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/δ_Schnörkel
/Vorlesungen
/des
/Herren Professor
/Immanuel Kant
/über die Physische Geographie.
/I ter Theil.
//δ_Schnörkel
|F_1'
/δ_leer
|F_2
/≥ Prolegomena. ≤
/Alle unsere empirische Kenntniße kommen aus dem Reiche
der Sinnen, aus Erfahrungen und @Nachrichten@, und die Gegen-
stände der Sinne machen das aus, was man Welt nennt.
Einige dieser Gegenstände haben Einfluß auf uns wir aber fließen
nicht wieder auf sie; wie z. E. Sonne, Planeten pp diejenigen
mit denen wir in Gemeinschaft stehen sind auf der Erde enthal-
ten, und diese Kenntniß der Welt, heißt alsdenn pragmatisch,
und folglich ist Weltkenntniß so viel als Kenntniß der Erde.
/Unsere Erfahrung ist entweder unsere eigene, oder eine fremde.
Da wir durch unsere eingene Erfahrung nicht alles erkennen kön-
nen; so ist der größte Theil unseres Wißens auf das Zutrauen,
und auf die Glaubwürdigkeit gestützt.
/Wenn die Erde allein für uns Pragmatische Kenntniße hat, so ist die Ge-
ographie ein Inbegrif der Kenntniße, die die Gegenstände der Erde
betreffen: daher heißt sie auch Cosmographie.
/Es ist merkwürdig, daß wir die Kenntniße nicht aus verschie-
denen Theilen, Städten und Provinzen zusammen setzen können,
sondern daß wir vom gantzen anfangen, und denn eintheilen
müßen. Hier unterscheidet sich die Erdbeschreibung von der Geschichte.
Das ist darum nothwendig, weil, wenn wir das Gantze nicht kennen,
wir auch keinem Theil seinen bestimten Platz anweisen können.
Alle Nachrichten sind entweder Erzählung oder Beschreibung. Die letz-
teren gehen auf das, was zugleich geschiht. Die andern tragen
die Sache nach ihrer Zeit_Folge vor.
/Da wir aber nur diese zwey Erkenntniß-Qvellen haben, und un-
sere nur einen kleinen Kreiß hat, so bedürfen wir einer
/ Beschreibung
|F_2'
/Beschreibung, und die Geographie ist das Fundament aller Geschichte:
denn alles was geschehen ist, ist auf der Erde geschehen, und in ihr
die Ursachen. Z. E. Seeküsten richten HandlungsNationen an.
Geschichte ist nichts weiter, als die Geographie voriger Zeiten, und bey
jeder Geschichte muß ich die Geographie der damahligen Zeiten wis-
sen. Ja, das Studium der Geographie kann uns darauf führen,
Die Geschichte der Menschen weiter herauszuführen, als es die eigent-
liche Nachrichten thun. Die Geographie in Absicht auf die Dinge
der Natur, kann auf zweyerley Art abgesondert werden:
/1) Indem wir jedem Dinge eine Stelle unter den Begriffen des Verstan-
des anweisen.
/2) Indem wir sie nach ihren Plätzen auf der Erde rangiren.
/In der Physischen Geographie, werden sie nach ihren Stellen betrachtet.
/Die Kenntniß des Inbegrifs aller natürlichen Dinge auf unse-
rem Erdboden ist Naturbeschreibung. Diese ist entweder ein System
der Natur, wo die Dinge nach Begriffe geordnet sind, und
macht das erste Stük aus, oder eine Geographische Beschreibung.
Hier wird Weltkenniße von Schulkenntniße unterschieden,
wo nur auf gehörige Ordnung gesehen wird. Auch der bewirbt
sich um Weltkenntniß, der seine Populaire Kenntniße in aller
Absicht zu nutzen sucht.
/Wir unterscheiden uns von Naturforschern dadurch, daß wir mit
der Neubegierde eines Reisenden das Merkwürdige aufsuchen,
und einem jeden Dinge die Stelle da anweisen, wo es die Natur
hingesetzt hat, nur in der That haben viele Naturforscher in ihrem
System sicher viele unnatürliche Verbindungen gemacht.
/Wir werden unter den Merkwürdigkeiten eine Wahl anstellen. Es
/ giebt ~
|F_2'R
/δ_Zeile_2
/Anmerckung
/Geographie ist die Ge-
schichte des Raums.
Historie die Geschichte
der Zeit. ~
|F_3
/giebt einige, die unsere Kenntniße erweitern, andere die zu Speculatio-
nen Anlaß geben: wir werden nur die ersten betrachten, weil wir
uns pragmatische Kenntniße zu erwerben suchen.
/Man nennt einige Leuthe bornirte andere erweiterte.
/Der Mensch der den Kopf gantz voller Sachen hat, kann bornirt seyn,
weil er keinen Weltgebrauch davon kann. Keine Sache kann uns
mehr erweitern, als die Geographie, weil sie uns den gantzen Schau-
platz der Handlung vorstelt, und da wir überdem an andere Nationen
gekettet sind, theils wegen ihrer Produkte, theils wegen andere Ver-
faßung, so muß die Geographie allein diesen Kenntnißen die rechte
Direction geben. Schon selbst zur Privathandlung ist sie nützlich,
- ja unentbehrlich.
/≥ Geographie ist mancherley: ≤
/1) Politische Geographie, wo die bürgerliche Verfaßung der Staaten
vorgestelt wird.
/2) Physische Geographie, wo die Menschen betrachtet werden, nachdem
was ihnen die Natur dargebothen. Sie liegt der Politischen zum
Grunde. In großen Sandwüsten sind auch Menschen, aber andere als
da, wo große Ströhme sind.
/3) Geographie der Moden, dahin gehört die Beschreibung der Gebräuche der
Trachten pp Da aber diese veränderlich sind, so ist die Geschichte der Moden
das leereste Werk der Welt.
/4) Moralische Geographie; der Unterschied der Ideen und der Sittlichkeit
würde wichtiger seyn; allein es herrscht darin weniger Mannigfal-
tigkeit, als man denkt.
/5) Theologische Geographie: dies ist ein sehr belehrender Anblik zu sehen,
durch welche entgegen gesetzte Principien das eine Gebürge von einen an-
dern getrennt worden.
/ 6) Mathe-
|F_3'
/6) Mathematische Geographie. Diese wird bey der Physischen zum Grunde
gelegt, und bringt dieselbe in Ordnung. Wir können sie zu unserer
Absicht, nur nach ihren HauptIdeen gebrauchen.
/Die Mathematische Geographie betrachtet, die Gestalt, Figur, Größe,
Bewegung pp der Erde.
/A) Die Gestalt der Erde ist eine Kugel.
/a) Wäre sie es nicht, so würde man, wenn man immer nach einer
Gegend reiset, nicht auf denselben Punkt zurük kommen.
/b) Wenn man in der Ferne einen Gegenstand erblikt; so erblikt
man nur immer den oberster Theil. Dieses geschiehet nicht we-
gen der Weite, weil ich die Spitze gantz deutlich erbliken
kann. Der Schatten der Erde ist im Monde immer rund.
/B) Die Größe. Man mißt einen Grad der Erde auf folgende Art:
ich sehe einen Stern am Himmel. Wenn ich nun weiter nach
Norden reise, und der Stern einen Grad niedriger steht, welches ich
durchs Astrolabium erkennen kann; so ist dies ein Grad der Erde.
Diesen Strich meße ich, und hier finde ich jeden «Th» 15ten Theil eines
Grades 2.000 %.rheinländische Ruthen, jede zu 12 Werk-Schuhe gerechnet,
ausmacht. Dies ist eine teutsche Meile, über eine geographische Mei-
le, die nur in Büchern existirt.
/C) Die Figur. Diese ist der Kugel sehr nahe, denn der Schatten, den
die Erde in den Mond wirft, zeigt nichts von den Bergen und der Er-
habenheit, die man auf der Erde antrift. Allein die Erde wäre keine
vollkommene Kugel, wenn z. E. alle Berge weg wären, weil sie
die Figur einer Pommeranze hat, und an den Polen eingedrukt
ist. Die Erde war anfänglich ein flüßiger Körper. Theile die am
Aequator sind, haben bey der Umdrehung einen großen Schwung,
/ wir
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/wir würden alle weg geschleidert werden, wenn die Schwere nicht
da wäre.
/Aber durch den Schwung wird die Schwere gemindert, daher sind
daher sind die Körper unter den Polen um den 288ten Theil
schwerer, als unter dem Aequator. Es müßen also die Theile
der flüßigen Materie unter dem Aequator größer seyn,
als unter den Polen. Doch hat die Abplattung der Erde noch
keinen Einfluß auf die Schiffarth gehabt.
/Man hat nun ein immerwährendes Maaß ausfindig gemacht,
und folgendes Projekt entworfen. Ein Perpendikul hat
seinen Schwung von der Schwere. Die Größe der Bogen macht
den Unterschied aus. Nun kann man berechnen, daß 5 Pariser
Fuß, 3 Linien dazu gehören, wenn einer in eine Minute 60,
mal schlagen soll. Dieser Maaß-Staab von einer Minute und
so fort an würde bestehen, wenn gleich alle übrige Maaße
unbekandt wären, nur muß es an einem Orte geschehen, weil
unter dem Aequator, der Perpendikul weniger Schläge thun
würde. Es giebt noch andere Maaßstäbe. Seemeilen, da-
von gehen 20 auf einen Grad, Ruthen zu 12 rheinländische
Fuß *1. Torsen in Frankreich (Klaftern auf teusch) haben
6 Fuß. In Deutschland in den Bergwerken rechnet man nach
Lachtern zu 6 Fuß *2. Das Maaß auf der See heißt Faden.
*3 weil man mit einem Schnur mißt.
/Die Linien und Zirkel, die auf der OberFläche gedacht wer-
den können, gestehen uns dadurch, daß sie sich um die Sonne
und um ihre Achse drehet. Zuerst sind die beyden EndPunk-
te, die beyden Pole bestimt, und die Achse die durch das Cent-
rum gehet. Durch die EndPunkte werden allerhand Zirkel
/ bestimt.- ~
|F_4R
/*1 Der pariser Fuß ist um den
30ten Theil größer als der
Rheinländsche, der erste
wird in 12 δ_%Zoll der andere
in 10 δ_%Zoll getheilet.
/*2 3_1/2 Elle.
/*3 beträgt beynahe 60 El-
len. ~
|F_4'
/bestimt. Die erste ist der Meridian.
/Wo ich stehe stelle ich mir einen ScheitelPunkt Zenith vor.
Nadir ist dem Zenith gegen über, oder der FußPunkt. Der
Meridian wird gezogen von dem Pol, durch den Zenith, biß «g»dem
gegen über stehenden Pol. Durch ihr hat man den Unterschied
der Weltgegenden, denn wenn ich vom Nord-Pol den Meridian
ziehe; so habe ich gegen über Süden, und von beiden Seiten
Osten und Westen. Örter, die von einander in Norden und
Süden unterschieden liegen, können unter denen Meridianen
liegen. Oerter die in Osten und Westen unterschieden liegen,
haben verschiedene Meridianen.
/Dieser Zirkel heißt Meridian, weil wenn die Sonne her-
übertritt, es just Mittag ist. Der Aequator ist von den Pohlen
gleich weit entfernet: mit ihm paralell kann man auf
der Erde unzählige Kreise ziehen. Diese Zirkel heißen pa-
rallel oder Tage Zirkel. Wenn verschiedene Örter in einem
Paralell-Zirkel liegen; so haben sie keinen Unterscheid in
Norden und Süden, sondern in Osten und Westen.
/Der Unterschied der Oerter in Osten und Westen, ist der Un-
terschied der Länge. Der Unterschied der Oerter in Süden und
Norden, ist der Unterschied der Breite. Alle die unter einem
Paralell-Zirkel liegen, haben einen Unterschied der Länge,
die unter einem Meridian liegen einen Unterschied der Breite.
Die Breite ist folglich die Entfernung vom Aequator. Der Un-
terschied der Länge zweyer Oerter, wird durch einen Bogen
vom Aequator gezogen. Wenn man die Länge eines Orts
/ finden
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/finden will, so muß man einen für dem ersten annehmen.
König Ludwich_XIVte hat den ersten durch die Westlichste von
den Canarischen Inseln Ferro gezogen. Nun zieht man die
Grade der Länge von Westen nach Osten. Nachdem hat man
diese Ungemächlichkeit abgeändert, und jetzt nimt man die
Seite zu erst, die dem Meridian am nächsten ist. Man hat
diesen ersten Meridian nachher verlaßen, und die Engländer
haben über Greenwich, und die Franzosen über das Observa-
torium zu Paris einen neuen gezogen. Die Breite zur
See ist leicht zu finden, weil sich der StandPunkt der Gestirne
bey jedem Grad verändert.
/Die Bewegung der Sonne geschieht nicht im Aequator, sonst
wäre die Sonne immer im Scheitel_Punkt denjenigen
Oertern, die unter dem Aequator liegen, sie ist aber nur 2_mahl
des Jahres im Aequator, alsdenn ist auf der gan«t»zen Erde Tag
und Nacht gleich. Hierauf beschreibt sie einen Bogen von 22_1/2
Grad nach Norden und Süden. Der Zirkel nach Norden
heiß Tropicus cancri, der nach Süden Tropicus capri
corni.
/Der Aequator macht 2 Hemisphaeriae. Im Sommer be-
scheint die Sonne das nördliche Hemisphaerium, im Winter das
südliche, hieraus entspringt die Zona torrida. Die zwischen
dem Aequator und den Tropicis liegt, zwey Zonae frigidae,
diese sind vom Pol, biß zum Polarzirkel, als dieser biß zum
Tropicus. Zwischen dem Polarzirkel, und den Tropicis
liegen zwey Zonae temperatae, und hierauf gründen sich
alle Climata.
/ Tractation,
|F_5'
/≥ Tractation. ≤
/Man theilet die Erde in Land und See. Das worunter
man sich den größten Zusammenhang, von Land, oder das
allgemeine Land vorstelt, nennt man continens. Man
stelt sich auch ein allgemeines Meer (See) vor, und das
nennt man Ozean. Im Grunde aber ist die gantze alte Welt
kein Continens, sondern eine Insel, weil sie von Amerika
getrennt ist. Was die Inseln in Ansehung der Länder sind,
das sind Seen, in Ansehung der Meere. Die Inseln
sind vom Continens, die Seen vom Ozean abgeschnit-
ten. Sandspitzen oder Hervorgänge auf dem Meere
heißen Halbinseln. Wo die See im Lande hinein eine
Bucht macht, das ist ein Meerbusen, auch Golfo oder Bay
genandt. Indeßen muß man doch die beyden letzten Benen-
nungen etwas unterscheiden, Golfo ist tiefer als breiter
Bay ist breiter als tiefer. In Amerika der Mexicanische
Meerbusen, die Bay von Campeches; Hudsonsbay, Bay
von Californien, und Bay aller Heiligen. In Europae
giebts Golfo di Venetia, Biscaye, der Bothnische und
Finnische Meerbusen. Erdzunge oder Isthmus ver-
hindert die Vereinigung der Meere. MeerEnge
oder Fretum, oder Straße, wo fast 2 Länder zusammen
stoßen. Z. B. bey Gibraltar, verhindert die Vereinigung
2er Länder. Was die Halb-Inseln auf dem Lande sind, das
/ sind
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/sind die Meerbusen auf dem Waßer, nemlich ein nicht
gantz vom Lande eingeschloßenes Meer.
/Landspitze wird gemeiniglich ein Vorgebürge, Capo, ge-
nenet, allein es ist ein Mißbrauch, denn solche Landspitzen
haben mannichmahl keine Gebürge. See und Meer wird
auch oft in der Seesprache verwechselt. Meer begreift
den gantzen Ambitum der Gewäßer, See einen Theil
davon. Z. E. die Atlantische See. Sonst hat man noch
diesen Unterscheid, der See, ist ein Landsee, die See ist
ein Ozean.
/Busen geben gemeiniglich Vermuthungen zu Hafen,
aber ein Hafen gehört mehr genugsame Tiefe, guter
Untergrund, er muß den @Winden@ und der See nicht
@bloß@ liegen. Um ihn zu sichern führt man bißweilen
von einer Seite der See einen Damm auf. Bey
so vielen Hindernißen hat die Natur sie nur sehr
sparsam ausgesäet. In Europa ist Port Monon
der vorzüglichste.
/Es giebt auch Hafen im süßen Waßer. Z. E. bey den
Rußen, allein da diese die Hälfte des Jahres unbrauch-
bar sind, so sind die saltzigen ihnen weit vorzuziehen.
Wo kein Hafen ist, ist bisweilen eine Rehde. Diese ist
ein Ankerplatz nicht weit von der Küste, worauf die Schif-
fe durch Lootzen gebracht werden. Die Küste von
/ Koromandel
|F_6'
/Koromandel hat nicht einen einzigen Hafen, sondern
lauter Rehden. Diese sind bey gutem Wetter zu ge-
brauchen, allein so bald die See tobt, muß das Schif
das hohe Waßer halten. Die West- und Südküsten
aller Länder haben tiefer Waßer als die andern Bey-
den Seiten. Es scheint daß auf diesen Seiten, der gang
des alten Meeres, ehe es neue Meere gebildet hat, ge-
wesen sey.
/An manchen Orten giebt es Sandbänke. Diese sind Rie-
gel, vor die Schiffe, worüber sie nicht kommen konnen.
Diese sind gemeiniglich bey diesen Küsten, und an eben
diesen Untiefen sind auch Brandungen, wo die See
sehr tobt. Alles dieses sind Hinderungen eines guten
Hafens.
/≥ Die Geschichte des Meeres, eigentlich
Meeres Beschreibung. ≤
/Wir können das Meer als ein großes Thal ansehen,
das von Ländern eingeschloßen ist. Man konnte aber
eher sagen, daß das Meer Länder einschlüßt.
/Das Meer hat in Absicht seines Grundes mit dem
/ Lande ~
|F_6'R
/δ_Zeile_9
/Barre, bedeutet
so viel, als ein
Riegel, oder
Schlagbaum. ~
|F_7
/Lande große Aehnlichkeit. Im Französischen @Kemel@
findet man durch das Senkbley, daß es Berge und Thä-
ler darin giebt, ja es giebt Bergketten in der See, und
Bergketten zweyer Länder, hängen unter der See zu¥
sammen. Er hat sandige, steinigte, thonigte, kalkigte
morästigte Strände, ja so gar frische Waßerqvellen.
Der Seegrund enthält alles, was das Land enthält,
aber nicht alles was der Seegrund enthält, enthält das
Land. Z. E. ein Bank in der See ist eine Untiefe, also
würklich ein Berg. Verschiedene dieser Berge gehen in
einem Zuge, verschiedene Meilen aber gantz flach fort.
Z. E. im Cathegat, bey Terre noeuve: solche Berge giebts
auf dem Lande nicht, sondern die sind alle spitzig, und
mit Thälern durch mischt. Die Ursache scheint diese zu
seyn. Als alle Felsen noch weich waren, waren diese Ge-
genden im Meer schon mit Waßer bedekt. Das Heraus-
fließen der Waßer aus denen Landbergen, muß
wohl diese Einschnitte gemacht haben.
/Das Senkrecht oder Loth der Schiffer, hat die Figur eines
Zukerhuts, und ist ungefehr biß 30 %.Pfund schwer. Unten
ist es ausgehölet, und mit Butter oder Talch ausgeschmiert,
damit es sich fest andrükken, und vom Sande oder
Steine etwas mit sich herauf bringen könne. Es ist nicht
so leicht mit dem Senkrecht die Tiefe des Meeres zu fin-
den, denn die Ströme die allenthalben im Meere fließen,
/ führen ~
|F_7R
/δ_Zeile_2
/Das Senkbley wiegt
gewöhnlich 32 %Pfund. ~
|F_7'
/führen das Senkrecht mit sich fort, so daß es nicht perpen-
diculaire auf den Grund fallen kann, und wenn es auch
auf dem Grunde ist, so ist dies doch schwer zu wißen. Man solte
denken, man könnte es daran wißen, wenn das Bley nicht
mehr zieht; aber das Thauwerk selbst, wird durch die Länge
so schwer, daß es auch ebenfalß durch sein Gewicht immer zieht.
Die Seefahrer bedienen sich des Senkleyes nicht aus Curio-
sitaet, wie es wohl einige Philosophen thun. z. E. Graf von
Marsili der im mittelländischen Meere Versuche angestelt
hat die biß zu einer Tiefe von 3 biß 4.000 Faden gingen,
sondern aus Intereße für sein Schif. Je näher man dem
Lande komt; desto mehr nimt die Tiefe ab. Dies komt
daher, weil der Seegrund eigentlich nur eine Verlänge-
rung des Landgrundes. Je flächer ein Land ist, desto flä-
cher ist der Seegrund, je höher die Küste ist, desto steiler
ist er. Aus dieser Ursache sind auf der Küste von Norwegen
so viele Hafen, weil dort nemlich alle Küsten steil sind
und alles Waßer tief ist. Hat der Schiffer die Tiefe des
Meeres gemeßen, so kann er von der Nähe des Landes
urtheilen. Zu wißen wie weit er vom Lande ist,
enthalten auch die Seekarten, lauter Prospekte, wie ein
Land in dieser oder jener Entfernung von den Küsten, und
was der Grund vor eine Materie enthält. Die größte
Tiefe des Meeres, ist nicht viel minder tief, als die größte
Höhe des höchsten Gebirges. Man rechnet sie gemeiniglich auf
/ 1000 Faden
|F_8
/1.000 Faden, und die Höhe der Pyrenäen beträgt 8 biß 10.000
Fuß. Ein Seefahrer hält eine Tiefe von 200 Faden für
unergründlich, weil er alsdenn für sein Schif nichts zu be-
sorgen hat. - In der Tiefe des Meeres komt man durch
Taucher. Diese fischen vorzüglich im Grunde des Meeres Per-
len. Eine halbe, höchstens eine gantze Minute können sie
unterm Waßer bleiben. Diese Leute gewöhnen sich sehr
an diese Lebe«s»nart, und leben mit solcher Continence, daß sie
sich oft unter dem Waßer um die Perlen zanken, ja mit
Meßern verwunden. Man sucht im Seegrunde alles wie
beym Mondscheine, wenn nemlich das Waßer ruhig ist, so bald
aber nur ein kleiner Wind das Waßer oben bewegt, wird
es finster, und man kann sich mit Oehle helfen, daher nehmen
die Taucher Oehl in den Mund, und wenn es dunkel wird; so
laßen sie es ins Waßer laufen, dies schwimt nun über
ihren Scheitel und dienet ihnen zum Fenster. Die Mal-
diwer hohlen Cacos-Nüße aus dem Meere, die man
wegen des besondern Orts, wo sie gefunden werden sehr
hoch hielte. Vor einigen Jahren aber hat man entdekt,
daß sie auf der Insel Kraley wachsen, und denn ins
Meer fallen. Wollen sie schwere Sachen, ja Kanonen
aus dem Waßer bringen, so binden sie Bretter unter
dieselben, und fügen so lange eins an das andere, biß diese
Bretter den schweren Körper mit in die Höhe nehmen. Ehe-
dem hatten sie Röhren zum resperiren, die von ihrem Munde
biß übers Waßer in einem Fäßchen gingen, das auf dem
Waßer schwamm. Nachdem hatten sie Taucher Gloken,
/ die ~
|F_8R
/δ_Zeile_6
/In der Sandwich_Insel
soll ein Mann 6 Minu-
ten unter dem Waßer
geblieben sein.
/δ_Zeile_27
/Die TaucherGloke
ist ~
|F_8'
/die über ihnen hangen, und in welche das Waßer wegen
%.dergleichen Lage nicht eindringen konnte. Aber die Ausdünstung er-
fülte bald die Gloke, und machte sie zum resperiren untauglich.
Dieser wegen schikten die Englän«gl»der, Fäßchen mit Luft nach
auf diese Art. - An einem Fäßchen das 2 Hähne hatte, ban-
den sie eine Kanonkugel und ließen sie herab, dann machte
der Taucher einen Hahn unten auf, damit die Luft eindrin-
gen, und die Luft durch den obersten Krahn heraustreiben möch-
te. Unterdeßen öfnete er den Hahn an seiner Gloke, und ließ
denn die übele Luft heraus und die frische herein. -
/Manche Tauchergloken sind so groß, daß gantze Gesellschaften da-
rin sitzen können. Qveer durch ist ein Balken, auf dem der
Taucher vermittelst eines Balkens mit einem Haken alles
vom Boden aufnahm. Alles Qvell und LandWaßer komt
dem Seewaßer an Durchsichtigkeit nicht bey. Sie ist so groß,
daß man auf dem Boden, ungeachtet einer Tife von 12 Faden
Schildkröten sehen kann. Wenn das Waßer gantz ruhig ist,
so kann man alles was auf dem Grunde ist deutlich sehen, und
dieses macht einen feyerlichen Eindruk. Die Ursache davon
ist die Saltzigkeit des Meeres.
/Zur Durchsichtigkeit eines Körpers wird erfordert, daß ein
Continuum und keine Luft darzwischen sey. Nun insinuirt
sich das Meer-Saltz in alle LuftTheilchen, und macht die
Continuitaet des Meeres aus. - Die Ströhme haben eine
weiße und gelbe Farbe, das Meer sieht blaulicht grün aus,
/ und ~
|F_8'R
/δ_Zeile_1
/ist ein sehr großes
HülfsMittel zum
Tauchen ~
|F_9
/und dieses scheint die ordentliche Farbe alles Waßers zu
seyn. Wenn es durch Ströhme bewegt wird, oder ein Schif
durch streicht, so leuchtet es, ja bißweilen in der NachtZeit, scheint
es so helle als Milch. Wenn es denn auf die Kleider der Ma-
trosen spritzt, so scheinen Funken darauf zu springen. Einige
schreiben dieses der kleinen Nerce einen Insekt zu. An-
dere haben folgenden beßern Grund. Das Meer hat
einen übeln pechartigen Geschmak, und zwar mehr auf
der OberFläche als unten in der Tiefe, ja in der heißen
JahresZeit riecht es zuweilen. Nun sagen sie dieser heß-
liche Geschmak komme von verfaulten Seethieren und
Fische, und viele faule Fische geben ein Licht von sich, und
der Geschmak sey auch aus dem Thierreiche, und dem Geschmak
verfaulter Substancen ähnlich.
/Einige Meere haben Namen von Farben, ohne die Farben
selbst zu haben. Z. E. das Schwartze Meer, vielleicht wegen
des Unglüks das darauf geschehen kann, oder wegen der
angrentzenden Völker. Das rothe Meer, wegen der Bu-
macern, denn @&¿¿¿&@ (Hetom) heißt roth, nicht aber
von den rothen Corallen, denn es giebt auch weiße darin. Das
Purpur_Meer hat wegen der Purpur_Schnekken seinen
Namen.
/Sie haben auch dem Schein nach Farben, von dem was auf dem
Waßer schwimt. Es giebt große Striche die mit Seegraß
bedekt sind, obgleich kein Grund daselbst zu finden ist. Es
/ ist
|F_9'
/ist zu allen Zeiten an demselben Orte, und wird durch kei-
nen Sturm verweht. So ist z. E. nordwärts der Insel
Guinea, das Graß mehr, welches die Spaniger Porra «ehem»
nennen. Dieses träget sogar weiße Beerden, und auch
Frösche halten sich darin auf. Die Ursache ist diese:
/Es geben einige Parier-Ströhme, der eine von Westen nach
Osten, der andere von Osten nach Westen. Diese formiren
zwischen sich einen stillen Platz, nach welchem alles hinge-
trieben wird, was die Ströhme von den Küsten mit sich
bringen. Zwey mahl 24 Stunden ehe man nach Ma-
labar komt, sieht man hie und da Schlangen schlupfen,
und das ist ein sicheres Zeichen der Annäherung. Bis-
weilen findet man hier die See mit Birnstein bedekt.
/Es ist kein saltziges Waßer, das nicht durch Destillation
süß wird. Das Meer ist die Mutter alles Waßers, aus
dem steigen die Dünste mit Hinterlaßung des Saltzes in
die Luft, formiren die Wolken und Regen fält als denn
herab, und unterhalten die Qvellen, Ströhme und Teiche.
/In Bochdien in Siebenbürgen, giebts große SaltzStöke,
die 100 Fuß und darüber tief sind, und aus welchen das
Saltz gegraben wird. Nun sagt man, solche Saltzgebürge
habe die See abgespielt, und davon die Saltzigkeit erhal-
ten. Allein um gekehrt kann man sagen, daß die See selbst
sie gemacht haben kann, denn alle Gegenden, wo Stein-
/ saltz
|F_10
/saltz sich befindet, sind ehedem unter dem Meere gewesen.
Die Ursache davon ist immer zweifelhaft. Einige Meere
sind saltziger als die andern. Das todte Meer ist so saltzig
daß ein Mensch nicht untersinken kann. Wenn 1/4 Saltz zu
3/4 Waßer komt, so ist das Meer salatirt. Alles das übrige
Saltz lößt sich nicht mehr auf. Wenn es nun an Regen fehlt,
so troknet das Waßer im todten Meer eine Meile
weit vom Ufer weg aus, denn stinkt die See, weil die
Erde voller Aschphalte und schlammigt ist. In Europa macht
man Seesaltz, als in Rochelle in Setuball pp auf folgen-
de Art: Man gräbt Bassins aus: läßt das Waßer
zur Zeit der Fluht herein, denn verstopft man sie, daß
kein anderes dazu kommen kann, und läßt es alsdenn
von der Sonne austroknen, dies nent man, das Saltz
gradiren: das Saltz sieht sehr grau aus. Der Grad
der Saltzigkeit ist nicht von der Kälte und Hitze, sondern
nach der Menge, oder geringeren Anzahl der Flüße, die ins
Meer fallen unterschieden. Bey Malta, wo nicht Flüße
sind, ist es sehr saltzig. Wegen der asphaltschen Bitter-
keit, die das Waßer hat, kann es nicht zur Speise ge-
braucht werden, und so verschmachten oft die Seefahrer
mitten in diesem Elemente vor Durst.
/Sie bedienen sich dabey folgender Vortheile: Die Matrosen
legen ihre Kleider ins Waßer, ziehen sie an, und löschen
/ dadurch
|F_10'
/dadurch etwas ihren Durst. Irwin, ein Engländer, hat
vor Kurtzem ein gantz neues Mittel erfunden, das See-
Waßer süß zu machen. Man braucht dazu weiter nichts
als ein paar Flintenläufe, und ein Keßel auf dem Feuer.
Vordem hielten Muschenbrock und alle übrigen Physi-
ker vor vergeblich den bittern Geschmak zu vertreiben.
/Das Saltz ist bey uns in allen Speisen eine unentbehrliche
Würze: indeß ists doch nur eine Sache durch pure Gewohnheit,
denn die Americaner haben es nicht, und die Otaheiter
thun nichts weiter, als daß sie ihre Speisen ins Saltz
tunken. Das Saltz scheint ihnen zu scharf zu seyn, weil
sie an Vegetabilien gewohnt sind. In Amerika soll
sogar eine Nation seyn, denen Saltz schädlich ist.
/Die Schiffe gehen im Seewaßer nicht so tief als im süßen
Waßer, weil das Seewaßer schwererer Art ist. Da-
her schwimmen auch Menschen leichter auf der See als
im süßen Waßer, so daß sie über eine Stunde fort schwim-
men.
/Sonst hat man noch vors Ersaufen einen Waßerharnisch
(Scaphander) erfunden, nemlich Korkholtz wie ein
Wams gemacht und angezogen.
/Die erste Bewegung des Meeres geschieht durch die Winde.
Dies ist die Wolkenbewegung, die kein Motus progres-
sium, sonst ascilativum ist.
/ Es
|F_11
/Es giebt lange Wellen in breite Meere, kurtze und zu-
rükschlagende in engeren Gewäßern. Diese letztern er-
schüttern das Schif mehr, und sind ihm gefährlicher.
/Buffon meint, daß die zurükprallende Wellen im schwar-
tzen Meere entstünden von Westwinden, der am Cauca-
sus anpralte und das Meer in Unordnung brächte. Allein
ein zurükgestoßener Wind, kann nicht über eine viertel
Meile weit würken. Ein beßerer Grund ist dieser. Ge-
wöhnlich erstreken sich die Wellen nur über die Oberfläche
des Waßers. Wer unten ist, weiß nichts vom Ungewitter
das oben tobt. Je mehr aber der Wind anhält, desto mehr
wird die Tiefe erschüttert, biß endlich die Wellen auf den
Grund stoßen und das Waßer schaukeln.
/Aus dieser Bewegung der See kann man manches schlüßen,
z: E: die Schiffer können die Bank von Terrenoeuve schon
von weiten spühren, denn vor der Bank sind die Wellen
lang, über dieselbe kurtz. Noch ist merkwürdig, daß auf
der Bank immer kalt ist. Die Ursache muß wohl sein, weil
das Waßer wenn es auf die Bank komt, aufgehalten,
und denn das Untere in die Höhe getrieben wird, welches
kalt ist, weil es die Sonne nicht bescheint. Die Wellen ge-
hen selten höher als 12 Fuß über den Mittelstand des
Waßers. Hiebey ist aber keine Gefahr, wenn nur die Welle
lang ist.
/Es giebt auch eine Bewegung der Wellen ohne Wind, dies wird
/ die
|F_11'
/die hohe See genandt. Sie ist nicht vor sondern nach einem
Winde. Dies ist der schlimste Zustand für ein Schif, weil es
sich denn durch seine Rettungs-Mittel, für den Wind, nicht retten
kann, weil es denn still ist, sondern wie ein Wrak (ein
Stük von einem gescheiterten Schif) auf dem Waßer liegt.
Alsdenn schlagen sich die Schiffe, wenn sie nahe sind selbst ent-
zwey. Man hat ein Mittel angegeben, was dawieder
seyn soll: nemlich Oehl auf das Waßer zu gießen, und die
Versuche des HErrn D. Francklins bestatigen dieses.
M. Archardt in Berlin hat eben gezeigt, daß das Oehl nicht
als Oehl, sondern als ein leichter Körper dies verursache,
und das blecherne Büchsen, oder lederne Schläuche eben
das thun würden.
/Es ist kein einziges Meer, worinnen nicht mehr oder
weniger Ströhme sind. Eine wundersame Bewegung aller
Meere, wenn sie nur groß genug sind, oder mit dem Ozean
in Verbindung stehen, ist die Ebbe und Fluht, nemlich in
2 mahl 24 Stunden steigt das Waßer zweymahl, und fält
2 mahl wieder zurük. Dieses ist eine gantz sichere Regel,
daß alle 12 Stunden Ebbe und Fluht ist. Es richtet sich aber
jederzeit nach dem Monde, und weil der Mond alle Tage
3/4 Stunden später aufgeht; so geschiehet es auch so, daß in
See-Stadten die Ebbe und Fluht in Kalender*1 vorher ge-
sagt wird. Wenn der Mond im Meridian komt, so flu-
thet es 6 Stunden darauf, wenn er im Horizont komt so
/ ebbet ~
|F_11'R
/δ_Zeile_17
/In der Nord-See
ist Ebbe und Fluht.
/δ_Zeile_23
/*1 Diese Calender
müßen aber nach
jeder Gegend auch
anders seyn. ~
|F_12
/ebbet es wieder. Wenn er denn im Antipotischen Meridi-
an komt, so fluthet es wieder, und so auch wenn er im
Horizont komt, die Ebbe. Zweymahl im Monath ist größere
Fluht und tiefere Ebbe, nemlich in der Conjunction und Oppo-
sition des Mondes. Der Mond hat diesen Einfluß auf das
Phenomen, durch die anziehende Kraft aller Planeten. Es
hebt die Fluht auf 10 Fuß. Dahingegen die Sonne sie wegen
der weiten Entfernung nur auf 2 haben kann.
/Wenn sie nun in Conjunction und Opposition stehen; so ver-
einigen sie ihre Kräfte und das Waßer steigt auf 12 Fuß.
Ist der Stand des Mondes in Quadrataris, so würken sie ent-
gegen, folglich steigt das Waßer nur 8 Fuß. Dieses wird
die Springfluth genandt, und macht bey den großen Meeren
die zwischen große Länder liegen, einen großen Unterschied,
indem das Waßer bißweilen auf 50 Fuß steigt. In solchen
Häfen kommen die Schiffe auf den Grund, bey der Ebbe zu
liegen: allein sie sind schon darnach gebaut, und leiden
keinen Schaden.
/Die Häfen haben den Vortheil, daß sie durch die Ebbe ge-
reiniget werden. Bey einer solchen Fluht, dauert die
Ebbe länger, so daß man 7 Stunden darauf und 5 Stun-
den auf die Fluht rechnen kann. Denn das Waßer
hat die Fluht aufgeschwelt, und dies braucht Zeit. Zum
Ablaufen der Mascarien bey der Garonne komt wie
/ ein ~
|F_12R
/δ_Zeile_1
/Die Sonne wirkt
auch auf Ebbe und
Fluht.
/δ_Zeile_4
/In Neu- und Voll-
licht, vereinigen
Sonne und Mond
ihre Kräfte. ~
|F_12'
/ein Berg angestürtzt, und stößt Schiffe um. Alle
Meerströhme, die die Ebbe und Fluht verursachen, gehen
biß auf den Grund des Meeres, und zwar deswegen,
weil diese Kraft anziehend ist, und biß aufs Centrum
der Erde geht.
/Es giebt Ströhme in allen Meeren, wenn gleich kein Wind
mehr vorhanden ist, der sie verursacht, daher komt erst
der allgemeine Strohm des Ozeans, der von Morgen ge-
gen Abend geht, und die Schiffarth von Ostindien nach Eu-
ropa erleichtert. Aus diesem entstehen nach Lage der Küsten
und Bänke, von denen man aufgehalten wird, andere.
Bey Inseln giebts wegen der vielen Berechnung des allge-
meinen Strohms, viele Ströhme. Bey der Ebbe und Fluht
wechseln die Ströhme nach den Stunden. - Die Strohm-
bewegung des Meeres durch Winde, währet über 1 @δ_Einheit@
fort, wenn er schon aufgehöret hat, und ein entgegen
gesetzter Wind wehet.
/Deswegen werden die Schiffer von solchen Ströhmen ohne
es zu wißen, an die Küste getrieben. Es giebt Meer-
ströhme durch die Ausdünstung. Wenn nemlich ein Meer
trokene Küsten hat, so daß das täglich ausdünstende
Waßer nicht durch Ströhme ersetzt wird, so muß
es an den Ort hinströhmen, wo es an den Küsten weg-
getroknet ist.
/ Es
|F_13
/Es giebt aus allen MeerEngen Ober- und UnterStröhme.
Aus dem Sunde geht der Strohm oben hinaus, und
unten wieder herein: bey Gibraltar aber ist es um-
gekehrt. Wenn die Meere durch die Ströhme mehr
Waßer erhalten, als sie ausdünsten, so läuft es oben
heraus: das untere läuft hinein, weil das SeeWaßer
des Ozeans saltziger, und folglich schwerer ist als im
Sunde.
/Bei Gibraltar darf man nur den Fall umkehren.
/Durch die Meer-Ströhme entspringen MeerStrudel, wo das
Waßer in eine träufelnde Bewegung geräth. Der all-
gemeine Strohm läuft bey Messina (durch Frank-
reich aufgehalten) von Süden nach Norden. Nun
dringt oft ein Süd-Ost-Wind von der entgegen
gesetzten Seite, so, daß die Ströhme bey Faro di Messina
zusammen kommen, und eine drehende Bewegung
machen. Der eine schlägt an den Felsen bey Seglio, und
brauset auf der andern Seite. Bey Messina ist von
der so genandten Charibdis nichts zu fürchten, und
in vielen Jahren ist keiner daselbst umgekommen.
Die Ursache des Malstrohms ist Ebbe und Fluht.
Man protestirt gewiße Theile des Oceans in Verbindung
zu setzen. Der Isthmus von Panama könnte die
/ Fahrt
|F_13'
/Fahrt nach Mexico sehr erleichtern. Bey Suez konnte
das Mittelländische Meer durch einen Canal in den
Nil, und so die Ostindische Fahrt sehr erleichtert werden.
Hier giebt man nun vor; daß ein Meer z. E. das Atlan-
tise höher als das rothe sey, allein dies ist gantz unmög-
lich, denn der Unterschied der Höhe kann nur von der Bewe-
gung der Ströhme herkommen. Die Ursache liegt nur in der
Jalousie der Einwohner.
/Alle Meere die unter der Zona frigida liegen, werden
das Eißmeer genandt. Sie werden des Wallfisches wegen
besucht, und weil man Hofnung hat, durch sie eine Durch-
fahrt nach Japan und China zu finden. Hier ist zu-
erst das Treibholtz merkwürdig. Die Küsten alle
der Länder, die unter der Zona frigida liegen, sind
von Holtz entblößt, und mit nichts als mit gestrauche
und Moräste bedekt. Wo aber kein Holtz ist, kann
kein Mensch leben. Zwar haben die Grönländer eine Feu-
rung von Thon, welchen sie in ihre Ofen, die von Topfstein
(lapis ollaris) gemacht werden, schütten, und Mooß
darauf werfen; allein sie würden sich keine Häuser
haben bauen können, wenn das Meer ermangelte
ihnen Holtz anzutreiben. Es liegt daßelbe hin und wie-
der in Bergen aufgestapelt, als wenn es hingeführt
/ wäre
|F_14
/wäre, und die Grönländer treiben einen ordentlichen
Handel damit. Wer in America gewesen ist, wird sich
über dieses Anspielen des Holtzes gar nicht wundern.
Die dortigen Flüße, vorzüglich der Missisippi, führen
außerordentlich viel Bäume vom Ufer in die See, so
daß die Schiffarth dadurch sehr gehindert wird. Je mehr
diese Nation wird Cultivirt werden, desto mehr wird auch
wohl das Flößen des Holtzes behindert werden.
/Beim Treib-Eiß ist zu bemerken, das PakEiß, dies
sind große Stükke Eiß, die wenn sie zusammen an-
schlagen, ein Schiff wie eine Nuß zerdrükken.
/Ferner Eißfelder, die einem kleinen Stük Lande gleichen,
und einige Meilen im Umkreise haben.
/≥ Betrachtung der Länder. ≤
/Es wird dabey auf den Grundriß, Abriß und Profil
derselben gesehen.
/Der GrundRiß, ist der Umriß der Länder, insoferne sie
vom Ozean umgeben sind. Hier werden sie in bekandte
und unbekandte eingetheilt. Der Umriß der 3 alten
Welttheile ist bekandt, von der neuen Welt ists nicht
/ gewiß
|F_14'
/gewiß, wie sich die Küste von Californien nordwärts
erstrekke; doch schon Coock sah die Küste von Osten nach
Westen laufen, daher kann man annehmen, daß der Um-
riß beyder Welten bekandt ist: dem Inhalt nach ist Europa
durch und durch bekandt. Asien hat noch manche Länder, die
noch so wenig bekandt sind, daß es zu wünschen wäre, sie
mehr kennen zu lernen. Die Rußische Gebiete sind fast
gäntzlich unbekandt. Die kleine Bucharey und Tibet be-
sonders sind wenig und das Innere von Arabien fast
gantz unbekandt. Das Land, das in dem rußischen Siberien
liegt, ist ehemals sehr berühmt gewesen, als die Mungalen
und Hunnen, die in Zelten wohnen in Europa die große
Revolution verursachten, als nemlich die Europäer im
12ten Seculo ihre Kreuzzüge in den so großen SandWüsten
vollendeten: denn indem man den Druk der Türken fühlte,
reisete man zum Groß-Chan der Mungalen biß China,
damahls Kitai. Jetzt kann man, weil die Chineser es inne
haben, nicht füglich dahin kommen.
/Tibet hat an der südlichen Seite gewaltig hohe Gebürge,
und ist der Sitz des Dali Lama der tartarischen Mon-
gulen. Hier sind die alten Spuren der Litteratur, der
entfernteste Zeit-Alter enthalten, in dem der älteste
/ Theil
|F_15
/Theil der bewohnten Welt, nothwendig ein Gebürge seyn
mußte, biß sich endlich das Waßer vom platten Lande zurük
gezogen, und sich die Leute weiter aus breiten konnten. Der
Gouverneur von Bengalen
schikte vor kurtzen einen Gesandten
an Dalai Lama, der vieles Sonderbare von ihnen erzählet
hat, ob sie sich gleich weigerten, den Gesandten anzunehmen.
Unter dem dortigen Dalai Lama stehen alle dortigen Prie-
ster.
/In Arabien kann man von der Seite des rothen Meeres in 2 Ha-
fen landen, wer aber ins Land hinein geht, muß sich noth-
wendig vorher beschneiden laßen. An die Küste von Süden
komt man gar nicht.
/Africa ist in Ansehung deßen, was es der Geographie noch vorbe-
halten hat, von großer Erheblichkeit: von außen an der Küste
ist es gantz bekandt, aber von innen gar nicht OstWärts ist die
Stein-Wüste, Westwärts ist die Sandwüste. Zwischen Nubien
und dem Senegal soll es Menschenfreßer geben. In
Abessinien soll es Christen geben, die eben das ReligionsBuch
und die Gebräuche haben, als die Europäischen Christen, welches
auch in der That wichtige Entdekungen veranlaßen solte«n».
Ein Engländer behauptet, daß mitten in den Sandwüsten die-
ses Landes sind vortrefliche fruchtbare Länder, die die Alten
deshalb Inseln nennen, worinnen alle Produkte des Thier-
und Pflanzen-Reichs befindlich sind. Solche Striche enthalten
/ mehr
|F_15'
/mehr, als gantz Europa.
/America ist in Norden von Europaeren bewohnt, und im süd-
lichen America in Terra firma ist eine Pflanzung inländi-
scher Völker. Uebrigens bestehet es aus herumziehende Wilden.
Zu den unbekandten Ländern gehöret auch das AmazonenLand,
wie man schon aus dem abentheuerlichen Namen sehen kann,
und die Küste des fingirten Landes Eldorado, worin die Stadt
Monoa und der See Purima liegen soll. Man sagt
nemlich Die übrig gebliebenen der Familie von Inkas (so
nennt man den Kayser zu Peru in Südamerika) haben sich
mit ihren Schätzen in das Eldorado retiriret. Allein es ist
nicht glaublich, daß sie Gold, welches sie nicht schätzten, mitge-
nommen haben solten: eher hätten sie das Lama, ihr
Kameel, daß ihnen nützlich ist mitgeführt. Im Grunde ist Ame-
rica eine ungeheure große Wildniß, die mit Natur Produkten
allein beschenkt ist. Der menschliche Geist, liegt in der tiefsten
Finsterniß daselbst. Meere worin man Länder vermuthen
kann, sind das Pacifische oder polynesium, und das austral-
Meer. Hier sind die Inseln Neuseeland, Malicone, wo Leute
von häßlicher Bildung aber von außerordentlichen GeistesGaben
sind. Utahite Otahaid, wo Leute von der zartesten, und
schönsten Leibes-Constitution sind. Die Neger müßen kei-
nen Bevölkerungs-Geist haben. Es giebt Länder die Ehemahls
/ bekandt
|F_16
/bekandt gewesen sind, und jetzt untergegangen sind. Z. E. In-
seln, weil man ihre Länge und Breite nicht genau notiret
hat. So setzen die Spanier die Salomonischen Inseln an
einen ganzt andern Ort, als man sie jetzt findet. Nach Alt
Grönland kann man nicht mehr hinkommen, zwischen Island
und Amerika bey Farwell komt man in die Straße David
Dieß ist nun die westliche Küste von Gronland, wo die Herrenhut-
schen Missionairen sind.
/Zwischen diesen und die östliche Küste von Groenland ist ein hohes Ge-
bürge, welches wegen des hohen Schnees und Eises nicht zu pas-
siren ist. Ehemals hatten da die Dänen 2 Bischofthümer
und 2 Klöster, allein da die Königin Margarethe einen
gewißen Privat-Profit aus dem Handel mit den Grönländen
zog; so wurden die Kaufleuthe dadurch abgeschrekt, so daß sie dort
gar nicht mehr hingingen. Da nun der Hof über 100 Jahre
Krieg führte, so negligirte er unterdeßen das Etablissement.
Nach 100 Jahren reiseten Schiffer wieder dahin, und kamen an
eine große Eisbank, zwischen der und dem festen Lande sich
noch offene See befand, so daß sie den Weg nicht wieder heraus
finden konnten. Man hat im Archiv von Coppenhagen noch
Schriften davon. Vielleicht ist es damit so bewandt, wie mit
dem Pezzora, wo man in vielen Jahren wegen des Eises nicht
in den Oby hinkommen kann.
/Nach 20 Jahren hub der Strohm das Eiß, und die Fahrt ist frey.
Nun komts darauf an, die dortigen Eisfelder heben, und den
/ Paß
|F_16'
/Paß nach alt Grönland befreyen. Alles was innerhalb den Ströh-
men ist, wird zum festen Lande gerechnet.
/Gruppen von Inseln oder Archipelagi mit welchem Namen
ehemals die Zwischen-Inseln allein belegt wurden, sind die
azorischen, canarischen, des Grünen Vorgebürges, Archipelagus.
Ferner der Archipelagus der Antillen, der Latronen, der
Philippinen und der Societaets-Inseln. Bey großem und
festem Lande, oder bey großen Inseln giebts immer eine Par-
they kleinere. Ganz verlohren in der See findet man selten
eine, höchstens eine unfruchtbare unbeträchtliche.
/Bey dem Inwendigen der Länder bemerkt man erst gewiße Er-
höhungen, nemlich hohe Ebene, @v@uacher, @Platfornen@. Vorzüglich
sind merkwürdig, die große Wüste Chamo und die Wüste Sara.
In ein solches Land fließt kein Strohm hinein, weil es flach
ist, und keinen Abhang hat, auch die Strohme im Sande bald
versiegen, und nie ans Ende der Platformen kommen. Es
fließt keiner hinein, weil kein ander Land höher ist als dieses.
Hieraus entspringt eine enorme Dürre und Trokenheit. Diese
hohe Ebenen scheinen ehedem Bassins alter Meere gewesen
zu seyn, weil sie mit hohen Gebürgen umgeben sind, und
weil alle hohe Ebnen SandWüsten sind, welches gemeiniglich
des Meeres-Grund ist. Dieses Land ist sehr saltzig, deswegen
ist es die rechte Behausung der Camele und Ziegen, Pferde
hingegen, die auf trokenem Lande gar nicht gedeyen, halten
sich hier nicht auf.
/ Alle
|F_17
/Alle Gegenstände scheinen in der Wüste in der Ferne größer
als sie würklich sind. Die Ursache dürfte seyn, weil über den
Sand ein gewißer Dunst flattert, der die Brechung des Lichts ver-
ursacht. Denn in Schweden giebt es eine gewiße dunstige Luft,
die der Saamen auch genenet wird, und trokenes Wetter vor-
bedeutet. Große Halmen scheinen durch denselben ein gantzer
Wald zu seyn. Der Prospekt eines so unabsehbaren SandMee-
res ist übrigens schlecht, wenn es nicht zu weilen durch kleine
vom Sande aufgetürmte Hügel unterbrochen wird. Der Man-
gel an Brunnen macht das Herumziehen in demselben sehr
beschwerlich. Wunderbarer Weise enthält das Camehl in seinem
Magen einen Schlauch, worin er das Waßer zum künftigen
Durst ohne Fäulung aufbewahret. Bey großem Durst
schneiden die Araber dem Camehl diesen Schlauch auf, wo denn
der Geschmak nicht im Geringsten verändert ist. Der arabische
Brunnen ist ein großer Platz, der stufenweise niedriger ge-
het, biß man endlich an das eigentliche Brunnenloch komt,
und in welchem sich gantze Carawanen lagern können.
Da dieser Brunnen einen großen Zoll einbringet, so wird
von den Arabischen Fürsten oft Krieg darum geführet.
Bißweilen werden sie von Heuschrekken vergiftet, und denn
müßen viele Menschen sterben. Sonst haben sie auch gewiße
Waßer Sümpfe.
/Die größte Wüste der Mungalen von Dawrien und die Chinesische
/ Wüste
|F_17'
/Wüste, der ehemahlige Sitz der Hunnen, und die Wüste Sara
sind die beyden vornehmsten. Es sind große Ebene, aus
denen aber hie und da Gebürge hervorragen, auf welchen
gutes Land ist, und worinnen auch Flüße ströhmen, ob-
gleich des Berges Fuß Sand ist. In diesen Wüsten ziehen
lauter Nomoden herum, die auch das Land der Gebürge an-
bauen. Die Wüste der Mungalen und die Wüste Sara,
hängen durch Kleinere darzwischen liegende, als die arabi-
sche und egyptische, endlich zusammen. Die größte scheint
erst der Sitz der Thiere gewesen zu seyn, indem die Sand-
Wüsten wegen ihrer Trokenheit, bewohnbarer waren,
als das weiter unten gelegene Indostan, wo große
Flüße sind, und wo die Waßer im Anfange der Schöpfung
lange herum streiften, ehe sie sich in einen großen Strohm,
und in Ufer zusammen zogen.
/Mit jenen Platformen haben die Rußischen Steppen einige
Aehnlichkeit. Sie haben einen Boden, der gut genug ist,
wenn er nur Qvellen hätte, denn dieserwegen kann
er keinen Anbau haben. Wenn es regnet so wächst es
sehr gut, wie denn Graß, kleine Kirschen und Spargel
darin wachsen. Sie sind wie die Platformen, hohe Ebene,
außer daß sie nicht von Bergen eingeschloßen sind, sondern
von Ströhmen zusammen geschlemt zu seyn scheinen, als
/ sich
|F_18
/sich im Anfange die Ströhme ausbreiteten. Die vornehmsten
sind die arabische, oczakowischen, crimsche, donsche, turcomen-
aische, saporowsche, barabaschsche und Kingiser Steppen. Im
Frühlinge tragen sie schönes Graß, wo denn auch das Vieh hin-
getrieben wird, welches bey ihnen immer unter freyem
Himmel steht. Allein wenn der Regen aufhört, und ihnen
die Qvelladern mangeln, zieht sich der Regen immer tiefer,
biß zu einer unbestimten Tiefe hinein, denn die Qvelladern
bey uns haben einen Thongrund, auf welchen sie immer fort
laufen, und das Waßer immer hinauf zu den Pflantzen
Dünsten, wodurch die Feuchtigkeit der Erde in trokenen Zeiten
immer erhalten wird. Das sind sie eben bey ihnen nicht,
und darum troknet das Graß ganz weg, biß auf einige wenige
Striche, wo wohl Qvell_Adern seyn mögen. Der Mangel an
Waßer macht auch das, obgleich die Völker in denen Gebürgen zu
Hause sind, in den Steppen doch keiner angetroffen wird. Wenn
das Graß getroknet ist, steken es die dortigen Nomaden an, um
durch die Asche das Land zu befruchten. Hiedurch geschiehet oft ein
Unglük, daß ihre Hütten verbrennen, denn ziehen sie sich an
die Ströhme. In den Steppen Barbara werden Gefangene
verwahrt, die das Land bauen müßen. Es giebt gantze Dör-
fer von solchen Menschen, die von einem Unterofficier
regiert werden. Würden sie sich wiedersetzen wollen
und davon ziehen, so würden sie entweder den Kingisen
in die Hände fallen, oder auf rußische Postirungen stoßen.
/ Die
|F_18'
/Die Steppen machen den Armeen beschwerliche Märsche, doch
ziehen jetzt die Rußen gemeinhin den Strohm hinab. -
Hirten-Völker giebts also immer, die Welt mag cultivirt
werden, wie sie will, denn diese scheinen sehr alte Völker zu
seyn, und würden sie disciplinirt, so wären sie gantz ver-
laßen, welches noch schlimmer wär.
/Berge sind spitze Hervorragungen über die Erde (Serrae).
Ein Landrüken ist ein Strich im Lande, der der höchste ist, und
immer zwischen den Qvellen der Ströhme, worinnen die Ströh-
me sich scheiteln, sich befindet.
/Gebürge sind Gruppen von Berge, die oft einen gemeinschaft-
lichen Fuß haben: Wenn sie sich in die Länge erstreken,
heißen sie Bergreihen, und wenn sie an den Seiten aus-
schießen, machen sie auch Bergäste. Die Berge scheinen
das Scelet der Erde auszumachen, denn alle Erdschichten
ruhen auf einen Granit, deßen Spitzen hie und da über
die Oberfläche hervorragen. Die höchsten Berge sind also
Hervorragungen des Granits, der der gantzen Erd-
Maße zur Basis dient. Allein der Granit ist nicht im-
mer blaß, sondern auf ihm stehen Berge von anderer Ma-
terie. Schiefer, Horn- und Kalkgebürge, und auf
diesen wieder, Sand, Thon und andere Schichten.
/Die Höhe der Berge wird auf zweyfache Art gemeßen:
|F_19
/1) Geometrisch: Wenn man nach angenommener Basis, nach
der Höhe visitirt. Die Basis ist die Höhe des Meeres. Vie-
le Gebürge aber sind vom Meere entfernt, daher bedient
man sich eines
/2) Barometers, d. i. einer Qveksilber-Säule, die von der Luft
getragen wird. Indem die Luft aus der, im Heraussteigen
nichts unterdrüken kann, so steigt das Qveksilber immer
höher. Doch ist diese Ausmeßung nicht so zuverläßig, als die
geometrische. Der Pico von Teneriffa ist 14.000 Fuß hoch,
der Mond blanc in Geneve ist einer der höchsten, 15.000 Fuß.
Ferner der Gotthardsberg, Pyrenaen, die Peruschen Gebirge, der
Imaus jetzt Mustack, und das Gebürge welches Tibet be-
gräntzt.
/Auf hohen Bergen ist merkwürdig, die Helligkeit der Sterne, und
man kann zur Nachtzeit weit mehr Sterne sehen, als unten,
und diese Sterne @flüttern@ auch nicht so, wie bey uns, weil die
Luft reiner ist. Die schönen Aussichten erweitern das Hertz
und erheben es. Zugleich geräth es aber in eine Art von
Beklemmung wegen seines Nichts in diesem großen Raume.
Erstaunen ist die erste Gemüthsbewegung bey einem solchen
Anblik. Z. E. Vom Aetna kann man gantz Sicilien
mit allen nahen anliegenden Inseln übersehen. Sonderbar
ist es, daß man zwar auf Malta den Aetna, aber nicht auf
Aetna den Malta sehen kann. Die Ursache muß wohl
/ seyn, ~
|F_19R
/δ_Zeile_9
/Pico heißt ein Berg. ~
|F_19'
/seyn, aus einer diken Luft, kann ich eher in eine dinnere
sehen, weil dort alles heller ist, als umgekehrt.
/Je mehr sich das Land vom Ufer der See entfernet, und höher
wird, desto kühler wird die Luft. In den Bergspitzen nimt die
Kälte so zu, daß zwischen Sommer und Winter kein Unter-
scheid ist. Diese Eigenschaft macht, daß «¿¿¿»heiße Länder tem-
perirte Boden haben. In Peru, daß unterm Aequator
liegt, ists nicht heißer als in Italien. In Abessinen wachsen
Pflantzen unseres Climats, ja auf einem Berge findet
man Gewächse aller Climaten wegen des allmahlige Steigen
der Bergen, biß 20.000 Fuß Höhe, und darüber.
/Die Würkung dieser Kälte ist der immerwährende Schnee.
Z. E. auf den Alpen.
/In Deutschland mögen auf dem Riesengebürge Schneeklumpen
von der Art seyn. Weil dieser Schnee des Jahres über
liegt, so höht er sich immer an, und dieses Anhöhen ist
dazu die Ursache des Herunterstürtzens, welches Schnee-
lavin genant wird. Ein Theil des Schnees schmeltz im
Sommer an, und dieses friert im Winter wieder, und
so erzeigt sich in jedem Sommer eine Eißkruste, wodurch
man Jahresschichten unterscheiden kann. Einige haben
gar biß zur Schopfung der Welt nachzählen wollen, al-
lein der Boden des Berges hat eine eigenthümliche Warme,
und schmiltzt den Schnee allgemach von unten weg, der auch
überdies ausdünstet.
/ Lavinen sind ~
|F_19'R
/δ_Zeile_8
/Abessinien soll
eigentlich Habesch
heißen.~
|F_20
/Lavinnen sind.
/1. Staublavinen, und
/2. Rollende Lavinnen.
/Die Staublavinen sind von denen höchsten Berggegenden, die von
der Sonne gar nicht angeschmoltzen werden. Der Schnee ist daher
troken und fein wie Pulver. Wenn sich daher nur ein Vogel
hinsetzt, so schüttet es gantze Thäler zu. Um eine Lavin her-
unter zu schaffen, bedient man sich des Mittels ein Gewehr
loßzuschüßen, wodurch die Luft schon hinlänglich erschüttert
wird. Der Fall ist auch in der Absicht mehr gefahrlich, daß
die Luft so gepreßt wird, daß man erstikt werden muß,
wenn man sich nicht umdreht. Sie fält zuweilen an die
60 Fuß hoch.
/Rollende Lavinen entstehen da, wo der Schnee an einem
andern kleben bleiben kann und feucht ist. Indem nemlich
der Schnee immer fort rollt, wächßt er zu großen Schnee
bällen, die denn herunterstürtzen und wohl gantze Ströhme
verstopfen. Ein Praeservatif dagegen sind Wälder; deren
Spitzen kegelförmig gegen den Berg gekehrt sind, und
den Lavinen zur Brechung dienen sollen.
/Es giebt hohe Thäler zwischen den höchsten Bergen. Die gegen
die unten liegenden Länder doch noch immer @«Lände»Länge@ bleiben.
Diese sind natürlicher weise kalt, und der Schnee bleibt
länger darinnen liegen. Das von der Sonne schmeltzende
/ Waßer
|F_20'
/seigt sich durch den Schnee durch, und friert wegen der Kälte
des Schnees unten wieder. Hieraus wird eine feste Eiß-
Maße, die verglätschentender Schnee heißt, und entstehen
hier große Meere von Gletscherer-Eiß. Vor dem schmeltzen-
den Waßer aber ergießt sich immer etwas aus dem Berge
hinaus den Abhang herab, und friert denn wieder an.
Auf die Art verbreitet sich aus diesen Thälern eine EisTafel
die zu weilen an die 50 Fuß herunter hängt. Im Sommer
fließt immer neues Waßer hinzu, dieses lößt die min-
der festen Theile der Tafel auf, festere aber laßt es stehen;
und hängt sich zum Theil heran. Daher entstehen Her-
vorragungen oder Piramyden von Eiß daraus, die man
Gletscher nennt. Je höher, desto kleiner, je niedriger zur
Erde, desto größer sind sie. Einen erstaunenden und präch-
tigen Anblik giebt dieses vorzüglich beim Grillenwalde, wenn
es im Sommer mehr abthauet, als es im Winter frieret,
so nehmen sie ab, ist es das Gegentheil, so wachsen sie. Viel-
leicht daß, wenn viel heiße Sommer eintreffen, endlich
diese Glätscher einmahl gantz wegtauen. In alten Zeiten
scheinen sie nicht so häufig gewesen zu seyn.
/Der Boden dieser Eißtafel ist uneben, und hat eine gewis-
se eigenthümliche Wärme, daher ist unter dem Eiß_Waßer
was fortrinnt, und aus diesem Waßer entspringen
Flüße, als die Rohne pp. Wenn das Waßer stark
/ fließt
|F_21
/fließt, hat die Tafel keine Haltung, und bekomt Riße.
Hieraus entstehet ein starkes Donnern des Eises, welches
in den Gebürgen fürchterlich wiederschalt. Bey solchen Rißen
rutschet der Gletscher bisweilen Ein Ende herab, und bringet
in die Thäler Steine und Erde herab, womit er sie ausfüllet.
Die schönsten Viehherden der Alpen werden dadurch zerstöhrt,
der Anblik ist aber sehr romantisch.
/Außer dergleichen Gletscher, giebt es besondere Eißberge, als
z. E. St. Gotthardsberg im sogenandten Paradiese. Da sind
Reihen von Berge die an 6.000 Fuß hoch sind, und aus purem
Eise bestehen. Aus diesem entspringt eigentlich der Rhein die
Rohne, Aar, und die andern großen Ströhme. Diese Berge
stehen gantz frey, und ihre Entstehung muß folgende gewesen
seyn: zwischen den höchsten Bergspitzen dieser Länder giebt
es Thäler, die sehr tief und mit der Zeit vollgeschneet sind.
Nach und nach verglätscherte dieser Schnee, biß es endlich ein
EisKlumpen ward, der so hoch wie die Bergspitzen war. Durch
warme Winde ward dieser weggeschmeltzt, und so entstand
der freye Eißberg. In solchen gebürgigten Ländern, giebts
unübersteigliche Gegenden. Das Walliser Land ist so mit
Bergen ummauret, daß außer da, wo die Rohne einen Zu-
gang macht, nichts zu gelaßen wird. Diese sind mit Schnee
und Eiß verstopft, weswegen es auch in der Schweitz viele Ge-
/ genden
|F_21'
/genden giebt, die man biß jetzt noch nicht gesehen hat.
Man behauptet auch, daß in Island zwischen solchen Gebürgen
in einem Thale Leute wohnen, zu denen nur in einigen
wärmeren Tagen des Sommers, wenig Insulaner herüber
kommen können.
/≥ Nutzen der Berge. ≤
/Sie sind die obersten Spitzen des Ablaufes des Waßers,
von ihnen heben die Quellen aller Strohme an, die die niedri-
gen Länder bewäßern. Der Schnee, der im Gebürge
liegt, erzeugt im Sommer einen Vorrath von Waßer,
der den Ströhmen zu Nutzen komt, wenn der Regen
abläßt. Z. E. Der Schnee in dem Schweitzer-Gebürge
bringt dem Rhein einen Zufluß von Waßer. Sie schei-
nen ferner eine Scheidung der Länder auszumachen,
indem sie die Wolken aufhalten, und also der Regen
dahin fallen muß, was auf diese Seite der Scheide Wand
liegt. Ganzte Wälder werden dadurch in ein milderes
Clima versetzt. Africa würde, wenn es allenthalben
so wie in den Küßten wäre, unbewohnbar seyn; aber
da es je weiter von der Küste, desto höher wird, so ist es
hiedurch abgekühlt. Die gantze Wärme unserer Luft
entspringt aus 2 Qvellen, nemlich von der Sonne, und
/ von
|F_22
/von der ErdWarme: Je weiter man also von der Erde weg,
auf solche spitze Peramyden, desto mehr nimt die Erdwärme
ab. Dieses entstehet vielleicht daher: das subtile flüßige
was unsere Erde umgiebt, und das Elementarfeuer ge-
nandt wird, um giebt unsere Erde, und wird von der
Sonne in die Erde hin eingetrieben. Hieraus kann man
auch die oft plötzlich im Sommer entstehende Hitze erklären.
- Wer nun auf Bergen hoch steigt, erhebt sich über die
Athmosphaere dieses Elementar-Feuers.
/Kann ein gebürgigtes Land mehr Gewächse tragen als ein
ebenes. - Wenn die Gewächse immer perpendicular auf
der Fläche der Materie wachsen, so könnte auf Bergen
mehr stehen. Nun wächßt aber alles perpendiculair auf den
Horizont, daher ists einerley, ob sie auf ebenen Boden
oder auf Bergen stehen. Doch ist die Naheit der Wurzeln
auf den Ebenen größer als auf den Bergen, und da nicht
die Halme einander im Wachsthum, sondern die Wurzeln
sich hindern, so konnen ihrer Mehr auf Bergen seyn. Des-
wegen können in den Bergen mehr Getreyde gesäet wer-
den, als in den Thälern, wenn nur die Körner so liegen,
daß die Wurtzel sich nicht zu nahe kommen, sonst werden
die Hälmer dichter stehen.
/In den Gebürgen giebts natürliche und künstliche Höhlen.
/ In
|F_22'
/In Crain ist die Arensbergsche Höhle, die sich eine halbe Meile
weit erstrekt, wo man mit Fakeln hereingeht, und aller-
hand Naturalien von Tropfstein findet. Hernach wird der
Boden sehr abschüßig, und unzugänglich. Ferner Laberinth
von Creta (ist nicht das aegyptische künstliche Gebäude) die
Höhle von Antiporos, und die Baumans_höle im Hartz-
gebürge, die aber insgesamt durch Menschen-Hände geräu-
miger gemacht sind. Hier findet man allerley steiner-
ne Gewächse. Z. E. steinerne Kohlköpfe. Aber dieses ent-
stehet von den Stalactique, einem GipsStein, der sich
auflößt, herunter tröpft, und sich wenn er troknet,
in Krusten an die Körper sezt, dazu trägt der Spat
ein kristallisirter Stein, «bey»den man in GipsStein- und
Kalkstein theilet, bey, daß sich Figuren von allerley Art
bilden, in dem er sich gleich jenem an die Körper setzt.
Hier würkt nun die EinbildungsKraft. Bißweilen hän-
gen solche stolactiqsche Tropfen wie Eißzapfen herab,
indem sie mitten im fallen versteinern. Dies sind immer
Merkwürdigkeiten oder Spiele der Natur, die man nicht be-
trachten muß, um Aehnlichkeiten herauszubringen.
/Die Menschen machen aber auch selbst Höhlen aus Bedürfniß.
Da giebts SandStein-Gruben, Steinkohl-Gruben, und
/ Saltz
|F_23
/Saltzbergwerke, die diese Höhlen verursachen. In den Sand-
stein-Gruben von Masdrich, giebts viele 1.000 Pfeiler
von Stein, die man übrig gelaßen hat, um die oberste Deke
zu stützen, so daß jetzt ein außerordentlicher Raum darin
ist, daß eine gantze Stadt sich darin reteriren, und wegen
der Dunkelheit versteken kann. Pausilipe ein Berg
auf dem Wege von Neapel nach Rom ist durchhauen wor-
den, um den Weg gerade zu machen. Die Steinkohl-
Gruben von Whitehave; erstreken sich biß unter der
See fort, auf welche große KriegsSchiffe gehen, daher laßen
sie auch Pfeiler von Steinkohlen stehen, um die Erde und
die See zu tragen. Licht dürfen sie in diese Gruben nicht
bringen, denn die Steinkohlen führen einen gewißen
SchwefelDunst bey sich, der wenn er sich entzündet, große
Verwüstungen anrichtet. Deswegen bringen die Engel-
länder eine Maschiene an, wo sich eine große stählerne
Scheibe am Feuerstein reibt, so daß große Funken her-
ausspringen, und die Leute zum Arbeiten sehen kon-
nen. Hiedurch wird der Dunst nicht entzündet. Die
Saltzgrube in Bachdian, geht 1/4 teutsche Meile unter
der Erde, in welche Pferde und Wagen hineinfahren.
Hier werden natürlicher Weise auch Saltz-Pfeiler
/ stehen
|F_23'
/stehen gelaßen. Die SaltzGruben von Siebenbürgen
beschreibt Herr Fichtel also: Erst paßirt man durch
einen großen Schacht, und denn stoßt man auf einen
ungeheuren Saltzstok. Bey diesem läßt man sich herunter,
und bey diesem Herunterlaßen, soll wegen der ungeheu-
ren Tiefe (biß 600 Fuß) die hertzhafteste Natur erzittern,
und doch ist keiner in der Tiefe versunken, dieser Saltz-
Stok fängt in der Wallachey an, und geht durch Sieben¥
bürgen und Moldau, erstrekt sich nach Cracau in die
Crimm und Astrachan, und vielleicht in die Kingi-
sche Steppen pp
/Bey dem Inwendigen der Erde attendiren wir auf den Un-
terschied der Wärme und Kälte, und auf die Structur.
Bernouilli behauptet, daß im Inwendigen der Erde, auf
100 Fuß tief, durch und durch gleich warm seyn soll, und
daß dieses eine Würkung der allmahlig in die Erde gedrun-
gener Erdwärme sey. Bey allen Thermometern ist
54 Grad die beständige Erdwarme, diese ist die so genandte
Keller-Wärme. Die Keller scheinen im Sommer käl-
ter im Winter heißer zu seyn. Der Thermometer im Kel-
ler des Observatoriums zu Paris, verändert seinen Stand
/ das
|F_24
/das gantze Jahr nicht über einen Grad. In den Stein-
kohlen entspringt zuweilen ein Feuer, das 200 Jahre
und länger brennt, wie z.E. bey Zwickau welches im-
merfort schwielt. Wenn denn die Bergleuthe daselbst an
eine warme Stelle kommen, müßen sie sogleich wieder
aufhören: also kann wohl unter der Erde ein unterirdisches
Feuer seyn, daß aber das Feuer im Centro sey, kann man
dadurch gar nicht schlüßen.
/Buffon behauptet zwar, die Erde sey immer glühend, und
nur oben mit Schlaaken bedekt, die wir bewohnten. Das
ist gewiß, daß, so weit wir in Europa graben, kommen wir
immer auf ungefrohrnes Erdreich. Z E. in Lapland giebts
Keller, die aber so gut für Kälte schützen, als die unsri-
gen, nur in Siebenbergen nicht, denn bey einem Versuch
Brunnen zu graben, fand man bey einer Tiefe von 70 Fuß
noch immer gefrorne Erde, und wenn gleich oben Getreyde
gebaut wird, so ists unten doch noch gefroren; Hier muß es
einmahl doch noch kälter gewesen seyn, als jetzt. So fängt
hier also die Erdwärme an! Die Sonne allein kann die Erde
nicht durch wärmen, denn die Nächte allein nehmen die
Sonnenwärme wieder weg.
/Zu Rom ist der Mons testaceus, der durch pure Scherben von
Zerbrechung alter Weinfäßer entstanden ist. In diesem ist es
sehr kalt, und er dient zur Aufbewahrung des Weins.
/ Die ~
|F_24R
/δ_Zeile_22
/*1 Anmerkung.
/Die Fäßer der Al-
ten waren von Thon
und nicht von Holtz. ~
|F_24'
/Die Kälte muß durch ein schnelles Abtroknen entstehen, und
zwar auf folgende Art: wenn ein naßer Körper oben schnell
getroknet wird, so wird er inwendig sehr kalt. Ein schwitziger
Körper wird daher im Winde eher troken als ein anderer, nun
ist der Ton an manchen Orten so poreuse, daß er Waßer durch
schwitzt, und wenn dieses vom Winde oder von der Sonne
weggetroknet wird; so wirds inwändig kälter. In Jamaica
wurde einstmahls eine hitzige Krankheit, durch folgende ge-
fährliche Cuhr gehemt. Man ließ die Kranken halten, und
mit @Züge@ der Luft mit Waßer begießen. Dies machte ei-
ne solche Kälte, als wenn sie in einen Eiskeller gebracht
weren, und sie wurden würklich geheilt.
/Es giebt Höhlen in der Erde, wo es im Winter aufthauet
und Graß wächßt, im Sommer aber gefrieret. In dem
Carpatischen Gebirge, ist eine Höhle die 600 Fuß tief ist, und
eine Oefnung hat. Fängt der Sommer an, so hängen sich
oben Eißzapfen an, indem sich ein Nebel vor der Höhle
zeigt, und endlich ist die gantze Höhle mit Eiß bedekt. Dies
muß auch eine sehr poreuse Steinart seyn, die oben sehr
schnell austroknet und deshalb frieret.
/Feuer unter ein Gefäß gebracht macht warm, über ein
Gefäß macht kalt. Die Ungarische Bauren graben etwas
Warmes in die Erde, bedeken es und zünden dann ein Feu-
er darüber an, wodurch es gleich kalt wird. Vielleicht be-
/ fördert
|F_25
/fördert das Feuer die Ausdünstung der Erde, und macht
dadurch die Kälte. Eben diese Würkung verursacht auch ein
gewißer Spiritus der Aethene heißt. Wenn man ei-
nen Körper damit bestreicht, so dünstet er schnell weg,
und der Körper wird kalt. Nicht die Einflüße der Him-
melskörper können die Veränderungen hervorbringen, die in
der Luft geschehen, sondern es ist zu glauben, daß die Erde durch
ein unterirdisches Feuer sie verursache. Das Innere der
Erde kennen wir sehr wenig. Der Grund der Erde scheint
der Granit zu seyn. Die Dichtigkeit der Erde verhält sich
zur Dichtigkeit des Granits wie 4 zu 9. Auf diesem
ruhen Schiefer und Kalklagen. Die Lagen der Erde schei-
nen vom Waßer entstanden zu seyn, wie man in
FlantzBergen d. h. in Bergen die wie Banken schicht-
weise über einander liegen, sehen kann. Ob unter
dem Granit noch andere Lagen befindlich sind, kann man nicht
sagen.
/Erdbeben gehoren nicht eigentlich hieher, weil sie nichts bestän-
diges auf der Erde sind, sondern nur gewiße Modificatio-
nen derselben enthält. Sie geben Spuhren alter Feuer-
speyenden Berge, die jetzt verloschen sind, deren man
von Cassel biß zum Rhein schon 30 zählet. Man wür-
de diese Berge nicht davor angesehen haben, wenn nicht
der Ritter Hamilton die Naturforscher aufmerksam da-
rauf gemacht hätte. Jetzt bricht kein Feuer mehr da
/ hervor
|F_25'
/hervor, und doch scheint daßelbe im Inwendigen der Ber-
ge vorhanden zu seyn, das die Eruptionen verursacht.
Die Stöße des Erdbebens dauren nur immer weni-
ge Minuten oder Secunden, denn sonst würden sie
bald gantze Städte übern Haufen werfen. Sie halten
immer einen gewißen Strich, welches man an den
Kronleuchtern in den Kirchen sehen kann, nach welcher
Gegend sie hinschwanken, oder an den umgefallenen Sa-
chen, nach welcher Gegend sie hinfallen. Bißweilen ist
auch der Strich verschieden. Es ist damit eine Bewegung
des Waßers verbunden, denn da der Boden geschaukelt
wird, so nimt das Waßer mehr Antheil daran, und
schießt bald auf die eine, bald auf die andere Seite, und
ist in der größten Unruhe. Ehe das Erdbeben komt,
pflegt denen Leuten ein Schwindel anzufallen: viel-
leicht bricht denn eine electrische Materie hervor. In
Boulogne behauptet ein gewißer Autor, daß die Erd-
beben local sind, und oft nur ein Hauß, ja nur ei-
nen Menschen befallen, und als electrische Wirkungen
sind. Die electrische Materie ist in der Erde wie in der Luft.
Ist sie in geringer Anzahl, so zeigt sie ihre Wirkung nicht;
häuft sie sich aber an und muß sich deshalb ausladen,
so zeigt sie Erschütterungen. Leeret sie sich in der
Luft oder in den Wolken aus, so sind dies die Gewitter,
geschieht es in der Erde, so sind es Erdbeben, wobey auch
/ Blitze
|F_26
/Blitze aus der Erde fahren. Bey Feuerspeyenden Bergen (Vul-
canen) ist die Spitze immer Kegelförmig; Man sieht, daß
bey einem Aschenberge, der im 16ten Seculo innerhalb 24 Stunden
aus einem Felde in Neapel herausgeworfen wurde, biß
er zu einer Höhe von 2.000 Fuß stieg, und oben die Kegel-
förmige Figur erhielt. Oben ist der Crater, wo das Feuer
herausspringt. Da dieses Feuer aber immer Asche mit sich
bringt, so setzt sich in dieser ein neuer Crater an, und in
diesem wieder ein neuer, die aber wenn sie recht hochgestiegen
sind, wieder einfallen. So ist der Vesuv nichts anders als ein
innerer Crater des Berges Somma; obgleich zwischen diesem und
dem Vesuv ein großes Thal ist. Sein Crater befaßte vermuth-
lich den Vesuv vor langer Zeit, der ein Berg von gewöhnlicher Ma-
terie war. Dieser hat nun wieder seinen besonderen Crater
aus dem er Feuer auswirft, vielleicht aber kann der Vesuv
einmahl gantz einstürtzen, und denn hätte der Somma seinen
Crater wieder offen. Man kann biß zum Crater hinaufzie-
hen, wenn es bloß raucht, und da geschmoltzene Materie finden.
Der Vesuv besteht aus Schichten anderer Erde, und es scheint, daß
er zu erst Feuer und Waßer ausgeworfen habe, und daß das
Waßer diese Lagen gemacht hat. Aus diesen Bergen steigt ein
Rauch empor, der wie eine ungeheure Fluth aussieht. Der Berg
macht den Stamm, und denn bricht sich der Rauch in Zweigen
aus; biß er sich oben wieder zu schließt. Vor einigen Jahren
1779 hatte der Vesuv eine große Eruption, und da erstrekte
sich der Rauch noch einmahl so hoch als der Berg. Der Rauch ist dik,
/ und
|F_26'
/und schwartz. Beim Aetna dem Vater feuerspeyender
Berge, der 20 andere um sich herhat, die aus ihm entstanden
sind, fält der Rauch, wenn er in die dünnre Luft komt
wegen Schwere herab, und glitscht in die Thäler, in die dich-
tere Luft, wo er schwimmen kann. Der Rauch ist voller elek-
trischer Kraft, und verursacht Gewitter. Die Asche die die Ber-
ge auswerfen, ist von der Holtz-Asche sehr verschieden. Wird sie
mit Waßer geschwemt, und denn in Steine verhärtet, denn heißt
sie Tuffa, die am Ende alles überzieht, worauf die Asche fält.
der Staub δ_2ter-Schreiber davon, Trass, terra puzzolana bey den
Spaniern, wird mit Kalk vermischt, um unter dem
Waßer zu mauern, weil es sehr lange dauret.
/Pompeji und Aaeli liegen unter diese Asche vergraben,
und Heruclanum war zu Vespasians Zeiten
vom Vesuv verschüttet. Die erste Lage ist Asche,
darüber Lava ist mit Tuffa bedekt, wo man jetzt
etwas heraus zu arbeiten bemühet ist. Es ist aber zu
bedauren, daß der König von Neapel so wenig Auf-
merksamkeit auf die Antiquitaeten wendet; und sie
würden gantz ruhen, wenn ihn nicht der vor erwähnte
Hamilton aufmerksam darauf machte. Die Berge
werfen Feuersteine von ungeheurer Größe aus. Die
Lava komt in gantzen Schwefelströmen aus dem
heraus; sie ist ein geschmolzener Stein, wovon man aber
die Gattungen nicht bestimmen kan. Wenn das Feuer
im Inwendigen diese geschmolzene Materie aus-
wirfft, so läufft sie Anfangs sehr sch«l»nell, hernach
schübt sie sich immer weiter fort; zur Nacht sieht sie wie
/ lauter
|F_27
/lauter Feuer, am Tage wie Rauch aus, rund um die
Lava setzen sich Schlaken, so daß es oben drauf Schlaken
giebt, worüber man fortlaufen kan, inwendig aber conser-
virt sich ihre Hitze und fließt schneller und bedekt die
Gegend. Die Lava ist brauchbar die Straßen zu pflastern,
und Häuser zu bauen, die von Aetna dürfften zur
Probe seyn. In Catanea sind Land Kirchen von Lava,
die im 17ten %.Seculo von neuer Lava angeschmolzen, und mit
fortgeführet wurden. Wohin sie komt, verwüstet sie
alles. Sie hat die Eigenschafft, sich von einem erhabenen
Gegenstand abzubiegen, des wegen laßen sich Leuthe in
Schaafshäute einnähen, mit Waßer bespritzen und häufen
dann immer Erde an, um sie von ihren Häusern weg zu
biegen. Bey jedem Ausbruch komt auch Waßer heraus
und bey Herculanum scheint das Waßer die Asche in die
kleinsten Zimmer geschwemt zu haben, daß ist %.natürlich da
alle Berge Waßer enthalten. - Vesuv war bis zu
Vespasians Zeiten, noch kein Feuerspeiender Berg, sondern
mit Wälder und Dörfern besetzt, bis er damals die große
eruption machte, nachher stand er 600 Jahr stille, und
hat hernach dann %und wann gesPieen. Der König von
Neapel hat einen Thier_Garten, der ein alter Vulcan ist,
und deßen Crater oben die RingMauer des Thiergartens
ist, wie ihn Hamilton gezeigt hat. Viele Seen in Italien
sind nichts als Bassins, die die Crater aller Vulcane
ausfüllen. Es giebt hier Berge, die Vulcansche Asche und
Bimsstein auf sich haben. Wie die Bimssteine so pores
haben gebrannt werden können, kan man bis diese
/ Stunde
|F_27'
/Stunde nicht angeben. Auch im @Archipelagus@ giebts viele
alte Vulcane, welches alles beweiset, daß die Feuer speiende
Berge ehemals viel häufiger gewesen sind. - In diesem
%.Seculo entstand bey den Azorischen Inseln eine, durch einen
Ausbruch von Feuer, woraus man schließen kann, daß
die Erde inwendig noch gar nicht ruhig ist. In Island
hat der Hala und Crabla das Merkwürdige, daß es
hier eine Art Springbrunnen giebt, deren Strahlen Arm
dik sind und 20 bis 30 %Klafter in die Höhe, gleich einem
starken Canonen Schuß fahren. Sie heißen Gliser
und ihr Waßer ist kochend heiß, so daß man Eier
darin abkochen kan. Die Devastation der Berge würden
wir nicht sogut wißen, wenn es nicht der Aberglaube
gemacht hätte. Man trug %.nemlich das Bild des heiligen
Januarius und das Bild der %heiligen Rosalie in Procession
bey einer Cruption, und da bemerkte man die Zeit,
wenn die %.Heiligen Hülfe geschafft hätten. - Man findet
solche Berge in allen Welttheilen und die Kälte macht
keinen Unterscheid, wie Island zeigt auf. Auf dem
Berge Catapaxi in Peru liegt Schnee; wenn dieser
von Feuer geschmolzen wird, reißt er andern Schnee
so geschwind mit sich fort, daß er nicht schmeltzen kan
%und deshalb große Devastation macht. - Die
Waßer, die zum Lande gehören, sind süß, und sind
in Qvellen, Flüßen und Morästen eingetheilt. Der
Unterscheid des QvellWaßers vom Regen und Sumpf-
Waßer ist so groß, daß man dieses, das nicht aus
/
|F_28
/Qvellen komt, nicht ohne Schaden trinken kann. Wir
wollen die Ursache zeigen. Alles Waßer enthält
Lufft, dieses sieht man, wenn man Waßer unter die
LufftPumpe gebracht, oder gekocht hat, und dann in
einer Röhre oder Gefäß gießt, so verschlukt das Waßer
eine solche Menge Lufft, daß ein Cubic Zoll Waßer ein
Cubic Zoll Lufft verschlukt. Wir bedienen uns des harten
oder Qvell Waßers zum Trinken um den Cörper für
der Fäulniß zu bewahren, dieses ist kalt %und erfrischt
uns, woher hat es diese erfrischende Krafft? Dr. Blac
hat eine besondere Lufft, die %vornehmlich in Kalksteine
%befindlich ist und die er die fixe Lufft nennt; und die
nicht eher heraus gehet, bis die Kalksteine durch
Feuer und durch Säure zerstört werden. - Mann
schabet gemeine Kreide %und schüttet einen Löffel VitriolÖhl
drauf, wenn diese die Kreide auflöset, so läßt sie die
fixe Lufft fahren, die man mit einer Röhre auffangen
und weichem Waßer einverleiben kann; die dann
das Waßer impraegnirt und sättigt - alle Kreide
enthält fixe Lufft, und 1/3tel des Gewichts gehet immer
auf diese Lufft, denn ist es hartes Waßer und schmekt
wie Pirmonter Waßer, und hat den Gebrauch dieses
Waßers. Es muß aber noch etwas Eisenstaub dazu
kommen, denn alles harte Waßer enthält auch Eisen-
theilchen, wenn also in dem Kruge, worin Selzes Waßer
war, auf den Boden eine Erddichte Substantz, die
röthlich aussieht, liegt, so taugt das Waßer nicht.
/ Die
|F_28'
/Die im Stande ist, Eisen aufzulösen; so fällt der Eisen
zu Boden. Alle gährende Materien treiben während
daß sie gähren, eine solche fixe Lufft heraus, wenn
man über einen gährenden Bier_Kufen eine flache
Schaale mit Waßer setzt, und dieser Dunst die Schale
umgiebt und das Waßer qvirdelt, so kan man auch auf
diese Arth fixe Lufft hinein bringen. Bergmann sagt,
daß man so in Schweden ohne Unkosten allenthalben
ächtes Pirmundter Waßer zu trinken pflegt, und es
ist zu verwundern, daß es auch nicht bey uns geschiehet.
Hartes Waßer läßt sich nicht durch Seife scheiden,
sondern löset vielmehr die Seife auf, indem sich die
fixe Lufft mit der Pottasche vereinigt und das Oehl ab-
sondert. Schaal gewordenes Bier oder Wein bekomt
durch fixe Lufft gantz seine Kräffte wieder. Eigenes
hartes Waßer riecht nach Schwefel und denn ist es
ungesund zum Trinken. Diese fixe Lufft nun und
dieses harte Waßer ist in allen Qvellen anzutreffen.
Das EisWaßer im EisMeer schmekt schlecht und man
bekomt dadurch geschwollene Drüsen am Halse.
Das EisWaßer auf dem Gebürge ist erfrischend und
schmekt schön. Die Mineralische Brunnen sind wegen
ihrer Mineralischen Zusätze merkwürdig. Das Waßer
der Saltz Qvellen wird gradirt, indem es über Faschinen
herabspringen muß, wodurch das überflüßige Waßer
ausdunstet %und das Thonartige des Waßers abgesondert
wird. Ferner giebts SchwefelWaßer, Metallhaltiges
Waßer. Es ist merkwürdig, daß man aus keinem
/ Waßer
|F_29
/Waßer Metall ziehen kann, man hat wohl das Cement
Waßer in Ungarn und Sachsen, welches indem es Eisen
auflöset, Kupfer wieder ansetzt, wodurch denn an dem
eisernen Cörper kupferne Streichen entstehen, %und dies
ist das Cement_Kupfer, daß dem Schwedischen an
Feinheit vorgezogen wird. Mann kann einen ähnlichen
Versuch machen. Man nimt blaue d. i. Kupfer Vitriol (
denn der grüne oder sogenandte KupferWaßer ist
Eisen_Vitriol) und reibt ein eisernes Schloß damit,
so wirds mit Kupfer überzogen. Das Eisen zieht
den Vitriol stärker an, als das Kupfer den
Vitriol, daher verläßt das Kupfer den Vitriol und
vermengt sich mit dem Eisen. - BitterWaßer worin
das natron anzutreffen ist. - heiße Brunnen. Z. E.
Carlsbad, haben die Eigenschafft, daß, wenn man sie an
die Lufft setzt um kalt zu werden, weit länger heiß
bleiben, als @ein@ gleichen @Grunde@ kochendes Waßer, die
Ursache ist, weil die Kiese in der Erde Schwefel und
Eisentheilchen enthalten, wenn diese von Waßer ange-
waschen werden, erhitzen sie sich. Ist nun SchwefelKies
im Brunnen, so verstärkt sich die mineralische Effe-
reszens an der freien Lufft, und wenn die Kälte der
Lufft, gleich der Wärme lindert so ersetzt die Effi@¿@enz
diese doch länger. - Dampfadern Z. E. Sudatorii
di san Germano! sind Hölen, wo heißes Waßer durch
schwitzt und in heißem Dampfe aufsteigt. Hier setzt man
sich und schwitzt eine Weile, weil es heilsam seyn soll,
%.gemeiniglich badet sich mann nachher in kaltem Waßer.
/ Kalte
|F_29'
/Kalte Brunnen, kommen aus sehr kalten Hölen und aus
gipsichtem Waßer. Gips ist eine Kalk_Erde mit Vitriol
Oehl gesättigt, welches eine enorme Kälte macht,
deshalb verursachen die Alabaster Hölen in Siberien
eine solche enorme Kälte. Denn Alabaster ist gebrann-
ter Gips, so wie Marmor eine Art von Kalkstein
ist - Versteinernde Brunnen. Hier muß man einen
Unterschied machen zwischen incrustirt und ver-
steinert, fast alle solche Brunnen sind nicht verstei-
nernd sondern nur übersteinernd und incrustirend,
Körper die man einige Tage hinein legt, sind nach
einigen Tagen mit einer Rinde oder Erde über-
zogen, der Cörper aber selbst ist nicht versteinert,
alle gemeinen Waßer wenn sie kochen, bringen
einen tophus hervor, wie man bey gebrauchten
ThonKeßel sehen kann, wo sich unten eine Kruste,
tophus lebetum, eine kalkigte Erde, ansetzt.
Haben einige Waßer viel saltzigte Erde, so können
sie selbst zu Steine gerinnen. Z E. Statalique pag. 41.
%.würkliche Versteinerungen, die den Körper gantz durch-
dringen, sind sehr rar. Kayser Franz ließ einen
Pfahl aus der Brüke ziehen, die Trajan hatte
schlagen laßen; und in denen 1.500 Jahren war er
nur 3 Zoll auswendig versteinert. - In Toscana
macht mann bass reliefs in Steinen und druket
die in geschmoltzenen Schwefel ab, damit sie recht
glatt werden; denn lehnt man sie an Formen
/ beym
|F_30
/beym Fluß Tiorone, der von Steinen herab fällt,
und sein Waßer versPritzt: diese Tropfen fallen
auf das Bild, und setzen nach einigen Tagen eine
dichte Alabasterne Kruste darüber, die man von
Bas-reliefs abklopfen kann. In Peru ist ein Strom
der in seinem Laufe lauter Steinlager an seinen
Ufern macht.
/Schlecht Brunnen Waßer ist %.vornehmlich bey alten
Brunnen, die lange nicht ausgeschöpft sind, oder
bei Brunnen, die von Natur morastig oder übel
riechend sind. Da muß man alt Eisen hinein werfen,
welches daß Waßer sehr verbeßert und das sumpfigte
daraus verjaget. Man legt den SingVögeln zur
Cur alt Eisen ins Waßer.
/Brennbare Brunnen, giebt Z.E. in England.
/Wenn man das Waßer schöpft ist es gantz kalt und
nichts brennbares darin; es beruhet aber auf den
Blasen, die im Grunde aufsteigen, die Stroh ent-
zünden, sobald es an den Blasen gebracht wird -
Sobald man in einem Graben, oder auf einer Wiese
vermittelst einer langen Stange, im Grund deßelben
Blasen verursacht, sieht man den %.nehmlichen Effect, als
beim Stroh. Die Ursache ist die sogenandte Sumpf-
Lufft, von der ein großer Venetianer viel nützliches
geschrieben hat. Schwefel können diese brennbare
Brunnen nicht verursachen. Zerstoßenen Schwefel
mit Eisen_Feil_Staub vermischt und unter der Erde
/ ver
|F_30'
/vergraben, erhitzt zwar darin, und erschüttert die Erde,
daß sie Borsten krieget und Flammen heraus sprüht,
allein wenn in brennbarn Brunnen erhizte Schwefel
wärn, so müßten sie warm seyn. Diese Sumpflufft
aber ist dem %.Menschen sehr gefährlich, und jemehr auf Bergen,
desto gesunder ist in sumpfen Gegenden die Lufft. Sie
ist die Ursache der Errlichter, indem sie sich mit der
seichten Lufft vermischt und entzündet. Gilan in Per-
sien, eine der schönsten Provinzen, aber so sumpfigt
und ungesund, daß wer dahin als Stadthalter gesetzt
wird, bey Hoffe eben nicht in besten Ansehn stehet; denn
er kann %.ohnmöglich wegen %.der Sumpflufft lange leben.
Brunnen, worauf brennbare Sachen schwimmen,
sind die naphta, ist das subtilste und rarste unter
den flüßigen Erdharzen. Hat die Eigenschafft, daß es
die entfernte Flamme an sich zieht und sich entzündet.
Bey Bacu schöpft man es und brennt es. - In allen
bergigten Ländern giebts eine Menge von Brunnen.
Die Sandwüsten und Steppen haben gar %.keine Brunnen,
welches sie unfruchtbar macht, aber in recht großer
Tiefe, findet man doch allerwärts Qvelle oder Adern,
selbst in Syrischen Wüsten und in der Wüste Sara.
An eine«r»n solchen Brunnen hat bisweilen eine ganze
Nation gearbeitet. Die Ursache dieses Mangels an
Brunnen ist, weil %das Land flach ist, und der Regen
sich immer tiefer und tiefer seigert, denn alle Qvell¥
adern beruhen darauf, daß die Erdschichten schief und
/ ab-
|F_31
/abschüßig liegen und sich auf Thonlagen sammlen.
Wenn man nun recht tief in den Sand hinein gräbt, so
stößt mann doch am Ende auf Qvelladern, wo der
Regen, der sich auf vielen Meilen, von da auf eine
Thonlage gesammlet, unter diesen Ländern weg, auf
Thonschichten fortgelaufen ist.
/Aus Qvellen entstehen Bäche, aus der Vereinigung von
Bächen, Flüße, und aus diesen, große Ströme.
Diese sind nun zuerst in Absicht ihrer Größe ver-
schieden. Einige sind merkwürdig durch ihre Länge,
indem sie eine Communication vieler Länder mit der
See machen. Wenn ein Fluß mehrere Flüße auf-
nimmt, vereinigt er mehrere Länder und indem er
sich in der See ergießt, vereinigt er auch Länder, wo
Meere dazwischen liegen. Keine Ströme sind deshalb
vortreflicher, als die americanische, die aber zum
Unglük nur für Wilde fließen. Der Missisippi
nimmt den Missuri auf, der Meile lang ist, und er-
strekt sich überdem noch 500 Meilen und convectirt
ein Land größer als Europa. Der Amazonen Fluß
nimmt verschiedene lange Ströme auf. Z. E. rio negro,
rio natro, und läufft überdem noch 800 teutsche Meilen.
Ein Arm von ihm, der oro naco ist größer als irgend
ein Strom in Europa. Rund um ihn her ist alles sumpfigt
und scheint sich noch nicht lange in seinen Ufern gezogen
zu haben. Er bewohnt eine prächtige Behausung für
künfftige @%.Menschen@ auf, die hier %.vermuthlich große Staaten
/ an-
|F_31'
/anlegen werden. Der Paraguay oder de la plata_Strom
ist so breit, daß, wenn man schon 30 Meilen in den
Strom gefahren ist, man noch kein Ufer sehen kann.
Im Anfang ist er der See gleich, außer daß man an
den süßen Waßer sPühren kann. - Der Amazonen
Fluß ist 400 Faden tief. - Der Zairis Strom macht
wegen seines schnellen Laufs noch 2 Meilen in der See
hinein, süße Waßer. Der Rio volta scheint, wenn er in
die See kommt, zu springen, indem er mit über<aus> großer
Schnelligkeit auf die Brandungen stößt, die die See
dort macht, die Schnelligkeit eines Stroms ist nirgend
so groß, daß er nicht solte schifbar bleiben. Die Ursach
ist, ein Strom, wenn er schnell ist, wäscht sich sehr in den
Boden hinein und arbeitet dadurch sein Bett immer
tiefer. So bekomt er am Ende an beiden Seiten steile
Wände und so moderirt er sich selbst, indem er daß, was
er vom Lande wegwäscht; mit sein Waßer ersetzt. Z. E.
In Peru auf der Westseite gießt sich ein Strom in die See,
mit solcher rapiditaet, daß er sich immer tiefer einfrißt,
%und vom Ufer schon soviel Erde weggewaschen hat, daß
er %.ziemlich flach bleibt, (obgleich er in die Mitte beinahe
unschifbar ist) und %.ziemlich langsam fließt. Hieraus
entstehet das steile Ufer der Flüße. In den ältesten
Zeiten sind die Ströme auch über felsigte Boden ge-
gangen und %.die ersten Flüße scheinen dadurch entstanden
zu seyn, daß die Felsen aus ihrem weichnaßen Zu-
standen in einem trokenen übergegangen; und
/ dieß
|F_32
/dieß Waßer von sich ließen, daher giebts Ströme
zwischen den Bergen. Wären nun die Steine immer
weich geblieben, so würden die Ströme sich immer weit
tiefer hinab gefreßen haben, aber nun müßen die
Felsen am Abhange der Gebürge eher troken geworden
seyn, ehe sich das Waßer hinein freßen konnte, und hieraus
entstanden die Waßer Fälle. cataractae. Manche
WaßerFallen können auch daraus entstanden seyn; daß
sich große Fels_Stüke von den Bergen herab in des Flußes
Mitte wältzten, worüber er sich dann einen Weg bahnen
mußte. Der berümteste Waßerfall in Europa ist
der bey Schaafhausen, wo der Rhein über 70 Fuß her-
unter fällt, ferner Bugato in Süd America, Velino in
Italien. Niangera in America fält 150 Fuß herab;
dieser gewährt den prächtigsten und herrlichsten
Anblik, theils wegen der Größe des Stroms, der den
Rhein nichts nachgiebt, theils daß man zwischen Fels und
den Waßerstrom hindurch sehen kann. Thiere die an-
geschwommen kommen, schwimmen %.anfänglich gantz gelaßen,
bis sie in der Mitte der Strom ergreift, wo sie sich mit
vieler Mühe heraus arbeiten %und auf eine Insel samlen,
die mitten im Strom liegt. Da trifft mann denn allerhand
Arten von Waßer und Vögel an. Enten die sich offt muth-
willig den Strom überlaßen, werden todt herunter
geschleudert und eine Beute des Indianers. - so
fällt der Stausbach in der Schweitz über 1.000 Fuß.
Volo@k@s %.@französisch@ Portages giebts in Ländern, deren Inneres
mann nicht kennt. Z. E. in Persien ist der Cama, Wolga,
/ Dwina
|F_32'
/Dwina, Pezzora, und andere Ströme. Hier tragen die
Indianer die Waaren in den Strom %.und führen sie so
lange darauf, als es ihnen die vortheilhafte Richtung hat;
dann nehmen Sie die Waaren mit den Fahrzeugen heraus
%.und tragen sie in einen andern Fluß %.und %.so fort. Vortheil-
haffter und beßer ist es, wenn man die Flüße mit Canaele
verbinden kann. Der berümteste Canal ist der von
Languedoc, durch den die SPanische See mit dem Mittelländi-
schen Meer vereiniget wird. Ferner der Bridgewatersche
Canal, durch den ein gewißer Lord Bridgewater die
Ströme im %.nördlichen England vereinigte. Er entdekte auf
seinen Güttern, Steinkohlen, die er gern verführen wollte,
dieser Canal geht über gemauerte Bogen fort, die auch
über Flüße weggegangen sind, wodurch er Waßer ein
%.und ausladen kann. Kein Reisender läßt ihn ungesehen,
so daß man hier WirthsHäuser, blos für die Reisende,
die den Canal sehen wollen, angelegt hat.
/Durch den Ladogischen Canal ist die Wolga mit der
Ost_See vereiniget. Er ist gemacht, weil die Ladoga sehr
unsicher und gefährlich ist, er gehet über dem Ladoga
15 deutsche Meilen, ehe er sich mit der Newa vereinigt
die der Ausfluß dieses Sees ist %.und in der Ostsee fällt. -
Der Canal von Kiel über Renzberg, nach Tonningen
wo der Eider_Strom mit der Ost_See vereiniget wird,
wird jetzt gemacht. Die Schiffe dürfen denn nicht, um
aus der Ostsee in die Nordsee zu kommen, durch den
Sund gehen, sondern ziehen Gleich bei Kiel über Rensburg
/ in
|F_33
/in den Eiderstrom, der in die Nordsee fällt. Man
möchte auch gern Stockholm mit Gothenburg vereini-
gen, aber wegen der großen Fels-Stüke ists unmöglich,
und sie müßen sich deshalb der Schleusen bedienen.
Die Chineser wißen nichts von Schleusen, und haben nur
lauter plumpe Canaele, soll ein Schiff aus einem höhern
in einem niedrigen Canal kommen, so ists %.gäntzlich von ihm
abgeschnitten, %.und vermittelst eines Krahns in demselben
gehoben, Schleusen aber heben das Schiff leichter in ein
anderes Waßer. Eine Schleuse die 9 Fuß Waßer hält,
ist sehr hoch, und läuft; wenn sie noch höher steigt, Gefahr,
gesprengt zu werden. - Die Ströme erreichen ordinair
die See, einige aber versiegen im Sande; Z. E. in der
Wüste Sara und Camo. pag: δ_Lücke. In Europa verschwin-
det der Rhein oder zum wenigsten sein Name im
Sande, wie wohl sein Waßer unter dem Namen Maas,
Lech und Isel in die See komt. Der Rhein theilt sich
verschiedene mahl in einige Arme, wovon man
immer den nordlichsten Rhein nennt, der letzte Arm der
Rhein heißt, gehet bei Leiden vorbei und verliert sich
bei Katwick im Sande. Mann muß den Strömen
besondere Arbeitern entgegen sezen, daß sie ihre
eigene Ufer nicht zerstören. Die Tiber wäscht ihre
eigene Ufer weg %und stürtzt dadurch die daran stehende
Häuser um, wo nun solche Flüße Buchten haben, da
sind sie flach.
/Nun ist der stärkste Zug des Flußes bei seinem Schlängeln,
/ nicht
|F_33'
/nicht in der Mitte, sondern am hohen Ufer, des wegen
setzt man ihm Qveerbohlen entgegen, so, daß er daran
getrieben wird und sie abtreibt. Wenn zwey Herren
einen Strom besitzen und %.dergleichen Bohlen anbringen,
ein jeder, um das Waßer in des andern Land zu
bringen so gerätht der Strom in Verwirrungen, %.und wäscht
seinen Grund aus. Manche Ströme versanden sich
mitten in ihrem Laufe, und werfen Campen oder
Bänken aus, die sie für tief gehende Schiffe unsicher
machen. Die Ströme führen unterschiedenes Waßer
bey sich. - Die Newa hat eine laxirende Krafft und
ist sehr gesund zum trinken, sonst ist alles Fluß Waßer
ungesund zu trinken. Ihr Waßer ist auch unterschieden
in der Schwere, denn das Waßer in den kleinen Flüßen
ist schwerer, als daß der großen Ströme, in die sie
fallen: Z. E. das Waßer im Nekar ist schwerer, als daß
im Mayn, denn die Fahrzeuge senken sich im Mayn
tiefer ein: Die Ursache ist diese, denn die %.kleinen Ströme
haben stärkere Gefalle als die Großen, denn sie
kommen aus Gebürgen, dadurch waschen sie vielen
Sand ab, der sie schwerer macht, kommen sie nun in
ein weiteres Bette, so breiten sie sich mehr aus und
laßen die Erde fallen. Wenn sie durch einen Land_See
fallen, laßen sie ihren Sand ganz zurük und werden
klar. Z. E. Wenn die Rhone in den Genfersee fällt, ist
sie trübe, wenn sie heraus kommt, klar. - Das
/ vorzüg-
|F_34
/%.vorzügliche in den Strömen ist das Gold, daß man
in den Strömen findet, die von Gebürgen kommen.
In Europa findet man es allein im Rhein, die Arth
es heraus zu bringen ist eine der mühsamsten, wird
aber dort am Rhein zum Glük von den Müßiggängern
verrichtet. Mann nimt mit der Schaufel Sand aus
den Buchten, wo sich der Strom kräuselt, legt ihn auf
ein Stük Flanell und begießt ihn mit Waßer.
/Dadurch spielt sich der Sand weg %.und die Sand_Körner
fallen tiefer in das Tuch hinein. Dann troknen sie den
Sand aus und thun ihn in einen Tiegel mit Qveksilber
welches alle Gold_Partikelchen entlöset, darauf thun
sie dieses amalgame in einen ledernen Beutel, wo
denn das Qveksilber heraus läufft, hernach wirds
noch einmahl in einen Tiegel gethan, daß das übrige
Qveksilber verdunstet und man hat. Gold. -
/In Boguta sind die Gold Körner so groß, daß man
sie mit den Augen suchen kann. - Das goldne Vließ
der Alten war immer da, wo sich Gold in den Strömen
befand, und auf obige Arth in aufgespannten Schaafs-
Fellen (jetzt nimmt man Flanell) preparirt wurde.
Dieses ist also schon ein Geschäfft alter und roher
Völker gewesen, Leuthe, die nichts weiter zu thun
haben und ganz müßig sind, könnten sich wohl da-
mit abgeben, denn obgleich es sehr mühsam ist, so
kriegt man doch nicht soviel Gold heraus, als ein
/ ge-
|F_34'
/gemeiner Taglöhner verdient. Ehedem waren Gold-
reiche Flüße, Pactolas, der Tajus. Jetzt sucht da keiner
Gold mehr, denn man bedarf zum %.täglichen Unterhalt mehr,
als man da %.täglich sammlet, %.und das Gold ist häufiger in
dem Lande als ehemals, sonst ist so gut, als ehemals,
jetzt Gold anzutreffen.
/Andere Mineralien findet mann nicht in Strömen, denn
alle Metalle rosten im Waßer und das Gold nicht;
sonst haben die Ströme gewiß in alten Zeiten viel
Metallen aus den Bergen fortgeschlüpft.
/Mann glaubt, gewiße Flüße liefen Qveer durch
Seen und behielten ihr Waßer unvermengt mit dem
See Waßer, aber daß ist gantz wieder die Natur,
denn wodurch solte es gehindert werden? Z. E. der
Rhein breitet sein Waßer in großen Bassin des
Boden-See aus, das Waßer, was wieder heraus
fließt, heißt Rhein, aber es könnte auch anders
heißen. Die Rhone fällt in den Genfersee, daß
das vom See abfließende Waßer wieder Rhone
heißt, ist zufällig. - Man sagt auch, mann könne die
Ströme im Meer eine Zeitlang abgesondert fließen
sehen, dieß kann wohl seyn, denn das Waßer
des Stroms ist im Zuge, dieser Zug wäschet den
Boden ab und läßt dadurch den reinen Sand
stärker durchscheinen, wodurch der Grund klar
und das Waßer klärer läßt, als das See_Waßer.
Daß aber die Donau ihr Waßer unvermengt mit dem
/ Waßer
|F_35
/Waßer des schwarzen Meeres erhalte, ist falsch. Der
Strom komt unrein in der See und fließt rein heraus,
denn ein Strom ist immer trüber als ein stehender See,
indem sie alles Erdreich, was sie abspülen, nicht fallen
laßen, weil sie im Zuge sind, aber im See, wenn sie
sich ausbreiten und stille stehen, laßen sie das Erd-
reich fallen.
/Die Ströme haben sich nach und nach ihre Bette selbst
zubereitet, wie dieß aus ausgewaschenen stillen Ufern
erhellet. In diesem Lauf halten sich jetzt die Ströme
ziemlich eingeschränkt %.und treten nur an sehr wenige
Stellen über ihre Ufer, %.nehmlich bei großen Wiesen
die wohl im Anfange mit zum Strome gehörten, als
er noch weiter ausgebreitet war. Daß Ströme immer
weniger Waßer führen %.und ins Künfftige noch weniger
führen werden, kömmt daher, weil die Höhen immer mehr
und mehr abgesPült werden und die Abschießungen
des Bodens verringert wird, daß es nicht mehr so
auf einen Orth zusammen drengen kann. - Die
Ueberschwemmungen geschehen zuerst, wenn das Eis
aufgehet und der Schnee von den Bergen komt. Aber
auch bei den starken Zufluß von Wald_Waßer, wenn
%.nehmlich einige Wochen nach dem Aufthauen der Flüße,
wenn die erste Ueberschwemmung schon nachgelaßen
hat, wärmere Winde das Schnee in den Wäldern
aufthauen, so verursacht dies WaldWaßer, eine
noch größere Flut, als die, wenn das Eis aufgehet.
/ Vor-
|F_35'
/Vorzüglich ist dies beim Rhein.
/Die Menschen mögen gern das Land den Strömen ent-
ziehen, sie sollten sich aber lieber der Vormundschafft der
Natur überlaßen und den künfftigen Schaden erwegen,
indem sie den jetzigen vorbeugen. Z. E. Mathe in
seiner Cathechesi der Natur bemerkt folgendes.
/Die Ströme in Holland schwellen zu manchen Zeiten im
Sommer an. Da nun die Holländer gern jedes Stükchen
Land nützen wollen, so machen sie Dämme. Ein Strom
wenn er übertritt, setzt seinen Schlamm da ab, wo er über-
tritt und reinigt dadurch sein Bette. Wird er nun aber
eingeschränkt, so muß er den Schlamm fallen laßen.
Hiedurch ist schon die Maas in 30 Jahren auf 10 Meilen
versandet und unschifbar geworden, %und selbst diese
Dämme dürften am Ende die Ueberschwemmung
noch gefährlicher machen. - Die Ströme überschwemmen
immer am meisten bei ihrem Ausfluß, denn, je weiter
er fließt, desto mehr Waßer komt dazu, %.und der Boden wird
beim Ausfluß immer flacher, weil er vor_dem ein alter See
war, der sich allgemach in einen Fluß eingeschränkt hat. -
In Egypten überschwemmt der Strom das Land periodisch.
Ober Egypten hat gar kein Regen und in Unter_Egypten
regnet es nur einige Tage im Herbst; daher müßen
diese Länder durchs Uebertreten der Flüße gewäßert
werden, hier aber müßen noch Canaele angebracht
werden, um das Waßer dahin zu leiten; wohin es
kommen soll und selbst Machinen, um das Waßer in
/ die
|F_36
/die Höhe auf die Felder hinauf zu arbeiten.
/Gegenwärtig wird dies Land von den Türken
sehr vernachläßiget. - In Cairo ist ein großer
Canal, in welchem ein Pfeiler mit einem Maaß stehet;
hier an diesem Maaße beobachten sie sorgfältig das
Steigen des Nils, um darnach die Eröffnung der
Canaele zu veranstalten. Hat nun der Strom seine
gehörige Höhe, so wird ein gutes Jahr, sonst das
Gegentheil. - In Egypten baut man jetzt viel Reiß,
und dies macht das Land sehr ungesund, denn der
Reiß wächst nur in Morästen, und ist beinahe ein
Waßer Gewächs, %und muß viel Feuchtigkeit haben, und
dieses verdirbt die Lufft und ist ungesund, wie wir
unten sehen werden. - Diese gedachte Ueberschwemmung
des Nils macht die Regen_Zeit in Abessinien. Mann
merke nur in Egypten, ist ein schmaller Strich vom
Thal (und nicht 2 Meilen breit und wohl 80 lang)
der Bodensatz vom Nil ist, denn im Anfang hat der
Nil seinen Schlamm da abgesetzt %.und diesen Satz so
formirt und zur Regenzeit tritt er auf denselben
wieder zurük.
/Einiges Waßer soll länger zu Schiffe dauern, und nicht
sobald faulen, als anderes Waßer. Z.E. das Waßer
der Themse. - In England giebts Steinkohlen, und
die Engelländer nehmen alle ihre Feurung aus der
Erde heraus; diese Steinkohlen haben eine Art von
/ Vitriol
|F_36'
/Vitriol_Säure bei sich, daß dem Waßer die Eigenschafft
giebt, nicht sobald zu faulen.
/≥ Die Lufft wird in 3 Regionen getheilt. ≤
/Die 1te fängt von der Fläche der See an, und geht bis dahin,
wo der Schnee nicht mehr schmiltzt. Die 2te fängt hier an
und geht bis dahin, worüber keine Wolke mehr steigt.
Die 3te fängt bei den Wolken an und geht bis ans Ende
der gantzen Atmosphaere.
/Die Höhe der ersten ist unterschiedlich. In Peru ist der Theil
der Berge, wo kein Schnee schmiltzt 18.000 Fuß, über die
Fläche der See erhaben, In Frankreich schmiltzt er schon in
einer Höhe von 10.000 Fuß. In Deutschland in einer Höhe von
8.000 Fuß und in Nordwegen in einer Höhe von 5.000 Fuß.
nicht mehr, und unter die Polen mag er wohl auf die
Ober_Fläche der Erde nicht mehr schmelzen. Diese Höhe ist
also nicht auf der ganzen Erde concentrisch, sondern unter
die Linie ist sie am weitsten von der Erde entfernt, unter
den Polen am nächsten. - Die 2te Region kann nicht recht
bestimmt werden. Unsere Wolken können nicht über 1/4 Meile
von der Erde entfernt seyn, die Gewitter_Wolken hängen
beinahe auf der Erde, so auch der Nebel. In Peru ragen
die BergsPitzen über die Wolken hervor, auch beim
Pilatus_Berge, lat: mons Pilatus schweben sie unter der
Spitze des Berges, %.und doch findet mann auf den höchsten
Bergen Schnee; also müßen einige Wolken zuweilen
doch noch höher gehen, denn aus Wolken allein kommt Schnee.
Diese Höhe kann aber nicht eine Meile betragen, -
Das wahre Ende der Atmosphaere, wo sich %.nehmlich die
/ Lufft
|F_37
/Lufft %.gäntzlich verdünnet hat, kann mann nicht angeben.
Mann will wohl sagen, wenn die Sonne untergegangen
ist, sieht man die Dämmerung; wenn die Sonne 18 Grad
unter dem Horizonte ist; nach einer Stunde hört dieses
Scheinlicht auf, welches eine von der Sonne erleuchtete
Lufft ist, die, um von der Sonne noch bescheinet zu werden,
9 teutsche Meilen hoch seyn muß. Einige Lufft ist sehr
feucht, zwischen porto bello und Panama, kann mann kein
Papier im freien brauchen, denn alle Tinte fließt darauf
zusammen. Die feuchte Lufft bringt eine große Mattigkeit
in die Cörper und relachirt das ganze Gewebe unserer
Fäsern und benimmt ihm alle SPannkrafft. Beim OstWinde
haben wir eine %.gäntzlich trokene Lufft, aber dieß ist kein
Vergleich gegen die Trokenheit der Winde an den Küsten
von Guinea. Dort wehen NordOstWinde, die die Portu-
giesen Harmatas nennen, wovon die Negers Borsten
auf ihre Haut bekommen. Die Schiffe kriegen Rißen,
wohin man ein Finger hinein legen kann und wenn
sich der Wind verliert, ziehn sich die Ritzen wieder zu.
Sonderbare Eigenschafften hat diese Trokenheit der
Lufft. Thieren_Körper können in wahre Mumien aus-
getroknet werden. So trokene Lufft ohne Kälte dienet
blos zum Austroknen, Kälte aber und äußere trokene
Lufft, ist tödlich) Acosta hat angemerkt, daß denen
die über die @Pramos@ (welches die hohen Thäler auf den
Cordillerschen Gebürgen sind) gereiset sind, die Pferde
im Stehn erstarret %.und noch so gesunden Leuthe die zur
/ Winters
|F_37'
/Winters_Zeit da reisen, suchen nur ihr Leben zu retten,
indem sie eilend davon gehen, und die gantze Bagage
im Stich laßen, die sie zur andern Zeit gern von da
abholen. - Tibet liegt unter den Indianischen Gebürgen.
Das Gebürge Butan führet hinein und das Land lieget
sehr hoch, indem man lange nicht so weit herunter steigt,
als mann vorher den Berg hinan stig. Hier schlachtet man
im Frühjahr, wenns nicht mehr friert, Schaafe, und stellt
sie in den Bergen an den Nord_Ost_Wind, der über die %.große
Mungalische Wüste komt, und dieselben so austroknet,
daß sie ungesaltzen und ungeräuchert viele Jahre auf-
bewahret werden können. Das Fleisch schmekt so gut
und noch beßer als das geräucherte. So ist wohl das
gefrohrne Kalb_Fleisch in Lima in Peru nichts anders
als aufgetroknetes Fleisch, durch die Winde, die in den
%Cordillerschen Bergen streichen. Mann muß dies Troknen
der Lufft nicht mit dem gefrieren verwechßeln. So
wie man in Rußland im Winter Aale fängt, die-
selbe, so bald sie aus dem Waßer kommen gefrieren,
darauf pakt man sie in Fäßer oder Kasten so ein,
daß immer eine Schichte Aale und eine Schichte Schnee
dazwischen geschichtet wird und so schikt man sie nach
Moscau hin. Hier halten sie sich immer frisch, sobald man
sie aber heraus nimmt, muß man sie in kaltes Waßer auf
thauen laßen, worin sie nach und nach wieder aufleben,
läßt man sie aber an der Lufft aufthauen, so gerathen
sie in die Fäulniß. So kan man bei uns mit dem
/ ge-
|F_38
/frohrnen Fleisch, Obst, Kartoffeln machen. - Es sind
hin und wieder Leichen gefunden worden, die völlig
getroknet sind und den Mumien gleichen. Von der Art
sind Hölen, die diese Eigenschafft haben. Z. E. die Crypto
Kiowienser bei Kiow, ferner das Bremische Bley Ge-
wölbe bei einer Kirche, worinnen weder Leichen noch
Thierische Cörper verwesen, sondern völlig %austroknen;
An einem Ort im Braunschweigischen giebts auch ein
Gewölbe, worin unten Fenstern sind und welches mit
dem Glokenthurm in Verbindung steht, wo die Lufft
immer durchstreichen kann, woher die Cörper gar nicht
in die Fäulniß gerathen, dieß kan nichts als die
Zuglufft verursachen, die weder Cörper faulen läßt,
noch Insekten einen Auffenthalt verstattet, auf solche
Weise könnte man in warmen Sommer bei uns Wild-
bret aufbehalten. Auf Teneriffa ists eben so: diese
Insel hatte, als die Spanier ankamen, alte Einwohner
die Quenschi hießen, welche die Spanier alle aus-
rotteten. Ein Spanier, deßen Hund sich verlaufen,
entdekte eine Höle, worin er in ein Loch fiel, wo er
Leichen in Ziegenhäuten genäht fand, die noch frisch
waren, hier ist vermuthlich eine Zuglufft gewesen.
Eine Aehnlichkeit hat damit das Bucanier Fleisch in
den Antillischen Inseln. Die Bucanier schlachten
Vieh und troknen es an der Sonne und Feuer zugleich,
man kann dies nicht geräuchert nennen, indem es
mehr auf den Grad der Hize ankomt, als auf den
Rauch %.und so %fort. Bei trokener Lufft ist die herschende
/ Krankheit
|F_38'
/Krankheit das Seitenstechen, sie greifet die Lunge an
und kan auch wohl die Ursache verschiedener Augen
Krankheiten seyn. - Denn man hat gemerkt, daß in
Aegypten, wo es gar nicht regnet %.und wo viel Reiß
wächßt, dieselben am häufigsten seyn sollen, weil die
trokene Lufft die schlüprige Feuchtigkeit geschwinde
an dem Augapfel austroknet und die Driesen nicht
so geschwinde so viel Feuchtigkeit aus dem Körper sammlen
kann, ihm immer naß zu erhalten, daher die Augen so
roth werden. - In Ganvous daß mit Schiras handelt,
ist die Transpiration sehr stark, allein man hat keinen
naßen Schweiß auf die Haut, denn die trokene Lufft
saugt die Feuchtigkeit aus dem Cörper gleich weg, denn
das macht eben trokene Lufft aus, wenn sie Feuchtigkeit
einsaugt; sobald sie Feuchtigkeit fahren läßt, wird sie
feucht %.und daß trägt sich offt zu. - Die Waßersucht möchte
dadurch zu vertreiben seyn, daß man auf die hohe
Berge, wo sie streicht, sich aufhält, denn die Haut beym
%.Menschen pflegt sich borstig zusammen zu ziehen, indem die
Lufft alle Feuchtigkeit absorbirt. - @de Lui@ führt als
ein Beweis der Trokenheit dies an, der Ring von
seinem Stok fiel auf den Bergen ab, und wollte, weil
der Stok zusammen gedörret wurde, nicht sitzen, als
er in die mittlere Region der Berge kam, saß er
schon wieder und unten konnte er ihn nicht mehr loß
bringen. - Die Lufft enthält auch Salz, das gewöhnlichste
Saltz ist Salpeter Säure. Salpeter ist mehr ein Product
der Künste, als der Natur; es gehören dazu thierische
Ausdünstungen, die mit einem Alcali vegetabile
/ Aschen
|F_39
/Aschen_Saltz vermischt werden. Der Mauer_Salpeter,
den man in den Kellern an den Mauren findet, ist
kein wahrer Salpeter; denn zum rechten Salpeter
gehört, daß eine Erde viel thierische Sachen enthält,
die der Lufft exponirt werden. Dann ziehet diese Erde
die Salpeter_Säure der Lufft an sich, worauf man
daß Aschen Saltz hinzu setzt. In der großen Mungalischen
Wüste muß viel Salpeter seyn, wegen der Kälte der
dortigen Lufft muß auch Koch_Saltz seyn, denn alles
Saltz, was aus den Mauren ausdünstet, gehet in die
Lufft, dieses ist die Ursache, daß an den SeeKüsten
alle Metalle sobald rosten. ZE. in Barbados ist
ein Schloß in 2 oder 3 Jahr vom Rost verzehrt; in
24 Stunden wird ein SchneidMeßer mit Rost überzogen,
denn diese SaltzSäure löset die Metalle auf, und eben
diese mag zu Befruchtung der Länder dienlich seyn, und
vielleicht sinds die Saltz %.und SalpeterSäuren, die den Aekern
die rechte Befruchtung geben, indem sie sich mit dem
RegenWaßer vermischen. Daß es dem Aker nütze,
weil er viel Lufft einziehet, sieht man an dem purem
Umpflügen.
/Einige Lufft ist sehr rein, d. i. durchsichtig, denn eine
mit andern Materien vermischte Lufft gibts gar nicht;
wenn aber andere Materien in der Lufft so aufgelößt
sind, daß sie durchsichtig ist, so wird sie rein genandt.
Die Undurchsichtigkeit wird durch die Feuchtigkeit und
den Staub bewirkt. Auf hohen Bergen z. E. aufm
Aetna ist die Lufft sehr rein, und man kann die
/ Sterne
|F_39'
/Sterne ohne Funkel sehn, wenn man die Sterne blinken
sieht, so daß sie immer hin und her wanken, kann man
schließen, daß es bald regnen wird, weil alsdenn die
Lufft voll Feuchtigkeit ist. Sie ist ferner in Ländern, die
mit großen SeeKüsten umgeben sind. Z. E. in den
Ländern, die unter der Vereinigung der beiden Strömen
Euphrat und Tigris am Strom der Araber liegen, wo
der UrsPrung der Astronomie hingesetzt wird, in Baldea,
sehr rein, hiezu trug nicht nur die Helligkeit der Lufft, be-
sonders auch die Gewohnheit im Orient; Häuser mit flachen
Dächern zu bauen. Auf diesem schlief man des Nachts,
und wenn man dann in den langen Nächten erwachte,
sahe man die Sterne an, benandte sie, und diese Astro-
nomie war hernach in nördlichen Ländern cultivirt.
Ein HauptGrund aller Ungesundheit der Lufft sind Moräste,
d. i. stehende feuchte Gegenden, wo das Waßer kein
wahres Waßer, sondern ein bewachsener sumpfigter
Boden ist; aus keiner andern Ursache kan ein Land un-
gesund heißen. Z. E. Batavia. Man hat 2 Methoden
solche Lufft gesund zu machen: zuerst, indem man die
Moräste austroknet, durch vieles Graben ziehen, wel-
ches aber nicht immer möglich ist, weil man nicht immer
einen Abfall des Waßers finden kann. 2tens. Durch
Ueberschwemmung des Morastes, indem mann einen
Teich daraus macht; denn Waßer purus auch stehendes
Waßer, ist nicht so ungesund, %.sondern sofern es mit Mooß
bewachßen ist. Hieraus erhellt, daß die ungesunde
Lufft mehr von den Gewächßen herrührt, als vom
/ Waßer
|F_40
/Waßer, und alles faulende Waßer scheint auch von den
Gewächßen herzukommen. Z. E. der Reiß ist sehr gesund,
aber die ReißFelder machen die Lufft sehr ungesund, denn
sie sind mit Waßer ganz eingetaucht. - Moräste haben
eine Menge Mooß und Torf, aber in eine große Tiefe
ist immer Waßer, so daß manche Moräste zitternd sind.
Wenn sie recht alt sind, haben sie daß besondere an sich,
daß nichts darin verweset. In Irrland ist ein Morast,
worin ein %.Mensch umgekommen ist, und nach 50 Jahren, weder an
Kleider noch am Körper verweßt, heraus gebracht worden.
Die Moräste generiren zuletzt einen Torf; dies ist verstektes
Mooß, daß sich schichtweise übereinander generirt, verfault
und zu Erdreich wird. Aller Torf hat etwas bituminoeses,
ein Erdharz, daß von Pflanzen_hartz, resinu, daß die
Gewächße haben, unterschieden ist, und dieses Erdharz
erhält die Körper unverweßt. Der Pontinische Morast
bei Rom, den man neulich austroknen wollte, wenn nicht
die %.heilige Camera des Pabstes zu geitzig gewesen wäre,
ist so ungesund, daß bei Ostia auf einer Reise, als eben ein
Wind über den Morast wehete, von 30 Personen die
Hälffte krank wurden %.und auf der Stelle einige starben. -
Auf der S. Thomas Insel unter der Linie bei Africa, die den
Portugiesen gehört, starben bei einer Landung, aus eben
der Ursache, Viele. - Wälder, die viel solche stehende
Sümpfe habe, sind höchst ungesund, denn die Blätter der
Bäume dünsten schon aus, und nun der Morast. - Des-
halb ist Madera sehr ungesund. Wälder verhindern über
das, wenn sie dicht sind, daß ventitiren der Lufft, welches
den Dunst einigermaaßen zerstreuen könnte. Alle
/ Blumen
|F_40'
/Blumen wenn die Sonne darauf scheint, dunsten gesund aus,
wenn sie im Schatten sind, dunsten sie schädlich aus. Blumen
dunsten am allerschädlichsten aus, und man muß sie
nur im Vorbeygehen riechen, hat man sie in einer Stube,
kan man in einer Nacht daran sterben, denn es betäubt
die Nerven %.und erstikt sie, woher haben sie dieses mac-
colische Wesen? Dies ist das Phlogiston, daß man zum
Theil in den Gewächßen am häufigsten, in den Sümpfen
antrifft: jene Sumpflufft pag: δ_Lücke Eben dieses Phlogiston
hauchen die Menschen aus ihren Lungen und nehmen rei-
neres ein, wodurch die Lunge gekühlt wird. Dichte
Wälder hauchen dieses Phlogiston häufiger aus, und sind
deshalb schädlicher, Bäume in die Sonne hauchen eine
Lufft aus, die nicht nur gesund, sondern auch gesünder
als die gemeine Lufft ist.
/Bei Abstechung eines Lagers, muß sehr darauf gesehen
werden, daß es nicht niedrig %.und der Sumpflufft exponirt
liegt. Man darf nur in einer Höhe von 300 Fuß über den
Sumpf seyn, daß der Boden einen Abzug hat. Diese
phlogistische Lufft hat den höchsten Grad der Ungesund-
heit und die Lufft, die durch Menschen Athem verderbt
ist, ist sehr phlogistisch, daher ist unsere Lunge dazu da,
daß phlogistische aus dem Blute wegzuschaffen, indem
die Blutlufft aus dem Geäder durch die Lungen_Blasen
fort gehet. Ziehn wir nun eine Lufft ein, die selbst
%.phlogistisch ist, so müßen wir erstiken. Die Menschen_Natur
kan sich zwar daran gewöhnen, aber ihre Ausdünstung
ist so schädlich, daß z. E. als in Engelland, bei einem
/ Rechts-
|F_41
/Rechtshandel, alle Gefangene die unter der Erde ge-
seßen hatten, vorgeführt wurden, der Richter und fast
alle Zuschauer starben, denn ihre Ausdünstung hatte
sich in die Kleider gezogen. Diese Krankheit nennt man
in %.England Kerkerfieber. In solche unterirdische Löcher,
Hospitäler und alle die Häuser, wo man gar nicht
frische Lufft hinein läßt, ist die Lufft außerordentlich
%.phlogistisch - Ein Geistlicher in Engelland hat ein Instrument
erfunden, die Reinigkeit der Lufft zu meßen, indem
er die Lufft chimisch analisirt. Gewiß, es ist ein großes
Stük des Menschen_Witzes, Dinge zu meßen, die wir
nicht sehen können. Er hats dahin gebracht, eine de-
phlogische Lufft zu schöpfen, die reiner als die Lufft der
Natur ist. Man bekomt diese Lufft auf eine doppelte Art,
einmal aus dem metallischen Kalke, wenn man %.nehmlich
Eisen in Scheide_Waßer auflöset und sal tartari %_Sal tartari
darauf gießt, so fält das Eisen zu Boden. Dies muß
dann gewaschen werden, daß die sauren Theile des
ScheideWaßers heraus kommen und man hat metallischen
Kalk. Diesen treibt man dann durch ein Feuer, sodann
geht denn zuerst fixe und %.endlich dephlogisirte Lufft
heraus. Zweitens, wenn man Kreide mit Salpeter¥
Geist besPrengt, so geht denn zuerst fixe, sodann %.dephlogisirte
Lufft heraus. Dies ist aber kostbar, denn einige
Minuten diese Lufft zu genießen, kann einige Gulden
kosten, vielleicht ists %.möglich mit der Zeit dies allgemeiner
zu machen. M. Achard in Berlin hat entdekt, daß
man Leute, die in Kohlendampf erstikt sind, durch
/ Hinein-
|F_41'
/Hineinbringung %.dephlogisirter Lufft lebendig gemacht hat.
Hierauf ist ein Instrument gegründet, der Eudiometer,
den man im Zimmer haben kann. Mann hat %.nehmlich
eine Röhre, die in der Lufft über Waßer stehet, oben ist
die Röhre zu; hier bringet man %.phlogisirte Lufft hinein, indem
man Eisen in ScheideWaßer auflöset; wird nun viel
phlogiston von der Lufft verschlungen, so tritt das
Qveksilber in die Röhre an der Stelle der Lufft. Hieraus
siehet man, jemehr die Luft in die Röhre vermindert
wird, desto reiner wird sie, denn wenn sie selbst voll
Phlogiston ist, so könnte sie kein anderes annehmen. -
Merkwürdig ists, daß auf der Spitze des Berges, die Lufft
phlogistischer ist, als im mittlern Theil der Berge, freilich
nicht so stark, als in den Thälern. Die Ursache ist, das
Phlogiston ist dicht und steiget in die Höhe. In allen
waldigten Ländern ist die Luft sehr %.phlogistisch weil
Bäume im Schatten solche Luft ausathmen, aber besonders
ists, daß Bäume in der Sonne eine %.dephlogisirte Lufft aus-
hauchen. Der Engelländer Lind hat über diesen
Punkt und über diesen Articul am merkwürdigsten
geschrieben. Am Gambin stirbt man, wenn man
nur einige Stunden in den Wäldern auf der Jagd gehet,
%.und keine Medicin hilft dawieder. Die Neger_Haut
ist hingegen geöhlt und schwitzen das phlogiston aus,
aber die Europaeer können auf keine Weise aushalten.
Daher sagt Lind, man solle die Neger zu den Comercii
brauchen. In Sumatra, wo die Engelländer Factoreyen
halten, sterben diese immer aus und zwar eben
/ wegen
|F_42
/wegen der Sumpflufft. Keine von der Natur-Lufft
ist mehr dephlogisirt, als die See-Lufft %.und die Lufft in
kalten Clima zur Winters_Zeit, denn in heißen Climata
wo die Wälder beständig ausdünsten und es lange
regnet, ist die ungesundeste Luft. Die See schikt kein
Phlogiston aus, weil sie keine Gewächße hat. Doch
zu gewißer Zeit scheinet sie phlogistisch auszudünsten
weil sie den thierischen Geruch von faulenden Thieren,
BrandGeruch aushauchet: Aber alles, was von der Schäd-
lichkeit der See_Lufft gesagt ist, ist falsch. Lind schlägt des-
halb vor, an der Küste von Senegambia ein See-Hospital
aufzurichten, weil auf dem gantzen Lande keine
gesunde Lufft anzutreffen ist. Cicero sagt, eine Reise
zur See sei einen valetudinarius am zuträglichsten,
zuerst wegen des vomirens, durch das Schaukeln des
Schiffs %.und dann wegen der reinen See-Lufft. -
/Einige Länder werden wegen ihrer bis zur Medicin
gesunden Lufft gepriesen. Im vorigen %.Seculo reisete
man Brasilien um alt zu werden. Es ist warm, %.und
ein warmes Clima vertragen alte Leute ehr als
ein kaltes; nun ists möglich, daß reine Luft, trokener
Boden und temperirte Wärme sie länger gesund
erhält. - Jetzt frequentirt man die Bermudas
Insuln die 300 Meilen von NordAmerica liegen.
Dies sind kleine Inseln, die mittelmäßige Berge haben,
so daß man wie auf einem Schiffe wohnt. Der Poet
Waller preißte sie %.und dieß reitzte die andern. Ferner
Lissabon und de la Rocque ein Vorgebürge am Tajo,
/ wird
|F_42'
/wird von den Engelländern der gesunden Lufft wegen
besucht. Der Boden ist freilich hoch und bergigt, das Clima
gesund und ohne Sumpfluft, indeßen ist hier nichts
außerordentliches. - Montpellier in Frankreich ist
sehr berümt %.und man pflegt hin zu reisen um durch
die Luft «die»von Hectic und andern Krankheiten be-
freit zu werden. Aber dies ist nicht ein Orth der Gesund-
heit, denn kranke Personen können das Phlogiston
des Pflantzen_Dampfs nicht vertragen und doch ist
hier ein starker Luxus des Gewächs_reichs. In
Africa ist die größte Schädlichkeit der Lufft, zu der Zeit
wenns regnet, denn wenn es zur Sommer_Zeit durch die
trokene Lufft auf den Morästen eine Kruste getroknet
ist, die die üble phlogistische Lufft verschließt, so er-
weicht und eröffnet der Regen alles und das Phlogiston
komt in Menge heraus. Bei neu Felon ist @Rieve@, wo
Berge an der See_Küste von Osten nach Westen laufen.
Diese deken im Winter vor den Nordwinde, so daß man
schon im Januar: Schoten ziehen und nach Paris schiken
kann. Die Nahheit der See würde hier die Lufft gesund
machen, wenn die Küste höher wäre; aber so ist der
Boden flach und sumpfigt und giebt stehendes Waßer.
Nizza bei Genua ist der gesundeste Orth in der
Welt. In Stüken hats Berge, die Gegenden des Landes
sind gleich hoch und die See_Lufft wehet frisch hinein,
und alle Gewächße dünsten der Sonne gegen über
aus; hier muß man hin reisen, um lange zu leben.
u. s. f. Matta ist ein hoher Fels, wo das Waßer Abzug
/ hat,
|F_43
/hat, und Mangel an Gewächßen ist, aber dennoch
auch gesund.
/Wir haben auch noch die Kenntniße von der rechten
Bonitaet der Gewächße, Z. E. das Getreide schätzen
wir bloß nach dem Gewichte, aber es hat noch den
Unterschied, in der Kraft zu nähren. Manches Mehl
nimt viel Waßer an und wenn es gehörig angeteigt
und völlig ausgebaken ist, so wiegts mehr als an-
der Brodt, daß eben so gut angeteigt war, jenes be-
hält mehr Waßer zurük und wiegt demnach schwerer,
da überhaupt alles Brod schwerer ist, als das Mehl,
woraus es entstanden. Das Getreide auf höhern
Bergen giebt Mehl, daß mehr Waßer annimmt, als
daß aus sumpfigten Boden. Mann könnte hieraus
die Güte des Bodens erkennen: überhaupt taugt
alles, was in sumpfigten Gegenden wächßt, nicht
viel. Der Sellery ist %.ursPrünglich aus dem südlichen
Frankreich, alda wächßt er in Morästen und ist
giftig. Bei uns ist er zwar nicht giftig, «d»man solte
ihn aber weglaßen, denn alle sumpfigte Gewächße
taugen nichts. Menschen und Thiere taugen da nichts,
das Roß z. E. bekomt dike Beine, und wer hat in
Holland gute Pferde gesehn?
/Aus Vorurtheile sind Inseln wegen ihrer trefflichen Lufft
gerühmt worden. Der Matrose, der nach eine lange
See_Reise auf eine Insel kommt, glaubt in Paradiese zu
kommen, die Lufft dünkt ihn schön, weil er aus der ver-
gifften Lufft der Schiffs Cajüte kommt. - Denn wenn
gleich die See Lufft rein ist, so ists doch nicht das Innere
/ des
|F_43'
/des Schiffs, und es ist schwer, einem Schiff den Zug der Lufft
zu geben, wegen der vielen Räume und Verdeken
desselben. Mann hat zu dem Ende in Engelland Ven-
tilaters erfunden und Triballe in Schweden erfand
eine Machine, wodurch die Lufft durch Feuer hinein
getrieben wird.
/Aber es ist doch gefährlich und man muß die Leute offt
aufs Verdeck kommen laßen. Aus diesem Zusammen¥
wohnen so vieler Leuthe, entsPringt %.endlich der See¥
Scorbut, der von dem auf dem Lande gantz verschieden
ist. Der Mensch ist aufm Bette gantz gesund, aber das
Gemüth und die Nerven sind so empfindlich, daß man ihn
nur stark zu schreien, oder er selbst aufzustehn versuchen
darf, so sinkt er hin und stirbt, sobald aber ein solcher
Patient nur aufs Land gebracht wird, geneßt er wieder.
Die See Lufft würde ihm freilich gesund seyn, aber da
kan man ihn nicht hinein bringen, weil er auf dem Verdek
nicht stehen kann, und in den Cajüten hat sich die stinkende
Lufft zu stark schon eingezogen. Diese See_Krankheit,
die man den Scorbut nennt, kann von nichts anders her-
rühren, als von der Thierischen SPeise, die sie in gar zu
großen Maaße eßen und dabei keine %.vegetabilische
Speise gebrauchen, die unserm Magen eine gewiße
Säure geben, welche der Fäulniß abhilfft. Unter
diesen Säuren zählt man 2. Erstens ists die pure Lufft¥
Säure oder fixe Lufft, welches sich in Kalkstein befindet.
Denn giebts auch noch Materien, worinnen fixe Lufft ent-
halten wird, daß sind Pflantzen. - Die ChinaRinde
z. E. ist gantz voll von fixe Lufft. - Als ein
/ Prae
|F_44
/Praeservativ davor, hat man den weißen gesäuerten
Kohl, welcher auch eine Menge fixe Lufft in sich enthält,
vorgeschlagen. Die Rußen bedienen sich des Ques,
welches nichts anders, als Roggen Mehl mit warm Waßer
gemischt ist und gehren muß, und denn ihr Szy) Mittel,
dagegen sind Cocos_Nüße, und zwar nicht die Kerne;
sondern die Milch derselben, die wie Molken aussieht;
trinkt ein Matrose eine Quantitaet davon, so geneßt
er wieder. Ferner Sauer_Kraut, welches die Engelländer,
die jede Sache die Vollkommenheit geben, bei uns suchen, und
es nicht, so wie wir unsern sauern Kohl einmachen, welcher
im Sommer stinken mag, sondern gut gesäuerter Kohl wird
getroknet, denn mit Saltz und Waßer befeuchtet und in
Cattun geschlagen und denn in Machinen hinein gepreßt.
Es schmekt auch beßer, als der, den wir genießen und
das hält den Scorbut ganz und gar ab, so daß Cap: Coock
auf seiner langen Reise gar nichts davon versPürt hat.
Das beste Mittel zur Heilung deßelben, ist ein Maltz Decoct;
man nimmt %.nehmlich Maltz und gießt Waßer darauf, es ist
daßelbe, was die frische Würze beim Bier ist. Die Ursache
ist: alle gährende Moste und Biere schiken viel fixe
Lufft aus. pag: δ_Lücke nun wird alle Fäulniß z. E. bei
Schwindsucht durch nichts beßers gehoben, als durch fixe
Lufft. Ein Schwindsüchtiger kan es auf diese Arth ge-
brauchen; man nimt 2 SPitzGläser mit Waßer, gießt
in das eine etliche Tropfen VitriolOehl, in das andere
Sal tartari, nun trinkt man das erstere, und darauf
das zweite aus, so treibt das Sal tartari aus den
ersten, die denn unsere Glieder einziehn, und eben
/ so
|F_44'
/so trinkt man beim Scorbut, den sogenandten Maltz Maisch.
Das beste antiseptische Mittel ist also fixe Lufft, die
auch in Sauer_Kraut enthalten ist.
/Krankheiten, die ein Land ungesund machen, und auf
immer einheimisch sind, heißen epidemische Krankheiten,
die welche wohl manchmal überhand nehmen, aber dem
Lande nicht eigen sind, epidemische Krankheiten.
/Bisweilen verbreitet sich die Ruhr durch ein Land. Diese
entstehet von den kühlen AbendWinden im Sommer und
nicht von unreifen Obst eßen, wie unwißende glauben,
und dumme Obrigkeiten verbieten es wohl, da doch Obst
ein Mittel gegen die Ruhr ist, denn bei der Ruhr sind die
Säfte zur Fäulniß disponirt und entstehet, wenn man sich
im Sommer zu leicht gekleidet, so finden sich im Herbst
die kühle und feuchte Nächte, deren Näße sich in den %.menschlichen
Cörper einzieht und dann muß %.vorzüglich sorgfältig und
warm gekleidet gehen; eben so entsteht auch die so
genandte Ungarische Pest, wenn dort Soldaten im Herbst
campiren, indem der Körper das phlogistische, was er
aushauchen sollte, zurük nehmen muß. Ungarn heißt
deshalb der deutsche Kirchhoff. Aber nicht das schöne Obst,
sondern die Hitze, die Moräste, die kalte Nächte geben
den Leuthen den Tod. -
/Die %.fürchterliche epidemische Krankheit, die %.eigentliche Pest
entsteht durch Contagion. Woher die erste Pest entstanden
ist, weis man nicht, jetzt aber kriegt sie immer einer vom
andern. Wer einen Verpesteten nicht zu nahe komt, kriegt
die Pest nicht. Daß sie durch Krieg und Hungersnoth
/ entsteht
|F_45
/entsteht, ist falsch. Das Karfunkel Geschwür «die»oder die
PestBeule, ist ein sicheres Mittel der Pest. Der Aussatz
ist auch eine Krankheit, die durch Ansteken entsteht, sie ist
%.hauptsächlich in Arabien anzutreffen. Der %.Mensch scheuet sich
gleichsam bei dieser Krankheit, die Haut wird ganz
in der Farbe verändert %.und ist blau, es wandelt solchen
Leuthen eine große Salavitaet (Geilheit) an. Niebur
führt an, daß diese Krankheit ausgebreitet ist.
/Bei den Negern findet man etwas %.ähnliches von Aussatz.
Wieder die Pest ist keine Medicin, sondern daß eine
Mittel ist, einen Cordon zu ziehen, daß keine Commerce
mit einem Pestorth statt finden kann. An den
Seehäfen in der Levante haben sie Contummace
Häuser, Quarantainen, wo das Schiff, wenn es aus
einem solchen Orth komt, 40 Tage liegen muß.
Nach Europa möchte die Pest wohl %.schwerlich mehr
kommen, weil wir so gute Arrméen Condons zu
ziehen haben. Die Türken aber schleppen sie immer
mit sich herum. Wer aus Constantinopel, wenn die
Pest angehet, reisen will, wird für einen @Jeauner@
(Ungläubigen) gehalten und gesteinigt. Die Pest
fängt in Aleppo beim Egypter Thurm an und so die
Straße hinauf, daß die Leuthe, wie die Fliegen sterben,
daher scheint die Pest in Egypten ihren UrsPrung zu
haben. Von da in die Türkey und wohl gar manchmal
nach Polen, bis sie auf einen Cordon stößt. Wenn
in Aleppo die Pest ausbricht, machen die dort wohnende
/ Christen
|F_45'
/Christen sorgfältig ihre Häuser zu, um keine Gemein-
schafft mit den Türken zu haben, alsdenn, sobald das
Volk das sieht, ist es in der größten Angst und Unruhe;
daher der Stadthalter von Aleppo die dortigen Christen
nur immer bittet, nicht so geschwind zuzumachen. -
/Dies ist sonderbar, daß die Pest bisweilen und %.vorzüglich
bei der großen Hitze gäntzlich aufhöret; dann kann
man ohne Nachtheil die Kleider der Verpesteten tragen.
Es muß also doch wohl dann so was in der Lufft
seyn, daß ihr, wenn gleich nicht die Pest, doch die
Malignitaet giebt, daß man zum %.Exempel vom Sitzen auf
demselben Orthe sie weg haben kan und alsdann
verschwindet, sonst ist es sehr schwer einzusehen, wie
sie so geschwind aufhören kann. - Die zweite
Arth der Contagionen sind die KinderPoken, die
Alten wusten davon noch gar nichts und nur seit
Mahomets Zeiten hat man davon gehört, denn zu
der Zeit denkt ein jüdischer Artzt Haron zu erst
daran; doch hat man Ursache zu glauben, daß sie
schon vorhin in Ostindien, Persien p. p. gewesen,
weil die Inoculation der Poken schon seit undenklichen
Jahren, daselbst %.gebräuchlich ist. Man muß die Kinder
bei den Poken nie in der Wärme laßen, sondern viel-
mehr in kalten Stuben %.und ihnen stets Beschäfftigung
und Zeitvertreibe geben, daß sie zu solcher Zeit nicht
träge werden. Die venerische Krankheit kan auch
nicht anders als durch Anstekung verursacht werden,
/ man
|F_46
/man findet sie %.vorzüglich bei den Wilden in America, viel-
leicht hat sie ihren UrsPrung daher, daß die Leute ihre Gefan-
gene an einen Pfahl binden und erbärmlich martern; nach
diesem freßen sie ihn auf. Nun weiß man, daß die Jäger
wenn sie einen Bok schießen, sie ihnen zuerst das kleine
Wildbrett, d. i. die Testicule abschneiden, denn steigt die
Seminal_Flüßigkeit erst in das Blut, so ist das Fleisch nicht
zu eßen. - Hiebei mags nun eben die Beschaffenheit haben,
daß wenn die Seminal Flüßigkeit erst in das Blut steigt,
diese Krankheit, wenn das Fleisch gegeßen wird, entstehet. -
Jetzt sind die Poken durch die ganze Welt verbreitet, und
auch in America, dagegen haben uns die Americaner
mit der venerischen Krankheit regalirt, mit den so
genandten SPanischen Poken; diese können die Indianer
beßer vertragen, als die Europaeer, ausgenommen
die SPanier, die glauben, daß eine kleine Portion ein
Praeservativ gegen andere Krankheiten sey. Die
Americaner schieben die Schuld auf die Europaeer und
sagen, daß sie diese Krankheit zu ihnen hinüber ge-
bracht, so wie sich die SPanier und Franzosen eine
Parthey der andern die erste Ausbrüche vorwirfft,
weil in der Belagerung von Neapel, da beyde Armeen
zusammen lagen, dieselbe um sich grif. Merkwürdig
ist daß immer, daß in der Zeit, da America entdekt
wurde, ein Pabst und ein König, %.nehmlich Franz. I.
an die venerische Krankheit starben. Daß beste
Mittel dagegen ist der Mercurius. Es giebt epidemische
/ Krank-
|F_46'
/Krankheiten, die nicht bei uns kommen. Den Aussatz, den
man in Arabien findet, haben wir nicht; ferner die
schwarze Pest von Siam, ein Ungeziefer. Die @Taraeanen@
ein Ungeziefer, daß sich in heißen Ländern in die Kleider
einnistelt. Die Kunst wächst immer und es ist %.möglich und zu
vermuthen, daß venerische und alle übrige Seuchen und
Epidemien ausgerottet werden können, wenn nur allent-
halben Quarantainen und Cordons gehalten würden.
Wieder die Kinder_Poken ist ein Mittel, die Inoculation,
die aber die Indianer schon lange vor uns gewust
haben: Ueberhaupt kommen fast alle die genandte Krank-
heiten von den Indianern her, so daß man zum SPrüch-
wort: ab Austro omnia bonum auch das omne malum
venit. hier zu setzen dürfte. Andere Krankheiten
können aus zufälligen Ursachen entstehen und den
Contagionen werden. Z. E. das Faul_Fieber hat etwas
anstekendes und ist %.vorzüglich zur Herbst_Zeit in Ungarn
wenn ein Körper, daß die Hitze die pori geöfnet sind,
und in kühlen Nächten sich denn die Feuchtigkeit ein-
ziehet, so auch vermuthlich die Masern. - Zu den
Contagionen, die eine uns unbekandte Ursache haben,
gehöret die Viehseuche. In Europa ist sie seit 1748
bekandt, wo sie sich %.nämlich zog; hauptsächlich war sie
vorher in die Europaeische Türkey in Süden, und
%.vorzüglich in Arabien, Egypten und Abessinien: sie hat
das merkwürdige, daß ein Vieh nur einmal die
Seuche haben kann: hier unterscheidet sie sich von der
Pest, die der Mensch mehr als einmal haben kann. -
/ Alle
|F_47
/Alle dergleichen Krankheiten sind gar nicht der Lufft
beizumeßen. Aufm Cap. %.bonae %.Spei werden die Leute nicht
alt, da doch die Lufft sehr gut ist. Da muß aber
nichts anders Ursache seyn, als die scharfe Winde, oder
mags ihre Lebens-Art verursachen? In sehr heisen
Climaten werden die Menschen sehr alt. In kalten
wieder gar nicht alt. - In temperirten werden sie
wieder alt. Die Norweger sollen wegen des häufigen
Fleisch Eßen nicht alt werden. - So bekomt mann
auch die Kinder Poken nur einmal, denn Condamirn
setzte 1.000 Livres fest, wenn einer zweimal die Poken
gehabt zu haben, beweisen könnte, und unter die
2.500.000 Einwohner Frankreichs konnts nicht einer:
es waren das 2te mahl entweder Wind_Poken gewesen,
oder sie hätten sie das 1te mal nicht recht gehabt.
Von denen Masern behauptet man daßelbe. Einige
gebens vor, aber es scheint nicht %.glaublich zu seyn.
In Holland, Hollstein, haben sie dem Vieh inoculirt, %.und
wenn sie einmal durchgekränkt seyn, so kan man
ihnen dieses Majasma sicher inoculiren, sie kriegen
die Seuche nicht wieder, es gehen bei der Inoculation
10 %.proCent darauf, welches %.freylich noch immer großer
Vortheil ist, als der Schaden der Seuche. Es giebt
bei Anstekungen allenthalben besondere Umstände,
z. E. Nach dem Biß des tollen Hundes, krieget der %.Mensch
die Waßer_Scheue, d. i. er kriegt einen Abscheu gegen
alles, was Waßer ist, und eine Neigung andere wieder
zu beißen. Es ist ein schreklicher Zustand beim
/ Menschen
|F_47'
/Menschen, denn er raset beim völligen Verstand, und
bittet Leute ihm zu binden, weil er so toll ist. Wenn man
die Hunde den TollWurm schneidet, beißen sie nicht, wenn
sie toll werden. Tollwurm: hypoglossus ist ein Nerve
unter der Zunge, der die Absonderung dieses giftigen
SPeichels verursachen mag. Länder haben Eigenschafften,
wovon man nicht weiß, ob sie der Lufft oder den Boden
zuzuschreiben sind. Gewiße Thiere sollen keine giftige
Thiere haben. Z. E. Ireland. Daß muß von dortigen
feuchtigen Boden herkommen. Bei uns hat man nicht
giftige Schlangen; auf ihren Biß, folgt wohl Geschwulst,
aber nicht der Tod, sonst haben wir %.würkliche Nattern,
die aber nicht mit den Italienischen die Schadlichkeit
in gleichen Grade haben. Malta hat keine giftige
Thiere, weil es ein purer Fels ist. Es giebt Gegenden,
wo es keine Ratzen giebt. Die Alten müßen nichts
von Ratzen gewust haben, denn weder Römer noch
Griechen haben ein Worth dafür. Glis bedeutet eine
Haselmaus, die die Römer in gewißen Hierarchien
fütterten und den Winter schläft, ist aber nicht die
Sores. Man glaubt also, daß die Ratzen aus America
übergebracht sind. In den Inseln der Südsee sind sie
sehr häufig und spazieren herum, ohne daß sich jemand
darum bekümmert. Plinius denkt gar nicht an sie,
man müßte die alten deutschen Auctoren nachsehn, um
deshalb gewiß zu werden. In Augsburg, in IagdtHäusern
bei Wittenberg, giebts gar keine. - Die Lufft gewißer
/ Gegenden
|F_48
/Gegenden soll alles Ungeziefer vertreiben. Wanzen
wollen in einigen Stuben gar nicht Stand halten, in einigen
sind sie nicht zu vertreiben, mann kan sie wohl tödten, aber
nicht verhindern, daß sie nicht gleich wieder kommen.
/Läuse, die bei Kinder sind, verschwinden bei Alten, wenn
sie nicht gar sehr unreinlich leben. Beim Cap. %.bonae %.Spei
verlieren sich alle Läuse. Die Hottentotten haben sie reichlich,
denn sie beschmieren ihre schaaffellene Kleider mit Butter,
worinn sie sich erzeigen. Alle Würmer, die ein Thier hat,
sind ihm eigen. Andere können was ähnliches haben, aber
es ist doch unterschieden. Die Menschen Laus ist bei kein
ander Thier oder element anzutreffen. Der Spulwurm
unterscheidet sich %.deutlich durch größere Theile der Organisation
vom Regenwurm. Der erste Mensch muß bei seiner Ent-
stehung den Samen aller dieser Thiere, bei sich gehabt haben.
Bei gewißen Krankheiten graben sich Thiere unter die Haut
ein; dabei ist noch unentdekt, ob nicht blos aus der belebende
Kraft der Materie, ein unorganisirtes Ding entstehen
könnte. -
/Der Compas oder SchifsRose ist eine Figur von 32
Strichen. Die Gegend nach der der Wind am meisten
hingehet, stehet voran. Z. E. Ost-NordOst. Süd-SüdWest.
Ein jeder Strich des Compasses macht 11_1/4. Das Instrument
ist sehr nett %.und beqvem zu seiner Absicht, %.nehmlich den Wind
anzuzeigen. Winde sind feucht, wenn sie Regen bringen;
aber nun ist die Lufft deshalb nicht feucht, weils regnet;
denn manchmal zeigt das Hydrometre auf troken
Wetter, wenns stark regnet; denn der Regen fällt nur
/ durch
|F_48'
/durch die Lufft, doch ohne sie zu feuchten. - Trokene Winde
sind bei Thibet. pag: δ_Lücke Der Terreno bei den Küsten von
Guinea troknet so, daß den Negern die Haut platzt, und
daß das Schiff Ritze bekomt. - Ziehen Winde über einen
langen Erdstriche so sind sie sehr troken: hingegen die
Winde von der See sind feucht. Die größte Trokenheit
haben die Winde, wenn sie über SandWüsten gehen.
In Pondichery ist ein Landwind, der wehet alle Tage,
von 9 Uhr des Morgens bis 1 Uhr Nachmittag. Dieser
führet feinen Sand mit sich. - Einige Winde sind sehr
heiß. - Camspio aus Egypten komt aus den heißen
Ländern und macht alles glühend, worüber er fährt. -
Als die Schweden über Drontheim über Gebürge
nach Stockholm ziehn wollten, als Carl_XII. getödtet
war, wurden viele hundert von einem kalten Winde
getödtet.
/≥ Gesundheit der Winde. ≤ Ein Wind in den heißen Ländern,
Arabien, Syrien, in der großen Wüste Sara, mit dem
Namen Zamiel Bazarinum hält verschiedene Striche,
geht gantz niedrig auf den Boden und macht die
Lufft ganzt röthlich. Er kömt mit einem Geräusche an, und
die Thiere merken ihn vorher: das Cameel stekt seine
Nase in die Erde %.und der Mensch legt sich flach auf der Erde.
Er muß eine Art von electrischer Kraft seyn; sobald
sie ihn einathmen, sterben sie, und können noch kaum
sagen: Es brennt sehr. Es lößt auch den Cörper auf,
denn wenn man ein Bein des Todten anfaßt, so
/ zieht
|F_49
/zieht es sich vom Cörper loß. Chordin sagt: Die Perser
nennen ihn Samy_el - d. i. der giftige Wind, er
wehet von der Mitte des Heumonaths bis in die Mitte
des Augustus, und er tödtet nicht nur, %.sondern laße sie noch
leben, aber sie zerfielen in Pulver, wenn man sie be-
rühre. - Eine sichere Warnung dafür, ist eine sehr %.merkliche
und empfindbare Abänderung der Lufft, er wehet aus Nord
West. - Etwas %.ähnliches haben die Indianer, ein Gift_Kraut,
womit sie ihre Pfeile bestreichen, denn wenn sie ein todtge-
schoßenes Thier nicht sogleich schlachten, verfaults auf der
Stelle. - Er erstrekt sich bisweilen bis an Syrien und
einige Theologen wollen diesen Zamiel d. i. Todes_Engel
auf der Geschichte Sanheribs apleciren. Aber man hat kein
Beispiel, daß er nach Palaestina gekommen sey, und gesezt
er wäre es, so wäre es doch ein Wunder, daß er just dazumal
wehete. - Der Sirocco in Italien und Sicilien, den die
Alten Africanus nannten, treibt das Fharenheidsche
Thermometre 112 %Grad in die Höhe. Er ist dabei, daß er heiß
ist, sehr feucht und bringt eine solche Mattigkeit in den Cörper
daß daher das Sprüchwort entstanden, wenn ein Gedicht
schlecht ist, oder andere Kopfarbeiten (Era scritto in
Tempo dell Sirocco) es ist zur Zeit des Sirocco Windes
geschrieben worden. Der muntre Franzose verliert da-
bei alles Feuer. Ein Engländer machte nur das Fenster
auf und erkrankte von der Hitze. So lange er wehet,
kriegt man niemand auf der Straße zu sehen, wenn
/ einem
|F_49'
/einem nicht die größte Nothwendigkeit zwinget, auszugehen.
Alle Thüren und Fenster schließen sie zu um der äußern
Lufft den Eingang zu verwehren. Zum Glük hält er nur
kurze Zeit an. Im Kirchen_Staate führt man Mauern gegen
gegen Südost auf, um den Sirocco_Wind aufzuhalten. Bei
den Italienern ist auch ein Wind Tromontane, der übers Ge-
bürge von Norden komt. Das Sprüchwort (er hat die
Tromontane verlohren) komt daher, und heißt soviel, der
Mensch ist verblüft; man muß in Gesellschafften nur etwas
zu reden wißen. Z. E. vom Wetter, und wenn nun einer komt
und so aus aller Faßung gebracht wird, so sagt man, er hat
die Tromontane verlohren, er kan nicht einmal vom Tormontana
sprechen, der doch naßes übles Wetter bringt. Der NordWind
an sich ist immer ein gesunder Wind; er ist wohl unbeqvem, aber
gesund und fruchtbar. - Bei Madras hingegen, wehen ganz
%.unerträgliche heiße Winde, aus Nordwesten; in der heißen
Jahres_Zeit, wenn sie aufgehört haben zu wehen, laßen sie
die Lufft gesunder zurük, als sie vorher war und haben
also ihren Nutzen. - An die Hitze der Lufft gewöhnt sich %.der %.Mensch
nach und nach, und kan sie im hohen Grad aushalten. In
London hat man einen Versuch gemacht, wie viel Hitze er
wohl aushalten könnte - Es kann %.nehmlich der %.menschliche
Cörper Wärme hervorbringen, obgleich die Kälte solche
heraus nimmt. Nun wollten sie sehen, ob er auch nicht Kälte
hervorbringen könnte, die der Wärme anderer Cörper
wiederstände. Sie ließen %.das Zimmer so hitzen, daß es
212 %Grad am Fahrenheitschen Termometre war. Sie hielten
darin 7 Minuten aus. In den Kleidern konnten sie beßer
/ aus-
|F_50
/aushalten, als im Hemde. Ihre Schu_Schnallen konnten sie
nicht anfaßen denn sie waren glühend. Es stand Waßer da,
welches so nicht kochte, sobald man Oehl darauf goß, kochte es.
Die Ausdünstung muß doch die starke Hitze vermindert
haben, denn durchs Ausdünsten wird ein feuchter Körper
eo ipso abgekühlt. Die Hitze des %.menschlichen Körpers ist 98
Grad, nun glaubten sie, sollte die Lufft des Zimmers %.almählich
diese Warme auch annehmen, sie verminderte sich auch
%.würklich aber in 7 Minuten könnte es nicht geschehen.
Einige von ihnen kriegte ein Stük von Schwindsucht. Die
Hitze hat bei uns eine besondere Wirkung, die man be-
räucherte Lufft nennt, die Trokenheit und Hitze bedeutet.
In Schweden heißen sie es Sonnen_Rauch. Die Lufft um
der Sonne ist ganz räuchrig %.und das Brennglaß würkt
nicht so stark, wie im Winter. In Schweden ist der Sonnen
Rauch noch stärker, als hier; und man glaubet daß <das> Wald
brennen, die sich offt Meilen weit erstreken, die Ursache
ist, aber er erstrekt sich bis in die See, wo kein Waldbrennen
seyn kann. Andere Gelehrte glaubten, die untere Lufft
enthielte Feuchtigkeiten, die nicht aufgelöset wären.
Aber wenn ein Regen fällt, hört er zuvor auf, kömt aber
gleich wieder, daher scheints, daß es eine trokene Materie
sey, denn er ist immer beim Ost_Winde, und wenn der nun setzt,
hört er auf. - Tornados, sind Stürme, die in der Gegend
von Sierrá lione und an die SPitze von Guinea wehen.
Sie haben den Namen, weil sie der Wind hier drehet, bald
/ aus
|F_50'
/aus der einen und gleich wieder aus der andern Gegend
wehet und rund um den Compas läuft. Darauf entstehen
Windstillen und nach diesen ein gewaltiger Sturm. Die
Winde strömen sich so gewaltig entgegen, bis sich die WindZuge
aufhalten und zuletzt die stärkste die Oberhand gewinnt. Die
Gegend der Tornaden ist %.gefährlich denn es sind da entweder
Stürme oder Windstillen. Die letzten sind noch schlimmer als die
ersten, weil bei ihnen die Schiffer wohl 3 Wochen in der
Hitze %.und an Mangel des süßen Waßers liegen müßen.
Die Windstillen entstehen demnach durchs Gleichgewicht der
Winde, die aber nicht Stich hält, als bis einer von den Winden
den Ausschlag giebt und das Gleichgewicht aufhebt, der denn
mit größerer Hefftigkeit stürmet. Die %.eigentlichen Orcanen
sind nicht bei uns, was wir so nennen, sondern gantz was an-
deres, denn es komt nicht auf die Stärke des Windes, %.sondern
auf die Art deßelben an. In Westindien d. i. %.Kleine Antillen
wüthet er ganz %.erschreklich schmeißt Canonen vom Wall
herab und führt Häuser mit sich fort. Sie entstehen durch
Electricitaet, denn diese Inseln sind, wie man glaubt,
durch eruptionen unterirdischer Feuer entstanden;
wenn nun im Boden noch viele craters alter Vulcane
sind, so müßen denn diese erhitzte Dünste der Erde dann
und wann hervorschiken. Es stehen über diese Inseln
Wolken, die eine cylindrische Gestalt haben, die sich drehen;
es komt daher, weil oben Winde von verschiedenen
Gegenden kreuzen, die %.die Wolken zusammen führen,
die still stehet, weil sie im Mittelpunkt stehen, bis %.endlich
/ der
|F_51
/der große Sturm die OberHand gewinnt (nachdem eine
Windstille gewesen) und sehr lange anhält. Trompe-
de_ner. WaßerHosen, hat die Gestalt eines KuhEiters,
wovon man eine Zitze herab zieht. Eine Wolke läßt sich
von die oberste Spitze auf die Fläche der See, in der Gestalt
einer Röhre herab und man hört ein Geräusch dabei, wie
GänseGeschrey. Denn kocht das Meer in die Höhe, und sein
Waßer wird dadurch in die Höhe geschoben %.und fällt darauf
in großen Güßen herab. Sie verändern ihre Stelle und
man sieht offt in einer Gegend 5 bis 6. - Dieser Wind
führt eine %.große Hitze mit sich, bisweilen kommen sie über
Land, denn machen sie in der Erde große Graben und
nehmen Klumpen Erde auf, womit sie hernach große
Dörfer verschütte«t»n. Hiedurch kan man die Force er-
klären, denn dieser Wind nimt alles, was er berührt,
mit auf. Man kan im Sommer etwas bey uns %.ähnliches sehen.
Z. E. es wehet gelinder Westwind, so komt mit einmal ein
anderer Wind %.und gehet immer seinen %.ordentlichen Strich fort,
wie man an dem Sande, den er aufnimmt, und wann
er an Bäume komt, sehen kann. Er berührt nur immer
den Punkt, wo er gehet d. i. im Tromp:_de_mer im Kleinen.
Dies ist auch ein electrisches Phaenomen, die Electricitaet
leert sich aus den Wolken in die Erde, oder aus der
Erde in den Wolken au«f»s, welches hier von beiden ge-
schehen ist, ist nicht ausgemacht. Mann sollte erst den-
ken, daß sie den Wolken auf die Erde herab kommen.
Wenn beim Tafelberg, beim Cap. %.bonae %.spei ein Sturm
/ entstehen
|F_51'
/entstehen soll, so zeiget sich eine %.kleine Wolke über den
Bergen, die sich allmählig ausbreitet %.und den Tafel be-
dekt; darauf entsteht ein starker Sturm. Die Reihe
der Bergen zieht sich von Südost nach Nordwest. Der
Wind «be»komt von der Seite, und muß wohl, wenn «der» die
Winde sich entgegen sind, die Wolken dort zusammen
treiben. Die meisten Stürme scheinen aus der oberen
in die untere Lufft zu kommen.
/Typhon ist ein Sturm im Chinaischen Meer, wo sich
der Sturm auf eine Stelle ins Meer herab stürtzt, das
Meer aber brauset schon vorher. Er muß wohl von un-
terirdischen Vulcanen entstehen. Ein Wind der schon 24
Secunden in einer Stunde streicht, ist schon ein Sturm. Aber
dies ist noch nicht die rechte Geschwindigkeit, wo andere
60 Fuß in einer Secunde zurük gelegt werden. Aber
diese verursachen schon Verwüstungen, %.und doch läuft
ein %.Englisches RennPferd 61 Fuß in einer Secunde, ist das
nicht kurze Zeit? Es giebt Winde, die sich in gewiße
Regionen zu gewißen Zeiten aufhalten %.und %.vorzüglich
in heißen Climaten. Daher wißen die Handelleuthe
(die Engländer nennen sie traen) welchen Wind
sie zu der und der Jahres Zeit antreffen werden,
und richten sich darnach ein. - Passat_Wind ist, der
in einer Gegend das gantze Jahr wehet. - Mussons
wechßeln sich alle halbe Jahr und machen also die
Jahres Zeiten. Zwischen den Tropicis wehet ein %.Oestlicher
Passat Wind, daher komt man auch eher aus Indien
/ zurük
|F_52
/zurük, als hin. In Peru und Chili ist ein Passat_Wind von
Süden nach Norden. Weil der Ostwind von den Gebürgen
aufgehalten wird, so tritt der %.südliche Wind in den Platz, den
der %.Ostliche nicht bestreichen kann. Wo ein Passat_Wind streicht,
macht er continuirlich trokene Länder. ZE Lima. Die
Franzosen nennen diesen Vents alises. und die Engländer
Trade_vindts. Der Grund des %.Oestlichen Passat Winds ist
die Bewegung der Erde um ihre Axt von Osten nach Westen,
wo die Sonne durch ihre Wärme eingedrungen, und den
Zug so gemacht hat.
/Musson, Monsoms (wie die Engelländer sagen) finden
sich im %.Nördlichen Hemisphaerio der Zona torrida und etwas
weiter herauf. Das gantze Winter halbe Jahr wehet der
NordOst_Wind und bringt heiter Wetter. In den %.eigentlichen
Sommer_Monathen aber, wehet der Südwest_Wind und
bringt Regen_Wetter. Also haben sie zwei Zeiten.
Sommer und Regen_Zeit. Sobald die Sonne hoch kömt,
regnets, dies ist die Regen_Zeit, aber nicht der Winter,
denn es ist in beiden Jahres_Zeiten, immer heiß. Der
gantze Aprill ist ein Zweifel Monath, da hat der Nord¥
Ost_Wind noch nicht aufgehört und der Nord_West_Wind
sich noch nicht eingerichtet. Dieß ist die stürmische
Jahres_Zeit, worin sie noch offt wechßeln, eben so wie
im October, hiernach richtet sich der See_Fahrer, denn
er kann sicher darauf rechnen. - See und Land Wind
geben in heißen Climate einen nahmhafften Wechßel.
Eine Stunde nach Sonnen_Aufgang legt sich der Land¥
Wind, wenn sie höher kömt, steigt ein Wind aus der
/ See
|F_52'
/See auf, dieser wird immer stärker, je höher die Sonne
kömt %.und je mehr die Hitze zunimmt und ist eine Stunde
Nachmittag am stärksten, wenn die Hitze am stärksten
ist, «die» Je niedriger die Sonne komt; desto schwächer wird
er, und denn fängt eine Stunde nach Sonnen_Untergang
ein Land_Wind an, übers Meer zu wehen, der bis nach
Mitternacht immer stärker wird, und wieder bis an
den Morgen dauret, indem immer eine zweifelhaffte
Stunde dazwischen kommt. Hievon ist eben die Ursache, was
die Ursache ist, warum die Lufft im Zimmer nach dem Feuer
im Camin streicht. Das Feuer %.nehmlich daß die dünne Lufft
in die Höhe treibt, macht Platz, und dieser muß von kühler
ersetzt werden. Nun ist die See immer kühler als das Land,
und treibet deshalb bei Tage ins Land hinein, wo die Lufft
auf einen erhitzten Boden stehet, und an sich warmer
wird, als die See_Lufft. In der Nacht ist die See_Lufft
kühl und zieht sich also geschwinder zusammen und
macht der Land_Lufft Platz, die ihre Stelle ersetzt.
/Diese Winde machen die Länder bewohnbarer. Die
größten Stürme, sind an den Vorgebürgen, Archipelagis,
und in MeerEngen und entsPringen aus der Lage
der Länder; indem sie den Wind aufhalten und andere
Richtung geben. Man hat bei uns die Meinung, wenn
sich der Wind nach dem Neulicht in Osten setzt, so läufft
er den gantzen Compass herum, und es ist schön
Wetter. Hingegen, wenn er sich im Süden setzt, so ists
/ übel
|F_53
/übel Wetter. Zum wenigsten findet dies Gesetz sehr
stark in der Südsee statt. - An manchen Orten
regnets gar nicht. ZE. in Ober Egypten, desto mehr
regnets in Abessinien und in den 5 Sommer_Mo-
nathen continuirlich, wo der Strom so anschwillt,
daß er die Ufern in Egypten, überschreitet. Eben so
regelmäßige Ueberschwemmungen als der Nil, hat
auch der Menamstrom in Siam; das @macht@ Siam
ist eben ein solches Land als Egypten, hat auch zu
beiden Seiten %.große Sandwüsten, und in der Mitte
einen schmalen Strich Landes. Ein Land, wo es gar
nicht regnet, ist der Strich von Chili und Peru, der
an die See_Küste liegt. Wenn hier ein Seereisender
zuerst ankäme, würde ers für ein unbewohnbares
Sandland halten; nur hin und wieder bei Lima.
ZE. ist der Boden durch Bäche aus den Gebürgen
bewäßert; die Ursache ist der dortige südliche
Passat Wind, der immer troken Wetter bringt. In den
Cordilleras hingegen regnets so häufig, daß es
von 12 Monathen wohl 10 regnet und alles sehr
ausgewaschen wird, wodurch auch die große Ströme
in Süd_Amerika entstehen. - Regen in der
Zona torrida sind von den unsrigen sehr verschieden;
wenn alles Waßer immer auf einer Stelle blieb, so
würde es in Paris das gantze Jahr auf 21 Zoll
/ aus-
|F_53'
/ausmachen, in Holland ohngefehr 28 Zoll. - In manchen
Ländern regnets weniger als in andern, die Ursache lieget
in Bergen, Wäldern, Ströme und Moräste. Denn so wie
sich Gewitter nach dem Lauff der Flüße ziehen, so ziehen
sich auch Regen_Wolken, %.vorzüglich über Ströme, Moräste;
denn man hat in einige Länder Moräste ausgetroknet,
und dadurch hats aufgehört so stark zu regnen, und
dann hats man sehr wieder bedauret. - In Spanien
ists unfruchtbar, weil man dort die Wälder ausgehauen
hat, die die Wolken auch an sich ziehen, indem sie ver-
anlaßen, daß sie leicht abregnen. Es scheint eine Aehn-
lichkeit mit dem zu haben, daß die electrische Krafft an sich
ziehet. ZE. Thürme, Häuser, ziehen den Blitz an sich, des-
halb kan auch keiner auf die Mittelsteine anschlagen
werden, zum wenigsten hat man kein Beispiel davon,
weil die Häuser zu beiden Seiten höher sind. Auf dem
freyen Felde aber ist der Mensch der höchste und wird
demnach leichter erschlagen. Eben so üben die Wälder
in den Ketten der Dünste die Krafft aus, daß die Lufft
die Feuchtigkeit fahren laßen muß. In Sandwüsten
regnets gar nicht, weil ein solches Land keine erhabene
Gegenstände, und weil der Sand als ein Cörper der aus
kleinen Kieseln besteht, wenn er erwärmt, eine innere
electrische Krafft hat, die die Wolken, statt sie anzuziehen,
von sich weg treibt; denn ein electrischer Cörper
/ stößt
|F_54
/stößt den andern von sich und weil es keine Bäume
darinn giebt. - Sie haben die Gefahr, daß Menschen
im Sand begraben werden, und %.vermuthlich bei einer
Tromp de mer. In der großen Sandwüste von Corasan
wo man mit Camele reiset, findet man Cörper und
Camele im Sande begraben, die denn in Mumien
verwandelt werden; denn weils so troken da ist
daß sich auch kein Insekt da aufhält, so werden sie
von Ungeziefer auch nicht verzehrt und troknen
im Sande aus. Auf gleiche Art kann man auch
Blumen troknen, man legt sie in ein Glaß, und
streuet gantz feinen getrokneten Sand darauf;
der fällt dann zwischen alle Blätterchen, so daß sie sich
nicht zusammen ziehen können und auch nicht
an der Farbe verlieren. - Man hat auch Mumien auf
der Insel Teneriffa, wovon die Spanier meinen, daß
die alten Einwoner Leichen in die unterirdischen Grüffte
auf Rosten gelegt und dadurch getroknet haben; man
findet wohl das Eingeweide ausgenommen, aber fast
gar nicht balsamirt, wie es eigentlich zugegangen, weiß
man nicht. Wir haben nie 13 Zoll Waßer das Jahr, in
Bengalen aber regnets in einer Woche über 13 Zoll.
Ueberhaupt sind in den Ländern, die Mussons haben, wenn
diese sich einrichten, d. i. ein Monath lang zwischen jeder
Jahres_Zeit, die Regengüße ganz %außerordentlich. Der Regen
fällt nicht Tropfen weise, sondern als wenn es mit
/ Kannen
|F_54'
/Kannen gegoßen wird. Matrosen müßen die Segel ein-
ziehen, weils das Schiff wegen der großen Menge Waßer
daß sie einziehen, umküppen würde. Matrosen werfen das
Waßer vom Vordek über Bord, weil es nicht durch die Löcher
so geschwind ablaufen kann, deshalb sind diese Länder
auch immer unter Waßer und die große Hitze ist mäßig.
In ihren sogenandten Sommer, d. i. in den Winter_Monathen
kan man durch Ströme waden, so seicht sind sie, aber nachher
kömt in der naßen Jahres_Zeit, wieder eine so ungeheure
Menge Waßer, die das Land genugsam wäßert, und den
Reißbau vortrefflich macht. - Bei Guinea fällt Regen,
der den Negern Würmer auf der Haut erzeugen soll,
und solche Kleider, worauf er fällt, faulen, wenn sie weg-
gelegt werden, in ein paar Tage. Daß es in heißen Länder
soviel regnet, komt daher, weil die Wolken von beiden
Hemesphaeren durch den %.Ostlichen PassatWind, der %.eigentlich
dadurch entstehet, daß sich die Lufft von beiden HalbKugeln
nach dem Aequator drängt, in zonam torridam
zusammen getrieben werden.
/Mann solte denken, der Zusammenhang der Witterung
mit der Jahres_Zeit ist in jedem Lande, wenn sie unter
gleichen Clima liegen, gleich, aber dies ist nicht so, (es
ist anzumerken, daß hier nicht von Regen und Gewitter
die Rede sey; denn darauf haben schon das Aushauen
der Wälder pp. Einfluß, sondern wir reden hier nur
von Warme und Kälte) und sie sind unterschieden.
Mann merke folgendes: 1. Das %.Nördliche Hemesphaeria
/ ist
|F_55
/ist wärmer als das Südliche. 2. Das alte Continent ist
wärmer als das neue. 3. In den %.Nördlichen Hemesphaerien
sind die %.Westlichen Küsten wärmer als die %.Oestlichen. -
Tonea liegt so hoch, als Jakutzkoi, und dort thauts nie
nach 2 1/2 Fuß tief auf, und man kann auch Keller da
haben, hingegen in Jakutzkoi kann man 70 Fuß gra-
ben und thaut doch nicht auf. Man könnte sagen, die
Höhe des Landes ist hier Schuld daran, aber mann
nehme China und Neapel, die beide südlich liegen.
/In Pekking frierts so heftig, daß die Chinaiser mit
Pelzen von MeerOttern, einen sehr diken Pelze, sich
sehr wohl verwahren. Dortige Missionarien berichten
dieses. Der Kayser Kientong, ein großer Barbar,
wollte den Geburthstag seiner Mutter celebriren und
auf dem Strom festivitaeten anstellen, aber er war
in Furcht, wegen des leicht zufrierenden Stroms, denn
er frieret da gantz fest zu. Nun kam einer, der versPrach
zu machen, daß er nicht fröre. Der Kayser bewilligte
es, mit dem Bedeuten, er würde den Kopf verlieren,
wenn es fehl schlüge; er nam einige 1.000 Menschen,
die mit langen Stangen in den Strom schlagen musten,
anfangs gings gut; als aber das TreibEis von oben
kam, verdikte es sich, ward steif und fror des
Schlagens unerachtet zu. Der Mensch verlor seinen
Kopf. In Neapel schneits wohl, aber sobald der Tag heran
komt, ragen die grünen Gewächße aus dem Schnee
hervor. Selbst in Contang in China, daß unter die
/ Tro-
|F_55'
/Tropica liegt, frierts Eis im Winter. Auch in America soll
die %.westliche Küste wärmer als die %.Oestliche seyn, und %.hauptsächlich
in Nord America, denn sobald man vom Mississippi gegen
den Mysuri komt, ist unter demselben Climata schon
wärmer. Da, wo ein groß Continent ist, ists immer
kälter, als da, wo eine Insel ist. Die Bäume können die
Kälte in Paris im Winter nicht aushalten, die sie in London
aushalten. Inseln liegen offenbar im Meer, und das
Meer hat eine mildere und gelindere Temperatur, in-
dem die Hitze in die Tiefe deßelben nicht so eindringen
kan, und die Kälte eben deshalb auch nicht, als bei einer
Landes_Fläche, wo der Boden des Landes sich nie ver-
ändert, sondern immer oben liegen bleibt %.und die Kälte
würde so einziehen können, daß die Wärme den Boden
nicht so gut durchdringen kann. Deshalb haben auch
die oreden keine große Kälte und im Winter keinen
Schnee. - Bergen in Nordwegen gleichfals. - Einige
Länder haben im Sommer nicht genugsame Wärme
und im Winter nicht genugsame Kälte. Z. E. die Falklands¥
Insel liegen ungefehr in unserm Clima, und dem unge-
achtet frierts da niemals, aber im Sommer ist immer kalte
Lufft, und es wächst auch da nichts rechts. Wir haben
angemerkt, daß das alte Continuet wärmer als das
neue sey. Man muß %.nehmlich die Oerter von America
so rechnen, als wenn sie 12 Grade weiter in Norden
lägen, als ein Ort, der mit ihnen unter einen parallel
/ Zirkel
|F_56
/Zirkel liegt, Die %.Südliche Halb_Kugel hat weniger Wärme
als die %.Nördliche weil da, wenn selbst da Sommer ist, ganze
Eisschollen im Meere treiben, und es in ihren Sommer
so kalt ist, als bei uns in mittelmäßigen Winter, vielleicht
weil die %.Südliche Halb_Kugel fast gar kein fest Land enthält,
und die See die Sonnen-Wärme nicht so sehr eindringen
läßt, doch befriedigt dieser Grund noch nicht vollkommen.
Daß die %.Oestliche Küsten kälter als die %.Westliche sind, be-
zeigt Sibirien, welches in Strichen, die in den temperir-
testen Climaten mit Europa verglichen, die δ_Lücke Kälte
haben. Das %.nördliche America ist kälter als die Welt,
und das gantze Land scheint noch neuer zu seyn,
und die Natur scheinet noch nicht ein so großes Alter
bei der Entdekung gehabt zu haben, als damals
die alte Welt, indem %.nehmlich die Ströme sich noch nicht
recht in ihren Ufern befestigt haben, welches die Hitze
gleichfals abhält. Das %.nördliche Hemisphaerium ist
wärmer als das %Südliche. Das siehet man aus der Be-
schreibung von Terra del Fuego, wohin Coock mit
HE. Beaucks und D. Salander, als er durch die Ma-
gellanische Straße reisete. Das Land hat ohngefehr die
Breite von Preußen, und doch fanden sie, wenn dort
Sommer ist, d. i. im January, Berge von oben bis
auf den Fuß beschneyt; ja die Kälte war so %.empfindlich
daß 2 Menschen todt frohren, und als andre mitten
/ in
|F_56'
/in der Bewegung schläfrig wurden, sagte ihnen der
Brittische Artzt, sie sollten sich hüten, denn schlafen %.und
sterben in die Kälte sey einerley und sie würden
verlohren seyn. Denn der Schlaf ist ein frühes Kenn-
zeichen, bei der Kälte, vom Tode, denn das Blut ist denn
geronnen. Und nachdem er schon gepredigt hatte,
war er selbst so schläfrig, daß er bat, sie sollten ihm
nur ein klein wenig schlafen laßen, und er wollte
lieber sterben als nicht schlafen. Einen solchen Einfluß
hat die Afficirung der Nerven auf den Verstand, dieß
Land ist noch dazu mit Seen umgeben, die schon an sich
ein Land wärmer macht und liegt in einem so milden
Clima. Die Einwohner sind die elendesten Menschen
von der Welt und haben Aehnlichkeit mit den Pescheros
die halb nakt sind und nur eine SeeHaut um sich her-
um geworfen haben. Parkinson der mit dem Coock
reisete, ein Quäker, zeichnete die Einwohner von del
fuego, sie sind klein, kümmerlich, ohne Bart, und wenn man
dagegen das frische Gesicht eines Neuseeländers ansiehet. -
Sie finden nichts bewundernswürdig: als sie Z. E. das
erste Schiff sahen. Es ist ihnen einerley, was man
ihnen schenkt, Meßern oder Nagel. Aufs Eßen sind
sie aber %.außerordentlich begierig. Sie schließen ihre
Hütten in diesem kalten Lande nicht ein mal zu,
/ sondern
|F_57
/sondern sie stehen offen, wie die Lufft_Häuser. Das trau-
rige Land scheint auch daran schuld zu seyn, daß sie ihre
Kinder und vielleicht auch sich selber eßen, den Thiere
haben sie nicht und leben bloß von SeeHunde, die sie
bis zum faulen aufbewahren. In der %.südlichen Halb_Kugel
findet man in einer weit nähern Distance treibendes
Eis, als auf den unsrigen. Bei C«¿»irconsion sind schon un-
geheure Eisschollen. Mann führet zur Ursache an: auf
beiden HalbKugeln ist die Sonne nicht gleich lang, die
Sonne ist 8 Tage länger auf die %.nördliche als auf die
%.südliche Hemisphaere. Von Herbst aequinoctio bis zur
Frühlings aequinoctio sind 8 Tage weniger, als vom
Frühling bis zum Herbst, da nun die Sonne unser
Hemesphaerium 8 Tage länger bescheinet, so haben
wir auch in 52 Jahren einen Sommer mehr; und das
könte auf eine lange Zeit eine Menge Sommer ausmachen;
Aber da müßte auch als ausgemacht gelten, daß, wenn
wir in der alten Geschichte zurük gehen, eine solche
Kälte müßte gewesen seyn, als jetzt in America in
terra del Fuego. Das findet man nicht und die Ursach
ist demnach unbekandt. Wie ists in der alten Zeit ge-
wesen? Wars damals kalter oder weniger kalt?
Hat die Wärme ab oder zugenommen? Das Alter
pflegt immer das Gute voriger Zeit zu preisen. Aber
das Alter der Länder kan mit das Alter der Menschen
in keinen Vergleich gebracht werden. Denn was ist
/ ein
|F_57'
/ein Müken Leben von 60 Jahr, gegen die Dauer des Welt-
Gebäudes, wir wollen aber wenigstens in die Geschichte, so
weit sie uns bringt, hineindringen. Was die Betrachtung
der Natur ohne Geschichte anlanget, so findet man in
Sibirien an den Ufer der Ströme, Knochen von Elephanten
und Rhinoceros in der Erde. So wurde beim Gilu
Strom %.Anno 1770 3 Füße und 1 Kopf vom Rhinoceros,
woran auch noch die Haut saß, ausgegraben. Das Eis
muß doch Stüke von der Erde weggerißen und darauf
getrieben haben. - Ehedem hatten sie sogenandte
Mammons Knochen, die von einem Thier unter der
Erde sein sollten, das die Gestalt eines Maulwurfs
hat, wie wohl viel größer haben sollte, aber daß sind
Elephanten_Zähne. Bei der Mündung der Ströme, die
sich ins Eis Meer ergießen, sind sie am häufigsten.
Russische Professoren und Studenten schreiben in den
Nachrichten beim Ausfluß des Oby, daß man noch
%.würkliche Elephanten mit der Haut an der Lufft
liegen sehe. Mann kann deswegen der langen Zeit
kaum glauben, es müßte denn seyn, daß eben das
Eis eine Streke Landes ausgewühlet habe, und sie
also offenbar da lagen, als diese Leute hin kamen.
Da nun schließen wir, wie der Elephant in die Erde
hinein gekommen ist, so muß sie doch damals noch
nicht gefroren gewesen seyn, jetzt aber ist sie beständig
gefrohren, also ists ehedem wärmer gewesen, als jetzt.
/ Bei
|F_58
/Bey der Frage, ob die Elefanten dort zu Hause gewesen
seyn, oder ob eine %.erschrekliche Flut, deren Möglichkeit
wohl nicht abzusehen ist, die Elefanten über %.die Gebürge
von Indostan nach Sibirien gebracht, ist zu vermuthen,
daß das ihr Wohnplatz gewesen; denn alle Muscheln
die man da gräbt, hören in wärmere «G»Climaten zu
Hause und liegen gantz regelmäßig in ihre Stralen,
wie sie liegen, wo sie zu Hause sind. - Andere
Länder haben die Gewächße nicht mehr, die ehedem dar-
auf wuchßen. Die Natur giebt also Spuren von einer
gewißen größern Wärme. Der Libanon soll jetzt
beschneit seyn, der ehedem Zedern trug. Aber selbst
in der Schweitz will man in hohen Gegenden, Holtz
angetroffen haben, wo jetzt nur der Schnee zu
Zeiten weg schmiltzt. Buffon nimmt das als eine
ganz bewiesene Sache an, wie er nun hardi zu
waghalsigen Muthmaßungen, daß alle Planeten
erst durchglühet gewesen sind, und allgemach
abgekühlt sind, und die %.gäntzliche Abkühlung der
Erde, würde ihr dereinst ihren Verfall geben,
wenn die Erden_Wärme aufhören würde, indem
die Sonnen_Wärme nicht hinlänglich sey, Gewächße
hervor zu bringen und unsere Nachkommen würden
immer kälter haben. Er nimt also unsere Erde als
den Rest eines Feuer_Klumpen an, der nach und
/ nach
|F_58'
/nach Schlaken angesetzt und sich abgekühlt hat. Diese
Meinung laßen wir in ihrem Werth oder Unwerth. Aus
der Geschichte sollte mann glauben, daß ohnedem alles
kälter gewesen. Wenn die Römer von den Lombardey
reden, sagen sie der Weitzen gerathe nicht gut und denn
sey zu kalt, und jetzt ists %.das schönste Theil von Italien.
Hier könnte man sagen, sie haben den Weitzen nicht gut
tractirt, aber sie geben bestimmtere Beispiele. Die
Tiber muß regelmäßig gefrohren seyn; denn Horaz
sagt, von einem abergläubischen Weibe, sie bricht das
Eis der Tiber auf, um sich zu baden; und doch ists jetzt
schon zu bewundern, wenn ein EisZapfen nach Norden
zu hängt. - Julius Caesar ging über die Rhone
mit aller seiner Bagage, und dieses wird gar nicht
als etwas besonderes angeführt, und doch friert
sie jetzt niemals zu. Zur Zeit des Constantinus
Copronimus fror das ganze schwarze Meer zu.
Ovid redet in seinen Libris tristium von dem Orte
Tomi, wo er sich die Jahre seines Exiliums aufhielte,
wie von Sibirien, und doch ist jetzt dieser Orth, der
nun Aquino (am Ausfluß der Dona) heißt, der
herrlichste Landstrich von der Welt. Die Römer
beschreiben Deutschland als ein Land, daß die Kälte
unfruchtbar mache, und doch zieht mann jetzt die
schönsten Weine schon in den %.Nördlichen Theile deßelben.
/ Der
|F_59
/Der Rhein_Wein ist der nobelste Wein und hat viel Feuer,
und hat eine Eigenschafft, die die @cextion@ der Natur
beweißt, denn er hat einen Satz, der ein Nerven-
stärkendes Mittel ist. Er wächßt auf einen Schiefer¥
Berg. Die Ursache, die man davon abgiebt, daß es
ehedem kälter gewesen, ist diese, die Wälder hatten
ehedem die Länder bedekt, so daß der Schnee liegen
geblieben, von diesem Schnee hätten kalte Winde
gewehet, und wenn die Sonne den freien Boden
nicht gut erwärmen kann, so kann die SonnenWärme
hier nicht in die Erde hineindringen, aber dieser Grund
ist richtig, denn der Schnee wärmt den Boden, und wo
Schnee darauf lieget, wird die Erde um so tief frieren,
als die Erde mit Schnee nicht bedekt liegt.
/Unsere Erde hat %.nehmlich eine %.eigentliche Wärme, die,
die wenns oben gedekt ist, unten immer wegthaut, was
oben gefriert, und das Waßer tropft unten ab,
beim stärksten Frost. Zudem berichtet D. Francklin
von Nord_America, daß da die Wälder ausgehauen
sind, die Wärme nicht im geringsten zugenommen
habe. Es ist demnach zu vermuthen, daß darinn
etwas Priodisches herrsche. In Sibirien wars ehedem
sehr warm, und vielleicht wird einmal wieder so
warm, und vielleicht ist die Wärme dort schon im
ZuNehmen. Vielleicht kömt das vom Magnet her.
/ Der
|F_59'
/Der Magnet steht nicht gerade nach Norden, sondern
dem Magnetschen Punct, der jetzt 70 Grad der Breite,
und Island zusteht. Ehedem war unten in Osten den
%.Anno 1766 war die Magnetnadel in Danzig gerade nach
Norden gerichtet. Jetzt weicht sie 13 %Grad in Westen ab, und
so continuirt sie, bis sie mit der Zeit umkehren wird,
wenn sie herum komt. Diese Magnetische Krafft nun,
die alles in der Welt regieret, ob sie gleich von uns nur
aus den Einflußen aufs Eisen gekanndt wird, kann
den geheimen Einfluß auf Wärme und Kälte haben,
den wir nicht einsehn. Der Magnet beweiset, daß
in die Erde etwas seyn muß, daß alle revalutionen
macht, die auf der Erde vorgehen, und eben so gut
kann dieses Etwas die revolutionen der Witterung
verursachen. - Auch Menschen haben Einfluß auf die
Vermehrung der Wärme und wenn diese gleich nicht so
groß ist, daß sie auf den Termometer sehr bemerkt
werden könnte, so würkt sie doch in Absicht der Em-
pfindung. Wenn Menschen den Akerbau cultiviren
wollen, so lokern sie den Boden auf, und daß ver-
ursacht ein scharfes Herausdringen der ErdWärme,
und seit der Zeit, daß Länder durch den Akerbau
cultivirt werden, wird das Clima milder. In
America fängt man schon an, daß ein Bischen zu merken,
ob der Strich gleich %.unmerklich ist, der geakert wird.
Mann kann sich daß leicht vorstellen, daß das akern
/ etwas
|F_60
/etwas beitragen kann; denn aus einer erstaunlichen
Fläche, als wenigstens der 5te Theil eines großen
Landes ist, kann schon viel ErdWärme herausdringen.
Bisher haben wir die Dinge auf der ganzen Fläche der
Erde betrachtet, die man noch jetzt und stets darauf
findet, jetzt folget eine Betrachtung der Veränderungen,
die die Erde von den ersten Zeiten erlitten hat, und
noch künfftighin erleiden möchte. Wer nur die geringste
Kentniß von Globo hat, siehet wohl, daß sie große
Veränderungen erlitten hat und leidet. Wir haben
hier 2 Documente zu allegiren. Archiologiam
physicam und auch historicam. Dies letzte möchte
wohl nicht weit reichen, indeßen, soweit es gehet, wollen
wir uns bedienen: Die Veränderungen der Erde, die
noch immer fort dauert, und die, wenn sie lange ge-
würkt haben, schon nahmhaffte Veränderungen müßen
hervorgebracht haben, und was sie noch darin hervor-
bringen werden, sind Würkungen des Regens, der
Flüße, des Meeres und der Menschen. Was die
Würkung des Regens betrifft, so ist gewiß, daß da-
durch, von den hohen Erdtheilen abgesPült und in die
Thäler abgeschlept werden, die, den die Flüße bekommen,
unterwegens absetzen und zum Theil ihre Ufer dadurch
erhöhen, oder die Materie in der See absetzen und
Länder formiren oder auch ihren Lauf mehren, daß
er weiter ausgebreitet werden kann; so wie der
/ Nil
|F_60'
/Nil durch den abgesetzten Schlamm formirt hat. Hier
ist also eine nahmhaffte Wirkung. Die Länder die kalte
Winter haben, wie die Erde durch den Frost mürber ge-
macht %.und die Wirkung ist da stärker, durch den Einfluße
des Regens, und durch die Regen Bäche wird die Erde
immer weniger steil gemacht; und so nimmt die Höhe
nach und nach ab. Die Thäler werden ausgefüllt und
der Strom streicht langsamer, und bringt nicht mehr
viel Waßer in der See. Die Gefälle der Ströme ver-
ringern sich nach und nach, denn die Höhen werden
immer niedriger, die Flüße verlaufen ihr Bette und
werden immer mehr der horizontal Fläche nachgebracht.
(Ein Gefäll von einem Fluße kan auf 100 Meilen, wenn
es sich senkt, den Strom den schnellen Lauf benehmen)
Aber alsdenn würden sie zuletzt ja gar nicht mehr
fließen? Es kan seyn, denn vor Alters haben sie %.würklich
mehr waßer in die See gebracht %.und man siehts auch
an den vorigen Ufern und jetzt scheinen Ströme bei
ihren Mündungen alles Waßer verlohren zu haben.
Freilich wenn die Höhen abgespüllt werden, so ist die
Abdachung des Landes nicht so groß %.und daß Waßer läuft nicht
so geschwinde zu den Flüßen, sondern stagnirt im Lande, %.und
dünstet im Lande aus und die Ströme kriegen weniger
Waßer. Aber dem ohngeachtet gehöret eine %.außerordentlich lange
Zeit dazu, ehe dies alles %.merklich wird. Ein gewißer Engländer
Gout reisete das SchlachtFeld zu sehen, das Homer beschrieben
/ und
|F_61
/und die Ida, auf dem die Götter die Schlacht zusahen, und
von da die herrlichste Aussicht auf die Dardanellen seyn soll,
fand, daß ein %.kleiner Bach eine Wiese und die gesamte Gegend
noch nicht so ist, wie Homer sie
beschreibet. Homer ist nun
schon seit 3.000 Jahren todt, und doch hat sich noch nichts nahm-
hafft verändert. In Astrachan, wo tartarische Völker
waren, wie man aus ihren Arabischen Grabschrifften
schließt, giebts Wälle, die schon viele 1.000 Jahre alt sind,
%.und sind doch conservirt, so daß sie im geringsten nicht
verändert sind; sie sind mit Mooß bewachßen, und
durch das Wachsthum wird Erde erzeigt und mit dem
Staub, den der Wind hinzusetzt, daß ersetzt, was der
Regen abspühlt. Merkwürdig ist die Veränderung, die
den höchsten Felsen wiederfährt. Ariot schreibt, von
den almächtigen Dogiatation der Pyrenaeen und
zeiget daß der Granit, so hart er ist, doch an der Lufft
verwittert, und durch welche ungeheure Lasten von
Granit schon in die Thäler herabgeschwemt sind; daher
sind manche Steine wurmfräßig, d. i. es gehöret
keine große Krafft dazu, um sie zu zerbrechen, und
wegen dieses ists schlimm, in Gebürgen zu reisen;
weil sie leicht einstürzen. Die große Sandwüsten,
möchten also verwitterte SteinFelsen seyn; denn
der Sand ist ein Niederschlag von allem, woraus alle
Gebürge nur %.anfänglich gemacht waren. Eine Million
von Jahren dürfts wohl nicht dauren, so vergehn
/ alle
|F_61'
/alle Berge. Beim allgemeinen zurükweichen oder steigen
des Meeres behaupten die Naturforscher, bald das eine
bald das andere, an einigen Küsten wirds an seiner
Höhe immer niedriger und ziehet sich zurük; andere be-
haupten das Gegentheil, aber davor, wo es fällt, sind un-
gemein viel mehr Fälle. Dies hat einen gewaltigen
Einfluß in die Thorie, von der Gestalt der Erde in den
alten Zeiten. Z E. Es behauptet jemand, daß die Ostsee
so hoch gestanden, daß sie mit dem weißen Meer zu-
sammen gehangen habe, %.und daß Waßer sey allmählich
gefallen; diejenige, die da behaupten, daß das meiste
allmählig gefallen sey, sind Celsius, der die Sache am besten
etablirt hat, nach ihm Linée. In Italien behauptet
Eustaricus Manfredi das Gegentheil, der seine Versuche
beim Adriatischen Meer anstellt und die Holländer be-
haupten mit ihm, daß das Meer immer an ihren Ufern
steigt, wiewohl diesen Luelofs des prognosticon wegen
zu besorgender Ueberschwemmungen, wiederlegt, wiewohl
er das Steigen nicht gantz leugnet. Zwischen beiden ist ein
gewißer Bischoff Bravate. Der behauptet, es sey, so wie
es immer gewesen. Celsius machte seine Beobachtung bei
Goesel, wo es an der Küste Seehunds Steine giebt, d. i.
Steine, wo die Seehunde hinauf kriechen um sich zu wärmen.
Diese Steine gehören zur Stadt, werden vermuthet, wo-
bei aufgeschrieben worden ist, wie hoch das Meer jedes
Jahr gestanden. Nun maaß er sie und fand sie alle
/ höher
|F_62
/höher, als ehedem, und %.vorzüglich war einer remarquable,
denn er war so hoch, daß die Seehunde nicht mehr hinauf
kommen und sich sonnen konnten. - In 10 Jahr fand er,
fiel die See 4_1/2 Zoll, macht in 1.000 Jahr 40 - Daß
macht schon eine %.große Veränderung und damals müßen
noch große Landstriche unter See gewesen seyn; wenn
man auf viel 1.000 Jahr zurükgehet, so komt das heraus,
daß die See so hoch gestanden, daß auch die höchsten
Gebürge nur wie Inseln über der See hervorgestanden
haben, und allmählig gefallen sey. Es bestätigt sich
dieses Fallen durch alle Länder in der Welt. In
Holland und Adriatischen Meer, dem jetzigen Venetia-
nischen Golfo giebt Moräste, da kan die See länger
darauf stehen, als sonst wo. Daß bloße Weichen von
der Küste wird auch noch kein Senken beweisen,
denn was vom Meer von einem Lande wegweicht,
sPühlt ans andre an, aber die Seehunds Steine be-
weisen ein wahres Senken. An den Küsten von
Phoenicien siehet man noch die alten in den Fels
eingehauenen Tröge, wo man Seewaßer hinein
ließ und Saltz heraus zog. Jetzt kan man sie nicht
mehr brauchen; denn sie sind zu hoch, als daß die
See hinein reichen könnte. Die Rußen finden ge-
strandte Fahrzeuge eine Meile vom Eis-Meer. -
Bravail macht hier den Einwurf: An der Küste
von Finnland wachßen Bäume am Ufer, deren
Alter man finden kann, wenn man die Jahres_Zirkel
/ in
|F_62'
/in den Runden zählt, wodurch man bei manchen ein Alter
von 600 Jahren herausbringt. Nun sagt er: wenn
das Waßer in 100 Jahren, 4 Fuß sinkt, so sinkt es in
600 Jahren 24 Fuß tief und die Bäume müßen vor
600 Jahren weit unter dem Waßer gestanden haben.
Es giebt ein Daenisches Schloß an der See, fährt Bra-
valle fort, deßen unterste Etagen nun wenige Fuß
über der Meer Fläche erhaben sind, wäre die See
nur vor 800 Jahren 32 Fuß höher gewesen, so hätten
die unterste Etagen alle unter Waßer gestanden.
Dieß sind %.würklich nahmhaffte Einwürfe. Zu dem Ende
wollen wir dieses anführen: Rusbeck aus Schweden
findet, daß bei den beiden Hauptstraßen der Römer
via Appenina und Flaminea, die die Römer so schön
einrichteten, sich das Land %.ordentlich verschoben hat, und
das Land in der Mitte niedriger %.und an den Küsten
höher geworden ist. - Winckelmann führt an, daß
bei Pozzola ein Rest von einem alten Tempel ist,
der auf schönen Säulen von Granit liegt: Diese Säulen
sind 8 Fuß über die Fläche des Meeres, von lauter
faladen durchbohrt, d. i. von SeeMuscheln, die sich in
Stein hineinbohren, und weil sie unterdeßen wachßen, nicht
wieder heraus kommen können. Nun weiß man, daß
sie immer auf auf die Ober_Fläche des Meeres schwimmen;
als sie sich also hinein bohrten, stand das Waßer just 8
Zoll über den jetzigen Stand, und daher müßen die Pfeiler
einmal in Waßer gestanden haben. Der Künstler wird
ja zu den Säulen kein Granit genommen haben, der
/ von
|F_63
/von Muscheln durchbohrt war. Das Steigen und Fallen
des Meeres mag demnach wohl wechßeln, und bald hoch
bald niedriger am Gegenstande seyn. - Alle Gebäude
scheinen der Erde zu sinken, wiewohl daß nicht ist, denn
da müßten sie Riße kriegen, indem man hinan «offt»
statt treppen auf, offt Trepp ab gehen muß. Maria
rotondo. Dies ist das alte Pantheon, hatte zur Zeit der
Römer 4 Stuffen hinauf zu steigen, jetzt soviel
hinab. Ferner findet man bei alten Städten offt, daß
unter den neuen offt noch ein altes Pflaster liegt. Aus
diesen angeführten Gründen, scheint es daß sich die
Erde vermehret und erhöhet habe, daß das zur
Erniedrigung de«r»s Meeres, beitrage. Einige führen
Beweise an, die nichts beweisen, unter andern, daß
der Pharus in Alexandrien nach dem Bericht des
Homers, eine Tagreise weit von Egypten gelegen
habe; jetzt lieget er bei Alexandrien auf dem Lande.
Nun sagt man, die See sey so weit zurük getreten,
daß die See auf der der Pharus gestanden, mit dem
festen Lande verbunden sey. Allein Egypten heißt
bei den Alten, der Nil und hernach nandte man bey den
Alten die Länder nach den Flüßen, so wie noch heutiges
Tages Surinam nach dem Fluße so heißt, und nun
liegt der Pharus noch just eine Tagreise vom Nil,
%.nehmlich die Fahrt in einem %.kleinen Schiffer_Fahrzeuge dahin,
durch den Canal, der von Alexandrien bis an den Nill
gegangen ist, und ungefehr 20 Meilen lang ist, dauret
/ ungefehr
|F_63'
/ungefehr 24 Stunden. - Aus der angeführten Bemerkung
kan noch nicht geschloßen werden, ob die Abnahme des
Meeres %.continuirlich sey, oder bei einer Revolution ein
oder das andere mal geschehen sey. Der berümte Palas
macht Beobachtung beim Caspatischen Meer, wieweit
sichs ehedem muß erstrekt haben, weil er auf den Boden
Producte des See_Grundes fand und auch die Küste des
ehemaligen Standes des Meeres sehe. Die Crimsche
Steppe ist ehemals der Grund des schwarzen Meeres ge-
wesen, und das Caspatische hat so hoch gestanden, daß es
mit dem schwarzen Meere zusammen hing; da nun das
Mittelländische Meer nothwendig auch höher gestanden
hat, so hat man Ursache anzunehmen, daß die große
tartarische Wüste ein alter Boden des Meeres sey.
Bei der Insel Gothland (liegt mit der Küste von Gothland
parallel) kömt man, wenn man vom Ufer nach und nach
ins Land hinein gehet, über die Strandrüken, wie sie
Linneé nennt. Diese sind Hügel, die ehedem vom Meer
müßen aufgeworfen seyn; denn die See wirft bei
ihrer Bewegung immer Hügel auf, die zuletzt über dem
Meere hervorragen. Die preußischen Neerungen
sind nichts anders als Strandrüken oder hölländsche
Dünen; außer daß sie eine Scheide_Wand zwischen
einem Meer und einem Binnen-See machen, welches
die Dünen nicht haben: diese Nährungen oder Strand-
rüken wurden aufgeworfen, als die See noch viel
höher ging. Von ihrer Entstehung führet man diesen
/ zweifel-
|F_64
/zweifelhafften Grund an. Daß im Jahr 1170 ein %.Westlicher
Sturm %.unaufhörlich angehalten habe, der den Rüken nach
und nach aufgeworfen habe. Dem wiedersPricht, daß
zur Zeit Alfreds des Großen, gegen Ende des 8ten %.Seculo
zwey Leuthe geschikt wurden, die OstSee zu entdeken,
wovon sie auch den Namen hat, denn uns liegt sie
gegen Westen, aber den Engelländern gegen Osten,
(soweit zur Zeit der Königin Elisabeth das weiße Meer
entdekt wurde) damals. Demnach schreiben diese See-
Fahrer schon, daß sie zwey Binnen-Seen entdekt hatten,
aber bei Gothland kan man in einer Höhe von 70 Fuß,
wohl 15 Rüken zählen, woran man sieht, daß die See
immer niedriger und niedriger zu stehen gekommen
sey. Denn vor 1.000 Jahr muß dort die OstSee 70 Fuß
höher gestanden haben, weil sie nun soviel gefallen ist; -
Bei den Scheeren vor Stokholm, oder in den Stokholmschen
Felsen, findet man Riesen_Töpfe, d. i. Löcher in Felsen,
die oben weit und unten enge werden, und also die
Gestalt eines Topfes haben und ungefehr so groß sind,
daß ein Riese darin stehen kann, in diesem allen liegt
unten ein Stein, der abgerundet und abgeschabt ist,
hiervon gibt Linneé dies als die Ursache an: Im
Anfang, als die Felsen noch nicht ihre Härte hatten, sie
irgend ein Stein auf den Grund des Meeres, daß da-
mals noch darüber stand, gefallen. Dieser habe das
Waßer immer beweget, so daß er sich immer tiefer ein-
gemahlen hätte; jetzt kann er sich nicht tiefer mahlen,
/ weil
|F_64'
/weil der Felsen schon seine Härte hat und jetzt sind schon
auch die Riesen_Töpfe, oberhalb dem Meer. Linneé
ein Mann von großem Geiste, in Classification der
Natur, aber auch von viel Waghalsigkeit in Behauptung
einer einmal angenommenen Hypothese, nimmt an,
daß nur eine einzige Insel über der See, und zwar
in Zona torrida gestanden habe. Auf dieser lebten
die ersten Menschen und Thiere; denn ein Land, daß
solche hohe Gebürge hat, hat alle Climaten aufzuweisen
Z E. Auf den Cordilleren wächßt oben Rennthier_Mooß;
in der Mitte sind Gewächße und Thiere der temperirten
Striche und am See_Ufer sind die heißen Producte. Eben
solche Insel enthielt, also die gantze Schöpfung und in
der That erklärt dies das Mosaische Geschichte sehr.
/Denn haben sich die Seen nach und nach zurükgezogen;
bis nach und nach die Berge zum Vorschein gekommen
wären, die %.anfänglich lauter %.kleine Inseln waren und
so sey die See immer nach und nach gewichen. Die
nahmhaffte Einwürfe, sind die oben angeführte, des
Browall, Bischoff von Abo.
/Mann hat die Meinung angeführt, daß. %.das Meer
immer höher stieg. Eustachius Manfredi sagt: das
Adriatische Meer scheine immer höher zu steigen, %.folglich
das ganze Mittelländische und %.folglich auch, weil es mit
diesen zusammen hängt, das Atlantische und so der
gantze Ocean. Zur Ursache führt er an, weil die Flüße
%.continuirlich Schlamm in die See führten, und dadurch
/ das
|F_65
/das Bett der See anfüllten, daß %.das Waßer immer höher zu
steigen könne, seine Beobachtung ist diese, der Parassan
marco in Venedig, (Venedig liegt auf 7te. Inseln und hat
statt der Straßen lauter Canäle, worauf man auf
lauter Gondeln fährt) ist ein sehr altes Gebäude, daß
800 Jahr nach %Christi Geburth gebauet ist. Er hat nach dem
Waßer zu marmorne Stuffen, um von da in die
Gondeln zu steigen. Nun hat der Golfo di venetia
hier Ebbe und Flut, ob sie hier gleich nicht so beträchtlich
als in andern Meeren ist, jetzt stehet zur Zeit der Flut
die marmorne Bank immer unter Waßer. Nun ist
nicht %.glaublich daß der Baumeister die Bank so wird an-
gelegt haben, daß sie zur Zeit der Flut unter Waßer
stand. Die Kirche zu Ravenna ist zur Zeit des Theodosii
M. gebauet und stehet noch im schönsten Zustand nur mit
dem Unterschiede, daß die Kirche die Incommoditaet hat,
daß das Waßer den Boden der Kirche überschwemmt, nun
sagt er, der kluge BauMeister eines so %.prächtigen Gebäudes
wird es doch nicht so gebaut haben, daß das Meer bis
so hoch gestiegen seyn könne. - Die Holländer be-
haupten das %.nehmliche und es werden zu dem Ende, um
die Größe des Steigens genau zu bestimmen, Preis-
Fragen nach Harlem geschikt: Unterdeßen corrigirt
Luloff ihre Berechnung in sofern, daß er beweiset, daß
das Meer nicht völlig so hoch komme, als sie sagen, wiewohl
er es nicht gantz läugnen kann. Mann kan kurz und gut
darauf antworten: Holland sowohl als die Gegend um
/ Ravenna
|F_65'
/Ravenna sind Länder, die in alten Zeiten gar nicht Festig-
keit %.und trokenen Boden enthielten, sondern die ehedem
mit lauter Morräste bedekt gewesen sind. Der Rhein
und die andere Flüße hatten die Gegend überschwemmt,
und sie ward durch %.und durch sumpfigt. Als die Menschen
das Land bewohnten; fingen sie an zu suchen das
Waßer abzuleiten, %.und nun sinkt das Land immer
tiefer zusammen. Denn da das Waßer, daß ehedem
die Morräste enthielten, immer mehr weggeschafft, und
das Land immer mehr troknet, so sinkt es immer zu-
sammen, aber die See steigt nicht höher. Einige führen
hiewieder an, wenn Gebäude sinken, so kriegen sie
Riße. Die Theodosius_Kirche aber hat keinen Riß
bekommen. Mann antwortet darauf: Wenn der Boden
almählig nachgiebt, in dem er gedrukt wird, so muß
es freilich an einem Hause Riße verursachen, wo
aber das ganze Land sinkt, da sinkt das Gebäude
%.eigentlich nicht, sondern das bleibt in seine ganze Ordnung
auf den sinkenden Lande stehen. Da nun die viele
Canäle machen, daß %.das ganze Land immer mehr zu-
sammen troknet, so kömt das Gebäude daher niedriger
zu stehen. Aus alle dem angeführten möchte %.endlich
soviel folgen, daß das Meer %.almählich die höchste
Küste verlaßen habe; da aber die Quantitaet da-
von sehr %.unbeträchtlich ist, so können wir glauben, daß
dieses Zurükziehen schon vollendet sey. Um noch
die Verminderung des Meeres zu beweisen, hat
/ mann
|F_66
/man sich darauf beruffen, daß alle Flüßigkeiten in festen
Materien verwandelt werden. Man kan dieses daraus
sehen, wenn man eine gut getroknete Erde wiegt, %.und
denn in einen Topf setzt, und einen Baum hinein pflantzt,
diesen Baum läßt man verschiedene Jahr wachßen,
indem man fleißig Waßer auf die Erde gießt. Nach
Jahren nimmt mann den Baum heraus und troknet die
Erde und wieget die Erde, sie ist nicht das geringste
vermindert; %.folglich ist der Baum bloß von Waßer
gewachsen; so werde auch, sagt man: das See_Waßer
durch das Wachsthum der Meer_Gewächße in feste
Substanzen verwandelt.
/Merkwürdigkeiten von Holland. Ein holländischer Autor,
Marbinet, merkt folgendes wißens_würdige an. Die
Südersee ist der Busen der Norsee, zwischen Holland
und Friesland: Die Mündung dieses Busens ist durch
Inseln, als Texel, Flith, Schelli, besetzt. Die Länder
rund herum sind mit Dämme gegen die Südersee be-
setzt, denn man sucht immer die Länder in Holland ein-
zudichten, durch diese Dämme wird die Südsee, von
andern Gegenden abgehalten. Sie kosten ihnen viel zu
unterhalten, aber der Viehweide sind sie doch immer
%.vortheilhafftig Die gantze Südsee ist demnach fast mit
Dämme bornirt. Jetzt werden die Damme zur Zeit der
Flut und %.vornehmlich der Springfluth je länger je stärker
bedroht, einmal beim Sturm überschwemt und über-
treten zu werden. Was die Gefahr vergrößert, ist,
/ der
|F_66'
/der Strom wäscht sein Bette immer breiter, mithin komt
zur Zeit der Flut immer mehr Waßer in der Südsee
hinein, so daß nur noch einmal ein starker Nordwind
dazu kommen %.und das Waßer noch dazu treiben darf,
so zerreißt das Waßer die Dämme, und verursacht
Holland den %.unersetzlichen Schaden. Die 2te Gefahr sind
die Dämme an den Flüßen. Holland hat sehr schöne
Vortheile, durch die Republicanische Freiheit, indem
nicht nur die 7 Provinzen, sondern auch jede einzelne
Stadt vor sich, in dieser Unabhänlichkeit leben kann,
da nun die Länder verschiedener Städte einen Strom
haben, so will ein jeder nicht, daß seine Wiesen sollen
überschwemmt werden, daher schließen sie den Fluß
mit Dämme ein. Da nun der Strom seinen Schlamm
nirgends absetzen kann, (denn wenn ein Strom über-
tritt, so setzt er immer einen fruchbaren Schlamm ab) so
schleppt er seinen Schlamm mit sich und läßt ihn
endlich auf den Grund fallen, wodurch er sein
Bette verdirbt, und die Dämme müßen, denn doch auch
%.endlich den Fluß höher machen, sein Austreten bewirken;
Soweit die Theorie von der Wirkung des Meeres
durch den Neptun.
/≥ Die Veränderungen der Erde durch Vulcane. ≤
/Ein gewißer Lazaro Romana führt davon folgendes
an. Die Eruptionen der Vulcane sind %.erstlich sehr
allgemein auf der Erde gewesen, denn man zählt
solche schon 20 bis 30 in der %.kleinen Streke, von Cassel
bis an den Rhein; Bei Puzzolana im Cöllnischen findet
/ sich
|F_67
/sich Vulcanische Asche. - Aber man hat Ursache zu glauben,
daß die Veränderungen der Vulcanen erst nach den
Veränderungen durchs Waßer gekommen sind; denn wenn
man in eine gewiße Tiefe gegraben hat, so findet man
keine SPuren von Vulcanen, sondern immer von Waßer.
Die Vulcane sind immer an der Oberfläche und gehen nur
auf eine gewiße Tiefe. Sie scheinen also angefangen
zu haben, als die See und Land schon ganz gebildet
waren. Die Inseln des Archipelagus scheinen durch
lauter Vulcane entstanden zu seyn. Jetzt haben sie
keinen nahmhafften Einfluß mehr in der Veränderung
der Erde; um sich herum können sie wohl noch manches
reussiren, im übrigen reichen die Laven nicht weit.
Hamilton berichtet von einer eruption die im %.August
des vorigen Jahres geschehen. Es geschah ein Knall,
wovon die Mauern in Neapel Riße krigten, und in
dem Augenblik schoß ein Feuerstrahl aus dem Berg
in die Höhe, und zwar einer solchen Höhe, die 3 mahl
höher war, als die des Vesuvs. Dazu gehöret eine
große Krafft, und das Feuer muß nicht aus dem
leichtern, sondern aus dem dichtern Feuer bestanden
haben; sonst würde es durch die Lufft wohl seitwärts
getrieben seyn. Sein Cicirone, oder wie man ihn
nennt, Cyclop. Bartholomes, dient ihm hier noch
zum VorsPiel, bei dieser eruption. Denn da der
Berg noch einmahl anfing auszuwerfen und ihm die
Bimssteine anfingen zu incommodiren, und ihm
/ durch
|F_67'
/durch die Lava der Rükweg, abgeschnitten würde, so
rieth dieser ihm gerade über die Lava zu laufen, welches
in der That wohl %.gefährlich ist. Aber die Lava setzt im
Laufen oben immer Schlaken an und er resolvirte sich,
lief über den flüßigen Lava und reussirte Theorie
der Erde, wornach wir die gegenwärtige ErdGestalt
und die Veränderungen, die sich mit ihr haben zuge-
tragen, haben bestimmen wollen. - Hier ist der
1te Weg durchs Archiv der Natur, indem man aus der
Wirkung, die man jetzt auf der Erde sieht, auf die
ehemaligen Ursachen schließt. Aber 2tens indem
man die heiligen Bücher befrägt. - %.Menschliche Bücher
können uns darauf nicht zurüke führen, was die
allmächtige Veränderungen der Erde verursacht habe.
Denn unsere profan Geschichte gehet nur so weit, als
die Kunst zu schreiben. Die Archiologia sacra
nimmt an, daß die Erde mit allen ihren Gebürgen,
Strömen p. p. ein unmittelbares Product des %.göttlichen
schaffendes Wortes sey, und daß dieses Werk der
Erde nicht nach gewißen Natur_Gesetzen fertig geworden.
Daß die sonderbare Veränderungen durch eine
unmittelbare %.göttliche Kraft, %.nehmlich durch eine Waßer¥
Flut entstanden sey, die innerhalb eines gantzen
Jahres das gantze %.menschliche Geschlecht und alle Thiere,
einen %.kleinen Ueberrest ausgenommen, verzehrt habe.
Was die jetzige Gestalt der Berge, Ströme p. p. betrifft,
wovon man keine SPuren in der Natur findet, daß
/ sie
|F_68
/sie schon bei der Schaffung so gewesen sey, wird als
ein Tagewerk beschrieben. Aber die Ausleger sehn
wohl, daß diese Ausdrüke nur dazu sind, um die
%.Göttliche Werke zu specificiren. Daher sagen die Schrifft-
Erklärer, es ist eine Eintheilung der Geschöpfe, wie
sie aus der Hand Gottes gekommen sind, die auf %.menschliche
Art eingekleidet ist. - Der Physicus muß aber auch
die Natur Kräffte durchschauen, wie die Erde nach
und nach möchte entstanden seyn. Denn wenn die
Naturforscher den Weg abschneiden und unmittelbar
zur %.Göttlichen Offenbarung ihre Zuflucht nehmen, so schafft
dies wohl einen kürzern Weg, bringt aber eine faule
Vernunfft vor. Deswegen muß auch die Archiologie
Naturalis studirt werden.
/Die Sündfluth wird beschrieben, als wenn sie die
Erde gar nicht verändert habe; denn die Bäume
waren gleich wieder da, die Thiere hatten gleich ihr
Futter, es war also vielmehr eine Vernichtung der
Thiere, als eine Devastation der Erde. Wir sehen
aber, daß die Veränderungen, die auf der Erde sind,
Jahrtausende müßen gewährt haben, und wovon
wir wahrnehmen, daß ihre jetzige Gestalt manche
Länder in alten Zeiten gar nicht gehabt haben. Die
Flüße können in alten Zeiten gar nicht gewesen
seyn, denn das Land muß erst solche Biegungen haben,
daß es all sein Waßer in einen Canal gießen, und
dieser kan sich erst nach und nach formiren. Ferner,
/ wenn
|F_68'
/wenn man in tiefe Bergschachten gräbt, so enthalten diese,
SPuren von alten Landschichten. Es giebt darin Nußbaum¥
schichten, Muschelschichten, gerade so wie sie im Seegrund
liegen - diese Berge sind die nach und nach entstandene
Flanz-Gebürge, die an die hohen Gebürge anstoßen %.und
durch das %.allmähliche Abwaschen der flüßigen Materien
an den Gebürgen entstanden sind, welches viele Jahr¥
hunderte mag gedauert haben, bis %.allmählich eine
solche Menge <von> Schiefer entstanden ist. Z E. Bei Paris ist
ein einziger solcher Hügel, von dem Büffon sagt, daß es
viele 1.000 Jahr müßte gedauert haben, ehe er zu der
Höhe gekommen ist. Denn erst liegen die Schieferschichten,
die Erdschichten, die Muschelschichten, u. s. f. Büffon
gehet dabei bis auf 50.000 und mehrere Jahre und
weit über Mosis Geschichte hinaus. Wir finden in der
Erde solche große Strahlen von See_Grunde, daß es viele
100 Jahr muß gedauert haben, ehe so große Erdklumpen
darüber erzeiget worden sind. Das Gebürge geht genau
nach der Arth, wie das feste Land zu liegen pflegt. Bei
der Muschelschichte giebts kein Holtz-, sondern lauter See-
Sachen. Dagegen fehlen in den vegetabilischen Schichten
die Muscheln gäntlich. Mann erkennt dieses auf folgende
Arth: Das unterste Lager der Flanz_Gebürge ist ge-
meinhin Steinkohlen, diese haben sich durch einen diken
Schlamm erzeugt, der aus große Morräste gefloßen
ist, indem er sich, aus diesen so dichten Schlamm, zu
Boden gesetzt hat, %.allmählich eine bitumineuse Materie
/ er-
|F_69
/erzeugt hat. Diese Steinkohlen zeugen nun Abdrüke
von Pflantzen, Muscheln p.p. Im Harz Gebürge bei Illfeldt
hat man in einer Tiefe von 2.000 Fuß Abdrüke von
Pflantzen gefunden. Wo Holtz ist, sind keine Muscheln,
und Strala von Länder enthalten nicht Strala der
See. Es giebt also viele Beweisthümer, daß unsere
Erde durch eine ungeheure Revolution @von@ viele
1.000 Jahre verändert worden sey. Aber es ist nicht
auf einmal geschehen, daß SeeGrund in LandGrund
verändert worden ist. Z E. in Preußen den hohen Ge-
genden bei Goldapp sieht man %.deutlich daß alle diese
Berge, ehemals Strandrüken gewesen sind, denn
sie stehen alle mit der fronte gegen die Ostsee.
Wenn sich nun das Meer über einen solchen Strandrüken
%.allmählich zurük zog, so entstand eine See in Theil
zweer Strandrüken, weil einiges Waßer nicht
herunter konnte, weil es niedriger stand, als der
Rüken und also zurük bleiben muste. In der
Schweitz hat das Waßer 4.000 Fuß in den Gebürgen
gestanden. Denn in einer solchen Höhe findet man
Felsen von Saladen durchbohrt, d. i. von See Muscheln
die sich in den Felsen bohren und immer auf der Ober-
Fläche schwimmen sihe pag: δ_Lücke Im Anfange als
die Berge noch nicht waren und das Waßer abzu-
laufen anfing, grub er das zakigte, was man an
den SPitzen des Berges wahrnimmt, ein, zwischen 2en
/ so
|F_69'
/so eingegrabenen Berge, verursachte es denn ein Thal,
wo sich das Waßer sammlete. Allmählich suchte sich daß
Waßer wieder einen Abfluß zu bohren und denn wurde
der Grund befreit und troken. Mann kanns auch so er-
klären: das trokene Land stand wegen der unterirr-
dischen Hölen nicht mehr fest, daher sank es nun, und
wurde vom Meer bedekt. Allmählig sank das Meer
noch tiefer hinab und das Land wurde wieder entblößt;
so kann man sich die %.Möglichkeit vorstellen, wie Länder
wechßelsweise überschwemmt und troken waren,
wie dieses aus den angeführten Phaenomenen in
der Schweitz erhellet, indem sich das Waßer durch die
Gebürge durchgeseigert hat und das Land troken
blieb, bis es sich einmal stopfte und unter Waßer gesetzt
wurde. - Engelland hatte im vorigen %.Seculo noch Wölfe
Bären und andere Thiere, jetzt hat es deren keine,
den letzten Wolf tödtete man %Anno 1740 in den Schottischen
Gebürgen, jetzt können keine wieder herüber kommen;
weil es gantz mit Waßer umgeben ist, aber wie sind sie
ehedem herüber gekommen? Wir schließen daraus,
daß Groß_Brittanien ehedem mit Frankreich muß
zusammen gehangen haben, bis es nachher durch den
Canal getrennt worden ist. In Irrland grub man
für einige Jahre ein Scelet von einem Elende aus,
da doch diese Thiere seit Menschen denken dort nicht
gewesen sind. America ist durch ein 50 Meilen breites
Meer von Asien abgesondert, und hat doch in den
/ Gegenden
|F_70
/Gegenden, die Asien nahe sind, dieselbe Thiere, die Asien
auf den gegenüberstehenden Ufer hat, als Elende,
Wölfe, Elephanten p.p. Es ist also keine andere Ursache an-
zugeben, wie sie hätten herüber kommen können, sondern
sie müßen sich ehedem sehr nahe gewesen sind. Die
Erdbeben können wohl nicht so was großes in der Verän-
derung der Erde bewürken und zu wege bringen, sie
können wohl Anlaß dazu geben, daß das Meer sinken
muß, denn wenn sie was unter ihm wegnehmen, so
muß der Boden sinken. So auch bei den eruptionen
wenn sie den Boden in die Höhe über die Fläche des
Meeres heraufthürmen; so muß das Waßer niedriger
zu stehen kommen: Es ist immer zu glauben; daß wenn
sich alles festgesetzt haben wird, die Erde alle Frucht-
barkeit verlieren wird, indem sich die ErdWärme
verringern und %.allmählich aufhören wird. - Das
Resultat aller bisher angestellten Beobachtungen;
ist dieses, daß die ehedem mit Geschöpfe besetzte Erde,
manche Umkehrungen ausgehalten hat, und daß
durch solche Umkehrungen in alle Gegenden der
Welt, Geschöpfe in der Erde vergraben worden; daß
darüber wieder neue Geschöpfe erzeuget worden,
die durch andere Schichten wieder begraben sind.
Es betrifft dies alle Gegenden der Erde, es ist aber
leicht zu sehn, daß das nicht der Sündfluth beizumeßen
ist, weil diese alles so ließ, wie es war, und diese
Revolutionen haben die gantze Fläche der Erde mit
neuen Schichten bedekt, so wenn sie sich auf der gantzen
/ Erde
|F_70'
/Erde zugetragen hätten, alles von neuen hätte müßen
erschaffen werden, weil kein <Halm> übrig geblieben wäre,
wir finden in Kalk und Sandgebürge, versteinerte
Muscheln. Die jetzt existirende Flüße haben Schichten
nicht erzeugen können, denn diese sind nicht mehr die
alten Flüße, denn als der Boden durch neue Schichten
bedekt war, so musten sich auch neue Flüße erzeigen,
dadurch der Boden sich von neuen formirte. - Aber diese
revolutionen haben alle Gegenden der Erde, bis auf
die höchsten Berge zu, betroffen. Die Producte aus
dem Seereiche liegen am allerhöchsten, und in großen
Tiefen findet man die Abdrüke von Pflantzen, so
daß doch beim letzten Rükzuge des Meeres, das feste
Land übrig geblieben seyn muß. - Sie haben alle
Gegenden der Erde betroffen, aber nicht auf einmal,
sondern diese zu einer gewißen Zeit, so daß große
Perioden dazwischen verfloßen sind, indem die flüßige
Materien aus dem Inwendigen herausbrach, ein
Schlamm sich um die Erde in gewiße Gegenden ergoß,
indeßen es anderwärts ruhig war; hernach betraf das
Schiksal andere Länder, bis %.endlich die gantze Erde neu
mit Schichten bedekt war. Es sind gewiße Grundsätze
vorhanden, die dazu dienen können; unser Gemüth zu
leiten. Hieher ist auch noch der zu zählen: Der ganze
Erd Cörper ist im Anfang flüßig gewesen. Selbst Neuton
nimmt das an, der sonst ein Feind aller gewagten
Hypotheses ist, weil die Erde eine Figur hat, die ein
/ flüßiger
|F_71
/flüßiger Cörper haben muß, der sich um seine Axe dreht,
und weil die Flüße zwischen den Bergen die Erde durch-
waschen haben, und zwar mag sie im flüßigen Zu-
stand nicht durch Feuer, wie Buffon meynt, sondern
durch Waßer
/Man findet wohl feuersPeiende Berge und Feuer-
Brüche in der Erde, aber das betrifft %.hauptsächlich die
Ober_Fläche, die untersten Berg_Schichten beweisen, daß
das alles durch Waßer so geworden seyn müßte.
Ist sie auf einmal bis in ihr Centrum fest geworden?
Nein. - Denn ein Cörper geht nur aus der Flüßigkeit
nach und nach in die Festigkeit über. - Wo ward
sie zuerst fest? - %.Vermuthlich auf die Oberfläche. Wenn
sie aber aber zuerst oben fest wurde, könnte da nicht
eine geraume Zeit durch das Inwendige flüßig
seyn? Konnte nicht also noch in diese Flüßigen, viele
elastische Körper, alle Lufft und unsere gantze
Atmosphaere verschlungen seyn? Und was kan
diese ungeheure Masse Lufft vor Veränderungen
hervor gebracht haben, indem sie mit colischer Wuth
herausbrach und Waßer mit sich heraus schwemmte?
Wenn aber das Waßer an einzigen bis zur Höhe der
Gebürge stand, warum war das an andern Orthen
nicht? In den höchsten Gebürgen sind die Muschellagen
von der ersten und größten Erschütterungen; in
niedrigen Gegenden scheint das Waßer nicht mehr
so hoch gestanden zu haben, und manche von den
/ niedrigsten
|F_71'
/niedrigsten sind gar nicht berührt worden. In den
Alpen hat der rechte Granit keine Muscheln mehr, also
sind ein Theil der Länder nicht berührt worden. - Wenn
wir die Flüße in einem Lande nehmen und sehn wie sie
zusammen laufen %.und sich in einen großen Strom ver-
einigen, und ziehn rundherum einen Zirkel durch alle
die Qvellen der Flüße, so geht doch %.natürlich diese
Linie durch die höchsten Gebürge, von wo diese Flüße
herab fallen. Das Territorium in der Mitte ist also
ein großes δ_Lücke, und dieses ganze Beken ist durch
den Ausbruch des Meers erzeuget worden, daß, indem
es die Berge hinauf und hinab läufft, die Furchen
zurük ließ, worin jetzt die Ströme und Bäche laufen,
wovon ein Zug, %.nehmlich der %.große Strom immer der
stärkste ist: so ist das gantze Bauwerk entstanden.
Die gantze Schweitz ist ein solches Bassin; denn an
der Ostseite laufen die Alpen, an der West Seite das
Jura Gebürge und die Schweitz sieht von oben wie ein
groß Deich aus. Die hohen Berge scheinen so entstanden. -
Die Ausbrüche der Erde werfen alle Materien zur Seite
hin %.und bleiben %.anfänglich in die Bassin zwischen 2 Berge
stehen, hernach wenn das Waßer ein Abfluß in nie-
drigen Gegenden bekam, wurde es troken, und die
Schweitz bewohnbar. Die %.uranfängliche Flüßigkeit ist
vielleicht noch bis diesen Augenblik in der Erde,
wenn sie zur vollkommenen Festigkeit kommen wird,
veralten, so wie die Knochen der Menschen, so lange
/ sie
|F_72
/biegsam sind, einen jungen Menschen anzeigen;
verhärten aber die Knochen schon, so endigt sich das
Leben der Menschen. So lange nun das Chaos der
Erde elastische Materie heraus schiken wird, das wird
ein Zeichen des guten Zustandes seyn und auch unsere
Witterungen ordnen. Jetzt wirfft nur die Erde Feuer
aus, weil die Waßer Materien schon in zu großer
Tiefe sind; daher treibt die Elasticitaet die Erd-
Materie zusammen und bringt Hitze zu wege.
/Es herrscht keine Ordnung in den ErdSchichten,
manche Gebürge sind ohne alle Schichten, und das,
was man ihnen mit Schichten noch vergleichen könnte,
sind Gänge; daher kommen die Gäng Gebürge, in
deren Gänge man die Metalle %.vorzüglich gräbt. Diese
Gäng_Gebürge sind vom Fletzgebürge umgeben,
indem man Schiefer und Marmor p. p. Schicht findet.
Hier finden sich schon SPuren; denn der Schiefer, de-
ßen unterste Lage Steinkohlen sind; hat Abdrüke
von Fischen, Pflantzen u. s. f. Die Marmorschichten
enthalten nur Muscheln und Seethieren. Aber es ist
keine rechte Ordnung darin anzutreffen, denn sie
liegen nicht nach der specifischen Schwere, an
einigen Orthen liegen Sand oder andere Stein-
Schichten oben; man findet in diesen Schichten nicht
Materien ohne Unterschied vermischt, sondern es
ist alles sortirt und zwar immer alle die, von einerlei
Arth, gerade so wie sie in der See müßen gelegen
/ haben.
|F_72'
/haben. In der Schweitz, da wo die Aar in den Rhein
fallen soll; findet man die Muscheln unter der Erde,
%.ziemlich unter einander gemischt; die Ursache ist: hier
muß die große See abgeschloßen seyn, der ehemals
über den Bassin der Schweitz stand, und der brachte
das hier bei den starken Strömen in Unordnung, in-
dem die Muscheln durch das herausdringende Waßer
in eine andere Lage gebracht wurden. An andern Orten
aber liegen sie gantz ordentlich. - Es ist sonderbar,
daß sich unter solchen See_Geschöpfen sehr viele finden,
wovon man jetzt die Exemplari in der See gar nicht
mehr findet. ZE die AmmonsHörner: Diese findet
man von der Größe eines SenfKorns bis zu der
Größe eines Wagen_Rads. Von den %.Kleinen findet man
gantze Felsen zusammen gesetzt; von der Größe
eines Wagen_Rads sind sie schon rarer. Die Cacada-
Muscheln und viele andere findet man nicht in der
See. Es ist merkwürdig, daß man in den %.nördlichen
Gegenden sehr viele Conchilien aus der Indianischen
See findet. In Mannsfeldischen wird in einem
Schiefer Gebäude Kupfer gespalten und bei dem
SPalten findet man darin Abdrükungen von Fischen,
die so %.deutlich sind, daß man gleich sehen kan, obs
ein Hecht oder Bars ist, so daß man nicht sagen kann:
Es ist Luxus naturae. Sie sind aber nicht so abge-
drükt, als wenn ich ein stük Geld in Wachs abdrüken
/ wollte
|F_73
/wollte, denn hier drüken sich die erhabenen stüke
Geld leichter ein; bei versteinerten Fischen aber, ist
was beim Fisch erhaben war, auch hier erhaben.
Leibnitz erkläret daß so: Es sey hier ein Fischteich gewesen,
nun sei einmal ein Schlamm von hohen Gebürgen gekommen
der diesen eingepakt und begraben hätte. - Das Einhorn
d. i. der Zahn eines gewißen Fisches hat man schon
vor Alters in Gebürge gefunden; daher die Fabel
von einem Einhorn auf dem Lande entstanden ist. Die
Zähne von einem Heufisch oder die sogenandte
Schlangen_Zunge. %.Lateinisch Glossopetrae (%.vermuthlich weil
sie auf der Insel Maltha gefunden worden, und
diese Insel doch vor den Orth gehalten wird, wo alles
Ungeziefer verwiesen ist) werden auch in den Gebürgen
gefunden.
/Mann findet Knochen von Thiere ohne Unterschied
der Climate. ZE. Vom Crocodill im HarzGebürge,
stüke vom Hippopotamus, eben daselbst auch Ele-
fanten_Knochen. - und unter den Landthieren allen,
finden sich Theile, wovon noch keiner weiß, was es
für Thiere gewesen sind. Büffon führt in seiner epoque
de la nature an; Beim Olliostrom in Nord_America
ist eine SalzHöle, worin man Knochen von Thiere findet;
von denen man rathen kann, welchem Thiere sie an-
gehören; Einige sind Hüfft Knochen vom Camelopard
in Abyssinien; ferner findet man da BakZähne von
/ einem
|F_73'
/einem Thier, die so groß sind, daß, da ein Elefanten
Zahn noch nicht 1 %.Pfund wiegt, sein Zahn wiegt 7 %Pfund. Diese
Zähne, sagt er, muß ein Land- und Raubthier gehabt
haben, daß viel größer gewesen, als ein Elefant.
Mit Seethiere hat es gar keine Aehnlichkeit. Der
Wallfisch hat keine Bakzähne und man gar nichts da-
mit zu vergleichen. Welche Verwüstungen kann ein
solches Thier angerichtet haben? In dem Atti di Siena
wird berichtet, daß sie eben solche Zähne in OberItalien
an den Gebürgen ausgegraben haben. - Bei den
muß man behutsam seyn, weil sie sehr rar sind. Homo
diluvii testes, so beschreibt, können auch Theile von
Thieren seyn, die mit den Menschen Aehnlichkeit haben.
ZE. Von der See_Jungfer. Die Menschen müßen sich
also, sobald sie einen Ausbruch gemerkt haben, bei
Zeiten retirirt haben, so daß nur einige wenige be-
graben worden sind. - Hin und wieder sind gewaltsame
Ströme gewesen, die alles mit sich fortgerißen haben.
So ist beim Fichtelberge eine Höle, die man die
Knochen Höle nennt. Diese beschreibet Esper, und
sagt folgendes: Man gehet auf lauter Knochen und
die gantze Höle, ihre Deke, alles, alles ist Knochen.
Einige Kinnbaken hat er noch gefunden, die sich unver-
steinert erhalten haben. Hier muß eine erstauende
Gegend durch den Strom seyn zusammen getrieben
worden, denn von oben bis unten ist die Höle aus
/ Thieren
|F_74
/Thieren zusammen gesetzt, die sich %.vermuthlich hieher
haben retiriren wollen. Diese Höle war also %.anfänglich
nichts als ein ThierKlumpen, der hernach in Stein ver-
wandelt wurde. Das nun das Fleisch zu faulen und in
Schlamm verwandelt zu werden, anfing, denn haben
die Knochen dies alles nicht anfüllen können, und so
entstand dieser Zwischenraum. - In den %.Nördlichen Gegen-
den am EisMeer wurden die Elephanten, Rinoceros,
und BüffelKnochen so groß gefunden, als jetzt in Indien
keine mehr gefunden werden. Hier sind keine
SPuren von Ueberschwemmungen, indem man hier
nicht allerhand, sondern nur die große Thiere findet,
es müßte denn seyn, daß ehemals hier keine andre
Thiere lebten. Wie haben diese Thiere diesen Wohn-
Platz, der für sie zu kalt ist, bewohnen können? Und
wie hat, wenn es damals hier wärmer war, die
Zona torrida bewohnt werden können, die damals
um so viel heißer seyn muste? Mann merkt an:
Alle unsere Lufft ist aus dem Innren der Erde her-
vor gekommen, indem sie sich vom Chaos separirte.
Nun war unsere Atmosphaere in alten Zeiten viel
höher; dann brachen einmal aus der Erde die Dünste
hervor, so trieben sie durch ihre Erhitzung und durch
ihren starken Druk, die Lufft mit heraus. Etwas
%.ähnliches kan man sehen, wenn man etwas Waßer in
einen Topf über das Feuer hält, so jagt, indem das
/ Waßer
|F_74'
/Waßer verdunstet, alle Lufft sich heraus, hernach, wenn
die Lufft sich abkühlt, kömmt die Lufft wieder. Kühlte
sich die Erde hernach ab, so resorbirte sich die Lufft
wieder; je höher nun die Atmosphaere war,
desto mehr Dünste konnte sie in sich verschluken,
und diese viele Dünste ließen die Sonne nicht durch-
scheinen, sondern daß sie nur so viel wärmen könnte,
als jetzt bei Untergange, und so sind alle Climaten
gleich gewesen, indem die Sonne nur leuchtete, und
die innere Erden_Wärme die Erde erwärmte.
Als diese Dünste hernach herab regneten, schien die
Sonne herab und machte die Climaten. Allmählig
wurde es immer kälter in Norden; deswegen
crepirten die Thiere der heißen Zonen daselbst;
diese Theorie wird dadurch bestätiget, daß man
auch Gewächße des kalten Climates, in heißen findet.
Oben auf den Cordilleras wächßt das in «allen» den
kalten Zonen gehörige RennthierMooß. Hieraus
erhellet, daß alle Gewächße %.anfänglich ohne Unterschied
des Orths gewachßen sind und hernach da geblieben
sind, wo ihre gehörige Wärme und Kälte war.
/Es ist besonders, daß man in einem festen Stein
lebendige Thiere gefunden hat. Vor 30 Jahren
wurde in Schweden bei Abbrechung eines Sand-
steines eine kleine Höle gefunden, in der eine
lebendige Kröte saß; ihre Augen waren mit
/ einer
|F_75
/einer Haut überzogen, wenn man sie drükte, sprang
sie; diese war also so alt, als die SandGebürge,
welches über alle Geschichten hinaus gehet. In
den Marmor Blöken, die nach Versailles gebracht
wurden, wurde beim Voneinandersägen derselben,
ein lebendiger Frosch gefunden: Mann kan es so
erklären, wenn ein Geschöpf von seinem Körper,
durch die Ausdünstung nichts verliert, so brauchts
keinen Ersatz durch Nahrung. Menschen haben gantze
Jahre ohne Narung gelebet aber das war bei Krank-
heiten, die die Eigenschafft haben, daß der Cörper
dann nicht ausdünstet.
/≥ Von der Schiffarth. ≤
/Was die Fracht eines Schiffs betrifft, so wird sie nach
Lasten gerechnet. Eine Last hat 2 Tonnen, eine Tonne
2.200 %Pfund. Man rechnet, daß ein Schiff soviel laden
kan, als die Hälffte des Waßers wiegt, daß ein Schif
Raum hatte. Schiffe von 100 Lasten können wohl
noch in Fluß gehen, größere müsten schon auf der
Rheede liegen bleiben. Die KriegesSchiffe tragen
schon verschiedene 100 Lasten. Die alte Portugiesische
Caracca, davon man jetzt keines mehr findet, trugen
an 1.200 Lasten. Die Kunst zu schiffen, erfordert
einige Kentniße. Der Seefahrer muß die Navigation
oder die SteuerMannsKunst besitzen, nach welcher
/ er
|F_75'
/er die Lagen und Breite eines Orths finden kann.
/Die Breite findet er durch die Höhe der Sonne zur Mittags-
Zeit und durch die Höhe der Sterne. Die Länge des
Orths ist viel schwerer zu finden, und dabei bedienen
sich die Schiffer gewißer ausgerechneter Tabellen.
Er muß sich der See_Karten bedienen können, um zu
sehen, nach welchen Strich er fahren muß. Wenn nun
beide Länder unter einem Meridian oder unter einen
parallel_Zirkel liegen, so ist es leicht, ist es aber
nicht, so ist es schwer und es ist hier die Loxodromie,
wozu den Matrosen Anleitung gegeben wird.
Diese bestehet darin, daß man, wenn man die Breite
eines Orthes hat, denkt, man dürfe nur in gerade
Richtungen nach dem Orthe zu fahren, und dem ohn-
geachtet immer mehr davon abkömt. Wie gehet das zu?
Als die Portugiesen Indien entdekten, so fand,
man, daß wenn, ungeachtet man die Breite von
Brasilien hatte, doch nicht dahin kam, indem man
die Loxodromie nicht kannte. Das Rumm oder
SchiffsRose des Schiffs zeiget z. E. nach Südwest und
dies war die geradeste Richtung; allein dem ungeachtet
komt der Schiffer nicht hin, wenn er immer %.continuirlich nach
nach SüdWest zufährt. Denn in jeden ZwischenOrth liegt der
Orth nach einer andern Gegend. Die Ursache ist ein Zirkel
Bogen, der den Meridian an verschiedenen Winkeln durch-
schneidet; deshalb verändert das Schiff alle Augenblik
/ seinen
|F_76
/seinen Cours, deshalb muß der Schiffer so fahren, daß,
wenn er auch immer nach einer Welt_Gegend fährt, er
immer in einen Zirkel_Bogen fährt; dann durchschneit die
Schifflinie alle Meridiane in einem Winkel.
/Der Seefahrer muß wißen, in welcher Gegend er sey;
dieses erfährt er durch die Longitudo und Latitudo
Loci. Die Latitudo ist die Entfernung eines Orths vom
Aequator. Die Longitudo ist die Entfernung vom Meridian.
Die Latitudo zu finden mißt er die Höhe der Sonne mit
einem Quadranten; je näher er nun dem Aequator komt,
desto weniger wächßt die Höhe im Mittag. Das mißt er
so offt, bis die Höhe der Sonne anfängt ein klein wenig
abzunehmen, dann nimmt er nach Bedünken ab, und sagt:
daß ist die Höhe, und weiß er schon wie groß hier die
Höhe der Sonne in dieser Jahres_Zeit ist %und deshalb kan
er das genau bestimmen. Ferner durch die Höhe der
Sterne; wenn ich nun nach dem Aequator zusegle, ist
der Polar Stern immer mehr niedriger, bis er endlich
unter dem Aequator zu verschwinden anfängt, von
wo ich beide halb_Kugeln übersehen kann.
/Mann kan also auf 15 Meilen die Breite schon genau
wißen: - Aber bei der Länge eines Orths, indem ich von
Osten nach Westen reise, wird am Himmel nichts verän-
dert %.und deshalb ist diese schwer zu finden. Mann be-
dient sich hier der Monds_tabellen, die P., Mayer in
Göttingen gemacht hat. Hier ist ausgerechnet, zu
welcher Zeit der Mond den oder den Stern bedeken wird;
/ wenn
|F_76'
/wenn er nun an einem Orth den Stern auch bedekt, so
sagt man, der Mond bedeke den Stern in London (denn
auf London sind die Tabellen gerichtet). zu der Zeit muß
es also hier, da es ihn jetzt dekt, diese Länge seyn.
/Als ein großes Mittel zu Erfindung der Länge, wurde
von Harrisson einem Uhrmacher in London eine Schifs¥
Uhr erfunden, an der er 20 Jahre gearbeitet hatte.
Aber es ist nicht gelungen. Die Uhr muste so seyn, daß
sie ein ordinaerer verfertigen konnte; da sie aber nur
ein so großer Künstler in so langer Zeit zu Stande bringt,
so konnte sie nicht gemeinnützig seyn. Der Gebrauch
der Uhr sollte diese seyn, wenn ich 50 %Grad von Osten nach
Westen fahre, so ist die Zeit um eine Stunde verkürtzt.
Wenn die Sonne bei uns 10 ist, so muß sie noch eine
gantze Stunde laufen, ehe sie in Lissabon 10 macht,
hingegen in einem Orth, der 15 %Grad nach Osten liegt, ist
jetzt schon 11 Uhr, nun kan ich in jedem Orth die Zeit
finden, die jetzt an dem Orth ist, %.nehmlich durch den Stand
der Sonne, wenn ich nur weiß, was für eine Stunde
jetzt an den Orth ist, wo ich weggefahren bin, so könnte
ich auch den Unterschied der Länge wißen, wieviel
Grad ich %.nehmlich Westwärts gefahren wäre, denn ich
calculirte so. Eine Stunde giebt mir 15 %Grad, was giebt
mir eine Minute? und so ferner. - Ein solches Instrument
würde eine Uhr seyn, die immer richtig ging, und immer
mit der Londschen Uhr überein stimmte. - Aber
/ ein
|F_77
/ein Perpendicul läßt sich nicht anbringen, weil das
Schiff beständig schaukelt und eine Uhr mit der Feder
hat nicht die Accuratesse.
/Der See_Carte von Rhumb: bedient der Seefahrer
sich, um die Tiefe des Waßers zu erfahren, %.vornehmlich
wo er Bänke und Küsten hat, damit er nicht strande;
sie zeigen ihm auch die Beschaffenheit des Landes an
Wenn er ZE. findet, 20 Meilen von London sind 35
Klafter und schwarzer MeerGrund. Man hat auch
Schiffs_Bücher, worin die Prospecte der Küsten gezeich-
net sind; ein jedes Land giebt in einer andern Stellung
ein ander Prospect, darnach ich urtheilen kann, wie
weit ich noch vom Land entfernt bin.
/Mit der Lakleine muß er den Lauf seines Schiffs
meßen, das Lak ist ein dreyekigtes Brett, daß an
einem Ende mit Blei vergoßen ist, damit es das
Waßer aufhalten kann, und nicht fort getrieben wird,
sondern auf der Stelle liegen bleibt, wo es ausgewor-
fen ist. Es ist an einem Seil befestigt, daß einen
HasPel hat; sobald es nun über Bord geworfen ist,
stehet er mit einer Sand_Uhr da, und zählet, wieviel
Knoten in einer Minute vom HasPel abgelaufen sind,
auf die Arth siehet er, wie geschwind sein Schiff
läufft. Wenn er nun weiß, wie geschwind sein
Schiff segelt, so kann er auf der Carte zeichnen;
wie weit er gekommen. Hier ist die Unsicherheit,
/ daß
|F_77'
/daß er einen Abdrifft hat, wenn er mit halbem Winde
seegelt, auch die See_Ströme führen ihn seitwärts von
seiner Richtung ab. Durch den Lak kan er wohl den
Seestrom finden, wenn aber dieser keinen Grund
findet, so treibt ihm der Seestrom fort, ohne daß ers
merkt. %.Endlich muß er die Mussons und Passat
Winde kennen. Wenn einer den gantzen Globum
umsegelt und reiset von Osten nach Westen, so verliert
er einen Tag; reiset er von Westen nach Osten, so
gewinnt er einen Tag. Denn wenn er von Osten nach
Westen nur 15 %Grad segelt, so komt er an einem Ort, der
noch eine Stunde weniger hat, als die in seinem
Vaterlande, so gehts durch alle 360 %Grad; so daß es
wenn er den gantzen Globum herum ist, einen gantzen
Tag verlohren hat. Umgekehrt gewinnt er einen
gantzen Tag, wenn er nach Osten reiset: Denn
wenn er 150 %Grad ostwärts komt, so hat sie Sonne
schon eine Stunde mehr gemacht, als in seinem
Vaterlande und das macht in 360 %Grad 24 Stunden.
Wenn nun 2 Schiffe zu Hause kommen, wovon das
eine den Globum von Osten nach Westen, das an-
dere von Westen nach Osten umfahren hat, und beide
kommen Mittwochs in London an, so sagt der erste
es ist Donnerstag, der andere, es ist Dienstag.
/ Auf
|F_78
/Auf der Insel Macao halten die Portugiesen Sonntag,
unterdeßen, daß auf den nah gelegenen Manillia
Sonnabend ist. Dies komt von dem angeführten
Grunde her, weil sie um den Globum herum komen,
und man hat den Irrthum nachmahls nicht ändern
können.
/
/
/≥ Ende des ersten Theils ≤
/δ_Schnörkel
Datum: 29.05.2009 / ... / 07.11.2017 / 17.07.2018 / 24.07.2018 / 06.09.2018