Braunsberg, den 6. Januar 1807
Teure, liebe Mutter!Auch meine letzte Hoffnung ist vernichtet, so wie fast jede meines traurigen Daseins es wurde. Mit dem fürchterlichsten Wetter und Wegen kämpfend, waren wir bis hierher gekommen, und da es unseren Anstrengungen gelungen, durch die forciertesten Märsche mit den Franzosen, die erst gestern in Wormditt eingerückt sind, nun in gleicher Höhe zu sein, war es beinahe gewiss, dass wir heute Brandenburg, morgen Königsberg erreichten und höchstens mit ihrer Avantgarde engagiert werden konnten, deren wir Meister zu werden wohl mit Sicherheit hoffen durften. Gestern Abend spät bei unserem Einrücken hier in der Stadt kam uns ein Kurier des Königs oder vielmehr des Generals Rüchel entgegen, der uns den Befehl brachte, unsere Direktion nach Danzig über Elbing zu nehmen, unsere Infanterie in die Festung zu werfen und mit der Kavallerie die Fortschritte der Polnischen Insurrektion zu stören. - Der widerwärtigste Auftrag in jeder Hinsicht, der uns werden konnte. Doch vorher sollen wir dem nach Königsberg rückenden Feinde eine Demonstration in die linke Flanke machen, die völlig unnütz nach meiner Überzeugung ist, und leicht mit der Vernichtung des Regiments enden könnte. In Königsberg, sagt Gen. Rüchel, könnten wir nichts mehr nützen, und unsere Vereinigung mit dem L'Estocqschen Corps sei unmöglich! - So ist unser unglückliches Los! Vom Vaterlande weggerissen, wo man doch unter Befreundeten gelebt, und wenn es das Schicksal wollte, unter Landsleuten gefallen wäre. Jetzt beständig, wenn nicht vom Feinde, mit dem wir kriegen, doch mit dem weit grausameren zügellosen Feinde, dem Nationalhass und alter Rache erbittert, oft unbewusst umringt! - So fahre denn wohl, Vaterland und Eltern, und alle meine Lieben und alles, was mir teuer und wert auf Erden! Bitter wird mir diese Trennung, umso bitterer, da die Hoffnung des Wiedersehens noch gestern so schön mich beseelte. Weiß Gott, ob sie mir je wieder leuchten wird! ... Vergessen Sie nicht, liebe Mutter, die Ihnen in meinem letzten Brief getane Bitte wegen dem Quartiermeister Broscovius und dem Gelde, wenn es noch Zeit ist. Wer weiß, ob ich je wieder mit ihm zusammen komme und was aus ihm wird.
Steinort war
bereits seit November durch den Krieg belastet. Die russische Besatzung
und Einquartierung trotz Bundesgenossenschaft steigerte die Belastung
ins Unermessliche, vgl. hierzu die Berichte Berents aus dem
Januar/Februar 1807, ebd., S. 154 f.
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Steinort ist
verloren. Nur durch einen besonderen Schutz der Vorsehung könnte es der
Verwüstung entgehen. Seit mehreren Tagen
ist das Hauptquartier in Angerburg,
der Feind in Rastenburg und also
unsere Güter der Tummelplatz der beiderseitigen Vorposten, welches tausend mal
schlimmer ist, als der Besitz des wirklichen Feindes. Wäre es doch möglich, dass
Sie jemand hinschicken könnten, der Integrität mit Verstand besitzt und
französisch könnte. Eine gute Bewirtung ist, was den ersten Anlauf des Feindes
vorzüglich besänftigt. Man müsste sich mit Wein versehen, an den der Feind
gewöhnt ist, und nach dem er immer zuerst verlangt. Auch muss man kein Geld,
welches die ersten Ankömmlinge, usurpatorisch und unerlaubt zwar, immer
verlangen, sparen, aber doch haushälterisch damit umgehen. Mann kann ordentlich
mit sie handeln. Da wir seit 6 Wochen fast täglich mit ihren Patrouillen und
Vorposten zu tun haben, kenne ich genau ihre Manieren. Doch muss man ihnen kein
Kleinste Silbermünze in Ostpreußen
[Schließen]Düttchen geben, die sie
verachten. Gold oder wenigstens grob Courant, 10 Louisdor ist der gewöhnliche
Satz, mit dem sie sich abspeisen lassen. Sonst betragen sich manche vorzüglich,
die Offiziere der regulären Linientruppen oft sehr gut. Man müsste gleich
suchen, eine Sauvegarde zu erhalten. Das rate ich auch für Königsberg. Gott! wäre doch Steinort nur einigermaßen zu retten. Grüßen
Sie doch wenn Sie können Berenten
herzlich von mir. Wenn Berent nur französisch könnte, würde mir weit weniger
bange sein. Editorische Auslassung [...]
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