Wilhelm von Humboldt an Franz Bopp, 22.06.1827
|1*| Ew. Wohlgeboren hatten die Güte, mir vor einiger Zeit über Ihre Lage zu sprechen, und ich habe seitdem diese Sache keinen Augenblick aus den Augen verloren. Allein erst in diesen Tagen habe ich Gelegenheit gehabt, darüber etwas an Hrrn. |sic| Min. von Altenstein zu bringen. Ich habe dies durch den Geh. Rath Schultz gethan, den ich Ihrem Interesse sehr günstig gefunden habe. Ich habe vorzüglich geltend gemacht, daß, da Ew. Wohlgeboren hier in dieser Lage unmöglich bleiben könnten, Sie unstreitig genöthigt seyn würden, auf eine fremde Anstellung zu f denken, und daß der Tod des Herrn Nöhden in London Ihnen dazu leicht Gelegenheit verschaffen würde. Diesen Weg bitte ich nun Sie auch zu befolgen, die Besorgniß, einen Mann, wie Sie, zu verlieren, wird wie ich mir gewiß schmeichle, bewirken, daß man wenigstens das Mögliche für Sie versuchen wird. Bei mir ist diese Besorgniß in der That nur zu reell. Denn ich begreife, daß, wenn sich die Aussicht einer Verbesserung hier zu sehr verzögert, Ew. Wohlgeboren andre Schritte thun müssen u. thun werden. Wie schmerzlich mir insbesondere das seyn würde, brauche ich Ew. Wohlgeboren nicht zu versichern. Es hat mir sehr leid gethan, daß Ew. Wohlgeboren mich neulich hier verfehlt haben. Ich darf mir aber wohl mit der Hoffnung schmeicheln, daß Sie mich bald einmal dafür gütigst entschädigen.
Mit der hochachtungsvollsten Freundschaftder Ihrige,
Humboldt.
22. Jun. 1827.
|2*–3* vacat, auf der rechten Seite des Bogens großes Loch durch Erbrechen des Siegels|
|4*| |Schreiber|
An
Herrn Professor Bopp
Wohlgeboren
in
Berlin