Akademievorlesung | 03.07.2014 18:30 Uhr
Europa in globaler Perspektive
Die tiefgreifenden Entwicklungen in Philosophie, Malerei und Literatur ab der Frühen Neuzeit leiteten zusammen mit den europäischen Eroberungen großer Teile der Welt und wissenschaftlichen Erfindungen eine Zeitenwende für Europa und die gesamte Welt ein.
Schuf sich Europa aus sich heraus neu, indem es sich u.a. auf seinen ureigenen, antiken Kern besann? Welche Rolle spielten dabei die monotheistischen Weltreligionen auf dem europäischen Kontinent? Welche globalen Einflüsse und Verflechtungen gab es, die einer einseitig europäisch gedachten Fortschrittsgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts neue Einsichten verleihen oder ihr gar entgegenstehen?
In der Abschlusssitzung der Akademievorlesung „Europa in globaler Perspektive“ erläutern Horst Bredekamp, Kunsthistoriker und Akademiemitglied, sowie die Sinologin Dagmar Schäfer ihre Thesen zu europäischen Singularitäten sowie globalen Einflüssen auf die europäische Kunst, Kultur und Praktiken des Wissens dieser Epoche.
Horst Bredekamp sieht etwa die „Singularität der europäischen Bildkultur“ darin begründet, dass die drei monotheistischen Weltreligionen die Frage um die „Berechtigung der Bilder“ auf dem europäischen Kontinent verhandelt haben. Dabei komme dem Christentum und seiner weitgehenden Überwindung der „Bildfeindlichkeit“ eine zentrale Rolle zu. Anschließend beleuchtet Dagmar Schäfer die sich wandelnde intellektuelle und politische Kultur Chinas im 17. Jahrhundert und ihren Einfluss auf die europäische Geistesgeschichte. „Während Kunstobjekte und Alltagsgegenstände, Porzellan, Tee und Seide die europäischen Märkte überfluteten und Wunderkammern füllten, faszinierte Politiker und Denker eher die enge Verquickung von Ästhetik, Gelehrtentum und Staatswesen in dieser Region.“
DAS BILDVERBOT ALS KRAFTQUELLE.
DIE EUROPÄISCHE BILDKULTUR ALS NEGATION IHRER VERNEINUNG
Vortrag: Horst Bredekamp
Humboldt-Universität zu Berlin
Akademiemitglied
DREI DIMENSIONEN VON MODELLEN:
GELEHRTENTUM UND STAATSWESEN IM CHINA DES 17. JAHRHUNDERT
Vortrag: Dagmar Schäfer
Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte
Moderation: Ute Frevert
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung
Akademiemitglied
Mit freundlicher Unterstützung der Max-Planck-Gesellschaft.
"Wenn es eine Singularität der europäischen Bildkultur gibt, dann liegt sie im Umstand, dass die drei monotheistischen Weltreligionen, die aus innerer Notwendigkeit bildfeindlich definiert waren, vornehmlich auf diesem Kontinent die Frage um die Berechtigung der Bilder ausgefochten haben. Insbesondere das Christentum hat darin prägend gewirkt, dass es seine Bildfeindlichkeit nicht allein überwunden, sondern die negative Wurzel ihrer Produktivität niemals vollständig ausgeblendet hat. Dies hat eine schier unvergleichliche Spannung der bildnerischen Mittel und ein nicht weniger einzigartiges theoriebildendes Formvermögen erzeugt."
"Das China der späten Ming und frühen Qing Zeit war ein wichtiger Stimulus für die europäische Geistesgeschichte des 17. und 18 Jahrhunderts. Während Kunstobjekte und Alltagsgegenstände, Porzellan, Tee und Seide die europäischen Märkte überfluteten und Wunderkammern füllten, faszinierte Politiker und Denker eher die enge Verquickung von Ästhetik, Gelehrtentum und Staatswesen in dieser Region. Dieser Beitrag illustriert drei Dimensionen der sich wandelnden intellektuellen und politischen Kultur Chinas im 17. Jahrhundert anhand der Rolle von materiellen Modellen ('yang'). Modelle fungierten gleichzeitig als Ritualobjekt, Kunstgegenstand und im wachsenden Bürokratismus der frühen Qing auch zunehmend als technischer und ästhetischer Datenträger."
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Veranstaltungszeitraum:
03.07.2014 18:30 Uhr
Veranstaltungsort:
Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Einstein-Saal,
Jägerstrasse 22/23, 10117 Berlin
Kontakt
Susanne Hauer
jahresthema@bbaw.de