Heute vor acht Tagen waren wir nach längerer Zeit mal wieder auf dem Schloss. Es
war Exzellenz ihr 30.
November
[Schließen]Geburtstag. Weißt Du noch, vor zwei Jahren fuhr ich an dem Tag
allein nach Faulenrost. Dies Mal,
als wir ins Schloss kamen, trafen wir Exzellenz im Bett. Sie war spazieren
gewesen und bei ihrer Rückkehr ohnmächtig geworden. So konnten wir sie nicht
gleich sehen, wurden aber zur Tafel eingeladen, welche erst um 5 Uhr stattfand.
Exzellenz hatte sich dann doch so weit erholt, dass sie noch erscheinen konnte.
Sie ist in der letzten Zeit oft leidend gewesen. Es war eine glänzende
Gesellschaft bei Tafel versammelt. Die Schwestern wird es interessieren, wenn
ich darauf eingehe. Es waren:
Carl Meinhard und Anna von Lehndorff
[Schließen]die jungen Lehndorffs
beide und Graf Heinrich, ein Graf Fritz
Schlippenbach, Leutnant von
Kleist mit seiner jungen Frau
geb. Gräfin Schlippenbach, der
Schwester Frau von Falkenstein, Graf
Schlippenbach?
[Schließen]Otto mit Tochter usw. August bekam seinen Platz neben Exzellenz;
ich hatte die Ehre, von Graf Carl zu Tisch geführt zu werden. Wir sprachen von
Westfalen, davon er auch sehr
eingenommen war, dann über den geistlichen Tod Mecklenburgs. An meiner anderen Seite saß Graf Werner, der mir erzählte, dass er seine
Cousine Frau v. Lepel besuchen wolle,
d. h., fügte er hinzu, „wenn es meine Mutter erlaubt.‟ „Das versteht sich‟,
antwortete ich. „Ja‟, erwiderte er zustimmend, und fügte flüsternd hinzu: „Wenn
ich selbständig werde‟. „Dazu sind Sie aber zu jung‟, erwiderte ich, worauf er
mir beweisen wollte, dass er im nächsten Jahr majoren werde. Ich musste ihm dann
vorrechnen, dass das erst in drei Jahren der Fall sein könne. „O ja‟, fiel ihm
dann ein, „das ist ja mein Bruder, der nächste Jahr majoren wird.‟
Einige Stunden vor Tisch hatte uns auch Graf Cuno begrüßt, welcher zwei Tage vorher mit dem jungen Herrn Zahn
angekommen war. Bei der Tafel sah ich ihn nirgends. Als wir nachher in den Salon
zurückgegangen waren, saßen August und ich mit Exzellenz und Komtess zusammen und unterhielten uns über
englische kirchliche Verhältnisse. Letztere war nämlich in den Tagen vorher aus
England zurückgekehrt. Dann
reichte Exzellenz mir den Arm und schlug der Gesellschaft vor, ins Musikzimmer
sich zu begeben. Dort angekommen (doch dies nur im tiefsten Vertrauen, sagt es
nicht weiter, da man nicht weiß, wie es sich in der Welt herumsprechen kann),
zog sie mich ins dunkle Turmzimmerchen und teilte mir mit, dass sie es mir sagen
müsse, weshalb ihre Tochter so angegriffen aussehe. Cuno habe heute bei ihr um
sie angehalten. Er hätte gebeten, ihm eine Unterredung mit Magdalena zu
gewähren, was man ihm auch bewilligt habe. Magdalena habe ihm dann
auseinandergesetzt, dass das nie und nimmer sein könne. Er wäre nun ganz
zerschlagen und deshalb auch nicht bei Tisch erschienen. Magdalena heiratete 1858 Gustav Graf von
Borcke, ein Verzeichnis der aus Kleidung (ca. 1850
Rtlr.), Putz und Handschuhen (139 Rtlr.), Schuhen (64 Rtlr.), diversen
Koffern ( 23 Rtlr.), Hauswäsche (ca. 500 Rtlr.), Silber (112 Rtlr.),
Geschirr und Glas (760 Rtlr.) sowie Mobiliar (ca. 30 Rtlr.) bestehenden
Mitgift in: GStA PK, XX. HA, Rep. 54 Gutsarchiv Lehndorff-Steinort, Nr.
96.
[Schließen]Die Gräfin
Ida Gräfin
Hahn
[Schließen]Hahn-Hahn wünscht es sehr, aber die
Lehndorffs sind alle dagegen. Die Sache ist nun vorläufig abgemacht; ich bin
gespannt, ob sie nicht noch einmal wieder aufgenommen wird. Es wurde viel
musiziert und wir blieben, bis Graf Ottos Wagen kam, mit dem wir zusammen zu
Werner fuhren.
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