Wilhelm von Humboldt an Carl Eduard Meinicke, 26.01.1835

Crawfurd hat in foreign review einen Aufsatz über die Oceanische Region, wie er den grossen Archipelagus des Süd-Asiatischen Meeres nennt, in Form einer Bücheranzeige drucken lassen, und hat die Güte gehabt, mir zwei Exemplare davon zu schicken. Ich bin so frei Ew. Wohlgeboren das eine zu übermachen und bitte Sie, es zu Ihrem Gebrauch zu behalten. Der Aufsatz gewährt in vielen Stücken eine anziehende Uebersicht dieses Theils der Erde und man liest ihn, wie alles, was Crawfurd schreibt, mit Vergnügen. Das ist aber auch wohl Alles, was sich zum Lobe der Arbeit sagen lässt. Ueber die wahren Aufgaben erfährt man nicht nur nichts neues, sondern Crawfurd bleibt sogar sehr weit von ihrer Lösung entfernt. Mangel an richtigen Begriffen über Sprache und Sprachentstehung ist der am meisten und fast in jeder Zeile in die Augen fallende Fehler. Alles denkt der Verfasser durch statistische Wortzählungen abzumachen, vergisst aber, wie ungewiss diese selbst sind. Denn statt der 300 angegebenen Sanskritwörter im Malayischen dürfte man wohl leicht noch einmal so viele auffinden. Hernach tadelt er zwar mit Recht die Marsdensche Methode, glaubt aber, alles Heil in dem unbestimmten Ausdruck der Partikeln zu finden. Es ist auffallend wie man gegen Deutschland in England in diesen Dingen zurück ist. Von der sogenannten eigenen Polynesischen Sprache und den in seiner Geschichte des Archipelagus entwickelten Ideen scheint er zurückgekommen zu sein.

Empfangen Ew. Wohlgeboren die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.

Humboldt.
Tegel, den 26. Januar 1835.


An
Herrn Oberlehrer Dr. Meinicke
Wohlgeboren in Prenzlow.