. März 1862

Gnädigste Frau Gräfin

Aus dem gnädigen Schreiben, welches die Frau Gräfin in jüngster Zeit an mich gerichtet, habe ich zu meiner großen Freude entnommen, dass es Hoch Ihren Wünschen sowie denen Ihres Herrn Gemahls entsprechen würde, wenn Georg  Georg Graf von Lehndorff, der jüngere Bruder des Grafen Carl Meinhard. Er hatte 1855 Klara Gräfin von Kalnein, Tochter von Graf Natango von Kalnein-Kilgis und Klara Gräfin zu Dohna-Schlodien geheiratet.
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hier in der Provinz in den Besitz eines ansehnlichen Gutes treten könnte.

Durch einen Zufall habe ich erfahren, das Barten bei Friedrichstein von dem Herrn Hensel ganz oder geteilt verkauft werden soll. Ich bin so frei, die  Liegen der Akte bei, Bl. 7 ff.
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Notizen, die ich darüber erhalten habe, beizulegen.
Ich kenne Barthen nicht aus eigener Ansicht, habe aber immer gehört, dass es zu den einträglichen Gütern der Provinz und auch zu den schönst gelegenen gehört.

Falls Hochdero Herr Gemahl es angemessen finden sollte, dass  Karl Graf von Kalnein
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unser Junge
auf Barten zum Ankauf einginge, würde er vielleicht die brüderliche Freundlichkeit haben, sich Barten  
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und von dem benachbarten Friedrichstein aus die nötigen Notizen einzuziehen, bevor an Georg eine Mitteilung darüber gemacht würde, da derselbe ohne den Willen und Rat Ihres Herrn Gemahls wohl nichts kaufen oder unternehmen würde. Die  220.0000, davon 60.000 als Anzahlung, ebd.
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Preise
scheinen mir zwar hoch, aber der Jetzt-Zeit angemessen, in welche ich mich mit meinen veralteten Wirtschaftsansichten noch nicht finden kann, weshalb ich mich auch jedes Urteils über die Zweckmäßigkeit dieses Kaufs enthalte.

Auch bemerke ich, dass der H. Hensel, ein geborener Berliner, vielleicht leicht darauf eingehen könnte, Von seinem Vater hatte Georg von Lehndorff Gut Laserkeim bei Königsberg geerbt, das er 1860 verkauft hatte, um gemeinsam mit seinem Bruder Carl Meinhard auf Gut Haselhorst bei Spandau einen größeren Rennstall aufzubauen. 1866 verkaufte Georg Haselhorst und übernahm nach dem Feldzug gegen Österreich bei den 2. Garde-Ulanen am 10. Oktober 1866 kommissarisch die Leitung des Hauptgestütes Graditz.
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Haselhorst im Tausch anzunehmen.

Meine Frau empfiehlt sich Ihnen, gnädigste Frau Gräfin, auf das angelegentlichste, und ich füge noch die Bitte hinzu, mich Dero Herrn Gemahl zu empfehlen und mir zu erlauben, der ich mich mit der größten Verehrung zeichnen darf als

Ew. Hochgeboren ergebenster Diener N. Graf v. Kalnein
Schloss Domnau

Zitierhinweis

Natango Graf von Kalnein an Anna Gräfin von Lehndorff. Königsberg, 31. März 1862. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_zhy_ggh_4bb