Knopf:UB Leibniz 1749 Knopf

Gottfried Wilhelm Leibnitzens
Protogaea / Oder / Abhandlung / Von der ersten Gestalt der Erde / und den Spuren der Historie in den / Denkmaalen der Natur / Aus seinen Papieren herausgegeben / Von / Christian Ludwig Scheid / Aus dem lateinischen ins teutsche / übersetzt. / Leipzig und Hof, / bey Johann Gottlieb Vierling, / privilegirten Buchhändler 1749. [124 S.]

Exemplar: digital / ETH-Bibliothek Zürich //


Mögliche Bezüge sind:

  1. Ms Holstein (1757/59), p. 100: Vermutlich indirekt: via Lulofs und/oder Buffon; keine Nennung des Titels / p. 226: Abdrücke von Fischen in den KupferSchiefern.
    Ms Barth (1782?), p. 112 / ebenso in der Edition von Rink 1802 (Ak, IX: 302,24) [Nennung des Titels; vermutlich nachgeschoben von einem Abschreiber]
  2. Ms Herder 8', p. 47: Mansfeld / Abdrücke von Fischen mit offenem Mund.
  3. Ms Hesse, p. 40: Entspricht in der Sache dem Ms Holstein, p. 100.
  4. Ms Kaehler, p. 322: Abdrücke von Fischen.
  5. Ms Messina, p. 162: Mansfeld / Abdrücke von Fischen.
  6. Ms Dönhoff, f. 72'f.: Referat konkreter Textstellen / siehe hier weiter unten.


/S. 62 (§ 10):
/Daher leicht zu vermuthen, daß die Natur dasienige, womit wir in kleinen Proben spielen, in grosen Werken verrichte, der die Berge statt der Distillirhelme und die unterirrdischen Vulcane statt der Oefen dienen.

/S. 70 (§ 18):
/Alles dieses wird deutlicher werden, durch eine Untersuchung, eines denkwürdigen Werks der Natur, da man auf dem Schifer erzene Figuren der Fische antrift. Nämlich in Eisleben, einer sächsischen Stadt im mannsfeldischen nahe bey Osterode wird ein schwarzer blätterichter Stein gegraben, den man billig (wiewohl in andern als gemeinen Verstande) Schistum nennet; andere geben ihm den halb lateinischen Namen Ardesia. In demselben sieht man häufige Figuren der Fische, genau und niedlich gezeichnet; als hätte der Künstler in den schwarzen Stein eine spaltige erzene Materie gegraben. [...] Es ist bekannt, daß sich der Schifer spalten läst, und gleichsam aus Blättern und Tafeln besteht. [...] Ich besitze ein Stück von einem solchen Schifer, das auf beyden Seiten Bilder der Fische weißt, die aber verschieden sind. Sie werden in einem hängenden Gang gefunden; denn wo das oberste Erdreich Thon und das nächste darauf durchgrabener Felsen ist, da findet man zu Eisleben verschiedene Lagen von Kupfer-Schifer, aber nur in einer derselben Fische.
/S. 71f.:
/£{Mes-162,22 ??} / /£{Doe-072',20}
Ich habe selbst einen eingegrabenen Aesch, einen Perschen, und einen Weisfisch in Händen gehabt. Kurz vorher wurde ein grosser Hecht, mit gekrümmten Leib, und offenen Maul ausgegraben, als wenn er so gefangen, und durch gorgonische Gewalt erstarrt wäre. Man hat auch allerhand Meer-Fische angetroffen, als Rochen, Heringe, Lampreten, und diese letzte bisweilen mit getheilten Heringen. Die meisten nehmen hier ihre Zuflucht zu dem Spiel der Natur, einem leeren Worte. Sie bedienen sich dieser Schifer, als eines Exempels der Ichtiomorphie, und ungezweifelter Probe, des spielenden Genii der Natur, und hoffen dadurch ihre strittige Meinung zu bekräftigen, als ahmte die grosse Baumeisterin der Natur, gleichsam im Scherz Zähne und Knochen der Thiere, Schnecken und Schlangen nach. [...] Denn man erkennt so gleich die Art des Fisches auf den ersten Anblick; das Thier weicht nie von der Symmetrie ab, und hat allemal seine Größe. [...] Die Uebereinstimmung dieser gemalten Fische mit den wahren ist so groß; die Flosfedern, die Schuppen sind so haarklein ausgedruckt, ja man sieht an einem Orte so viel dieser Bilder; daß wir hier / eine klärere und beständigere Ursache vermuthen, als einen spielenden Zufall, oder ich weis nicht was für Zeugungs-Ideen, (Ideas seminales) leere Wörter der Weltweisen, die den Hochmuth des aufgeblasenen menschlichen Verstandes bedecken sollen. Was wäre es nun, wenn wir sagten; es sey ein großer See mit seinen Fischen, entweder durch Erdbeben, oder Gewalt des Wassers, oder durch eine andere mächtige Ursache durch die Erde bedecket worden; es habe diese Erde, als sie versteinert wurde, die in die weiche Massa eingedruckte Fußstapfen, oder Copie (ectypos) behalten, die hernach, da die Ueberbleibsel des Thieres lang verzehrt waren, mit Metall überzogen worden?

/S. 74ff. (§ 20: Die Fische in den Schifern sind keine Spiele der Natur.):
/£{Doe-072',20}
/Will aber iemand nicht gerne zugeben, daß die Natur Steine koche; so habe ich nichts darwieder, wenn er annimmt; der Schlamm, der den Fisch umhüllet, sey entweder selbst mit der Zeit nach Beschaffenheit der Materie, oder anders woher, durch einen versteinerten[!] Geist oder durch andere Ursachen, zu einen Felsen worden, und die metallische Materie sey in die Form der Fische, entweder da die Massa noch weich war, oder vermittelst eines durchdringenden Dunstes gebracht worden, wiewohl auch dieses nicht leicht zu verstehen ist. Gewisses kann ich nichts sagen, ausser / was hier genug ist: daß diese metallene Fische von wahren Fischen abgedruckt sind. Diese Meinung wird dadurch bestättigt, weil an einem Orte eine so große Menge Fische ist, und weil man nichts als Fische da findet. [...] Man muß sogleich nicht nur die Fische, sondern die Gattung der Fische, die wahre Größe, das Maas der Theile, Flossen und alles eingestehen. Selbst die Beschaffenheit des Ortes giebt einen großen Beweis. Ich habe gesagt, daß dieser Fischhaltige Gang, ein hängender Gang sey, wie die Bergleute sprechen, das ist, der wie eine Schichte etliche Meilen horizontal weglauft, daß man daraus sieht, die Fische aus einerley Teiche seyen von einer darüberliegenden Last gedruckt. Wenigstens giebt es um Eisleben / noch itzt beträchtliche Teiche. Ueber die Seefische in diesem Felsen hat man sich auch nicht zu wundern, weil nicht weit davon der Seeburger See liegt, der Salzwasser hat.

/S. 77-78 (§ 21: Von verschiedenen Schichten der Erde, ihrer Lage; vom Ursprung der Salze und der Salzwasser.)

/S. 80-81 (§ 24: Daß die verschiedenen mit Stein und Sand vermischten Arten der Meerschnecken nicht gewachsen sind, zeigt ihre Gestalt und selbst ihre Lage.)

/S. 82-84 (§ 26: In den ältesten Zeiten hatten die nahe Meere andere Thiere und Muscheln, als man izt in ihnen findet.)
/S. 83: So weichen die Ammonshörner eine Art von Nautiliten, der Größe und Figur nach, (denn man trift sie zu ganzen Schuhen im Diameter an) von allen bekannten Seegeschöpfen ab. Allein wer hat die verborgenen Gänge und Abgründe des Meeres ausgeforscht? Wie viel unbekannte Thiere gab uns die neue Welt?

/S. 84-85 (§ 27: Die Glossopeträ S. Pauls Stäbe, Schlangen von Malta, Judenpech, Sternsteine, Trachiten, sind Zähne von Meerschnecken, Schaalen und Knochen von Seethieren und keine Spiele der Natur.)
/£{Doe-073,11}
/Nach und nach entdecken die Naturkündiger mehr und mehr, welcher Thiere Bilder diese Steine sind. Schon im vorigen Jahrhundert wußte man, daß die Glossopeträ, Zähne von Seehunden (lamiarum) wären. Ich höre, daß man ohnlängst soll angemerckt haben, der sogenannte Krötenstein, (lapis bufonius) komme vom Hecht.

/S. 86-88 (§ 29: Der faule Fleis derjenigen, die durch lächerliche Einbildungen in gebildeten Steinen sehen, was sie wollen, wird verworfen.)

/S. 97 (§ 33): [...] Oben ist bemerkt worden, daß man an eben dem Orte bey Lüneburg, wo die Judensteine und andere Meersachen gegraben werden, auch gegrabenes Elfenbein findet. Ich vermuthe, es sey bisweilen nicht so wohl vom Elephanten Zahn, als vom Zahn des Walrosses, das ist, eines Meerpferds, oder einer Art von grossen Seekälbern oder Seehunden, die den Wallfischfängern in der Nordsee haufenweise begegnen.

/S. 98-99 (§ 34: Von Knochen, Kinnbacken, Hirnschaalen großen und kleinen Zähnen, die man in der Baumannshöhle, auch bey uns und anderwärts findet.)
/[...] Es müssen also fremde Thiere durch Gewalt des Wassers zu uns geführet worden seyn, ob ich gleich den Elephantenzähnen nicht traue, als die man, wie ich erinnert habe, mehr zu den Zähnen der Walrosse zu rechnen hat. Dergleichen sind vielleicht auch diejenigen gewesen, die man in Mexico solle ausgegraben haben, da man heut zu Tage keine Elephanten in Americka findet. Diese mag auch von den schweren Zähnen gelten, die man zu den Elephantenzähnen rechnet, und welche die Moscowiter Mamotekoos gleichsam wilde Thierknochen nennen, wie Witsen berichtet. Doch ich will nicht ganz und gar läugnen, daß man wahre Elephantenknochen antreffe.

/S. 99-101 (§ 35: Vom Einhorn und dem großen bey Quedlinburg ausgegrabenen Thiere.)
/Die Hörner des Einhorns zierten sonst hier und da die Naturaliencabinetter; und nun erstaunt auch das Auge des Pöbels darüber. Bartolinus / hat gezeigt, daß sie von den Fischen des Eismeers herkommen, und es ist glaublich, daß das gegrabene Einhorn auch in unsern Gegenden gleiches Ursprungs sey.


Datum: 01.12.2017 / 04.12.2017