Tagebucheinträge von Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. April bis
Juli 1782
Lehndorff reist durch Preußen und
Pommern nach Schlesien zu seiner Schwiegermutter. Im Juni setzt er die Reise
über Prag, Karlsbad, Eger, Bayreuth nach
Erlangen fort. Hier zieht er in
Erwägung, seinen Sohn bei einem reformierten Geistlichen namens Agassiz unterzubringen. Die
weiteren Stationen sind Nürnberg,
Ansbach, Triesdorf, Stuttgart. Hier ist er von der dortigen Akademie
entzückt, jedoch sei die Stadt alt und
hässlich. Es sei nach allem, was er gesehen habe, die beste
Schule für die Jugend, die es gibt, es geht vielleicht etwas
zu militärisch zu, aber die jungen Leute müssen hier entschieden viel
lernen, weil sie gar keine Ablenkung haben. Über Karlsruhe und Straßburg kommt er nach Colmar, wo er ebenfalls die
berühmte Schule
besucht.
Der Vorsteher ist ein blinder Mann, der Hofrat Pfeffel
, der in seinem Amt
aufgehe und den richtigen Weg zur Erziehung der Jugend gefunden zu
haben scheint. Ich glaube ja nicht, dass er aus den Jungen
große Gelehrte machen wird, aber er bildet ihr Gemüt und ist auf
ihre Gesundheit bedacht; zudem ist die Anstalt für den kriegerischen
Beruf besonders geeignet. Auch lehrt hier Lerse, ein bedeutender Kenner von
Kupferstichen und Gemälden. Lehndorff hört, dass der
Abt von Bellelay
eine Schule für junge Leute habe und ein sehr netter Mann sei.
Auch diese wird besucht und man bemüht sich, auf Lehndorff Eindruck zu machen.
Er erhält ein Schattenbild
(Silhouette) als Geschenk
. Nach
weiteren Stationen in der Schweiz
tritt er im Spätherbst die Rückreise über Schlesien nach Berlin an, wo er den Dezember und die Zeit des Karneval
verbringt. - Das Fazit der Reise, deren Hauptzweck es war, für
den Sohn eine geeignete Schule zu finden, weshalb habe er alle möglichen
Pensionen und Anstalten, wo man einen jungen Menschen unterbringen
könnte, besucht habe, ist ernüchternd: Er sehe aber mit
Bedauern, dass der Ruf überall besser ist, als die Wirklichkeit.