Wilhelm von Humboldt an Jakob Friedrich Fries, 15.02.1827

Ew. Wohlgeboren haben mir durch Ihr gütiges Schreiben vom 27 Januar u. die mir darin geäußerten schmeichelhaften Gesinnungen eine ausnehmende Freude gemacht, und mich dadurch zu dem lebhaftesten Danke verpflichtet.

Die Beilagen Ihres Schreibens haben mich sehr interessiert, u. ich bitte Ew. Wohlgebohren auch Herrn Reichel, wenn Sie ihm wieder schreiben sollten, zu bezeugen, wie sehr ich ihm für die gedruckten u. schriftlichen Mitteilungen verbunden bin. Vorzüglich hat mich das von Herrn Guess erfundene Cherokee Alphabet interessiert. Es ist in der That eine der merkwürdigsten Erfindungen, ein, von einem mit unseren Sprachen nicht vertrauten Eingebornen Amerikas erfundenes Alphabet zu sehen, und daß dies Alphabet vorzüglich ein syllabisches ist, bestärkt mich in der Meinung, daß die Sprachen in den Augen der nicht grammatisch gebildeten rückwärts in ihre Elemente zerteilt, nicht, wie es unsere Grammatiken vorstellen, aus Elementen zusammengesetzt werden. Seit dem Empfange des Schreibens Ew. Wohlgeboren erhielt ich dasselbe Alphabet gedruckt, vermittelst meines Bruders aus Nordamerika[a]; die mir von Herrn Reichel überschickte Abschrift hat aber den Vorzug daß für mich die deutsche Aussprache der Buchstaben, u. zw. so wie sie Herr Schulz eben so ein Deutscher an Ort und Stelle aufgefaßt hat, enthält.

Ich bitte Ew. Wohlgeboren die Wiederholung der Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung anzunehmen.
Berlin den 15ten Februar 1827
W. v. Humboldt
An Herrn Professor Fries Wohlgeboren
in Jena

Original in der Autographensammlung von Prof. H. Eggeling in Jena[b]

Fußnoten

    1. a |Editor| Das Cherokee-Alphabet bzw. Informationen darüber erhielt Alexander durch Albert Gallatin (vgl. Alexanders Brief an Wilhelm vom 03.02.1827), der in engem Kontakt mit den Cherokee stand. Unklar bleibt, um welchen Druck des Alphabets es sich hierbei handeln könnte.
    2. b |Editor| Heinrich von Eggeling (1838–1911), Enkel von Jakob Fries und Kurator der Universität Jena.