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Rousseau 1756 | ![]() |
Exemplar: LB Sachsen-Anhalt / UB Halle; Digital
S. 59:
/£{Hol-123} / /£{He8, p. 60} /
/£{Hes-092,16 / 229,27} /
So ist es mit allen Thieren überhaupt, und, nach dem Berichte der Reisenden, auch
mit den meisten wilden Völkern beschaffen. Man muß sich also nicht verwundern,
daß die Hottentotten auf dem Vorgebürge der guten Hofnung, die ankommenden Schiffe,
mit blossen Augen, von eben so fern entdecken, als die Holländer mit ihren
Sehröhren; [...].
S. 159f.:
£{Hol-297,02f.} / £{Hes-095,33}
Die Reisende erzehlen uns tausend Exempel, von der Kraft und Leibesstärke der
Menschen bey den barbarischen und wilden Völkern. Sie rühmen ebenso sehr ihre
Geschicklichkeit und ihre Behendigkeit. [../.] ›Die Hottentotten, sagt eben derselbe
Schriftsteller [sc. Colb], zeugen auf der Jagd eine erstaunliche Geschicklichkeit, und
Behendigkeit im Laufen, übertrift alle Einbildungskraft.‹ Er verwundert sich
darüber, daß sie sich nicht öfters ihrer Hurtigkeit bedienen Unfug
anzurichten. Dieses pflegt dennoch nicht selten zu geschehen, wie man aus einem
Beyspiele, das er davon anführet, ersehen kann. ›Ein Holländischer
Bothsmann, der an das Vorgebürge anlandete, befahl einem Hottentotten ihm eine Rolle
Tobak, von ohngefähr zwantzig Pfunden in die Stadt zu folgen. Als sie sich beyde von
dem Haufen etwas entfernt hatten, fragte der Hottentotte den Bothsmann, ob er laufen
könne? Laufen! versetzte der Holländer, o ja! vortreflich. Laßt sehen,
erwiederte der Afrikaner; lief mit seinem Tobak davon, und verschwand fast in eben
demselben Augenblicke. Der Schifsmann stutzte über diese erstaunliche Geschwindigkeit,
und lies sichs gar nicht in den Sinn kommen, den Wilden nachzusetzen. Er bekam auch nie
seinen Toback, noch den Träger wieder zu Gesichte. [...]‹
S. 97: Der Erste, welcher ein Stück Landes umzäunete, [...].
S. 103f.: Aus diesem neuen Zustande, den Mann und Frau, Vater und Kinder, in eine
gemeinschaftliche Wohnung versammelte, entsprungen die ersten Entwickelungen des
menschlichen Gemüths, Die Gewohnheit, welche sie erlangten, mit einander zu leben,
erzeugten die allerangenehmsten Empfindungen, die die Menschen je gekannt haben, die
eheliche und die väterliche Liebe. Aus einem jeden Geschlechte ward eine kleine
Gesellschaft, die nicht anders als in Einigkeit leben konnte, weil sie blos durch das Band
der Freyheit und der gegenseitigen Zuneigung verknüpft gewesen ist. Das
männliche und weibliche Geschlecht, die bis dahin auf einerley Art gelebt hatten,
fingen iezt an, eine / verschiedene Lebensart anzunehmen. Die Weiber blieben
fleißiger zu Hause, um auf die Hütte und auf die Kinder acht zu haben, die
Männer giengen aus, den gemeinschaftlichen Unterhalt einzuholen. [...]
Die Menschen, [...], wendeten ihre Muße an, sich mit vielen Bequemlichkeiten zu
versorgen, davon ihre Väter nichts gewußt haben. Dieses war das erste Joch,
dem sie sich, ohne daran zu denken, unterwarfen, und die erste Quelle von Uebel, die sie
für ihre Nachkommenschaft zubereiteten.
S. 106f.: Die öffentliche Hochachtung erlangte einen Werth. / Der am besten
singen, der am besten tantzen konnte, der Schönste, der Stärkste, der
Geschickteste, oder der Beredsamste ward am meisten bemerket. Dieses war der erste Schritt
zu Ungleichheit, und zugleich der erste Schritt zum Laster. Der erste Vorrang, den man
einigen einräumete, erzeugte hier Stoltz und Verachtung, dort Scham und Neid, und aus
dem Gähren dieses ungewohnten Sauerteigs entstunden schädliche Vermischungen
für die Glückseeligkeit der Menschen und für ihre Unschuld.
Datum: 01.09.2016 / 06.02.2017 / 21.08.2018 / 15.03.2020