Wilhelm von Humboldt an Franz Bopp, 25.11.1827
Ich schicke Ihnen, liebster Freund, Ihre Episode (Text und Uebersetzung) mit meinem herzlichen Dank zurück. Sie hat mich sehr interessirt, und vorzüglich auch das, was Sie über das Alter derselben und des ganzen MahaBharata sagen. – Ueber das Wisarga bin ich jetzt ganz mit Ihnen einverstanden. Es ist rein phonetisch, und kann, da es schwächer ist, unmöglich als der primitive Laut von {s} und {r} angesehen werden. Wie der Laut bei einer Pause wird, kann nicht entscheiden, da die Behandlung desselben auch in der Pause doch immer die verbundene Rede vor Augen hat. Wollte man auf diese Veränderungen achten, so müßte man eigentlich gar keinen bestimmten Laut als Endlaut in diesen Fällen annehmen, sondern die Totalität der Veränderungen. Ob aber die Veränderung in Wisarga eine Folge der Zeit ist, u. ob in der Urperiode des Sanscrits s od. r haben unveränderlich seyn müssen? ist mir zweifelhafter. Sollten alle diese Veränderungen nicht allein damit zusammenhängen, daß die Sanskrit Sprache eine allerdings zu große Empfindlichkeit für die Nachbarschaft gewisser Töne hatte, und dem Phonetischen überhaupt zu viel einräumte? – Für Ihre gütige Zueignung wiederhole ich Ihnen, theuerster Freund, meinen recht innigen Dank. Es hat mir eine wahre Freude gemacht, meinen Namen vor einem in jeder Rücksicht so ausgezeichnetem Werke zu sehen.
Mit der aufrichtigsten Hochachtungder Ihrige,
Humboldt.
Berlin, 25. Nov. 1827.