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Colb (1719) | ![]() |
|P_149-150
£{Hol-300,24-26}
[nicht die Hottentotten sondern die Europäer rauchen Elefantenmist.]
/Ihr [der Elefanten] Koth und Unflath ist zwar zur Düngung der Felder
nicht viel nütze, weil lauter Unkraut daraus wächset, welches ohne
Zweifel von dem vielen mit eingefressenen wilden Saamen kommen muß:
gleichwohl wird er vielmals von [150] den Europäern aufgehoben,
mitgenommen und gedrucknet, damit sie bey Mangel andern guten Tobacks,
etwas haben mögen, das zum Schmauchen könne gebrauchet werden. Und
gewißlich, wenn dieser Koth durch die Sonne gedörret worden, so
schmecket er an statt des Tobacks, nicht allzu übel, vornehmlich so
man selbigen erst gewohnet ist.
|P_156-157
£{Hol-300,26-27}
/[...] derowegen will hier noch hinzu fügen, daß das Löwen-Fleisch,
wenn selbiger mit einer Kugel erschossen worden, noch ziemlich guten
Geschmacks, und gar wohl zu essen sey; indem es alsdenn zwar wohl noch
etwas Wildpret-hafftig schmecket, aber gleichwohl nicht wiedrig noch
ungesund ist, wie ich selbsten zu unterschiedlichen mahlen probiret;
anbey auch niemalen befunden habe, daß es mir einigen Schaden
verursachet, oder eine Kranckheit zugezogen hätte.
/[...]
/[157] Das Fleisch der Leoparden und Tyger ist überaus delicat; von
Geschmack gut, weiß und gesund, also, daß ich es allezeit wo nicht lieber,
dannoch eben so lieb, als das beste Kalbs- oder wenn sie jung sind, Hüner-Fleisch
gegessen habe; inmassen solches vielmal probiret, und allezeit gut befunden.
|P_162
£{Hol-300,27-28}
/Die Kraft seines Horn bestehet darinnen, daß es keinen Gifft
vertragen kan; wie mir denn wohl bewust, daß viele Leute einen Becher, in
Form eines Pocals, aus solchen Hörnern drähen, und selbigen mit Silber oder Gold
beschlagen lassen: in welchen, wenn sie Wein giessen, so fänget selbiger alsobald an,
Blasen aufzuwerfen, gleich als ob er kochete. Wird etwas widriges, und mit dem Gifft
einige Gemeinschafft habendes in selbigen gethan, so springet er alsobald in
Stücken: wenn es aber Gifft selbsten seyn sollte, so zerborstet er den ersten
Augenblick.
|P_221
£{Hol-298,01-04}
/Es würde auch nicht nöthig seyn, von den so genannten
Gold-Käfern viel vorzubringen, weil selbst die Kinder in Teutschland selbigen
nachlauffen, sie fangen und mit ihnen allerhand Kurzweile treiben. An deren statt will ich
hingegen melden, daß hier eine gewisse Art der Gold-Käfer, deren Rücken
gantz Goldgelb, der Bauch aber dunckel-grün aussiehet, und weiß-graue Beine
hat, auch am Kopf Gold-Farbe zeiget, und dabey vorne zwey dünne Haar-förmige
Hörner voraus recket. Die Hottentotten halten sie in hohen Ehren, und beten sie
gleichsam an; wie zu seiner Zeit hiervon ausführlicher Bericht geschehen soll.
|P_234
£{Hol-300,24}
/Wenn der 23ste Satz wahr ist, wie mir einbilde, daß nemlich, wo
Zinnober-Ertze gefunden werden, auch insgemein reiche Gold-Gänge nicht
weit davon stehen; wenn auch Zinnober-Ertze durch Quellen oder Bächlein,
Flüßlein, so aus den Gebürgen herfür brechen, sich offtmals
offenbahren, laut des 24sten Satzes, und dahero das Wasser roth gefärbet, oder
röthlich aussiehet: so ist nichts gewissers, als daß an den Stein-Bergen, allwo
rothes Wasser aus den Bergen hervor quillet, und reichlich abflöset, auch Zinnober-
und Gold-Ertz müsse verborgen, und in Menge, auch nicht tieff liegen: sonderlich weil
von demselben Flüßlein, der vorhero gemeldete schwartz-rothe Stein-Bruch, nicht
allzuweit entfernet, und gleich oben auf zu finden ist, wie der folgende 25ste Satz haben
will.
|P_235
£{Hol-300,21-23}
/Wenn ich nun ad speciem schreiten, und was bereits kund und offenbar ist, anzeigen
soll: so ist ausser allen Zweifel richtig, daß Eisen-Ertz genug allhier anzutreffen;
wie denn schon die Hottentotten selbiges Ertz vor der Europäer Ankunft gekennet,
geschmeltzet, und ihre nöthige Instrumenta daraus gemachet haben; gleich sie denn
noch heut zu Tag selbiges zu schmeltzen wissen, wie zu anderer Zeit wird gesaget werden.
|P_276
£{Hol-300,20-21}
/Wer wolte nun dem Africanischen Wasser an diesem Vorgebürge den Vorang vor so
viel andern Wassern bestreiten? Und wer wolte nicht gestehen, daß es gutes, gesundes
und lang-daurendes Wasser wäre? Da noch die Frage ist, ob wohl eines in der Welt
dieses thun, und in Fässern so lange gut bleiben würde?
|P_287
£{Hol-300,10-11}
/Hier aber verhält sich die Sache gantz anders, und gilt keine von allen diesen
dreyen Saltz-Fabriquen etwas; indeme weder gegraben, noch Feuer darzu gebraucht wird; auch
sonsten kein Mensch eine Hand deswegen ausstrecket, noch sich eher beweget, bevor es von
selbsten zeitig, und durch Hülffe derer Sonnen-Strahlen aus klaren, hellen,
süssen und reinen Regen-Wasser, das von den Bergen herab in die Thäler fliesset,
und in gewissen von der Natur selbst verfertigten Lachen oder Saltz-Pfannen stehen
bleibet, und daselbst ausdünstet und bereitet wird.
|P_296
£{Hol-300,11-13}
/Mir ist (schreibet er weiter, und stellet dieses sein Experiment vor)
auch ein gewisses Caput, und dasselbe auf gewiße Weise, von guter
Hoffnung bekandt, allwo zu gewißen Zeiten rechte wahre Winde wehen.
Wenn diese Winde in ein behöriges Gefäß aufgefangen werden: so
schlagen sie sich zu einem Dunst an; welcher endlich zusammen
fliesset, und das Gefäß voll klares, lauteres, helles, Crystallines,
himmlisches oder lüfftiges Wassers füllet; welches einem süssen
Brunnen-Wasser allerdings gleich, nur daß es reiner ist: indem ich
dessen bey 8. Loth, numehro über 12. Jahr lang, in einem wohl-
verwahrten Glas stehen habe; welches weder einen üblen Geruch noch
Geschmack an sich genommen: ausser daß es einige gar sehr wenige
grünliche faeces auf den Boden gesetzet, welche aber gewiß keinen
halben Gran austragen.
Wenn aber, fähret er fort, mit diesem Wasser ein proportionirtes Gefäß
angefüllet, und hernach an einem Ort geleget wird, da so wohl eine beständige
warme Lufft unmittelbar in das Gefäß auf die Materie selbst würcken, als
auch das Gefäß von außen umgeben kan: so wird nach dreyer oder vier
Stunden Verlauff, das klare Wasser alteriret, dicke, falsuginosisch, weißlicht, und
mit einer Meer-grünen und Himmel-blauen Farb vermenget: auf dessen Grund sich eine
zitternde, gallerichte Materie setzet. Wenn man hernach dieses Gefäß leviter
bedecket und auf einen Ofen zum Abrauchen oder evaporiren hinsetzet: so fänget das
Wasser an, gelblicht, röthlicht, endlich aber, sonderlich nach öffterer
Wiederholung der gantzen Arbeit, Blut-roth zu werden; biß endlich allerley
vermischte, nemlich nitrosische, in figura striara oblonga sexangulari, vitriolische, in
figura cubica, urinosische, in figura stellata sexangulari rotunda Saltz-Formen, theils
gelblicht, theils weiß und gläntzend, zurücke bleiben.
|P_305
£{Hol-300,09 / £{Hol-300,14-15}
/Hiermit nun haben die Winde eine genaue Verwandschaft: und wissen die
Schiff-Leute aus der Erfahrung wohl, daß ihnen zur Zeit der guten
Mousson oder der trucknen Zeit, welche im Ende des Septembers
anfänget, und bis in Martium fort währet, kein Unfall begegnen kan,
wenn sie nahe bey diesem Vorgebürge sind, oder schon in dem Haven
liegen. Denn sie haben keine andere Gefahr auszustehen, als das sie
mit dem Süd-Ost-Wind, welcher alsdenn mit seinen Neben-Winden die
Herrschaft behauptet, nicht können in den Haven des Tafel-Bergs
kommen: [...]
/Hingegen in der bösen Mousson, oder Regen-Zeit, welche im Ende des
Marti anhebet, und biß in den September fort währet, verhält sich die
Sache gantz anders: und behauptet alsdenn der Nord-West, mit seinen
Neben-Winden die Herrschaft.
[Später ist von letzterem als einem Nordostwind die Rede.]
|P_306
£{Hol-300,14-15}
[hat eine ungemeine Gewalt]
/Mit solchen Eigenschaften ist gewiß der Süd-Osten-Wind an dem
Vorgebürge nicht begabet: als welcher so schnell nicht einbricht, wenn man gleich
seine Vorzeichen lange vorher siehet, und dahero dem vorigen Wind sich nicht so gleich
widersetzet. Wenn er aber angefangen durchzuwehen, und die Schiffe mit den Vorder-Theil
nach ihm zu kehren: so fänget er schnell an kräfftig zu werden, und so hart
durchzuwehen, daß man meinen sollte er würde alles umkehren, und niederreissen.
Wer alsdenn auszugehen hat, der mag wohl ohne Mantel gehen, auch seine Augen und gantzes
Gesicht wohl verwahren, damit es nicht voller Sand und Staub gewehet werde. Eben
deßwegen wird man alle Häuser, deren Thüren nach dem Wind gebauet sind,
zugemachet finden, und wird einer wohl etliche mal klopffen müssen, ehe ihm
aufgemachet wird; indeme er mit grosser Furie hinein blässet, ja durch
beständiges Anschmeissen des Sandes und der kleinen Sandsteine, die Fenster
zerbricht.
|P_310
£{Hol-300,15}
/Denn wenn der Süd-West-Wind mit seinen Bey- und Neben-Winden wähet, so
haben wir uns, gleich bereits vorhero ist angezeiget worden, einer sehr subtilen, gantz
reinen, von Nebeln und Wolcken befreieten und gesunden Luft zu erfreuen. Wenn aber der
Nord-West-Wind mit seinen Bey- und Neben- Winden anfänget durch zudringen: so
empfinden wir, daß die Lufft gantz schwehr, mit allerley Unreinigkeiten
angefüllet, und gantz dicke: auch deßwegen der Gesundheit in keine wege
zuträglich sey.
|P_311
[Zweifel-Monate scheinen eher gesund zu sein, oder?]
£{Hol-300,15-16}
/Diesen beyden rasenden Winden leget aber der sanfte Süd-West-Wind, gleichsam
einen Stillstand auf; welcher alsdenn zu wehen, und seine angenehme Lufft mercken zu
lassen anfängt, wenn eines jeden Herrschaft zu Ende gehet: und welches in denen
beyden Monaten Martius und September geschiehet, als bereits oben ist gesagt worden.
Eben um deßwillen werden berührte zwey Monate von den Schiff-Leuten, nebst
denen hiesigen Einwohnern, die Zweifel-Monate genennet: weil man alsdenn nicht
wissen könnte, wenn man es nicht vorhero aus der Erfahrung gelernet, welcher Wind die
Ober-Stelle behaupten, und die hin und wieder ziehende Wolcken entweder verdickern und
zusammen jagen, oder aber vertreiben und fortjagen würde. [...]
|P_311-314
£{Hol-069,13-18 / £{Hol-300,17-18}
/So viel ich noch bißhero Auctores gesehen und gelesen habe, welche
diesen ungestümmen Wind beschrieben, der an dem Vorgebürge der guten
Hoffnung aus den Süd-Osten wehet: so berichten sie alle einmüthig, daß
die Wolcke, woraus gedachter Wind hervor breche, anfänglich so klein
sey, daß sie kaum einem Gersten-Korn an der Grösse gleiche, darnach
werde sie so groß als eine welsche Nuß: und um deßwillen nenneten sie
die Holländer das Ochsen-Aug, und die Portugisen Olho de Boy, weil sie
einem Ochsen-Aug gleich sehe: sie würde aber bald hernach so groß, daß
sie auch die gantze breite und ebene Fläche des Tafelbergs, worauf sie
läge, einnähme, und bedecke. Dieses nenneten die Holländer abermals,
so bald sie es sehen, die Taffel wird gedecket, indem es nicht anders
schiene, als ob eine Taffel bereitet würde. Hierauf bräche der
gedachte Wind alsobalden mit solchem Unstümm aus dieser Wolcke herfür,
daß er die Schiffe, die sich dessen nicht versehen, und dawider
gerüstet hätten, augenblicklich umkehrete, und das Unterste oben
setzte. [...]
|P_312
/Diese Wolcke nun welche auf dem Tafel-Berge lieget, habe ich die gantze Zeit
über als ich hier gewesen, so klein nicht gesehen, als sie die zuvor angeführte
Auctores beschrieben. [...]
|P_314
So bald man siehet, daß diese Wolcke die man sonsten nicht
wahrnimmt, auf den Tafel-Berg zu liegen kommet, ist sie nicht nur weit grösser als
der gröste Ochse: sondern sie ist auch in unterschiedliche Theile zertheilet,
daß sie den gantzen Tafel-Berg zusamt den Wind-Berg, welchen das gemeine Volk den
Teufels-Berg nennet, einnimmt und bedecket. Sie wächst verfolgens langsam aneinander,
und machet nur eine einige grosse Wolcke aus. So bald sie aber zusammen gewachsen, breitet
sie sich in die Höhe aus, und fället zugleich dichter aufeinander gedrungen in
das Auge. Endlich bleibet sie in solcher Positur und Dicke, einige Zeit auf den zweyen
Bergen unbeweglich und unveränderlich liegen, biß endlich der Süd-Ost-Wind
aus derselben mit einer grossen Gewalt hervor bricht.
[ die Farbe der Wolken ist an der Unterseite weiß, an der Oberseite bleigrau.
Führt die Wolke außerdem Regen mit sich, so ist sie licht schwarz.]
|P_349
£{Hol-296,26-27}
/Woher sie gemuthmasset, daß sie Caffers heißen müssen, oder solche
seyn? ist nicht leicht zu ergründen. Woferne sie nicht die Gleichheit von den Haaren,
eingedruckten Nasen, auch breiten und grossen Lippen hergenommen haben: als in
welchen Stücken sie mit den Caffern eine genaue Ubereinkunft haben; [...]
|P_350
£{Hol-117,01}
/Denn da ein Caffer, wie die heutige durchgehende Bedeutung des Worts mit sich
bringet, Bech-schwartz von Farbe seyn muß; also daß er glimmet, und man sich
in seinem Angesicht bey nahe als in einem Spiegel beschauen kan: so weiß ich nicht,
wie sie einen Hottentotten zu einem Caffer machen können, [...]
|P_352
£{Hol-298,06-10}
/Denn sie haben vieles, nach allen Umständen, mit den Jüden und
wiederum sehr vieles mit denen alten Troglodyten gemein; welche uralte
africanische und von den Carthaginensern herstammende Völcker gewesen
[...].
/Was die Jüden angehet, so ist gewiß, daß sie darinnen mit
denenselben übereinstimmen: (1.) Weil sie viel opfern. (2.) Weil sie nach dem Neu-und
Vollmond ihre Zeiten, und sonderlich die Feste richten. (3.) Weil sie zu gewissen Zeiten
ihre Weiber nicht dörffen berühren. (4.) Weil sie bey dessen Nicht-beobachtung,
wenn sie ertappet werden, wieder opfern müssen. (5.) Weil sie, wie jene, vielmals
ungesäuert Brod und ungesaltzene Speißen: also diese niemalen etwas von Saltz
genießen mögen, woferne sie anders vor sich alleine, und nicht unter den
Christen wohnen. (6.) Weil sie auf gewisse Weise eine Art der Beschneidung erdulten
müssen. (7.) Weil sie nichts ersticktes geniessen dörffen. (8.) Weil sie
keine Fische ohne Schuppen essen. (9.) Weil sie ihre Weiber niemalen in ihre
politische Versammlungen lassen. (10.) Weil sie Scheide-Briefe ihren Weibern geben
können; und was dergleichen viele andere Sachen mehr seyn, womit sie den Jüden
gleichsam ähnlich seyn, und von ihnen abzustammen scheinen; welche hier alle
anzuführen, zu weitläuftig ist: zumal da die gantze Sache in Verfolg ohne hin
weitläufftiger wird ausgeführet werden müssen.
|P_353-354
£{Hol-298,07-08}
/Denn sie geben vor, daß sie durch die Uberlieferung, von Kind auf
Kind fortgepflanzet wissen, wie ihre ersten Eltern durch ein Fenster
oder Pforte, welches Hottentottische Wort, womit sie ein Fenster oder
Thor benennen, man mir nicht besser zu interpretiren wuste, auf die
Erde gekommen seyn: welche ihre Nachkömmlinge hätten säen, erndten,
Brod backen, Vieh weyden und andere dergleichen Dinge mehr gelernet;
welche aber nach dieser Zeit [354] unter ihnen, theils wegen vieler
Kriegs-Beschwehrungen und Landes-Flüchtungen: theils auch aus
Unachtsamkeit und anderer Umstände wegen, mehrentheils wären verlohren
gegangen. Die Namen ihrer ersten Eltern und zwar des Mannes, wäre Nôh
gewesen, die Frau aber hätte Hingh-nôh geheissen.
/[...]
/Welches abermahls eine solche wunderbahre Sache ist, die nicht allein die
Schöpfung von GOTT und absonderlich die Sündfluth, womit die Welt gestraffet
worden; sondern auch den Namen des darinnen erhaltenen Noah, und vielleicht auch
den Namen seines Weibes vorbildet und darstellet.
|P_368
£{Hol-297,02}
/So einfältig aber immer ihr Kochen, Braten, Sieden, mag zugehen: so wohl
bekommet ihnen gleichwohl ihre Speise, und wird man nicht viel Krancke unter ihnen
antreffen, die sich dadurch sollten eine Ungesundheit auf den Hals ziehen: massen sie
gemeiniglich sehr alte Leute werden, also, daß sie offt vor Alterthum nicht mehr
gehen, noch etwas thun können, woferne sie sich nicht in der Europäer Wein und
andere starcke Geträncke vertieffen, und sich dadurch eine Ungesundheit, gefolglich
ein kurzes Leben auf den Hals ziehen. Denn von ihrem hohen Alter und gesunder
Natur, schreibet bereits Dapper in Africa [...] Denn die meisten , sowohl
Manns- als Weibspersonen erreichen das 80. 90. 100. 110. 120. ja mehr Jahre.
|P_368-371
£{Hol-297,03-11 / £{Hol-298,15-16}
/Es werden ferner, und zwar dieses mit höchsten Recht, die
Hottentotten darum als wilde und unfläthige Leute vorgestellet, weil
sie sich mit Fett über den gantzen Leib beschmieren; selbst ihre
umgehenckte Schafs-Felle damit anreiben, und dahero sehr hefftig
stincken. Welche Sache, wie wahr sie auch ist, so haben doch die
Scribenten viel Unwarheiten darbey eingemenget, welche diese Leute
wilder, säuischer und stinckender machen, als die Sache selber
ausweiset. [...]
/[369]
/[...] Nun will ich meinem Herrn mit wenigem sagen, wie es mit diesem
Schmieren beschaffen sey. Es haben nemlich die Hottentotten die
Gewohnheit von Kindes-Beinen an, und sobald sie auf die Welt gebohren
werden, gleich wie zu anderer Zeit wird gewiesen werden, daß sie sich
mit frischen ausgeschmoltzenem Fett, selbiges mag auch seyn von
welchem Thier es will, am liebsten aber mit Schaafs-Fett, oder mit
frischer von ihnen selbst gemachter Butter, beschmieren. Sie thun
dieses nicht etwan nur ein wenig, sondern so dichte, daß ihnen auch
das Fett, wenn die Sonne darauf scheinet, herab tropfet. Dieses Fett
vermengen sie mit dem an den Töpfen hangenden Ruß, nicht aber mit
einer andern schwartzen Schmiere, wie P. Tachart in seiner Reise-
Beschreibung nach Siam p.99. berichtet, und reiben damit den gantzen
Leib, vom Kopf biß auf die Füsse. Sie scheinen dahero schwartz, ob sie
es gleich von Natur nicht sind. Sie schonen auch kein eintziges Glied
am gantzen Leibe, es muß alles geschmieret seyn. Anbey bleiben auch
ihre umgehenckte Schaafs-Felle nicht unbeschmieret: sondern sie müssen
ebenfalls mit diesem Parfume auswendig, da keine Haare sind, überzogen
werden, womit der gantze Leib einbalsamiret worden.
/[...]
/Hieraus ist sich nun leicht einzubilden, daß diese Leute, weil sie
sich gar offt des Jahres schmieren: hingegen aber Zeit Lebens mit
keinem Tropfen Wasser abwaschen, oder, als neugebohrne Kinder
abgewaschen werden, einen greulichen, wilden und wiederwärtigen
Gestanck müssen erregen: vornemlich, wenn sie oberhalb dem Winde
stehen und einem entgegen kommen. Man kan sie deswegen auch weiter
riechen als sehen, indem sie offtmals noch weit über 100. Schritt
entfernet sind, und erst einen Berg herauf kommen, daß man sie sehen
kan; da doch der heßliche Geruch ihre Ankunfft schon lang entdecket
hat.
/Die Ursache dieses Schmierens wird von den Reisenden unterschiedlich
namhafft gemacht. Merlin. l.c.p.1089. Vogel. l.c.p.74 und P. Tachart in
[370] seiner Siamischen Reise-Beschreib.p.99. sind der Meinung, daß
sie dieses thäten, um sich zu schmücken und zu zieren: und wollen es
daher beweisen, weil die Reichen allezeit in beschmierten Mänteln
giengen, die Armen aber nicht. Alleine, daß dieses kein eigentliches
Stuck ihres Zierraths sey, wird bey anderer Gelegenheit, wenn ich von
der Hottentotten Zierrathen handele, mit mehrern bewiesen werden.
/[...]
/Es scheinet aber solche [Ursache] die Beschaffenheit ihres Landes,
und ihre Lebens-Art selbsten zu eröffnen, wovon ich Ihm meine
Gedancken hiemit offenbahren will. Es ist aus meinen vormaligen
Briefen bekand, daß das Land hier sehr warm sey: und daß die Sonne im
Sommer eine ziemlich Krafft haben müsse, dieweil sie auch im Winter so
warm scheinet, als in Teutschland mitten im Herbst oder Frühling. Da
nun diese Leute ungekleidet gehen, und nur ein rauhes Schaaf-Fell über
die Achsel schmeissen, und also nackend hinlauffen: so würde die Sonne
eine durchdringende Krafft auf ihre blosse Haut spühren lassen, und
selbige verbrennen; also, daß sie allezeit Schiefern davon würden
herabziehen können: woferne sie nicht dieses Schmieren darwieder
gebraucheten, und der Sonne den Zugang in die Schweiß-Löcher
verstopffeten, auch hiermit die gantze Haut wider diese Hitze wafneten
und verwahreten. Fället nun gleich die Sonne auf ihren nacketen Leib:
so hindert doch das darauf geschmierte Fett derselben Durchdringung,
und hält sie folgbar von ihrer Verletzung ab. [...]
/[371]
/[...] Man meynet auch, wenn man sie Anfangs siehet, es seyen rechte scheußliche
Leute und Monstra der Welt. Alleine alles dieses verursachet nur ihre stinckende Art und
schmierichte Felle, nebst denen in einander geklonterten Haaren auf dem Kopf: welche nicht
anders scheinen, als solche Wolle, in welcher der Schaafe-Mist Fingers dick, ja dicker
lieget. Denn wenn man ihrer gewohnet, und durch nähere Bekandschaft gemeinsamer mit
ihnen wird, so fället gewißlich dieses Vorurtheil gar bald hinweg.
|P_371
£{Hol-296,22-24}
/"Alle Männer und Weiber haben platte Nasen, und dicke Lippen,
sonderlich die obersten" [Zitat von Dapper]
/Die Haare sind von Natur kurtz, krauß und der Schaafs-Wolle nicht
ungleich: von Natur gantz kitten-schwartz als der Mohren ihre.
|P_374
£{Hol-296,22-24}
/Wer jemalen einen rechten Zigeuner gesehen, der nicht durch Kunst
geschwärtzet gewesen, sondern seine natürliche Farbe aus Egypten mitgebracht:
der kan sich gar leicht die Einbildung machen, wie denn ein Hottentott natürlich und
ungeschwärtzet aussehen müsse; nemlich bräuner und dunckler als ein
Spanier, Portugieß oder Italiäner, und weißlichter als ein AEthiopier
oder anderer dergleichen Bech-schwartzer Mohr.
|P_393
£{Hol-299,16}
/Zu einem guten Bissen gehöret auch billig ein guter Trunck: und dieser ist nun
entweder lauteres Wasser, oder aber die gemolckene Küh-Milch, weil sie von der
Schaf-Milch, wie vorhero gesaget worden, nichts geniessen dörffen, sondern selbige
den Weibern alleine überlassen müssen.
|P_398
£{Hol-301,10-17}
/Und bißher sind wir nun biß an Terra de Natal gekommen, woselbst sich die
Caffers anfangen; welche, nach dem Zeugnüß dererjenigen so daselbst gewesen,
insonderheit aber nach der Beschreibung des obgenandten Capitains Theunis Gebrantsz:
van der Schelling, der zu unterschiedene Malen daselbst angeländet, sich darinnen
von den Hottentotten distringuiren, daß, ob sie gleich auch nur in Krossen gehen,
dennoch sich nicht wie diese beschmieren: auch sonsten keine solche kluckernde Sprache
führen, und ferner in Häusern von Leimen, viereckicht aufgebauet, wohnen:
endlich auch das Land, insonderheit aber Myli oder Türckisches Korn bauen, und Bier
bräuen.
/Diese Caffers sollen auch mit den See-Räubern aus dem rothen Meer, Handel
treiben, [...]
/Ein gewisser Engelländer, welcher vormalen von seinem Schiff weggelaufen, oder
zurücke geblieben, hält sich unter diesen Caffern auf, und hat 2. Weiber, nebst
etlichen Kindern. Diesen hat vorerstgenandter Capitain allda angetroffen, und mit ihm, als
einem anitzo nackend-lauffenden Caffer (denn auch diese sollen lange Haare haben)
unterschiedliches geredet.
|P_407-408
£{Hol-297,27-29}
/Ich will aber meinem Herrn meine dazumal gebrauchte Worte hier einverleiben, damit Er
sehen möge wie es mir ergangen, und wie sie doch dabey nicht haben laugnen
können, daß ein GOTT sey. Mich hat vielmals, schriebe ich, verlanget, ihnen den
Weg dazu durch natürliche Ursachen zu bahnen, und aus natürlichen Wercken sie zu
solcher Er-[408] käntniß eines obersten Wesens zu bringen. Denn ich habe
ihnen offtmals durch natürliche Dinge auszulegen, die Worte ausgepresset, daß
sie bekandten: ja es könte nicht anders seyn, als das was außer-ordentliches
alle Dinge regierte, bewegte, allen das Leben gebe &c. alleine, wenn ich wolte was
ferner bey ihnen einbringen, und sie anweisen, wie mächtig, kräfftig und
wunderthätig derselbe Regierer wäre; wie Er müste genennet, und auf was
Weise geehrtet werden: alsdenn war die Lust bey ihnen verschwunden, mich länger an
zuhören. Sie gaben mir alsobald zur Antwort: daß sie dazu viel zu dumm
wären, alles dasjenige zu begreifen, was ich ihnen sagen wolte. Sie wisten nichts von
GOtt, und könten auch nichts von Ihm begreiffen. Hottentotten wären dumm und
müsten auch dumm bleiben; anders hätten sie schon lange von den Christen zu GOtt
bekehret werden müssen, als deren Gottesdienst ihnen wohl bekandt wäre rc.
/[...] Ich bin dadurch veranlasset worden, sie alle insgesamt in zween Hauffen oder
Secten zu theilen, deren die eine von GOtt gantz nichts wiste, die andere aber denselben
erkennete, und öffentlich bekennete. [...]
/[...] Und zwar so ist erst auch zu wissen, wie sie denn dieses oberste Wesen nennen?
Ob sie es, gleichwie wir, GOTT nennen, oder ihm einen andern und eigenen Namen zulegen?
Auf diese Frage hat meines Wissens, niemand besser geantwortet als oben angezogener Herr
Boeving l. c. pag. 6. wenn er saget: "Dieweil die Capitains-Charge bey ihnen die
höchste Obrigkeit" (verstehe in jedem Dorff, aber nicht von jeder Nation, als
vorhero schon angewiesen worden) "so nennen sie GOtt, den großen
Capitain, und in ihrer Sprache Gounia" (ich setze darbey, daß sie den Mond
als ihren sichtbaren Gott also nennen, hingegen aber den unsichtbaren GOtt, wenn sie Ihn
recht bedeuten, mit den beiden Worten Gounia Tikqvoa, das ist: GOTT aller Götter
anzeigen) "der ein guter Mann sey, der ihnen kein Böses thue, und hätten
deßwegen sich vor Ihm nicht zu fürchten."
|P_411
£{Hol-297,29 [ Nicht die Quelle ]
/Ich sage demnach, daß sie dem Mond als ihrem sichtbaren Gott, Ehre anthun, und
Gottes-dienstig anbeten. Denn ich habe bereits oben gesaget, daß sie den Mond mit
dem Namen des grossen Capitains belegen; womit sie nichts anders verstehen, als
daß unter diesem sichtbaren Gott, der unsichtbare müsse verstanden, und
zugleich mit angeruffen werden. Zudem, so habe ich beständig und so viele Jahre nach
einander wahrgenommen, daß sie beym Neu- und Voll-Mond gantze Nächte durch,
singen und tantzen, auch sich mit starken Schreyen und darunter vermengten
Hände-Klopffen ziemlich weit hören lassen.
|P_412
£{Hol-298,27}
/Wer solte denn nun wohl läugnen können, daß dieses Tantzen, Singen
und Schreyen zur Zeit des Neu- und Voll-Monds kein Gottes-Dienst wäre?
|P_415f
£{Hol-298,01-04}
/Ich will mich unterdessen nur bemühen, Ihm weiter vorzustellen, wie diese
[416] Hottentotten den andern Heyden nachahmen und noch mehr als diese zwey
Götter verehren, ob gleich niemand bis anhero, so viel mir wissend, mit einem einigen
Wort, davon Meldung gethan hat. Es findet sich nemlich hier in diesem Lande ein gewisses
Insectum oder Ungeziefer, ohngefähr so lang als eines kleinen Kindes Finger, und auch
so dick; welches acht Füsse, und auf dem Haupt zwey Hörner, nebst zween
Flügeln hat. Es ist auf dem Rücken grün von Farbe, mit untergemengten
rothen und weissen Puncten. Diesem schreiben sie eine Gottheit zu. So offt sie es dahero
sehen, absonderlich aber, wenn es in ihre Krallen kommt, und auf den einen oder andern
sitzet, so erweisen sie ihm göttliche Ehre.
/[...]
Insectum in ihre Krallen
kommt, von dessen äusserlichen Gestalt und Form zu anderer Zeit wird gesaget werden;
so verehren sie es nicht nur mit dem vorhero beschriebenen, aber nicht so lange
währenden Gottes-Dienst, indeme sie nur einige Stunden mit Singen und Tantzen
zubringen: sondern sie bestreuen es auch mit dem gepülverten Kraut, das sie Buchu,
die Botanici aber Spiraeam nennen, wovon an seinem Ort gehandelt worden. Es wird aber
nicht allein dieses Thierlein, sondern auch der gantze inwendige Platz ihrer Kralle damit
bestreuet, weil sie sich die feste Hoffnung machen, daß dieses Thierlein was gutes
mit bringe und anzeige.
/[...]
/Doch es sey mit solcher Muthmassung, wie es immer
wolle, so ist doch dieses ferner gewiß, daß, wenn berührtes Insectum, auf
einem unter allen, in der Kralle zu sitzen kommt, und auf seinem Leib Ruhe suchet,
derselbe ein unbetrüglicher und unfehlbarer heiliger Mann seyn müsse, dem
gantz gewiß alle Sünden vergeben worden. Denn, sagen sie, dieses Thierlein hat
den Mann angewiesen, der unter uns heilig ist. [...]
/[...]
/Wer sollte wohl in
Europa glauben können, daß solche Absurditäten des Verstandes in der Welt
anzutreffen wären? wenn man nicht von andern Heyden wiste, daß sie noch wohl
schlimmere Götter sich erwählet, ob sie gleich so schmierig, schmutzig und
unflätig sich nicht aufgeführet haben? [...]
|P_420-421
£{Hol-298,19-21}
/Dieses also voraus gesetzet, kommt vor allen andern vor, daß sie
Anders-machen, wenn den Manns-Personen ein Testiculus oder Ballen aus
dem Säcklein geschnitten wird, welches alle Manns-Personen ausstehen
müssen: und habe ich deren etliche hundert visitiret, bey allen aber
befunden, daß sie nicht mehr als einen einigen Ballen oder Testiculum
haben.
/[...]
/[421] Es folget also hieraus, daß zwar diese Ausschneidung an keine Zeit
gebunden, sondern so wohl bey Kindern von 8. oder 9. Jahren, als auch bey mannbaren Leuten
erst vorgenommen wird; doch daß sie an Kindern, welche das 8. oder 9. Jahre noch
nicht erreichet haben, gar nicht verrichtet wird, bevor sie dasselbe Alter erlanget.
|P_422f.
£{Hol-298,21-23}
/Uber dieses kommet endlich der besagte alte Herr, nimmet sein eigen Membrum virile in
die Hand, und machet ihn über seinen gantzen Leib mit seinem Urin (s.v.) naß;
dergestalt, daß er nun auch seine eigene Hände gebrauchen und sich mit diesem
köstlichen Narden-Wasser gleichsam abwaschen, und den zuvor in das Fett
eingedrungenen Koth abwaschen muß; wodurch er denn mit seinen kurtzen Nägeln
gleichsam Furchen über seinen beschmierten Leib ziehet, die er hernach mit der
flachen Hand wieder zustreichen muß.
|P_425
£{Hol-296,27-297,01}
/Es findet sich nemlich ein langes, als eine dicke Haut gestaltetes
und an der übrigen Haut fest gewachsenes Stück Fell, welches über ihre
Scham hinab hänget, und selbige gleichsam von Natur bedecket; das auch
bey mancher je länger, je grösser wächset, und offt mit den Jahren so
zu nimmet, daß es auch vielmals unter dem übrigen Stück Fell, daß sie
Kul_Cross nennen, hervor raget, und als ein aus der Haut herabhangender Riemen siehet
/[...]
£{Hol-297,01-02}
/Zwar Thevenotius in seiner Orientalischen Reise-Beschreibung Part.II. c.74.
p.497. und andere sagen, daß auch die Mohrinen, Egyptier nebst vielen andern
also beschaffen wären; alleine diese alle ließen es ausschneiden, oder auch
abbrennen, welches besagter Thevenotius vor eine Superstition hält, da es doch
aus Noth, und einem Fehler der Natur abzuhelffen, geschehen müste. Ich meines Orts
glaube es gerne, weil nichts schändlicher und häßlicher anzusehen seyn
kan, als eine solche verstellete Weibs-Person, die, wenn man die Schmierigkeit an einer
Hottentottin noch dabey betrachtet, gewiß einen rechten Abscheu vor allen
Frauen-Personen verursachen solte.
|P_426-427
£{Hol-298,24-299,03}
/Sie müssen sich aber nicht allein einen Testiculum ausschneiden
lassen, wenn sie heyrathen wollen: sondern sie müssen erst von der
Mutter Auferziehung entschlagen werden, und sich würdig machen, daß
sie der Männer Gesellschaft besuchen, und mit ihnen umgehen dürffen.
[...]
/[...]
/Wenn er aber sich zum Mann will machen lassen, so bekommt er erst von
dem Aeltisten in der Crall Befehl, daß er außer ihrem Creyß, weil alle
neben einander in einem runden Circul sitzen, worinnen der Aeltiste
sich befindet, und also bald aufstehet, er sey gleich ein Gemeiner
oder der Capitain selbsten, sich soll auf seine Hurcken nieder setzen,
das ist: er soll nieder hauchen, daß sein Leib auf den Knien ruhe, und
seine Hinter-Backen die Erde nicht berühren, gleichwohl auch über drey
Finger hoch von derselben nicht abstehen; welches Nieder-Hurcken bey
ihnen eine gantze gemeine und alltägliche Manier ist, so daß sie es
schon von zarter Kindheit an gewohnet seyn.
/Wenn der Aelteste diese siehet, redet er einige Worte mit seinen
Neben-Männern, gleichsam als ob er den Consens einholete, diesen zum
Mann zu sprechen. Nachdem sie nun alle einmüthig jö, jö, das ist: ja,
ja, geantwortet haben: so tritt er hinaus zu dem jungen Mann; redet
ein wenig mit ihm, und kündiget ihm an, wie er hinfüro von seiner
Mutter Gehorsam, Nachfolge und Zwang befreyet sey, und sich nicht mehr
unter ihrer Gesellschaft finden lassen dörffe, daferne er nicht aufs
neue wolle anders, das ist: ehrlich, und ihrer Gesellschaft würdig
gemacht werden; sondern er müsse sich inskünftige zu ihnen, und seines
gleichen halten, und von nun an zeigen, daß er ein Mann sey.
/Nach Endigung dieser Aussprach, welche der junge angenommene Mann mit
jö beantwortet, tritt er etwas näher zu ihm; nimmt sein Membrun virile
in die Hand, und machet ihn mit seinem Wasser in der Blase so lange
naß, als ein Tropffen heraus lauffet. Dieses Wasser hingegen empfänget
der junge Mann mit Lust; wäschet und reibet [427] es hinein; macht
auch unterschiedliche Furchen mit den Nägeln, in das an seinem Leib
klebende, mit Ruß, Staub und Unflath vermischte Fett: die er aber
alsobald hernach wieder mit der flachen Hand zustreichet, also, daß
man nicht siehet, wo vorhero eine solche Furche gewesen ist.
/[...]
/[...] Ich meines Orts will nur noch hinzu fügen, daß sie durch dieses
Mittel, dem mütterlichen Gehorsam so sehr entzogen werden, daß auch selbst das
vierte Gebot darunter Noth leidet. Denn sie haben nach diesem Actu, nicht allein
vollkommene Freyheit zu heurathen, wenn sie wollen; sondern es ist ihnen auch hinfüro
keine Schande, sondern vielmehr ein grosses Lob, welches ihnen auch selbst die Mütter
geben und zulegen, wenn sie hingehen, und entweder in der Trunckenheit, oder aus Bosheit
und im Zorn, ihre Mutter wacker schlagen, und mit einem blauen Auge von sich jagen, auch
dabey sagen: ich stehe nicht mehr unter eurer Zucht und Disciplin.
|P_434ff
£{Hol-298,04-05}
/Doch bevor noch selbsten etwas von der Zauber-Kunst weiter gedencke,
so wird nicht undienlich seyn, die Frage zu beantworten: Ob sie denn
auch, weil aus allen ihrem Thun erhellet, daß sie einen GOtt kennen
und mit Anbeten verehren, ein Leben nach diesem Leben, oder ein ewiges
Leben; oder welches eben dahinaus lauffen wird, ob sie eine
Auferstehung der Todten glauben?
/[...]
/[435] Denn vors erst ist unwidersprechlich wahr, daß sie sich sehr
vor dem Wiederkommen der Todten und Verstorbenen fürchten: wodurch sie
ja klar an Tag legen, daß sie nicht statuiren, ob wären ihre Seelen
zugleich mit den Leibern todt; [...]
/[...]
/Sollte nun dieses nicht ein klares Merckmahl seyn, daß sie ein Leben
noch diesem, folglich eine Auferstehung der [436] Todten gläubten? ob
sie gleich die Redens Arten nicht im Gebrauch haben, solches mit
Worten auszudrücken? Doch dieses ist der einige Grund nicht, aus
welchen ich zu beschliessen bewogen werde, daß sie ein ewiges Leben,
und hierdurch eine Auferstehung der Todten glauben; [...]
[ seitenlange Erörterung der Frage mit dem Beschluß, ja sie glauben an
Auferstehung. Im Brief über den Gottesdienst der Hottentotten wird diese Vermutung
mit Bezug auf Opferhandlungen der Hottentotten immer wieder ausgesprochen]
|P_442
£{Hol-298,16-17}
/Kommet aber das Kind lebendig an das Tages-Licht, so waschen sie es
nicht etwan, oder baden es mit Wasser ab. Denn dieses sagen sie, ist
Sickum, oder ungesund; sondern sie haben gantz eine andere und
absonderliche Manier selbiges von seinem Koth und mitgebrachter
Unreinigkeit zu säubern; da es doch, nach unserer in Europa
gebräuchlicher Art, viel eher solte heissen, sie machten es noch
unflätiger als es von Natur ist. Denn an statt des Wassers, oder was
man sonsten zu Säuberung erst-gebohrner Kinder gebrauchen möchte,
nehmen sie s.v. frischen Küh-Mist, und waschen es über und über damit
ab: also, daß das gantze Kind damit gleichsam parfumiret wird, und
Graß-grün aussiehet.
/Nach dieser ersten Reinigung, legen sie das arme Kind nicht etwan auf
ein zubereitetes Bett, oder aber in eine Wiege, worinnen sie es
warten, und Sorge tragen, daß ihm nichts wiederfahre. Denn es ist,
sagen sie, ihre Manier nicht; weil sie nicht einmal einen Lappen
Leinwand, nur einer Hand groß vermögen, von Betten aber gar nichts
wissen, und keine Wiege jemalen, als in der Europaeer Häusern gesehen
haben: sondern sie legen es so schmutzig und kothigt, als es ist, auf
eine neue ausgebreitete und über der Erde liegende Cross; damit es
alldorten von dem Wind und der Hitze der Sonnen, oder des Feuers, ein
wenig trocken werde: und der daran geschmierte Küh-Mist, zusamt der
natürlichen Unreinigkeit wieder von selbsten herabfallen, oder doch
leichtlich, ohne dem Kind wehe zu thun, könne herab gerieben werden.
/[danach wird das Kind mit dem Saft der Blätter von Hottentottenfeigen
und anschließend mit Fett einbalsamiert.]
|P_444-447
£{Hol-299,26-27 [vergl. Hesse]
/Wenn nun also zween Söhne zugleich gebohren werden, so leiden sie
keine von allen im Anfang gemeldeten Beschuldigungen, weil sie selbige
alle beyde suchen groß zu ziehen; [...]
/[...]
/Sind verfolgens die Zwillinge zwo Töchter, so gehet es schon nicht so
zu, und wird sich anjetzo bald zeigen, ob sie nicht mit Recht einer
Grausamkeit beschuldiget worden sind. Denn da muß nicht allein darauf
Achtung gegeben werden, ob die Mutter Milch genug hat, alle beyde zu
ernähren: sondern man muß auch bedencken, ob der Vater so reich, und
die Mutter noch so kräfftig, allen beyden den benöthigten Lebens-
Unterhalt inskünfftige zu verschaffen? Fehlen nun alle beyde Stücke,
so ist nichts gewissers, hilfft auch kein Vorbitten, die eine davon
muß fort, und auf eine recht schändliche Manier, wie bald folgen wird,
auf die Seite gebracht werden.
/[...]
/Die Manier, wie sie diese arme und unschuldige Ankömmlinge in die
Welt, wieder fortschaffen, ist gar zu grausam, und wird man
schwehrlich Worte von solchem Nachdruck erdencken können, die diese
barbarische Mord-That nach Verdienst und Würdigkeit ausdrücken oder
bestraffen können. Denn sie begraben das arme Kind lebendig. Nicht
etwan, daß sie vorhero ein ordentlich Grab machen, und es da hinein
verscharreten: sondern sie suchen nur eine bereits verfertigte Höhle,
worinnen ein Stachel-Schwein, Wolff, Tyger-Thier, oder ein anderes
wildes Thier Haus gehalten. In dasselbe stecken sie es hinein, werffen
Erde darüber: und damit es nicht ausgegraben, und von besagten Thieren
gefressen werden könne, legen sie oben darauf einen Hauffen schwehre
Steine, und dencken wohl, wie gut sie ihr lebendiges Kind versorget
haben.
/Verdriesset sie aber die Mühe weit herum zu lauffen, und lange nach
einem solchen Loch zu suchen: so nehmen sie ihre [445] Zuflucht zu den
nächsten und besten Baum. Auf denselben binden sie es, und machen es
feste, daß es nicht herab fallen kan; gehen alsdenn davon, und lassen
es sich entweder zu todt schreyen, oder zu todt hungern: allwo es auch
verwesen muß, wenn sich nicht ein Tyger, Luchs oder anderes Thier
darüber erbarmet, und es herab hohlet und verzehret.
/Ist ihnen endlich auch zu viel, weit nach einem Baum, der etwas dick
und ästig ist, um zu schauen: so lauffen sie nur ein wenig weit von
ihrer Kralle hinweg, und legen das unschuldige Kind mutternackend hin
auf das freye Feld, zwischen die Gesträuche hinein, und lassen es
daselbst verderben, oder von wilden Thieren auffressen. Und diese
dreyerley Manieren werden gewiß allezeit bey solcher Kinder-Wegwerfung
beobachtet, auch eine davon erwählet, die ihnen am gemächlichsten
fället.
/[...]
/[447] Jedoch wo bleibet die dritte Frage, wenn ein Sohn und eine
Tochter zugleich gebohren worden? [...] auf welche ich kürtzlich
antworte: das mit der Tochter gantz gewiß eben dieselbige Manier
gehalten wird, welche man vorhero bey zweyen Töchtern beobachtet hat.
Sie wird nemlich gantz gewiß aus dem Weg geräumet, wenn nicht der
Vater reich, und die Mutter genugsam im Stande ist, ihr ohne Schaden
des Sohns, die Brust zu geben.
|P_446f.
£{Hol-299,23-25}
/Die Europäer haben unterschiedliche dieser weggeworffenen Töchterlein
annoch lebendig gefunden; selbige Gewissens wegen, mit nach Hause genommen, und groß
erzogen, auch in Europäischen Kleidern zur Schule geschicket, und gemeynet, sie auch
dadurch mit langsamer Hand zu gewinnen, und zum Christlichen Glauben zu bringen.
Alleine auch diese angewendete Mühe ist vergebens und fruchtloß gewesen:
massen sie gar bald nach erlangten Jahren, da sie etwa wieder einige Dienste an ihre
Wohlthäter und Erzieher hätten thun können, davon gelauffen, und sich
nachmals in Hottentotts Crossen wieder sehen lassen: mithin das was sie in der Jugend vom
Christenthum erlernet, ausser Acht gelassen, und sich denen andern gleichförmig
gehalten haben.
|P_453
£{Hol-298,23-24}
/So bald er [derjenige, welcher die Brautleute zusammenführt] demnach
zu dem Bräutigam kommet, ziehet er seine sogenannte Kul-Cross oder die
Decke der Scham hinweg; fässet sein männliches Glied in die Hand, und
unter währenden kurtzen Worten, die er in Hottentottischer Sprache zu
ihm redet, bisset er ihn s.v. an; welches köstliche Wasser der
Bräutigam sehr begierig auffänget, und in seine neu-beschmierte Haut
dergestalt hinein reibet, daß er über den gantzen vorder Leib, lauter
Furchen mit seinen zarten beschabten Nägeln ziehet. Eben dieses
verrichtet obiger Hottentott auch, so bald er aus diesem in der Frauen
Creyß und zu der Braut kommet, welchegleicher Gestalt mit diesem
stinckenden Wasser verfähret.
[der Vorgang wird noch zweimal wiederholt]
|P_456
[die Textstelle beschreibt das Kochen bei einem Hochzeitsmahl]
£{Hol-299,15-16}
/Es wird alles ohne Saltz in frischen Wasser gekochet, und das Gebratene in eine in
die Erde gemachte Höhle gesetzet, damit es auf einem hinein gelegten Stein und
darauf angezündeten Feuer, desto eher heiß werden, und desto schzneller braten
könne. Ehe noch das Fleisch darauf geleget wird, kommet einer, der die Asche mit
einem Busch Graß herunter feget. Es muß auch, wenn das Fleisch hernach darauf
hinein geleget wird, ein andrer Stein zugegen seyn, damit sie es zu decken und vor
der Aschen bewahren können. Denn so bald das Fleisch auf jetzo besagte Weise darinnen
lieget, schieren sie wieder ein grosses Feuer darüber und neben herum an, damit es
desto schneller ausbrate und fertig werde.
|P_459-460
£{Hol-299,03-05}
/Es ist gewiß, daß ein Mann die faulesten Tage in der Welt hat, so
lang er vor sich selbsten, und bey seinem Weibe lebet. Denn er sorget
fast für nichts, und hat auch sehr wenig zu seinem Haushalten
dienliches zu verrichten. Fische zu fangen, wenn er nahe am Strand
oder Ufer der See wohnet, ist eines der schwehresten Wercke, daß er
thun muß: worinnen auch die meisten so wol exercirt, daß sie es
manchem Europaeischen Fischer bevor thun [...].
/[460] Nebst dem Fisch fangen ist weiter seines Amtes, so wohl allein, als mit
andern in Compagnie, vornemlich wenn die gantze Cral gehet, und grosse Thiere, als
Elephanten, Rhinoceroten, Elend-Thiere, und andere dergleichen mehr fangen will, auf die
Jagd zu gehen und zu suchen, wie er etwan einen Steinbock, oder andres kleines Wild,
ausser Haasen und etlichen andern, mit seinem Gewehr tödten möge, damit er etwas
nach Hause bringe, wovon seine Familie nebst ihm zu essen habe. Ausser diesen zweyen
Haupt-Stücken, wird er sich weiter nicht viel um sein Haushalten bekümmern,
sondern lässet GOtt und seine Frau davor sorgen.
|P_461
[gastfrei]
/Doch es ist noch übrig von denen jenigen Dingen zu reden, welche Mann und Frau
mit einander verrichten müssen. Unter diesen findet sich aber vor allen andern,
daß sie beyde um ein eigen Haus bekümmert seyn müssen, wenn sie nicht
anderer Leute Gnade leben, oder zur Herberge ziehen wollen. Doch solches geschiehet gantz
wunderselten, ohnerachtet offtmals mehr als 10. biß 12. Personen in einer einigen
Hütte schlaffen. Denn dieses sind nicht Leute, die in ihrem Dorffe oder Cral wohnen,
sondern fremde, die von andern Dörffern angekommen seyn, und über Nacht bey
ihnen zu bleiben verlangen: denen sie auch niemalen eine Herberge, ja selbst nichts von
demjenigen was abschlagen werden, was sie in ihrem Hause an eßbaren Waaren haben,
ohne daß sie ihnen etwas davor geben dürffen; es sey denn, daß sie wieder
zu ihnen und zu ihrer Wohnung kommen, allwo sie gleicher Willfährigkeit gewärtig
seyn.
|P_463
[Geschicklichkeit in Ausarbeitung mancher Sachen]
/Ihre Auferziehung und behörige Zucht ist also gar schlecht, und mag
nicht einmal den Namen einer Kinder-Zucht führen. Sie werden auch,
weil sie keine Schrift haben, in nichts unterwiesen, als was sie von
ihren Eltern und andern alten Hottentotten mündlich hören, und mit den
Händen nach machen können. Dieses sind aber offtmals dennoch, in
Ansehung, daß sie keinen Werckzeug dazu gebrauchen, sehr künstliche
Sachen, ob wir sie gleich nur vor einfältige Handwercke ansehen. Denn
sie lehren sie, ihre Crossen Felle zu bereiten: ohne daß sie Kalch
oder Alaun, oder etwas dergleichen darzu gebrauchen. Sie lehren sie
schmieden und allerhand Kriegs-Instrumenta zu machen: ohne daß sie
einen Hammer, oder Blaßbalg, Feile oder Zange darzu benöthigt sind.
Sie werden unterwiesen in ihren Crossen zu schneiden und wiederum
zusammen zu nähen, also, daß es auch ein Kirschner nicht besser machen
könte: und haben doch weder Scheer noch Nadel, oder Finger-Hut, ja
nicht einmal einen Faden von Zwirn oder Seyde darzu vonnöthen. Sie
werden in Töpffe-Machen unterwiesen, bereiten sie auch so gut, als ein
Töpffer: da sie doch, ausser dem Thon, weder Dreh-Scheibe, noch
Glaßur, oder einiges andres Instrument dazu haben. Sie können so
schnell, und so gut als ein wohlgelernter Fleischhauer schlachten, und
haben doch nichts als ein Messer dazu vonnöthen.
/Es ist ihnen [den Söhnen] hingegen nicht verwehret, wird ihnen auch vor keine
Schande gehalten, wenn sie sich mit Vater und Mutter wacker zancken, auch wohl von den
Worten zu den Schlägen kommen, und ihnen einen derben Buckel voll Schläge geben.
|P_465
[ehrlich]
/Wie gutthätig, barmherzig, hülffreich und redlich sie seyn? darvon
mag abermal Herr P. Tachart in seiner Siamischen Reise pag.96.
nachgelesen werden, welcher ihnen mit kurtzen Worten also
nachschreibet: "Sie haben mehr Liebe, Gutthätigkeit und Redlichkeit
unter sich, als man insgemein bey den Christen antrifft"; [...]
/Weil also diese Tugenden unter ihnen im Schwange gehen, so findet man
auch gar wenig Diebe unter ihnen [...]
[keusch]
/Daß sie auch der Hurerey nicht sehr ergeben seyn, davon hat ihnen
Herr Boeving loc. cit. pag.9. schon Zeugnüß gegeben. Weil aber auch
der Ehebruch ein Laster bey ihnen ist, das mit dem Tode gestraffet
wird, so höret man auch so gar viel von demselbigen nicht: und dienen
diese zwey Stücke unfehlbar zu einer mächtigen Beschämung vieler
Christen [...]
|P_468
£{Hol-299,17-22}
/Ihre Kühe und Schaafe melcken allezeit die Weiber, und zwar
gemeiniglichen auf die Art wie wir Europaeer selbige zu melcken
pflegen. Gleichwohl aber findet sich dieser Unterscheid dabey, daß
sie, wie vormals schon von der Europaeer Vieh berichtet worden,
niemalen Milch bekomen können, woferne sie nicht zuvor das säugende
Kalb darunter setzen, und selbiges ein klein wenig saugen lassen. Wenn
aber dieses Kalb verunglücket, oder verkaufft, oder geschlachtet
worden: so wissen sie wohl der Europaeer Manier, daß sie dasselbe
Kalbs-Fell auf ein anders decken, und so denn die Milch heraus
melcken; alleine wenn auch das Fell nicht mehr vorhanden, so können
sie keine Milch mehr von einer solchen Kuhe bekommen, wenn sie sich
nicht die Mühe nehmen, und der Kuhe, nach fest-gebundenen hintern
Füssen, damit sie nicht schlagen könne, hinten hinein blasen, wo das
Kalb heraus gekommen ist. Denn durch dieses Mittel sind sie endlich
dahinter kommen, daß sie gleichwohl auch die Milch erlangen können.
[...]
/[...]
/Sie haben nemlich an statt eines reinen Butter-Fasses, einen ledernen
haarichten Sack, der bey nahe einer Rantze gleichet, nur daß hinten
kein Riemen daran ist; dessen Haare auch nicht auswendig, sondern
einwärtsgekehret stehen. In diesen rauhen, schmierichten und unreinen
Sack, giesen sie die Milch; halten oben das Ende, nachdem es mit einem
Riemen zugeschnüret ist, mit der Hand noch fester zu, damit nichts
heraus lauffen könne. Beyde Ende dieses Sackes ergreiffen entweder
Mann und Frau, oder auch zwey Weiber, oder auch zween Männer, und
schütteln die Milch in demselben schnell und so lange hin und wieder,
biß endlich Butter daraus wird. [...]
/[...]
/Unterdessen giebet es dennoch Europaeer, welche, weil die
Hottentotten die Butter selbsten nicht essen, sondern nur zum
schmieren brauchen, selbige von ihnen Fässer weiß erhandeln, [...]
|P_469
£{Hol-298,10-11}
/Ich habe mich vielmals bemühet, die Ursache dieses Gebrauchs [daß es den
Männern nicht erlaubt ist, Schafsmilch zu trinken] von ihnen zu erfahren, auch
manches Stück Toback daran gesetzet, daß es mir ein Hottentott oder auch eine
Hottentottin sagen solte; alleine mein Bemühen ist allezeit fruchtlos gewesen, und
bin ich meist darüber von ihnen verlachet worden. Einige, die noch etwas bescheiden
handeln wolten, wiesen mich damit ab, wenn sie sagten: "Sie wisten selbsten die
Ursache davon nicht zu sagen; hätten aber von ihren Vor-Eltern allezeit gehöret,
daß die Schaf-Milch den Männern ungesund, und daher zu essen verbotten
wäre. Diesem Gebrauch folgten sie also nach, unerachtet sie nicht sagen könten,
worinnen die Ungesundheit bestehen solle."
|P_470
[oben]
£{Hol-300,03-06}
/Alle ihre Dörffer, wie zu anderer Zeit umständiger wird gemeldet
werden, sind rund gebauet: also, daß mitten innen ein großer leerer
Platz sich findet. In diesen Platz treiben sie bey Nacht ihre Schafe,
damit ihnen so leicht nichts beykommen könne. Auswendig stellen sie
die Kühe, Ochsen und Rinder herum, welche gleichsam eine Wagenburg vor
sie und die Schafe seyn müssen. [ dazu gibt es eine Abbildung, auf
welcher die Hütten tatsächlich aussehen wie Heuhaufen, Firla sieht das
anders ]
[unten]
£{Hol-300,02-03}
/Was die Backeley oder Fecht-Ochsen anbelanget, so führen sie ihren
Namen von nichts als vom Krieg her, woselbst man ficht, oder wie es
die Hottentotten ausreden, backeleyet. Diese Thiere sind die grösten,
stärcksten und muthigsten Ochsen, unter einer gantzen Heerde: und
trifft man deren insgemein in einer jeden Cral oder Dorff 5. biß 6.
auch nach Beschaffenheit der Menge Viehes, noch mehrere an; welche
alle von alten Hottentotten, die damit so wohl im Auslesen als
Unterrichten um zu springen wissen, erkohren, und nachmals darzu
gebraucht werden, daß sie auf der Weide das andere Vieh müssen
beysammen halten: damit es sich nicht zu weit von der Heerde weg, oder
auseinander begebe, und von wilden Thieren unvermuthet angegriffen
werde.
/Nebst dieser Function wird ihnen auch gelehret in ihren Kriegen, die sie unter
einander führen, Dienste zu leisten, und gegen die Feinde einzudringen; ihren
Anführern den Weg zu bahnen; alles unter die Füsse zu treten, und zu verjagen
was ihnen entgegen stehet. [...]
|P_475
/Erstgedachte Haare sehen der Schafs-Wolle gar wenig ungleich, und
werden darum auch Kaffers-Haare genennet, weil sie in diesem Stück mit
andern schwartzen Nationen, als der Madagascarischen, Guineischen,
Capo-verdischen und andern überein kommen [...]
/Weil damit [mit dem Beschmieren mit Fett] nachgehends allezeit
angehalten, niemalen aber der alte und in das Fett eingebackene Koth
abgewaschen wird: so ist leicht zu erachten, daß sich endlich mit der
Zeit der Koth und Unflath so dick an ihre Haut anhencken und kleben
bleiben müsse, daß er offt an der Dicke einen Messer-Rücken
übertrifft; zumal, da sie kein Glied des gantzen menschlichen Leibes
unbeschmieret lassen, sondern Augen, Ohren, das gantze Angesicht und
alle übrige Glieder, nebst den Haaren auf dem Haupt, mit dieser
herzlichen Salbe einbalsamiren.
/[...]
/Diese wollichte Haare beschmieren sie mit dem erwehnten Fett so dick,
daß das gantze Haupt mit einer Rinde oder Grind überzogen zu seyn
scheinet: dahero sind sie auch so dicke in einander gebacken, als
Wolle, in welcher der Mist sich eingehencket, und Klumpen-weiß daran
henget; massen man von den Haaren gar nichts sehen oder erkennen kan.
Sie nehmen zu dieser Salbung nicht allezeit reines und lauteres Fett;
sondern sie reiben ihre schmierichte Hände an die Kessel oder Pfannen,
ingleichen an eiserne Töpffe, und reiben den daran klebenden Ruß
herab, mit welchen sie nachmals das Haar, samt dem Gesicht und gantzen
Leib übertünchen, und von demselben die schwarze Farbe über kommen,
die sie von Natur nicht haben: gleich vormals bereits ist angewiesen,
und auch die Ursache dieses Schmierens eröffnet worden.
/[...] Unterdessen ist dieses gewiß, daß sie ihr Haupt absonderlich so
starck beschmieren, damit es gegen die Sonnen-Hitze desto besser möge
gewaffnet seyn. Wie weit aber das übrige Beschmieren des gantzen
Leibes, als eine Zierrath zu achten, davon wird nachgehends noch mit
einem Wort Meldung geschehen müssen.
|P_477
£{Hol-297,12}
/An dem lincken Arm und zwar gleich über dem Ellenbogen, tragen sie einen,
oder auch mehrere, gemeiniglich aber drey Helffenbeinerne Ringe von Elephanten
Zähnen; die sie entweder in den Wüsten und im Gesträuche der Büsche
finden: oder aber von den todt-gejagten und mit Pfeilen und Hassagayen todt geschossenen
Elephanten bekommen, wie zu anderer Zeit ausführlich wird berichtet werden. Sie
wissen gedachte Ringe so künstlich, schön und nett zu machen, daß man
glauben solte, ein Europaeischer Helffenbein-Drechßler hätte sie gemacht. Sie
tragen sie aber nicht so wol zur Zierde, als vielmehr darum, damit sie desto besser ihres
Gegeners Schläge, wenn sie in Ernst oder Schertz mit einander fechten, aus-pariren,
und nicht gleich auf den Arm können geschlagen werden. Es geschiehet auch darum,
damit sie durch Hülfe dieser Ringe, einen kleinen ledernen Sack fest machen
können, worinnen sie ihren Feuerzeug zum Toback-Rauchen; ihr Brod, welches sie hier
und dar von Europaeischen Einwohnern bekommen: auch an dessen Stelle ihre Wurtzeln, so sie
an statt des Brods essen; ingleichen See-Muscheln, See-Krebse, und alle andere Mund- und
Reise-Kost, samt aller übrigen kleinen Bagage verbergen.
|P_477-478
£{Hol-297,19-20}
/In der rechten Hand tragen sie gemeiniglich zween Stöcke, deren der eine
in ihrer Sprache Kirri, der andere aber Rackum-Stock genennet wird. Der Kirri ist
ungefähr 3. Schuhe lang, und eines Daumens dick; der Rakum-Stock aber, wird über
einen Schuh nicht viel ausmachen. Der Kirri ist an beyden Enden eben dick und gleich:
dieser aber [478] der Rackum-Stock, ist an dem andern Ende spitzig zugeschnitten, weil er
ihnen zu nichts anders als zum Werffen dienet: massen sie damit so gewiß zu
werffen wissen, daß sie unter @5@0. malen kaum einmal fehlen werden. Man kan dahero
gar bald an diesem Stock erkennen, was ein Hottentott Sinnes sey, wenn er diesen
Rakum-Stock zu sich nimmt; angesehen er gewiß entweder damit auf die Jagt gehet, und
etwas todt zu werffen suchet: oder aber, er hat einen Contrapart, deme er gerne eins mit
diesem Rakum-Stock versetzen möchte.
/Gleichwie sie nun den Rakum-Stock auf erst-besagte Weise zum Werffen gebrauchen: also
bedienen sie sich des Kirri zum Fechten und auspariren, an statt eines Degens oder
Rappiers. Wie ich denn vielmals mit Lust und Verwunderung zu gesehen wie schön und
herzlich sie mit diesem Kirri, die Stösse und Schläge oder Hiebe, welche man
ihnen suchet anzubringen, auspariren können, wenn zwey entweder im Schertz oder aus
Ernst, mit diesem Kirris mit einander fechten. Ich halte festiglich dafür, daß
der beste Fecht-Meister in Europa, mit gleichen Gewehr nichts gegen sie ausrichten
würde; weil sie niemalen stille stehen bleiben, sondern bald hier bald dorthin einen
Sprung thun, und doch einander gewiß zu fassen wissen, und gar artige Verbeugungen,
Wendungen und Drehungen mit dem Leibe werckstellig machen; also, daß selten ein
Schlag oder Stoß gewiß ist und eintrifft.
|P_478
£{Hol-297,13-14}
/In der lincken Hand tragen sie noch einen kleinen Stock, an welchem ein Fuchs-
oder wilder Katzen, oder auch eines andern wilden Thieres Schwantz feste gemachet, und
an einem Ende darüber hingezogen ist, welcher ihnen an statt eines
Schnupf-Tuchs dienen muß. Denn sie wischen mit diesem Fuchs- oder andern
Schwantz ihre Nasen ab, wenn der Unflath heraus lauffen will. Sie trucknen damit das
Angesicht ab, wenn sie hefftig schwitzen: und fegen die Augen aus, wenn ihnen der Wind
Staub und Sand hinein gewehet hat; also daß sie vollkommen eben den Nutzen davon
haben, welchen ein Europaeer von seinem Schnupf-Tuch hat. Der Stock woran dieser Schwantz
feste angedörret, ist ungefähr eines Schuhs lang; und wenn der Schwantz
naß oder von Staub und Sand unrein ist, drehen sie diesen Stock in den Händen
schnell als einen Quirl herum, damit die Nässe und der Staub wieder herab und heraus
falle.
|P_481-483 [vgl. Hesse]
£{Hol-297,14-15}
/Alle Weibs-Bilder, so über zwölff Jahre alt sind, bedecken die
Füsse von den Knien an, biß unten an die Knöchel mit Ringen oder Circkeln,
welche von Schaf-Fellen gemachet werden. Den kleinen Mägdlein aber werden nur
etliche wenige Circkel oder Ringe von Bintzen um die Füsse gemachet, zum Zeichen,
daß sie weiblichen Geschlechts, und daran von Kindheit auf zu erkennen sind.
/[...]
|P_484
£{Hol-297,15-16}
/Ferner haben sie alle mit einander darinnen eine Uebereinkunft, daß sie an
ihren schmierichten Haaren, küpfferne Blättlein oder küpfferne
Knöpfe, welche durch die Europaeer verlohren und von ihnen gefunden worden, an
ihre Haare knüpffen; die sie auch vorhero so schön und gläntzend poliren,
daß man sich darinnen spiegeln könnte. Nicht alleine aber dies Kleinigkeiten,
sondern auch Spiegel und Rechen-Pfennige machen sie auf besagte Art feste, und stoltzieren
damit weit mehr, als ein Cavallier oder Staats-Dame mit einer Perlen-Schnur um den Huth
oder Hals: oder auch einer güldenen Huth-Schnur und güldenen Zitter-Blumen auf
den Huth oder Kopfe.
/Endlich ist ihnen auch dieser Schmuck allgemein, daß sie um den Halß,
die Hände und mitten um den Leib über den Hüfften, gläßerne, am
allerliebsten aber küpfferne Corallen, bey deren Ermangelung aber nur runde
kleine Eyerschalen von Strauß-Eyern tragen.
|P_486
£{Hol-130,13-18 / £{Hol-297,17-18}
/Die Frauen hingegen und das gantze weibliche Geschlecht, welche doch allezeit
insgemein etwas voraus haben wollen, wie bereits oben von den Attaquas Weibern, wegen der
Ringe an den Beinen ist gesaget worden, suchen sich auch überhaupt eine Zierde damit
zu geben, und gleichsam eine Schmincke oder Schön-Flecken an ihren bereits
beschmierten Angesichtern anzuwenden, daß sie, wenn sie recht schön seyn
wollen, dieses ihr bereits parfumirtes Angesicht, noch zum Uberfluß mit rother
Farbe bestreichen: und zwar so, daß über den Augen zween Flecken, auf jeder
Wange und der Nase einer, und endlich an dem Kine einer zu stehen kommet. Wie
schön aber ein solch beschmiertes Affen-Gesicht alsdenn aussehen muß? was
für eine Zuneigung man zu einer solchen häßlichen, wohlriechenden
Demoiselle, und über und über stinckenden Diana oder vielmehr Venus haben
könne? überlasse meinem Herrn zur freien Beurtheilung Ich meines Orts
versichere, daß solche eine Nymphe oder Syrene, ob gleich das gantze weibliche
Geschlecht ausgestorben wäre, mich dennoch niemalen bezaubern, und in ihre Netze
bringen würde. [...]
|P_487-488
£{Hol-298,08-11}
["Sie enthalten sich keines andern Fleisches...", stimmt so nicht]
/Was die Speisen anlanget, so haben sie fast wenigen Unterscheid in
allen dem was eßbar ist. Doch finden sich einige Sachen die sie gantz
und gar nicht essen dörffen: andere aber hingegen die nur den Männern
verbotten seyn: und wieder andere, von welchen sich die Weiber
enthalten müssen. Und zwar, so ist allen insgemein durch ihre schon
offtmals angeführte Tradition verbotten, Schweinen-Fleisch und Fische
ohne Schuppen, als Aale, Ruppen &c. zu essen. Weil sich nun auch die
Jüden selbiger enthalten müssen: so giebet mir dieses abermals Anlaß
zu vermuthen, daß sie von denenselbigenherstammen, und nicht wissen,
daß es ihren Vor-Eltern im Gesetz verbotten gewesen. [...]
/Dem männlichen Geschlecht alleine ist absonderlich verbotten Hasen-
Fleisch, oder auch Kaninichen zu essen, noch jemalen Schaf-Milch zu
trincken. Es ist das erste wieder ein jüdisches Verboth [...]
/[488] Hingegen haben die Weiber wieder ein besonderes Verboth, und
dörffen nichts von puren Blut, auch keinen Maulwurff, er sey groß oder
klein, essen. Es ist beydes wieder eine jüdische Ceremonie, und in
ihrem Gesetze verbotten.
|P_489
£{Hol-299,05-07}
/Unerachtet sie aber so vielerley Wurtzeln und Früchte in dem freien Felde
finden, und fast alle Monate eine andere Gattung haben können: so geschiehet es doch
bißweilen, vornehmlich wenn regenhafft Wetter ist, oder wenn sie selber zu faul seyn
hinaus zu gehen; als welche Kranckheit sie gar offt anficht, und so lange plaget,
biß sie fast von den Nägeln beissen müssen, daß sie auch das
elendeste und abscheulichste Zeug essen müssen. Hierunter gehören auch die
Ringe, welche sie um ihre Füsse getragen haben; deren ein oder auch wohl zween
sie von den Füssen herab nehmen, zwischen zweyen Steinen ein wenig klopffen,
daß er sich brechen lässet, und hernach ohne Scheu in den Mund, und verfolgens
in den Hals, von dannen aber ferner in den Magen bringen. Ich habe selbst Kinder von drey,
vier oder fünff Jahren gesehen, welche die Mütter damit gespeiset haben.
/Sie verzehren aber nicht alleine diese Ringe vor den Hunger, sondern auch die
Feld-Schuhe der Europaeer: welche sie so lange getragen, und durch dick und dünn
damit gegangen sind, biß sie endlich löchericht worden, und zu nichts, als zum
wegwerffen getauget haben. Diese klauben die Hottentotten und Hottentottinnen auf; nehmen
sie mit nach Haus, und gebrauchen sie in der Zeit der Noth, eben als die obgedachten
Ringe. Nur ist dieser Unterscheid dabey, daß sie diese Feld-Schuhe erst ein wenig
auf Kohlen werffen, und die daran befindliche Haare wegbrennen müssen, ehe sie
dieselbe essen können.
/[...]
/Wenn nun solche Feld-Schuhe, an denen die
Haare noch seyn, unten an den Füssen durchgelauffen, und als unnütze von den
Europaeern weggeworffen worden: so sage ich, suchen sie die Hottentotten annoch auf, und
bedienen sich ihrer um den Hunger damit zu stillen. Es ist solches keines Weges eine
Nothwendigkeit, weil sie selber Vieh genug haben, und von desselben Fleisch, nebst denen
dabey gekochten Wurtzeln, überflüssig leben könten; sondern es ist
mehrentheils eine Faulheit und angebohrne Liederlichkeit: krafft deren sie nicht gerne
dicke Bretter bohren, noch viel rauhe Winde sich um die Ohren sausen lassen.
|P_489-490 [zuvor schon S. 367]
£{Hol-299,13-14}
/Solche angebohrne Liederlichkeit erkennet man gar leicht daraus, daß, sie
selbst von einem Schaf oder Ochsen, den sie schlachten müssen, als vormals die
Umstände davon sind gemeldet worden; oder die ihnen an dieser oder jener Kranckheit,
auch wohl von Alterthum umfallen oder verrecken, nichts weiter wegwerffen, als den Unflath
der in den Därmern und in dem Magen sitzet, nebst der Galle, den Hörnern und
Klauen; welches Sachen seyn die Mensch unmöglich [490] geniesen kan. Denn nachdeme
der Unflath heraus gedrucket, oder heraus geworffen, und die Därmer oder der Wanst
ausgespühlet worden: so schaben sie weiter nichts mehr davon, gleich wir Europaeer
thun; sondern sie eilen damit zum Feuer, und bereiten sich davon ein angenehmes Essen;
von welchem, wenn Blut und Milch darunter ist, und man ihrer Unfläthigkeit nicht zu
gesehen hat, so gar unappetitlich nicht zu essen ist: als ich selber manchmal probiret
habe, gleich bereits anderwärts gesaget worden.
|P_491
£{Hol-299,14-15}
/Sie haben also irrdene Geschirre, die sie selber machen, und dieses so
künstlich, daß sich ein Europaeischer Töpffer, welcher noch so viel
Handwercks-Zeug hat, deren nicht schämen dörffte: da sie doch dessen gantz
beraubet sind, und außer dem Thon und ihren Händen nichts gebrauchen, wie zu
seiner Zeit soll dargethan werden.
|P_492
£{Hol-299,15}
/Die Löffel machen sie auch selbsten, aber nicht von verzinnten Blech
oder schönen Holtz, vielweniger von Kupffer, Silber oder Gold; sondern
sie bedienen sich einer Materie, die von Natur bereits hol gebildet,
und nur einer rechten Form benöthiget ist. Diese finden sie an den
Land Schild-Krötten, welche etwan eines halben Schuhes groß sind.
Derselben obersten Schild schneiden sie zu, daß er die Form eines
Löffels ohne Stiel bekommet, und poliren dieselben auf einem Stein,
daß sie glatt und schön werden, und essen verfolgens damit.
/Fället ihnen aber diese harte Schaale zu schwehr sie zu zu schneiden,
so suchen sie an den Ufern der See, Perlen-Mutter Schaalen, und machen
sich davon einen Löffel der inn- und auswendig schön gläntzend ist,
und eine Perlen Farbe zeiget, wie solches den Perlen-Mutter-Muscheln
eigen ist. Woferne ihnen auch diese Mühe nicht anzuwenden beliebet,
oder sie sonsten in der Eil eine zu bekommen wissen: so nehmen sie nur
eine gemeine Muschel-Schaale, deren gantze Schiffe voll an dene Ufern
liegen, und also nicht rar oder mühesam zu bekommen sind. Mit
denselbigen essen sie ihre Suppe, oder was sie sonsten haben, und
nicht in den Händen kan gehalten, oder mit dem Messer angespisset und
geschnitten werden.
/Weil sie aber nicht alle an den Ufern wohnen oder dahin kommen: so
ist ihnen noch ein Mittel bekand, einen Löffel zu machen, welcher sie
weder viele Mühe, noch weite Reisen kostet. Denn sie nehmen nur ein
weggeworffenes Horn von einem Ochsen, und erweichen es in warmen
Wasser, so lässet sich selbiges hernach bekandter massen, gar wohl
schneiden, und also formen, wie man es selbsten haben will. [...]
|P_494-495
£{Hol-298,18-19}
/Er weiß mein Herr, daß es in Europa bey Leuten, die sich nicht allzuwol
in der weissen Wäsche, oder auch sonsten reinlich halten, nichts neues sey, daß
sie in ihren Kleidern mit Ungezieffer besetzet und angegriffen werden. Nun habe ich ihm
schon vormals geschrieben, daß die Hottentotten ihre Leiber und Kleider oder Crossen
mit Fett beschmieren; auch daß sie dieselbe an statt der Bette, und also Nacht und
Tage, ohne einige Abwechselung gebrauchen. Wenn Er nun dabey überleget, wie warm es
hier sey, und was also von dem Fett in dem Peltzwerck müsse ausgebrütet werden:
solte es Ihm [495] denn Wunder nehmen, daß auch die Hottentotten, ob sie gleich
sonsten allenthalben bloß und nackend seyn, dennoch in diesen ihren Peltzen oder
Crossen, Läuse bekommen, oder überflüßig hätten?
/Wenn nun dieses Ungezieffer, vornemlich bey warmen Tagen, ihnen viel Ungelegenheit
auf der blossen Haut verusachet, und durch das viele an sich gezogene Blut zu einer
ziemlichen Grösse kommet, auch sich unzehlich besamet: wodurch meinet Er, daß
sie sich desselbigen entschlagen? Viele stehen zwar auf öffentlichen Gassen, und
klopffen ihre Crossen mit einem Stöcklein aus, schlagen auch viele hinweg, daß
sie auf die Erde fallen: alleine dieses Mittel ist alleine nicht zulänglich, sie von
diesem Ubel zu befreyen. Denn so bald ein anderer wieder dahin hurcket oder sitzet: so
kriechen die heraus geklopffte alle wieder an ihn, und bekommet er also auf einmal eine
hundert fältigen Saamen, wenn er gleich zuvor keine gehabt hätte.
/Deßwegen düncket sie viel zuträglicher auch besser zu seyn, diese
Thiere, weil sie viele Bisse von ihnen ertragen müssen, wiederum todt zu beissen, und
weil sie von ihren Schweiß und Blut gezeuget worden, auf zu zehren. Sie glauben,
daß alsdenn einem andern dadurch kein Leyd zugezogen, und sie selbsten wieder an ihr
verlohrnes Blut kommen würden [...]
|P_497-498
£{Hol-299,16-17}
/Noch grössere Liebhaber sind sie von dem Wein-Brandwein, welchen
man hier, wegen des vielen Wein-Wachses überflüßig hat, und vom
Korn-Brandwein deßwegen gar nichts hält. [...] Von diesem Wein-Brandwein sind
sie gar wol versichert, und haben es durch Erfahrung innen worden, daß ein kleines
Spitz- oder Kelch-Gläßlein voll, eben so viel und mehrere Krafft habe, als ein
gantzes Nösel oder Seidel Wein. Weil ihnen nun derselbe offtmals lieber, als guter
Wein gegeben wird: so nehmen sie ihn auch lieber an, und halten sich schon vergnüget,
wenn sie nur die verhoffte Würckung im Kopffe spühren, es mag im übrigen
seyn wie es will.
/Gleiche Beschaffenheit hat es auch mit dem Arack oder dem Indianischen Brandt-Wein,
welcher aus Reiß, Seequal, Anis etc. distilliret wird: und nicht allein durch gantz
Indien, sondern auch [498] absonderlich hier, sehr im Gebrauch ist. Es ist seine
weitere Beschreibung auch bey Joh. van der Beer und bey Mercklin in seinem
Journal oder Ost-Indischen-Reise-Beschreibung pag. 933 zu finden. Weil er sehr
wohlfeil gegen den Wein-Brandtwein zu rechnen, kauffen sie ihn gar häuffig, und
sauffen sich daran toll und voll: also daß sie vielmals ihre Häuser
nicht finden können, sondern durch andere müssen heim gebracht werden.
|P_498
£{Hol-300,03-05}
/Er wird aber alsobald innen werden, daß diese Häuser und Dörffer gar
eine schöne, genaue und nette Ubereinstimmung mit ihren Tractamenten, Delicatessen
und gantzen Habit haben; dahero auch eine solche Parade machen, daß man sie, wie
Boeving in seiner curieusen Beschreibung und Nachricht von den Hottentotten p.5. redet,
gar wohl mit einem leimernen Back-Ofen vergleichen kan, welche man bey uns in Teutschland
mitten in den Dörffern antrifft: keines weges aber einem Heuschober
ähnlich seyn, wie eben gedachter Hr. Boeving l.c. vermeynet hat. Theils
weil ein mittelmäßiger Heuschober oben gar zu spitzig zulaufft: theils auch,
weil er weit höher als ein solcher gantzer Pallast ist.
|P_505-506 [über das Kürschner-Handwerk]
/Wenn dieses Fett verarbeitet, und die Haut anfänget hart und ungeschlacht zu
werden, ehe sie noch fertig ist: so nehmen sie ausgeschmoltzenes Schaf-Fett, schmieren es
aufs neue daran, und reiben es abermals so lange hinein, biß man wiederum nichts
davon siehet und spühret. Diese Handlung wiederholen sie so offt, biß es weich,
zähe und feste, einfolglich gar wird: welches sie durch das beständige
darzwischen eingemengte Ausklopffen und mit ihren Kirris gewahr werden, wenn allezeit
zween ein solches Fell fassen, und ausklopffen, damit der in den Haaren sitzende Unflath,
die hier an den Schaf-Fellen an statt der Wolle seyn, nicht nur heraus falle, sondern auch
selbige destomehr befestige und stärcke.
/Ist nun ein solches Fell vor einem Europaeer gemacht worden, so brauchen sie weiter
nichts dazu, weil es durch das viele Fett ohne dem schmutzig, schmierig und schwartz genug
wird; jedoch aber eben so wohl die Haare hält, als wenn sie ein Kirschner oder
anderer Rauhwercker gearbeitet hätte, auch so lang als jener eines dauret. Bereiten
sie es aber zu ihrem Gebrauch, so nehmen sie nicht nur besagtes Fett dazu: sondern auch,
damit es nach ihrer Art einen angenehmen, den Europaeern aber gantz wiedrigen Geruch
bekommen möge, so gebrauchen sie frischen Küh-Mist; welchen sie, nachdem sie
das erste Fett, so bereits daran geklebet, hinweg gerieben, vor dem zweyten einschmieren,
mit ausgeschmoltzenen Schaf-Fett, daran schmieren, und gleicher massen erst hinein
reiben: hernach aber, wenn der Küh-Mist durch die Sonne getrocknet und herab
geklopffet worden, mit besagtem Fett aufs neue schmieren und hinein reiben, auch damit
wechsel-weiß continuiren, biß das Fell gar worden ist.
/Durch diese allgemeine Manier, die Felle zu bereiten, werden nun ihre Crossen und
andere, zu andern Gebrauch bestimmte, gleich anfangs schwartz, schmierig, schmutzig und
stinckend: also daß sie [506] einem Europaeer, insonderheit aber einem
Fremdling, gantz wiedrig riechen [...]
|P_514
£{Hol-299,14}
/Auf den Kauff machen sie keinen Topf, sondern ein jeder ist gehalten sein eigen
Geschirr selber zu machen. Wenn sie demnach einen Topf zu verfertigen nöthig
haben, so nehmen sie nicht jedweden Thon dazu, der ihnen vorkommt; sondern sie
erwählen insgemein denjenigen, welchen die Ameisen zusammen getragen, und in
welchen sie ihre Wohnungen aufgeschlagen haben. Diesen nehmen sie oben hinweg, daß
er mit der Fläche der Erden gleich kommt; kneten selbigen wohl durcheinander, und
zerdrücken die Ameisen-Eyer, daß sie sich mit dem Thon vereinigen. [...]
/[...]
/Die Farbe welche der Topff bekommet, ist Bech-schwartz. Nicht sowohl,
daß ihn die Flamme oder der Rauch solche anhänget: sondern ich bilde mir ein,
die fetten Ameisen Eyer geben ihm solche, und machen zugleich daß er desto dichter
und dauerhaffter wird.
|P_515-516
£{Hol-300,21-23}
/Das einige Handwerck der Waffen-Schmiede, will ich noch vorstellen, und zeigen,
daß es die Hottentotten ebener massen verstehen, ob sie gleich weder
Blaß-Balg, noch Hammer, weder Zangen noch Amboß, noch etwas dergleichen
besitzen. Es wird aber nöthig seyn, die Sache aus dem Grunde anzuweisen, und darzu
thun, daß sie auch selbst den Eisen-Stein zu schmeltzen, und Eisen daraus zu
machen wissen: unerachtet sie weder einen Eisen-Hammer jemalen gesehen, noch von einem
andern, wie man damit umgehen soll, gelernet haben.
/[...]
/[516] Daß diesem also sey, kan ich meinem Herrn wieder einen Zeugen
darstellen, an dem Herrn Vogel, welcher in seiner zehen-jährigen Ost-Indischen
Reise-Beschreibung pag. 76. also schreibet: "Aus einem alten nichts-taugenden
Stück Eisen, wissen sie ihr Gewehr nett zu machen, ohne Hammer oder andres
Instrument. Denn sie nehmen ein Stück Eisen, wie sie es bekommen; suchen einen Stein,
welcher sehr fest und hart ist; auf selbigen legen sie das Eisen, und schlagen es so lang
mit einem andern Stein, der ihnen an statt eines Hammers dienen muß, biß sie
es in die ihnen beliebige Form gebracht haben; so denn schleiffen sie es an einem Stein,
und poliren es dergestalt schön, daß man meynen solte, es habe es ein rechter
Teutscher Waffen-Schmied verfertiget."
|P_515 [natürlicher Witz]
£{Hol-298,11-14}
/Wo ist wohl ein Töpffer oder Hafner in Europa zu finden, der ein gleiches
praestieren kan, wenn er nichts mehr, als den blossen Thon, zu seinem Handwerck, und
weiter keinen Handwerck-Zeug, noch andere nöthige Materialien hat? Ich zweifle gar
sehr, ob man einen einigen finden würde. Wer wollte denn, wenn man alle diese, und
noch viele andere, bereits vormals angeführte Sachen, bedencket, so kühne seyn,
und sagen, daß diese Leute dumm wären? Gewiß, wenn es auf eine Probe
ankommen solte, würde der Beweiß in vielen Stücken fehlen.
|P_523
£{Hol-298,14}
/Wenn nun einer mit einem genugsamen Vorrath von solchen Wahren bey ihnen ankommet,
kan er ihnen das alles eben so sicher vertrauen und in Bewahrung geben, als ob er es in
seinem eigenen Hause und unter seiner Aufsicht verschlossen hielte; allermassen der
Bewahrer, so die Güter angenommen, sich viel eher würde tödten lassen, als
daß er nur das geringste davon entwendete. Ich habe mich sehr offt verwundert, wenn
ich diesem oder jenem etwas vertrauet, und unter der Zusage, einer gewissen Portion in
Verwahrung gegeben, daß ich selbiges offtmals, nach Verlauff von 14. Tagen, drey
oder mehr Wochen, ohne den geringsten Abgang wieder empfangen habe.
|P_525 [erwähnt auch p. 370]
£{Hol-297,02-03}
/Mit besserem Recht also und weit mehrerer Wahrheit, kan und muß man ihnen die
Kunst schnell zu lauffen, zuschreiben: als worinnen sie einen jeden Europaeischen
Läuffer, er mag auch in seiner Kunst noch so geschickt und exercirt seyn,
übertreffen und scham-roth machen: massen sie nach dem Zeugnüß Herrn
Vogels, in seiner zehen-jährigen Ost-Indischen Reise-Beschreibung pag. 70.
darinnen so sehr geübt seyn, daß ein wolberittener Reuter genug zu thun hat,
einen Hottentotten einzuhohlen. Ja ich darff wohl sagen, daß ihnen kein Reuter, er
mag auch noch so schnell zu Pferde seyn, gleich reiten kan, wenn er nicht sein Pferd unter
sich todt sehen will: da indessen einem Hottentotten eben so viel darum zu thun ist, oder
er über Müdigkeit klaget, als ob er still gesessen hätte: nimmt auch wohl
an, etliche Tage darmit zu continuiren, das ein anderer Läuffer gar nicht ausdauren
kan.
|P_526
£{Hol-297,24-26}
/Nebst diesem schnellen Lauffen, können sie auch sehr accurat mit Steinen,
langen und kurtzen Stöcken, ingleichen mit Hassagayen und allen andern harten und
bequemen Sachen werffen; also, daß ihnen schon vormals Herr Vogel in
seiner zehen-jährigen Ost-Indischen Reise-Beschreibung pag 76. das Lob zuleget, wie
es bey ihnen nichts neues sey, wenn ein Hottentott mit einem Stein auf 100. Schritt ein
Ziel eines Dreyers groß treffe: dieses thun sie nicht ein oder zwey mal, als ob sie
es gleichsam blindlings träffen, sondern zehen und mehrmalen hinter einander, ohne
nur ein einiges mal zu fehlen.
/Das Curieuseste bey diesen Werffen ist vor einem Zuschauer, daß er
unmöglich begreiffen kan, wie ein solcher Hottentott das vorgesetzte Ziel treffen
könne, oder wenn er eigentlich darnach ziele. Denn man wird ihn keinen Augenblick
stille stehen sehen, sondern er ist in beständiger Bewegung, lauffet bald vor, bald
hinter sich, bald auf die Seite, bald stehet er aufrecht, bald bücket er sich, und
trentelt allezeit sehr schnell hin und wieder; ehe man sichs aber versiehet, wirfft er den
in der Hand gehabten Stein fort,und trifft gleichwol bey allen diesen gemachten
Grimacen, das vorgegebene und selbst erwählte Ziel so accurat daß man
sagen muß, der beste Schütz hätte nicht accurater in das Schwartze
schiessen können.
|P_532-533
[ Pfeile, die vom Bogen geschossen werden, fehlen bei Kant]
/Diese itzt beschriebene Pfeile schiessen [533] sie von einem steiff-
gespannten Eiser- oder Oliven-Holtz: ingleichen auch von Dorn-Holtz
gemachten Bogen, so behend, hurtig und gewiß ab, daß man sich darüber
höchstens verwundern muß: und wird man sie gewiß bey stillen Wetter,
wenn der Wind nicht allzu starck wehet, weniger damit fehlen sehen,
als einen Scheiben-Schützen, der das Schwartze zu treffen meinet,
vielmals aber die gantze Scheibe verfehlet: da doch dieser zielet,
jener aber der Hottentott, beständig hin und her lauffet, und nach
aller Augenschein, gantz keinen gewissen Schuß haben kan.
|P_533 [Vergleich mit Picke fehlt]
/Ihre Hassagayen sind viel anders und weit grösser gestaltet, weil sie
selbige nicht zum Schiessen, sondern als Wurff-Spisse aus freier Hand
zu werffen gebrauchen. Denn das Eisen-Werck ist am Ende sehr spitzig,
auf beyden Seiten aber sehr scharff und dünn zu geschliffen. Es hat
fast die Gestalt, als das vördere Teil eine Partisane so wohl an
Länge, als an der Breite und Dicke. Hinten hinaus ist wieder ein
runder holer Canal daran zu sehen, in welchen sie einen Stock von
ungefehr 6. biß 8. Schuh lang stecken, und selbigen sehr fest hinein
stossen. Das andere Ende dieses Stocks lauffet gantz dünne zu, also,
daß er nicht viel dicker ist, als eine abgebrochene Spitz-Ruthe, und
kommet am aller besten mit einem Rechen-Stiel überein, nur daß er
nicht so glatt und schön zu geputzet ist.
/[...] Sie zielen aber damit eben so wenig, als mit den Pfeilen, ob
gleich der dünne Stock stetig zittert, und auf die geringste Bewegung
wackelt: sondern sie lauffen eben so mit demselben in der Hand herum,
und werffen ihn bald vor, bald hinter sich, ehe sie ihn noch gäntzlich
fahren lassen, biß sie ihn endlich in der Balance haben, und damit
desto gewisser das vorgesetzte Ziel treffen können.
/Dieses sind nun nebst dem Rackum-Stock ihre Waffen, die sie so wohl
im Kriege als auf der Jagd gebrauchen, und rechtschaffen hurtig,
künstlich und nett damit umzugehen wissen.
|P_544-545
£{Hol-299,28-300,02}
/Von dem Laster des schändlichen und abscheulichen Kinder-Mords habe meinem Herrn
vormals bereits umständige Nachricht zugesandt, und wird dahero nicht nöthig
seyn ein mehrers davon zu wiederholen, oder hinzu zusetzen. Zu wünschen wäre
nur, daß es dabey bliebe, u. die Hottentotten sich nicht mit der alten und
abgelebten Leute ihrem Todt ebenfalls zu Mördern machten; wovon ich Ihm itzt diese
Umstände erzehlen muß. Wenn ein alter Mann oder alte Frau kranck wird, so haben
sie zwar grosse Sorge vor ihre Genesung, daferne anders ihr Zustand nur noch leidet,
daß sie gehen und über den Weg kommen, die Weiber aber dabey ihre Wurtzeln und
Holtz suchen, und zutragen können; ja sie laden sie gar auf Trag-Ochsen, und lassen
sie mit über Land tragen, wenn etwan die gantze Cral aufbricht, und sich
anderwärts hinbegiebet.
/Sind sie aber so alt und abkräfftig, daß sie nicht mehr fortkommen,
noch ihre Kost, wie sie reden, suchen oder gewinnen können: so hat auch ausser aller
Kranckheit, ihre Barmhertzigkeit und Liebe [545] zu ihnen ein Ende. Doch schlagen
sie selbige nicht so wohl mit Händen, Stecken, oder einem anderen mörderischen
Gewehr todt; sondern sie geben ihnen nur sonsten auf eine solche Weise ihren Rest, die
noch grausamer und barbarischer heraus kommet. Denn sie suchen eine Einöde auf, wo
wenig Menschen hinkommen, und bauen entweder nach ihrer Art, daselbst ein Hüttlein
auf: oder aber wenn viel Holtz daselbst ist, machen sie eine grüne
durchlöcherigte Lauber-Hütten, und gehen wieder davon.
/Wenn sie nach Hauß kommen, zeigen sie ihren Vorsatz in der Cral an, und nach
erfolgter Genehmhaltung, die darum desto leichter zu erhalten, weil sie den alten
unvermöglichen Leuten von dem ihrigen mittheilen müssen, laden sie den alten
Mann oder die Frau, auf einen Trag-Ochsen, und führen ihn, oder sie, in Begleitung
der gantzen Crall, die mit Sack und Pack folget, fort, wenn sie vorhero geschlachtet und
Anders gemachet; eigentlicher aber zu reden, der alten abgelebten Person ihren Valet
Schmauß gegeben haben. So bald sie an den Ort kommen, wo die Hütte verfertiget
stehet, laden sie diese beschwehrliche Bagage ab, und bringen sie in ihr künfftiges
Wohn-Hauß; nehmen Abschied, und nach Hinterlassung einiger weniger Speise, ziehen
sie davon; GOtt gebe, es mag mit dem verlassenen Alterthum, nachgehends gehen wie es
wolle.
/Findet sich nun kein wildes Thier, das der alten Person das Leben
abkürtzet, und eine Mahlzeit damit hält, so muß selbige nothwendig, nach
aufgezehrter Kost, Hunger und Durstes sterben, weil sie nicht selbsten gehen und was
anders suchen kan, als um welches Willen sie eben fort muß. Erbarmet sich aber ein
wildes Thier beyzeiten über sie: so ist der Kummer aus, und hat eine solche Person
nicht lange leiden dörffen. Die andern aber, so von ihr weggezogen, bekümmern
sich gar nichts mehr darum; sehen auch nicht nach, ob eine solche Person noch lebe oder
todt sey: sondern lassen es nur so gehen, weil sie wohl wissen, daß ein wildes Thier
seinen habenden Appetit damit stillen werde.
/[...] Nicht, als ob sie deßwegen
vor grausam wollten angesehen seyn: sondern sie bilden sich noch dabey ein, daß sie
solchen alten verlebten Leuten damit einen besondern Gefallen thäten, weil sie ihres
Kummers und Elends dadurch los kämen.
|P_550-551
/Es ist ferner ihre Treue und Redlichkeit, eine nicht geringe Tugend, worinnen sie
viele Christen übertreffen; wie selbiges zum Theil aus dem, was bereits gesaget
worden, genugsam erhellet: zum Theil auch daraus kan abgenommen werden, daß man
ihnen auf ihr gegebenes Wort eben so sicher trauen darff, als ob sie würcklich Geld
auf die Hand empfangen hätten; massen keiner etwas verspricht, das er nicht auch
würcklich halten wird. Ich habe schon vormals gesaget, daß, wenn einer ein
Stücklein Toback eines Fingers lang annimmet, und verspricht dieses oder jenes, zu
dieser oder jener Zeit, vor jemand zu thun, man eben so gewiß darauf bauen
dörffe, als ob er den dabey bedungenen Lohn bereits genossen hätte; je viel
gewisser ist es mir alsdenn, weil er nach empfangenen Lohn, die Sache gar leicht aus dem
Gemüth lässet, und es entweder vergisset, oder aber mit Vorsatz nicht daran
gedencket.
/Ihre Redlichkeit aber giebet dieses zu erkennen, daß sie vor dem Diebstahl,
Ehebruch und Hurerey, einen solchen Abscheu haben, daß man von diesen Lastern gar
wunderselten unter ihnen hören wird: wie denn schon vormals aus [551] Herrn
Boevings curieusen Beschreibung und Nachricht von den Hottentotten pag. 9.
ingleichen aus Hn. Tacharts seiner Siamischen Reise pag 100. ist dargethan worden,
daß eben um deßwillen, weil sie nicht stehlen, die Holländer und alle
hiesige Einwohner sie in ihren Häusern ohne Scheu herum gehen lassen. Es zeiget auch
die tägliche Erfahrung, daß man keine Huren unter ihnen findet; zum wenigsten
keine solche, die ausser dem Ehe-Stand Kinder zeigen, welches doch, wenn deren viele
wären, nothwendig geschehen müste: und von dem Ehebruch ist bekandt, daß
derselbe mit dem Todte, ohne Ansehen der Person gestraffet wird, als bald hernach weiter
wird ausgeführet werden.
|P_553-554
£{Hol-247,20-248,5}
/Hiermit geht es nun also zu. Der Capitain der Crall sammlet alles sein Volck
zusammen, und lässet den Delinquenten gleich anfangs, wenn der Process angehet, die
Klage und Zeugen gehöret, auch seine Verantwortung vernommen werden soll, mitten in
den von ihnen gemachten und geschlossenen Krayß bringen, damit jeder Anwesende die
Sache anhören, und nach Billigkeit davon urtheilen könne; er wird auch nicht
wieder heraus geführet oder gelassen, wenn er überwiesen worden: sondern er
muß darinnen verbleiben, und das Urtheil, oder die Stimmen selber mit anhören,
damit er gleich wissen könne, wie es mit ihm gehalten werde.
/Wenn dieses Urtheil gesprochen worden, welches allezeit, gleichwie auch der gantze
Process, unter freyen Himmel gehalten und gefället wird: so bereden sich die
Umstehende nicht allzu lange, und gönnen ihm ferner wenige Augenblicke sich zum Todte
zu bereiten. Der Capitain, als bey welchem das Recht des Todtes und des Lebens (Jus vitae
& necis) stehet, springet vielmehr alsobald auf ihn zu, und schläget ihn mit
seinem Kirri dergestalt zum allerersten in den Nacken, daß er von diesem einigen
Schlag gleich zu Boden fället. Diesem folgen unmittelbar alle die andern, und zwar
nicht nach Rang und Ordnung, wie Herr P. Tachart in seiner Siamischen Reise pag.
101. vermeldet: sondern in einer völligen Unordnung, wer nemlich nur am ersten und
besten dazu kommen, und ihm am ehesten den Garaus machen kan; ja sie sehen nicht einmal
weiter nach, ob er noch athmet, sondern sie prügeln vielmehr nur immer so lange
darauf, biß entweder der Bauch von dem vielen inwendigen Blut aufschwillet, oder
aber der gantze Kopf zerschlagen ist.
|P_558
£{Hol-297,20-23}
/Einige Nationes, worunter sonderlich die Heykoms und Chamtouers gehören, haben
den Gebrauch, daß sie von Fechten nicht ablassen, so lang ihr General oder
Anführer auf einer Pfeiffe oder Flöte zu blasen nicht aufhöret. Denn
sie glauben, daß sie nach dessen Ordre, folgends ihrer Pflicht, gehalten zu fechten,
ob sichs gleich zeigte, daß die meiste Mannschafft fiele und verlohren gienge. Wenn
aber dieser im Pfeiffen nach liesse, oder ihnen sonsten ein Zeichen des Abzugs gäbe,
wären sie wiederum bereit und schuldig, seiner gegebenen Ordre zu pariren, und willig
zu folgen; ja selbst alsdenn, wenn er nicht vor rathsam zu seyn erachtet, den
flüchtigen Feinden weit nach zusetzen, oder ihn zu verfolgen.
|P_559 [nichts zu finden, was näher am Text wäre]
/Diese Kriege mögen geführet werden, wieder wem sie wollen, und wie sie auch
immer beschaffen seyn mögen, so wird gantz und gar keine Ordnung dabey beobachtet;
nachdem sie nicht in Reyhen und Gliedern stehen bleiben, als unsere Soldaten thun
müssen, viel weniger dürffen sie wenn einer fället, wieder hervor tretten,
und des gefallenen Stelle ergäntzen; sondern sie sind in beständiger
Bewegung, und gleich ich vormals bey ihrer Jagd, auch andern Exercitien gesaget,
lauffen sie bald hier bald dort hin. Sie haben ihre Pfeile und Hassagayen beständig
in der Hand, biß sie endlich ihren Zweck zu erreichen dencken, und loß
drücken oder zuwerffen; da immittelst andere die Bakkeley Ochsen beständig hin
und her jagen, auch sie so toll machen, daß sie mehr Menschen mit ihren Hörnern
zu schanden richten und über den Hauffen stossen, als sonsten von einigen ihrem
Gewehr bleiben würde.
|P_567
£{Hol-296,24-26}
/Es beliebe demnach mein Herr zu wissen, daß ein Hottentotts Kind, wenn es zur
Welt gebohren wird, zwar eben eine solche Nase, wie andere Menschen hat; allein weil sie
selbige vor unanständig achten: so drücken sie dem neu-gebohrnen Kinde, mit
ihrem Daumen, alsobald das Nasen-Bein entzwey, und verursachen dadurch, daß die Nase
breit wird. Wie ich denn wohl weiß, daß ich nicht mehr als einen einigen
gesehen, der, weil er von einem Europaeeischen Vater gezeiget worden, auch eine dem Vater
ähnliche Nase behalten.
|P_572
£{Hol-299,07-12}
/Damit ich des Herrn P. Tacharts Worte, ein wenig deutlicher erkläre, so
verhält sich die Sache also: Wenn eine Frau ihren ersten Mann verlohren, und sich
wieder verheurathen will, oder aber Freyer bekommet: so ist ihr nicht erlaubet denselben
zu nehmen, und Hochzeit mit ihm zu machen, es sey denn, daß sie sich vorhero das
vorderste Glied an ihrem kleinen Finger der lincken Hand abnehmen lasse. Wenn dieses
geschiehet, so muß sie anders machen, und dabey schlachten, damit die andern Weiber
einen Schmauß davon tragen, und gleichsam sie wieder unter die junge Töchter
zehlen, welche, wegen ihrer Jugend und Schönheit, noch wohl eines Mannes werth sey.
Findet sich nun ein Freyer, oder hat sich vorhero schon einer angegeben: so mag sie
kühnlich und unverwehret wieder heurathen, weil man an ihrer Hand schon erkennen kan,
daß sie einen Mann bereits vor diesem gehabt habe.
/Solte aber auch dieser wieder sterben, und sie zur dritten Ehe schreiten wollen, so
muß das vordere Glied des folgenden Gold-Fingers mit eben den Umständen
herunter, und weggeschnitten werden. Ja wenn es zur vierten Ehe kommen solte, so muß
wieder ein Glied von dem folgenden Finger herunter: und diese Ceremonie wird so steiff und
unverbrüchlich beobachtet, daß gantz keine Exception darwieder einzubringen
ist; massen es von allen, sie seyen hohen oder niedern Standes, Reiche oder Arme muß
verrichtet, und derselben nachgelebet werden: und ist ihnen hierinnen keine
vorgeschrieben, wenn sie es thun müssen; sondern man lässet sie hierinnen
selbsten, nach eigen Gutdüncken handeln und zu Wercke gehen.
|P_572-573
£{Hol-296,24}
/Nun ist noch übrig, daß ich noch mit wenigen melde, wie sie sich auch auf
das Haar abscheren verstehen. Nicht zwar, daß sie sich den Bart liesen
butzen, wie die Europaeer im Gebrauch haben: denn dieser wächset ihnen nicht allzu
lang, und dick, sondern man siehet an [573] dem Kien nur etliche wenige
Wollen-ähnliche schwartze Haare. Unter der Nase ist er zwar etwas dicker, wird
aber doch nicht lang, sondern kräuset sich wie die Wolle in einander, und bedarff
dahero nicht daß es geschoren werde [...]
|P_580
/Alle diese Ceremonien sind seltsam und rar, dahero verlangte mich sehr, auch die
Ursachen derselben zu wissen; welche, nach langen und vielen Bemühen, endlich
erfahren, und sie meinem Herrn dahero mittheilen will. Das naßmachen mit Urin, sagen
sie, bedeute soviel, als ob der Aelteste, welcher solches thut, allen andern vor den
letzten Ehren-Dienst Danck sagete, welchen sie dem Verstorbenen erwiesen hätten. Da
ich aber dagegen einwendete, warum er es nicht mündlich thäte, welches ja
füglicher wäre, als daß er so schändlich sein eigen Geburts-Glied
allen und jeden, grossen und kleinen, jungen und alten zeigete? so wurde mit von ihnen
doch nichts anders zur Antwort gegeben, als daß es eine solche alte Gewohnheit
wäre, welche kein Hottentott zu verändern das Hertze haben würde, wenn er
nicht seines Lebens überdrüssig wolte genennet werden; womit ich mich zu frieden
geben muste, weil mir bekand, daß sie diesen Gebrauch noch bei vielen andern und
vormals überall angezeigten Gelegenheiten hatten.
|P_683-684
£{Hol-298,15-16}
/Das erste nun belangende, so kommen sie alle darinnen überein, daß sie
sich mit Fett über und über beschmieren, gleich oben bereits weitläufftiger
ausgeführet worden. Hier aber ist nur [684] noch dieses hinzu zu setzen,
daß sie neben der oben gezeigten Ursache, auch die Schönheit und den guten
Geruch dabey beobachten. Denn je mehr jemand unter ihnen über den gantzen Leib und
alle Krossen beschmieret ist: je schöner er in ihren Augen scheinet; je stinckender
auch mit der Zeit das frische Fett wird: je angenehmer ihnen der Geruch davon vorkommet.
Man kan sie allezeit mit dem Geruch weiter spühren und empfingen, weder man mit
seinen Augen erreichen oder gewahr werden kan.
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/[683] Weil sie viel durch das wilde und wüste Feld lauffen, und Dornen
und Hecken durchstreichen müssen, wenn sie Wurtzeln, wilde Amandeln, und auch
Hottentotts-Feigen, die bei den Botanicis unter den Namen Ficoides bekand stehen, als ihre
ordentliche Speise suchen: so würden sie sich gar sehr verletzen, wenn sie diese
Ringe nicht an ihren Waden hätten. Denn sie thun ihnen in diesem Stücke eben so
gute und noch wol bessere Dienste, als den Europaeern ein paar lederne Strümpffe,
weil sie fein dick übereinander liegen, und nicht leicht ein Dorn durch dringen kan.
Hernach halten sie diese Ringe vor eine Zierde, und glauben, daß, je mehr eine
Hottentottin solcher Ringe an den Beinen habe, je schöner sie sey, und je reicher sie
müsse geachtet werden; wie hernach wird folgen.
Änderung: 25.06.2007 / 31.07.2007 / 16.03.2008 / 22.06.2008