Wilhelm von Humboldt an Christian Karl Josias Bunsen, 28.09.1826
<An Bunsen>
Ew. Hochwohlgebornen haben mich durch Ihren so überaus gütigen ausführlichen Brief vom 23 August, c. zu dem lebhaftesten Danke verpflichtet, und in dem vollen Vertrauen, das mir dadurch eingeflößt wird, bin ich so frei, ihn sogleich zu beantworten, und neue Bitten hinzuzufügen.
Es ist eine sehr willkommene Entdeckung, daß des verstorbenen Hervas handschriftlicher Nachlaß wirklich erhalten und al Gesu zur Benutzung zugänglich ist. Ich besitze zwar von allen diesen darin enthaltenen Amerikanischen Grammatiken Abschriften, werde aber doch Ew. Hochwohlgebornen bitten, mir von einigen neue zu besorgen. Ich bin nemlich nicht recht gewiß, ob meine Abschriften durchgängig genau collationirt sind. Mein Mistrauen gegen sie ist vermuthlich ungerecht. Allein man kann in solchen Dingen nicht genau genug seyn, und da ich, als jene Abschriften angefertigt wurden, mich noch gar nicht mit diesen Sprachen beschäftigte, bin ich meiner Sorgfalt im Durchsehen derselben nicht so gewiß. Einige dieser Aufsätze ver-dienen eine solche neue Abschrift nicht, da sie theils aus gedruckten Büchern genommen sind, theils durch andre Hülfsmittel ersetzt werden. Aber von folgenden wünschte ich sehr neue Abschriften zu erhalten:
1.)
Elementi della lingua Yarura.
2.) -------------------------- Mocobi.
3.) -------------------------- Bétoi.
4.) -------------------------- Maya ò
Yucatana.
5.) Grammatica
Eyiguaycgi, volg.
Mbaya.
6.)
Lengua Omagua.
7.)
Lingua Lule Leele?.
8.) Von dem vergleichenden
Wörterverzeichniß
die Columnen Lule und Guarani nebst der
Italienischen
oder
Spanischen
Uebersetzung, die dabei befindlich
seyn
wird.
Die folgenden drei von Ew. Hochwohlgebornen erwähnten Aufsätze:
1.)
Osservazioni generali
sulle lingue Orinocesi.
2.)
Lingua Tamanaca, Payure, Avaricotta.
3.)
Elementi grammaticali della lingua
Maipure.
erfordern eine eigne Erläuterung.
Statt dieser drei Aufsätze habe ich einen mit dem Titel von nr. 1. Dieser besteht aus 53. §phen. §. 1–17. handelt von den Orinoko Sprachen im Allgemeinen. §. 18–41. ohne besondren Titel von der Tamanakischen. §. 42. bis zu Ende unter dem Titel von nr. 3 von der Maipurischen. Mein ganzer Aufsatz ist ein bloßer und weder genauer, noch vollständiger Auszug aus Gilij saggio di storia Americana, und insofern daher jene drei Aufsätze, wie es scheint, dieselben, als meine sind, bedarf es keiner Abschrift derselben. Von den Orinokosprachen überhaupt, der Tamanakischen und Maipurischen enthalten die drei Aufsätze gewiß nicht mehr, als der meinige. Es fragte sich nur , ob über die Payurische und Avaricottische mehr darin stände, als Gilij beibringt. In diesem Fall würde ich um Abschrift dieser Abschnitte bitten. Die Stellen in Gilij über jene beiden Sprachen sind Vol. III. 111. 152. 161. 174. 202. 302. Dies hätten Ew. Hochwohlgebornen wohl die Güte, nachzusehen.
[a] Den Aufsatz Elementi della lingua Canarina habe ich nicht. Es kann dies aber wohl nur die Sprache der untergegangenen Eingebornen der Kanarischen Inseln seyn, und höchst wahrscheinlich ist der Aufsatz aus gedruckten Quellen zusammengeschrieben. In diesem Fall bedarf ich desselben nicht. Sonst würde ich um eine Abschrift ergebenst bitten.
Aber ich erhalte mir soviel Kenntniss der Zeichen und vorzüglich des Koptischen (auf das ich mich mehr gelegt, und das eine interessante Sprache ist), um den fremden Entdeckungen folgen zu können. Mit den Abbildungen der Obelisken werden mich Ew. Hochwohlgebornen sehr erfreuen.
Es thut mir sehr leid, daß Ew. Hochwohlgebornen noch nicht die Verhandlungen des Kunstvereins erhalten haben. Ich habe schon Nachsuchungen deshalb angestellt, es wird aber wohl nur daran liegen, daß man für die blecherne Büchse noch keine Gelegenheit gefunden hat. Es geht mit dem Verein sehr gut, und wir werden wohl noch in diesem Jahr eine neue Verloosung anstellen. Es freut mich zu hören, daß einige Künstler in Rom mit der Aufgabe beschäftigt sind. Es wäre nur sehr zu wünschen, daß die Arbeiten bald eingingen.
Meinen Bruder erwarte ich in etwa acht Tagen hier, und werde ihn sehr erfreuen, wenn ich ihm sage, daß Ew. Hochwohlgebornen Sich seiner so gütig erinnert haben. Auch meine Frau und Kinder tragen mir auf, ihr Andenken bei Ihnen zu erneuern. Meine Frau hat, weil sie überaus leidend war, das Bad in Gastein bei Salzberg besucht, und ist Gottlob! wenn auch nicht ganz geheilt, doch sehr erleichtert und sehr viel besser hierher zurückgekommen. Ich hoffe, daß jetzt der Winter nicht wieder so unangenehme Zufälle, als der vorige herbeiführen soll.
Ich habe die Ehre mit der <ausgezeichnetesten> Hochachtung zu verharrenEw. <Hochwohlgebornen>
ergebenster,
Humboldt.
Tegel, den 28. September, 1826.