Wilhelm von Humboldt an Heinrich Julius von Klaproth, 20.02.1814
Ew: Wohlgeborengefälliges Schreiben vom 1ten Februar habe ich erhalten, und das demselben beigefügte an den Herrn Staats Kanzler, Excellenz, sogleich an ihn abgehen laßen. Niemand kann so sehr als ich fühlen, daß bei Gesandtschaften, wie die in Constantinopel, Personen angestellt werden sollten, welche ihren Aufenthalt dort zugleich für die Wissenschaften bemühen können. Bei Ew: Wohlgeboren Plane finde ich indeß die Hauptschwierigkeit, daß theils noch ein Jahr verstreichen kann, ehe eine neue Sendung nach der Türkey beschlossen wird, theils aber auch höchst wahrscheinlich nur ein Geschäftsträger dort hingeht, welcher keinen Secretair mit sich nimmt. Daß seit Jahren ein Dollmetscher für unsere Gesandtschaft dort ist, mit welchem man Ursache hat vollkommen zufrieden zu seyn, versteht sich von selbst. Da auch Ew: Wohlgeboren Sich bisher gar nicht mit dem Türkischen beschäftigt haben, und Sie für die Sprachen, welche Sie mit so großem Fortgange treiben, in Constantinopel so gut als gar keine Nahrung finden, so sehe ich nicht einmal für Sie, die Sache recht zweckmäßig an, wozu noch kommt, daß Sie in eine ganz fremde Carriere übergingen. Ich kann daher Ew. Wohlgeboren nicht anders, als den Rath geben, die Zeit welche ohnehin bis zur Möglichkeit der Ausführung des Planes verstreichen würde, dazu anzuwenden, zu sehen ob Sie nicht eher eine Anstellung auf einer Universität oder in der Nähe einer großen Bibliothek finden, und ich sehe nicht ab, warum, nach hergestelltem Frieden, nicht selbst in Goettingen oder Paris sich die Ihnen schon eröffneten Gelegenheiten wiederfinden sollten.
Auf die Erscheinung der Schriften von welchen Ew: Wohlgeboren mir reden[a], bin ich ausnehmend begierig,
und bitte Sie indeß die Versicherung meiner lebhaften Hochachtung anzunehmen.Châtillon s/Seine, den 20 Februar, 1814.
Humboldt.
An H. Gehrath Klaproth Wohlgeb
Berlin in der Marggrafen Straße No 43.
An
den Königlichen Hofrath Herrn Klaproth
Wohlgeboren
Berlin
Marggrafen Straße N.o 43.
Fußnoten
- a |Editor| Damit ist wohl u.a. die Abhandlung über Kaukasische Sprachen gemeint, die 1814 erschien. Ein Exemplar befand sich in Humboldts Bibliothek (Mueller-Vollmer 1993, S. 428 Nr. 215). [FZ]