Wilhelm von Humboldt an Franz Bopp, 30.12.1831
|1*| Ich sage Ew. Wohlgeboren meinen lebhaftesten Dank für die mir überschickten Sachen. Ich werde die Recension sogleich lesen und dann mit Vergnügen Ihnen sagen, woraus ich vorzugsweise Belehrung geschöpft habe. Der Panini erfolgt anbei, und ich werde ihn gewiß nie wieder von der Bibliothek abfordern, an die ich Ew. Wohlgeboren bitte, ihn zurückzuschicken, da ich Herrn Wilcken benachrichtigt habe, daß Sie ihn jetzt haben.[a] Ich wollte etwas über das Alphabet darin nachlesen und wäre durch die inneren Schwierigkeiten wohl durchgekommen. Ich habe aber entdeckt, daß der Druck auch für meine Brille zu klein ist. Vielleicht können Ew. Wohlgeboren mir eine Aufklärung mittheilen. Die Javanischen Grammatiker brauchen das Wort akschara (nach ihrer Schreibung haksoro) wie im Sanskrit, nennen aber zum Unterschiede, den Consonanten mit, seinem Vokal, da das Sanskritwort oft auch den Consonanten ohne Vokal andeutet, legenno. Ich wünschte nun zu wissen, ob dies letztere Wort in der Terminologie der Sanskrit-Grammatiker auch vorkommt, oder ob sie den Fall gar nicht bezeichnen? Carey hat nichts darüber. Mir fällt kein anderes Sanskritwort ein, woher legenno kommen könnte, als lagna in dem Sinne verbunden zusammengefügt zu sein.
Ich danke Ihnen herzlich, theuerster Freund, für Ihre |2*| gütigen Wünsche zum neuen Jahr, die ich mit der Bitte um Ihr fortdauerndes Wohlwollen, für Sie und die Ihrigen von ganzem Herzen erwiedere. Mit unveränderlicher Freundschaft|Humboldt| Ihr
H.
|Schreiber| Tegel den 30.t December 1831.
An
Herrn Professor Bopp Wohlgeboren in Berlin
|3* vacat|
|4*|
An
Herrn Professor Bopp
Wohlgeboren
in
Berlin
hierbei ein Paket mit Büchern
Fußnoten
- a |Editor| Diese zweibändige Pāṇini-Ausgabe ist bei Adelung folgendermaßen unter einem englischen Titel aufgeführt: Henry Thomas Colebrooke (1809): The Grammatical Sootras or aphorisms of Pánini with selections from various Commentators, Calcutta; siehe Friedrich Adelung (1837): Bibliotheca sanscrita. Literatur der Sanskritsprache, St. Petersburg: Karl Kray, S. 35. Der Titel lauter jedoch auf Sanskrit: "Deśe śrīmati Vaṅga-nāmni ... prārabdhan Dharaṇī-dhareṇa viduṣā Vyākhyānakam Pāṇineḥ sūtrāṇāṃ [Aṣṭādhyāyī] samanukrameṇaca Mahābhāṣyeṇa taṭṭīkaya Kaumudyāpicakāśikā-sahitayā saṃyuktakaṃ Vārttikaio tadvat sarvvagaṇaiḥ sahaīvaca parībhāṣeṣṭibhir misʹvitam: Mūḍhānāṃ drutabodhadañ ca sumahat sarovopakārakṣamaṅ Kāśīnātha itīrito budhavaraḥ pūrṇṇīcakārātha tat ... Viprastu sārasvato Bābū Rāma-sumākhyayātividito mudrākṣarair nyastavān" (übers.: Pāṇini’s Grammatik mit dem Komm. des Dharaṇīdhara u. Kāśīnātha nebst Auszügen aus dem Mahābhāṣya, der Siddhāntakaumudī, der Kāśikā, mit Vārttika’s, Paribhāṣā’s u. Karikā’s und den Gaṇa’s besorgt von Bābū Rāma. Calcutta 1809); das Werk befand sich unter der Signatur Zw 8137 in der Preußischen Staatsbibliothek und gilt heute als Kriegsverlust. Eines der schon zu Adelungs Zeiten sehr seltenen Exemplare befindet sich heute in der Harvard College Library. [FZ]