Knopf: Bibliothek Krafft (1738) Knopf

Georg Wolfgang Krafft:
Kurtze Anleitung zur Mathematischen und Natürlichen Geographie, nebst dem Gebrauch der Erd-Kugeln und Land-Charten, zum Nutzen der Russischen studirenden Jugend [295 S.]
(St. Petersburg: Academie der Wissenschaften 1738)
Exemplar: LB Stuttgart

Einleitung: § 1-3 / S. 1-4


S. 1f. (§ 1): Die Geographie ist eine Wissenschaft, welche uns die wahre Beschaffenheit des Erdbodens, auff welchem wir wohnen, zu erkennen giebt. Es wird nehmlich, nach der gemeinen Weise, die gantze Welt eingetheilt in Himmel und Erde. Die Wissenschafft der Beschaffenheit des Himmels, und was daran vorgehet, heisset die Astronomie; und die Beschreibung der Erde, machet die Geographie aus; welches aus der Bedeutung des Worts erhellet. Es kan aber auch dieser unser Erdboden sonderlich auf viererley Art betrachtet werden. Dann erstlich ist er anzusehen als ein Welt-Cörper, welcher neben denen übrigen in der freyen / Lufft schwebet; und in Ansehung ihrer eine gewisse Lage, Grösse, und Eintheilung hat; auch mit denenselbigen, und ihren Bewegungen, auf vielerley Art verknüpft ist; daß wir allso unsere Erde nicht anderst als durch Hülffe der Sterne und des Himmels erkennen können. Zweytens kan man auf seiner Oberfläche das viele trockene Land betrachten, welches in mancherley Reiche, Länder, und Städte, eingetheilet ist, und von grossen Potentaten beherrschet wird. Drittens ist auch zu untersuchen das viele Gewässer, die grossen Meere, Seen und Flüsse, welche auf dieser Oberfläche befindlich sind, und den grösten Theil desselben ausmachen. Viertens kann man auch mit gutem Recht zu dieser Wissenschaft alles dasjenige ziehen, was der Erdboden in seinem inwenigen in sich begreifft, als wohin die Metalle, Steine, Mineralien, Unterirrdische Feuer, und dergleichen, zu rechnen sind.
(§ 2) Dasjenige nun, was zu der ersten von diesen Betrachtungen gehöret, nennet man die Mathematische Geographie, weil sie als ein Theil der Mathematic und sonderlich der Astronomie, angesehen / wird, und in diesem Verstand auch öffters Cosmographie heisset. Was zu der zweyten Untersuchung gehöret, wird die Politische Geographie genennet, oder auch die Historische, weilen sie nehmlich in diesem Verstand eigentlich zur Historie gehöret. Was bey dem dritten Stück zu wissen nöthig ist, bekommt den Nahmen, Hydrographie. Und endlich was bey dem vierten zu mercken vorkommt, gehöret eigentlich zur Physic, und wird deswegen die Physicalische Geographie genennet. In dieser Einleitung nun wollen wir von jeder dieser vier Betrachtungen kürtzlich handeln.


S. 103 (§ 65): was ein Clima sey, muß hier auch erklärt werden, und ist davon folgendes zu mercken: [...].

S. 114f. (§ 75): Die rechte und die lincke Seite der Erde kommt auch öffters vor, wird aber in unterschiedenem Verstande genommen. Im Geographischen Verstande heißt die Rechte Seite des Erdbodens, Morgen oder Ost, die Lincke aber Abend oder West; weil die Geographi allezeit, wann sie Land-Charten vor sich haben, ihr Gesicht nach Norden zu wenden. Die Astronomi aber, welche ihr meistes mit denen Planeten zu thun haben, wenden ihr Angesicht gegen Mittag, in dieser unserer Nördlichen Helffte des Erdbodens, weil gegen Mittag der Himmels-Aequator liegt, von welchem die Pla[n]eten niemals weit entfernt sind, und allso ist bey ihnen die Rechte Seite des Erdbodens Abend, und die Lincke Morgen; oder Ost. Die Priester und Geistliche Personen, wenden ihr Gesicht, bey geistlichen Verrichtungen gegen Morgen, weil in denen Morgenländischen Orten die Religion ihren Anfang genommen; deßwegen haben diese den Mittag oder Süden zur Rechten; Norden aber zur Lincken. Endlich die Poëten wenden ihr Gesichte gegen Abend, wegen der Elysischen Felder, und Glückseeligen Insuln, die sie dahin gesetzt haben; darum ist ihnen Nord zur Rechten, und Süd zur Lincken.


S. 116ff. (§ 1): Nachdem wir bisher die Mathematische Geographie abgehandelt haben, welche die Eintheilung des Erd-Bodens in Ansehung des Himmels erklähret: so folget nunmehr, nach der in der Eintheilung[!] dieses Wercks gemachten Austheilung, die Hydrographie, und alsdenn die Physicalische Geographie; Davon wir beyde nach der bisher gebrauchten, und uns vorgeschriebenen Kürtze, vortragen wollen; doch also, daß wir von der letztern den Anfang machen.
(§ 2). Diese Physicalische Geographie ist eine Beschreibung des natürlichen Zustandes unserer Erde; oder eine Beschreibung desjenigen Zustandes, der aus der Natur und Zusammensetzung der Theile unsers Erd-Bodens entspringet, und das mehreste von demjenigen verursachet, was wir, und andere vor uns, auch nach uns, bey der Erde wahrnehmen, wahrgenommen / haben, und noch inskünfftige wahr nehmen werden. Aus dieser Erklährung siehet man also leicht, was hiebey zu thun seyn wird. Es kommen nehmlich zwey Haupt-Stücke vor. Das erste ist die genaue Beschreibung der Theile, aus welchen der Erd-Boden als ein großer Cörper zusammengesetzet ist. Das zweyte aber ist eine aus dieser voraus beschriebenen Zusammensetzung hergeleitete Erläuterung des meisten von demjenigen, was sich jemahls bey der Erde hat wahrnehmen laßen.
(§ 3). So angenehm aber, und nützlich, diese Physicalische Erkäntnüß des Erd-Bodens ist: so wenig ist sie doch bis auf den heutigen Tag, wegen der mannigfaltigen Schwürigkeiten, welche dabey vorkommen, zu einiger Vollkommenheit gebracht worden; deswegen wir auch vielmahl nicht im Stande seyn werden den Geneigten Leser mit einer vollständigen Nachricht zu vergnügen. Denn theils sind die Sachen, die hier vorkommen, noch nicht genugsam untersuchet worden; theils hat unser Unvermögen in diesem Stücke nicht zu gelaßen alles deutlicher zu erklähren; in dem dieses eine der allerweitläuffigsten Wissenschaften ist, welche die ganzte / Lebens-Zeit eines Menschen beschäftigen kan; theils leydet auch öfters die uns vorgeschriebene Kürtze nicht, alles ausführlicher dar zu legen. Doch wollen wir so viel möglich allezeit auf den Grund gehen, und dabey eine gute Ordnung halten, damit was bey andern Schriften von dieser Materie weiter gefunden wird, sich jederzeit mit dieser unserer Abhandelung verknüpfen, und darein eintragen, laße.
(§ 4) Alles nun dasjenige, was man innerhalb der Erde, durch tiefes graben, oder bey anderer Gelegenheit, entdecket hat, besteht darinnen, daß man nachfolgende Sachen als Theile, woraus sie zusammen gesetzt ist, antrifft: nehmlich (1) Erde, oder eigentlich so genanntes Erdreich. (2) Saltze. (3) Schwefel. (4) Metallische Mineralien. (5) Metalle. (6) Steine. (7) Muscheln. (8) Gebeine von Thieren und Menschen. (9) Bäume und Holtz. (10) Waßer. (11) Dämpfe. (12) Lebendige Geschöpfe. (13) Müntzen, Gefässe und andere durch Kunst verfertigte Sachen; die aber eigentlich nicht hieher gehören. Andere theilen alles dasjenige, was sich in der Erde antreffen läßt, in / dreyerley Stücke ein, nach ihrer Beschaffenheit, wie sie sich im Feuer verhalten. Denn im Feuer fassen einige auch Feuer und brennen mit einer Flamme auf; andere werden flüßig oder schmeltzen; andere aber thun keines von beyden, sondern werden in Kalck verwandelt.

S. 138-148 Metalle: Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Zinn, Blei.

S.138 (§ 14): Die Metallen sind schwere dichte und gläntzende Cörper, die im Feuer flüssig werden, wenn sie aber kalt sind sich ziehen und hämmern lassen. Man zählet insgemein ihrer sechs, nemlich Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Zinn, und Bley; andere rechnen nur fünff, weil sie Zinn und Bley für eins halten, und das Bley schartzes Zinn nennen. Die Chineser machen aus dem Metall ein Element, deren sie fünff rechnen, nemlich Erde, Wasser, Feuer, Holtz, und Metall.

S. 165ff: Ursprung und Anfang unseres Erdbodens; 174 Sündflut

S. 191 (§ 46): Endlich kommen wir auf alles dasjenige, was man bey dem Erd-Boden noch täglich wahrnehmen kan; davon einiges von ihme selbst, viels aber von der ihn umgebenden Lufft, oder seinem Dunst-Kreiß, und das übrige von der Sonne herrühret. Was von dem Erdboden selbst herrühret, sind die Pflantzen, Kräuter, Bäume, und daher entstandene Wälder; die Inwohner der Erde, nemlich das gantze Menschliche Geschlecht, mit allen übrigen lebendigen Geschöpfen; Berge und Thäler, sonderlich die Feuerspeyende Berge; Felsen; Hölen; Wüsteneyen; Erdbeben; die schichten-weiß auf einander liegende Lagen der Erde, und des Gesteines innerhalb des Erd-Bodens und dergleichen mehr.
S. 194f. (§ 48): Von dem Ursprunge der Menschen und Thiere auf dem Erd-Boden kan man abermahl keine andere Ursache anführen, als die vorhin gegebene, nemlich die unmittelbare Erschaffung durch die Allmacht Gottes. Nach der Sündfluth aber sollen die 3 Söhne des Noah sich in die drey Welttheile ausgebreitet haben, so daß Sem Asien, Iaphet Europa, und Cham Africa eingenommen, und sich allda fortgepflanzet haben. Bey denen Inwohnern von America hat man grosse Schwürigkeit gefunden, wie diese dahin gebracht worden, indem dieses Land als eine grosse Insul ringsherum mit grossen Meeren umgeben ist. [...], und also so viel gewiß sey, daß sie von einerley Stamm-Baume mit uns, nemlich von Adam, abstammen.


[Exzerpt: / W-St]

Datum: 27.02.2007 / .../ 06.12.2007 / 14.01.2008 / 05.06.2008