Als Edward O. Wilson 1975 sein Buch „Sociobiology“ veröffentlichte, gefolgt von „On Human Nature“ (1978) und „Consilience“ (1998), reagierten die Geisteswissenschaften fast durchweg ablehnend. Inzwischen hat allerdings eine Neuorientierung eingesetzt. An die Stelle der ehemaligen Abgrenzungen zwischen den Fakultäten trat der Versuch, in einen Austausch zu treten und gemeinsame Anstrengungen bei der Lösung von Problemen zu unternehmen, und Wilsons Publikationen zählen jetzt zu den grundlegenden Werken an der Schnittstelle zwischen Natur- und Geisteswissenschaften.
Wenn in diesem Zusammenhang ein Wissenschaftszweig im letzten Jahrzehnt einen entscheidenden Schub erhalten hat, dann sind es die Bio- und Humanwissenschaften. Neben den teilweise kontrovers diskutierten Entwicklungen in der Gen- und Hirnforschung hat besonders die Evolutionstheorie in einer Vielzahl von Wissensbereichen eigenständige Theoriebildungen in Gang gebracht. In den Wirtschaftswissenschaften hat sich eine Richtung des „Evolutionären Managements“ ausgebildet, in der Philosophie ist die Rede von einer „Evolutionären Erkenntnistheorie“, im Bereich der Psychologie gibt es eine „Evolutionäre Psychologie“.
Insofern lässt sich durchaus sagen, dass die Biowissenschaften in der Gegenwart die Rolle einer neuen Leitwissenschaft übernommen haben und ihre Erkenntnisse von großem Interesse auch für die Soziologie, die Literatur-, Sprach-, Medien- und Kommunikationswissenschaften sind. Ein Indiz für das neue Verhältnis von Geistes- und Naturwissenschaften lässt sich auch an dem Umstand ablesen, dass das Programm des Deutschen Germanistentages 2007 unter dem Thema stand: „Natur – Kultur. Universalität und Vielfalt in Sprache, Literatur und Bildung“.
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Die Tagung der Universität Gießen und Universität Jena unterstützt das Jahresthema 2009 | 2010 "Evolution in
Natur, Technik und Kultur" der Berlin-Brandenburgischen Akademie der
Wissenschaften.