Wilhelm von Humboldt an Franz Bopp, 27.05.1833

Ich danke Ihnen auf das herzlichste theuerster Freund für Ihr Schreiben vom 21t. huj.

Svô bhûtê am folgenden Tage zu übersetzen war auch mein erster Gedanke und da Sie es für das richtigste halten, so bleibe ich dabei. Mein Zweifel war, daß sich morgen immer auf ein heute bezieht, wie es auch in der Savitri der Fall ist und ich kaum glaube, daß man crastino die am folgenden Tag übersetzen könnte. Darum rief ich das Substantivum  bhûta zu Hülfe und verband damit die Heilankündigende Partikel  s̓vas.

Wegen meiner Uebereilung mit varânganâ: muß ich Sie sehr um Verzeihung bitten. Ich erklärte mir das Wort ohne Nachschlagen aus den Elementen. Auch hat die Herleitung von anganâ, Frau, wirklich Schwierigkeit. Von anga wäre sie die natürlichste, aber na ist kein Taddhita Suffix.

patyus̓ hier Gatte zu übersetzen finde ich Schwierigkeit, da das letztere Wort gleich wieder vorkommt, und Gemahlin des Gatten mir überhaupt nicht wohl zu passen scheint.

Haben Sie mit Absicht chitâgni bloß durch Scheiterhaufen und nicht Feuer des Scheiterhaufens übersetzt? Nach Wilson ist chitâ schon für sich Scheiterhaufen

Sie erlauben wohl, daß Herr Buschmann Ihnen die abgedruckte Stelle noch einmal vorlegt.

In Windischmanns Sankara S. 51 stehen einige Verse des Ramayana über die Selbstverbrennung eines Lebenssatten Greises. Ich verstehe aber in der Stelle das Wort s̓arabhanga nicht recht. Soll es heißen zerriebenes Gras haltend? Ueberhaupt scheint mir Windischmann die richtige Meinung über die Wittwenverbrennung zu haben.

Mit hochachtungsvollster Freundschaft
|Humboldt|der Ihrige,
Humboldt
|Schreiber| Tegel den 27ten. Mai 1833.



An
Herrn Professor Bopp
Wohlgeboren
in
Berlin