Wilhelm von Humboldt an Friedrich August Rosen, 11.04.1834

Ich muß Sie sehr um Entschuldigung bitten, theuerster Freund, Ihre beiden gefälligen Schreiben vom 16t Januar und 18t Februar erst heute zu beantworten. Ich danke Ihnen auf das verbindlichste für die Uebersendung des Amara Cosha, der mir lange fehlte. Die neueste Schrift von Marsden hatte mir dieser wirklich zugeschickt. Ich habe aber das von Ihnen erhaltene Exemplar an die hiesige Bibliothek überlassen können. Wilson hat mir sein Lexicon nicht geschickt. Ich wünsche es aber auch nicht zu kaufen. Ich würde das Nachschlagen darin nicht lassen können, und finde den Druck meinen Augen verderblich. Im Notfall kann ich es hier immer haben.

Dagegen muß ich Sie, liebster Freund, um eine kleine Nachforschung nach einigen Büchern ersuchen, die ich habe bekommen sollen, und die ich nicht empfangen habe. Als Professor Neumann in Berlin war, schrieb er auf meine Bitte an den Missionair Thomsen in Singapore und nach einer Antwort desselben vom 1t November 1832 sollten wir von ihm erhalten.
1, ein Englisch Bugis Malayisches Wortverzeichniß
2, einen Abdruck einiger Bugisschriften[a]
3, Brückners Jav.  Grammatic |sic|[b]
4, ein Malayisches neues Testament in zwei Bänden.

Von jedem dieser Werke wollte Herr Thomsen zwei Exemplare für Herrn Neumann und mich schicken. Unterm 11t Januar d. J. schrieb die Richtersche Buchhandlung in London (30 Soho square) an die hiesige Bibliothek, daß sie für mich in einem Pakete aus Singapore, das, unter N° 1 erwähnte Bugis-Wortverzeichniß und das Malayische neue Testament in zwei Bänden erhalten habe, und beide Bücher an die Bibliothek schicke. In der Kiste der überschickten Bücher aber fand sich nur das Wortverzeichniß und das neue Testament fehlte. Sie würden mich nun sehr verpflichten, wenn Sie die Güte hätten, sich in der Buchhandlung recht genau zu erkundigen, wo das neue Testament in zwei Bänden geblieben sein kann? und ob gewiß nicht mehr z. B. nicht ein zweites Exemplar des Wortverzeichnisses und neuen Testaments aus Singapore mitgekommen ist? Zugleich bitte ich Sie zu versuchen, ob Sie nicht die Brücknersche Javanische Grammatik, so wie Judsons Barmanische Grammatik[c] in London auffinden können. Beide wünsche ich sehr zu haben. Wenn Sie Sir Alexander Johnston sehen, so bitte ich Sie, ihm für die reichhaltigen Sendungen aus Madagascar meinen lebhaften Dank zu sagen.

Ich freue mich ungemein, Sie wieder in London zu wissen, wo Sie den Sanskrit Studien so nützlich und förderlich sind. Vermuthlich setzen Sie Ihre Forschungen über die Vedas fort, und Sie werden doch wohl bald wieder etwas darüber dem Publikum mittheilen. Meiner Gesundheit, nach der Sie mit so freundschaftlicher Theilnahme fragen, ist der gelinde Winter sehr zuträglich gewesen. Sie ist recht leidlich, obgleich die Alter-Schwächen, von welchen Sie hier Zeuge waren, fortdauern. Meine Arbeiten rücken, wenn auch langsam, vor. Das erste Buch meiner Schrift über die Kavisprache ist bis auf zwei oder drei Bogen gedruckt, und ich bin jetzt nur noch mit einer allgemeinen Einleitung dazu beschäftigt. Dann wird beides als erster Band des Werkes erscheinen, und ich freue mich im Voraus, es Ihnen vorlegen zu können. Die Auslagen, welche Ihnen meine Aufträge verursachen, haben Sie wohl die Güte sich von meinem Schwiegersohn wiedererstatten zu lassen.

Leben Sie herzlich wohl.
Mit der innigsten und hochachtungsvollsten Freundschaft,
|Humboldt| der Ihrige,
Humboldt
|Schreiber| Tegel den 11t April 1834
An
Herrn Dr. Rosen Wohlgeboren in London

Fußnoten

    1. a |Editor| Ist damit gemeint: Claudius Henry Thomsen (1831): Bugis Tract No. 1, Second edition, Singapore: Mission Press?
    2. b |Editor| Damit kann eigentlich nur Gottlob Bruckner, Proeve eener javaansche spraakkunst gemeint sein. Eine deutschsprachige javanische Grammatik von Bruckner ist nicht nachweisbar.
    3. c |Editor| Humboldt scheint hier Judsons A Dictionary of the Burman language zu meinen. Die Grammar of the Burmese language von Judson ist erstmals 1866 erschienen!