Am 3. Januar fuhren Ida und ich nach Faulenrost, um Exzellenz unsere Aufwartung zu machen. Wir fanden sie gegen 4
Uhr noch bei Tisch. Die jungen Damen kamen gleich heraus und führten uns in
Exzellenz ihr schönes Zimmer, welches so recht angenehm durchwärmt war, dass wir
uns gleich wohnlich darin fühlten. Ein wunderschönes Gemisch ist es, vielmehr
Salon; es fiel mir von neuem auf: die Überfülle von allem. Nun steht noch das
Ruhebett darin, welches sie von
Carl Meinhard und Anna von Lehndorff.
[Schließen]Graf Carl und seiner
Frau zum Geburtstag erhalten
hat. Es ist so besonders hübsch, und ich musste mich darauf setzen. Es steht
neben dem Sofa, vor welchem der schöne blanke Tisch steht. Da saßen wir denn
zusammen, Exzellenz im Sessel, die anderen auf Stühlen, bis der Kaffee mit
warmem Kuchen kam und wir uns in das Ecksofa, ein gar trauliches Plätzchen neben
dem Ofen, platzierten. Vorher musste uns aber
Magdalena von Lehndorff
[Schließen]Komtess
ihre neuen Kleider zeigen. Sie machte einige Einwendungen, das half ihr aber
nicht. Da gab es viel Pracht zu sehen: ein rotes Kleid, geschenkt von Graf Carl
und Gräfin Anna, soll
Georg Graf von Lehndorff. Er
heiratete am 14. November 1855 in Königsberg Klara Gräfin von Kalnein.
[Schließen]zur Hochzeit des jungen Grafen
Lehndorff sein; dann ein weißes zum Polterabend, ein schwarz-seidenes, ein
grau-seidenes, alles hübsch in Pappkartons gelegt. Ein Sammetmantel mit Blumen,
ein Hut von der Gräfin Dönhoff zu Weihnachten usw. Mir fiel ein: Schmücket das
Herz aufs Beste usw. (Das soll aber nicht so lauten, als ob die junge Komtess
das versäumte).
Es waren solche Freundlichkeiten von Exzellenz, es uns zu zeigen, und für Komtess
sogar mühevoll! Wir waren sehr traulich beisammen und fuhren erst gegen 9 Uhr
wieder fort bei hellem Mondenschein. Wie schön war der Tag! Sie waren so warm
und herzlich und erinnerten sich auch Eurer freundlich. Exzellenz war so gütig,
mir ein hübsches Kästchen mit Mit Duftstoffen
behandeltes Papier, das beim Erwärmen oder Verglimmen einen Wohlgeruch
verströmt.
[Schließen]Räucherpapier und eins mit Magenmorsellen zu schenken, und Ida
erhielt auch ein Stück Räucherpapier. Vor dem Gitter in Exzellenz ihrem Zimmer,
wo die Blumen stehen, haben jetzt zwei schöne Zypressen, an jeder Seite des
Eingangs, ihren Platz, von Baron Klochs geschenkt. Das sieht reizend aus. Wie ist das ganze
Schloss doch schön!
Am 7. Januar predigte Pastor Werner hier. August und Ida waren zum heiligen Abendmahl; Exzellenz war auch in der Kirche, Komtess trat hier eben vor, sie will am Freitag ab nach Schwerin; von da wird sie abgeholt nach Perlin zum Grafen Bassewitz, ihrem Onkel; dann nach Berlin, dann nach Königsberg zur Hochzeit ihres Bruders, und von da nach Steinort.
22. Februar 1855.
Am 17. Februar fuhren wir im Schlitten nach Faulenrost. Exzellenz hatte uns eingeladen. Es war eine rechte Winterlandschaft und schneite beständig. Wir fuhren rasch durchs Dorf, gerade auf das Schloss zu. Ihr wisst ja, den breiten Weg; es ist so hübsch, erst das Tor und dann die Schlossgebäude. Auf der Schlosstreppe stand der Bediente in weißen Handschuhen uns zu empfangen und uns auf Misses Zimmer zu geleiten, wo wie ablegten.
Dann gingen wir zu Exzellenz. Sie empfing uns mit ihrer gewohnten Freundlichkeit so reizend. Werners und Baron Klochs waren auch da. Exzellenz brachte uns dann, mich führend, zum Kaffeetisch, reich besetzt mit allerlei Gebäck, in das Zimmer neben dem Saal. Als wir zurücktraten in Exzellenz ihr Gemach besahen wir noch im Mittelzimmer die Familienbilder. Die Unterhaltung war den ganzen Nachmittag sehr lebhaft, das Gespräch immer im Gange. Exzellenz erzählte auch, dass die Hirschberger Bibel, welche sie ihrem Sohne zur Hochzeit geschenkt, noch eben rechtzeitig angekommen sei, gerade vor der Trauung, so dass sie bei der Trauung noch hatte von dem Geistlichen benutzt werden können. Sie war sehr erfreut darüber, sagte uns auch die Verse her, die sie selbst gedichtet und hineingeschrieben hatte. Es ist rührend, wie sie Gottes Reich ausbreiten möchte. Nun leben wir still weiter; auch für Exzellenz ist es einsam geworden, da Komtess ja fort ist und vielleicht länger fort bleibt. Ich führe gern öfter mit Ida hin, wenn wir beide öfter abkommen könnten. Es ist bei Exzellenz immer so nett. Sonst ist hier der geistliche Tod groß. Gestern nachmittag waren z. B. außer mir und den Mägden nur noch zwei Frauen in der Missionsstunde; kein einziger Mann, es ist fast zum Verzagen. Wenn doch der Geist des Lebens bald Raum geben würde, dass „die Wüste und Einöde‟ in Mecklenburg „lustig würde‟. O, es ist so traurig.
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