Franz Bopp an Wilhelm von Humboldt, 23.04.1833
|25r| Ew Excellenzhaben mich sehr erfreut durch die mir höchst wichtigen und lehrreichen Betrachtungen welche Sie in Ihrem geehrten Schreiben den Zendischen neutralen Pluralformen geschenkt haben. Ich bin darin mit Ew Excellenz vollkommen einverstanden daß die Sprache in späterer Periode des tiefen Grundes, der Veranlassung zu dieser Erfindung gab, sich nicht mehr bewußt ist, und daß auch die erste Einführung dieses Gebrauchs gegen das verständigere Verfahren des Sanskrit etc in Nachtheil steht und nur entschuldigt aber nicht vorgezogen werden kann. Daß es Sprachen gibt, die auf |25v| eine ähnliche Weise beim Verbum verfahren, ist mir sehr interessant.
Dem Worte 
                        yogīa
                    weis ich keine Arabische Erklärung abzugewinnen, denn 
                        īa
                    ist ebenso unarabisch wie unsanskritisch; das Arabische könnte nur 
                        iya (ija 
 {
                        })
                        vertragen|.| Das Sanskritische 
                        yôgya aber liegt sehr nahe, und das
                         {y} könnte sich
                    vocalisirt haben. – Bei 
                        Bôdhi-charyu
                    dachte ich nicht an das Wort 
 {bodhi} und hatte 
 {bodhin} im Sinne, allein
                        
 {bodhi} ist offenbar das
                    richtige. – 
 {chāpā}  dürfte doch wohl
                    sanskritisch sein, denn ich finde in Forsters Bengalischem Wörterbuch dieses
                    Wort übersetzt durch „peculation, print, private,
                        suppression, in cog. die, stamp.“ und 
 {chāpa} mit kurzem 
                        a, was aber im
                    Bengalischen nicht ausgesprochen wird, durch „die, a stamp,
                        colour“ ferner 
 {chāpana} 
                        <
 {chāpana} > |sic|
                    (offenbar mit dem gewöhnlichen abstracten Suffix 
 {ana}) durch „to abscond, print, overflaw, skulk,
                    |26r|
                    squash.“ Die Sanskritischen Wurzeln bieten nur 
 {chap} dar, die bei 
                        Rosen noch nicht belegt ist, und gehen bedeuten soll. Man müßte 
 {chāpana}  der Causalform
                    dieser Wurzel zuweisen, um das lange a zu erklären
Ew Excellenz
ganz gehorsamster
Bopp
Berlin
23. April 1833.
|26v, Anschrift|
Sr Excellenz
Herr Geheimen Staats-Minister
Freiherrn W. v. Humboldt
in Tegel

