Steinort, den 14. Februar 1785

Hochwürdiger und Hochgeborener Herr Reichsgraf,
gnädigster Graf und Herr!

Heute hatte die Ehre, Ew. Hochgeboren gnädigste Zuschrift zu erhalten, Es tut mir leide, dass Hochdieselben mit den Getreide-Preisen nicht erfreut habe. Doch weiß zu meinem Trost, da ich nicht nur Herrn  Dönhoff, vgl. die früheren Briefe.
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Hofrat
dahin gesprochen, sondern auch mit ihm bei einem Kaufmann verkauft, dass er die Erbsen und das Korn nicht so hoch verkauft. Es muss also hierbei ein Irrtum obwalten. Den Weizen, für den er 5 Fl. bekommen, hat er kurz vor  Neujahr?
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Wendjahr
nach Königsberg geschickt. Es ist aber nicht sein ganzer Vorrat, sondern nur eine kleine Quantität gewesen. Da ich nun zu der Zeit keine Fuhren nach Königsberg schicken konnte, um unsere schwachen Bauern nicht zu beschweren, weil dieses auch ein Hilfsmittel ist, dass sie in der Folge zu dem Wohlstand der Dönhoffstädtschen Bauern gelangen. Dass vorigen Sommer die Witterung für die Erbsen schon übel gewesen, wird Herr Graf Dönhoff am besten bewusst sein, denn als er hier war, hat er sehr bezweifelt, dass die Erbsen zur Reife kommen würden, und dass, was ich mit dem 1 Scheffel Aussaat tun konnte (wovon die übersandte Probe erbauet ist), ließ sich nicht aufs ganze und alle Vorwerke extendieren, doch sind die grauen Erbsen bei hiesigem Vorwerk sehr gut geraten. Weil eben wegen den mehreren Kaltgrund und Nässe der Äcker auf den übrigen Vorwerken später gesät werden musste, sind solche viel schlechter geraten, und da ich auf die Zukunft sehe, so erspare von hiesigen guten Erbsen auch die Saat auf anderen Vorwerken. Doch nahm ich von hiesigen guten Erbsen 30 Schfl., und damit erhielt ich den großen Vorteil, dass für die übrigen 180 Schfl. auch 2 Fl. erhielt; hätte ich aber, um mit dem hiesigen Erbsen-Preis zu glänzen, die hiesigen allein verkauft, hätte einen viel höheren Preis, aber nur für 30 Schfl. bekommen, die übrigen 180 Schfl. aber wohl a 1 Fl. 6 Gr. oder höchstens 1 Fl. 12 Gr. p. Schfl. verkaufen müssen. Noch haben wir hier keinen Schnee und keinen Schlittweg.

den 15. Februar

Die Krüll-Kammer ist ausgeräumt; die Bretter zum Verkleiden der Balken zubereitet, und werden jetzt auf  so unklar
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H. B.
Stube gebracht, wo täglich etwas eingeheizt werden wird, damit sie nachtrocknen. Befehlen Ew. Hochgeboren, dass ich anstelle der 3 alten Fenster 4 neue einsetze, oder etwa die eine Öffnung gegen den Kutschstall zumauern lassen soll, denn wenn diese Eckstube 3 Fenster bekommt, wird sie sehr kalt sein und im Winter viel Holz erfordern, und da in der großen Schlafstube auch nur 2 Fenster und sie doch Licht genug hat, so würde auch diese an 2 Fenster hinlänglich genug haben, und könnten solche in die Fronte des Hauses angebracht werden.

Der wegen seiner Geschicklichkeit allgemein berühmte Mann, so die Windmühle erbauen soll, ist bereits hier gewesen, und habe ich mit ihm Kontrakt geschlossen. Er hat den Bau vor 166 Rtlr. übernommen, wofür er die Mühle noch vor dem August völlig fertig macht, auch noch 4 Wochen Probe mahlen wird. Das Holz ist bereits ausgesucht, und da heute etwas Schnee gefallen, wird morgen mit Gottes Hilfe der Anfang mit den Holz-Zufuhren gemacht werden. Einige Fuhren mit 87 Schfl. Korn aus Polen, welche zu Schlitten nicht weiter kommen konnten, habe hier für 1 Fl. 21 Gr. p. Schfl. erkauft, und da dieses Korn, wie bekannt, sehr gut, werde es mit anschließendem Gewinn wieder verkaufen können.  1773 waren bereits „in und um Posen solche Magazine „ansehnlich vermehrt“ worden. Tagebuchblatt vom 15. März 1773, in: LASA, StA L, Bestand 21950 FA Lehndorff, Nr. 486, Bl. 12.
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Es wird bei Nikolaiken ein Königliches Magazin erbauet,
und allda Kalk mit 5 Fl., in Königsberg aber sogar mit 8 Fl. die Tonne bezahlt, dahero hier keiner angekommen. Nun hatte vor 2 Tagen das Glück, dass einige Fuhren hier ankamen, welche ich sogleich ankaufte, doch aber die Tonne mit 3 Fl. bezahlen musste, und habe ich nun 50 Tonnen im Vorrat. Heute waren wieder 4 Fuhren, weil ich aber nicht mehr 3 Fl. p. Tonne zahlen wollte, so fuhren sie weiter, weil in Angerburg, Lötzen p. 4 Fl. pro Tonne bezahlt wird. Sollte ich nicht etwa noch a 2 Fl. kaufen können, werde dieses Jahr den Kalk-Einkauf ganz einstellen, vielleicht wird solcher auf andere Jahre wohlfeiler sein. Bei der ersten diesjährigen Arrende-Zahlung habe, da es alsdann gewöhnlich, dem jüngeren Hoffmann die Lababsche Arrende aufgekündigt und die Pristaniensche angeboten, und nach Ew. Hochgeboren mündlicher gnädiger Versicherung, den alten ehrlichen Hoffmann bis an sein Ende auf Labab beizubehalten und freie Wohnung zu geben, hat derselbe diese gnädige Offerte mit untertänigstem Dank angenommen. Es würde der junge Hoffmann zwar gern noch ein Jahr in Labab wohnen, weil er erst auf Trinitatis 5 Jahre in der Arrende ist. Sein Kontrakt geht aber immer auf 3 Jahre, und als solches zu Ende war, erhielt er nur die schriftliche Versicherung in einem von Ew. Hochgeboren bei dessen Anwesenheit an mich erlassenen Schreiben, dass ihm Labab für die nämliche Arrende wie vorhero auch ferner gelassen würde, wobei aber nichts auf eine bestimmte Anzahl von Jahren festgesetzt wurde. Dahero er jetzt auch über die Aufkündigung nichts mit Recht einwenden kann, sondern Ew. Hochgeboren alles in Untertänigkeit unterwerfe. Da aber die Vorteile für Ew. Hochgeboren Interesse so groß und vielfältig, dass solche alle anzuführen sehr weitläuftig sein würde, so verbietet mir die meinem Herrn schuldige Treue, die fernere Verpflichtung dieses Vorwerks anrätig zu sein, besonders, da jetzt die Mühle auf dem Lababschen Felde erbaut und eine Müller-Wohnung daselbst besorgt werden muss. So ist die Administration dieses Vorwerks fast notwendig, und könnte man alsdann auch anfänglich den Windmüller im Lababschen Hofe logieren. Die Wassermühle kann nun ganz eingehen, daher da alles, so wie es jetzt ist, beibehalten bis zu Ew. Hochgeboren gnädiger Zurückkunft, da hierzu alle Gründe und Vorteile schriftlich auszuführen fast unmöglich, doch wenigstens sehr weitläuftig wäre. Die Hauptursache ist diese, weil die Wassermühle nun ganz überflüssig und unnötig sein würde.

Die Frl. v. Gohr dankt untertänigst für das schöne Geschenk und empfiehlt sich Ew. Hochgeboren, der gnädigsten Frau Gräfin Gemahlin und jungen gnädigen Herrschaft zu Gnaden, welche Ehre mir auch untertänig erbitte.

Wegen des Verhältnisses des Scharwerks-Dienstes ist hier schon die Anfrage gewesen, aber nur ganz oben hin, im Litauischen Departement, war die Anfrage, ob wegen des Scharwerk-Dienstes zwischen der Herrschaft und den Untertanen Streitigkeiten obgewaltet und worinnen solche bestehen? Ist mit nein beantwortet. Im Königsbergschen Departement wegen Serwillen war die Anfrage zwar etwas weitläuftiger, doch aber auch nicht viel gründlicher, und es scheint, als ob diese Sache hier überhaupt nicht mit der gehörigen Genauigkeit betrieben werden wird. Bei Serwillen habe angezeigt, dass die Wirte bestimmte Dienste haben.

Wegen des Schmied würde wohl nur Herr Major von Unruh beleidigt werden, bei dessen Eskadron er steht, aber nicht das ganze Regiment, denn sie haben noch mehrere dergleichen Leute.  Für die Jahre 1794-1797 ist durch ein Arbeitsbuch der Schmiedemeister Fried. Schmied in Steinort belegt, vgl. APO, Bestand 382 FA Lehndorff, Nr. 82.
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Einen anderen Schmied werde leicht bekommen,
einen solchen geschickten Pferde- und Vieharzt werde aber schwerlich ausmitteln können, weil dergleichen Leute nur gar zu selten sind. Der hiesige Hengst ist beinahe hergestellt und die Kur ist meisterhaft und ist ein Beweis von großer Geschicklichkeit und Kenntnis und ist der Mann der Mühe wert, ihn loszumachen. Vor einigen Tagen wurde der Martin Waschke, der einzige Knecht auf dem Vorwerk Serwillen, von dem Posadowskischen Regiment zur Abgabe an die Artillerie beordert. Ich habe sogleich an  Heinrich Wilhelm von Anhalt
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Herrn General
und den jetzigen Adjutanten,  von Czudnochowsky
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Lieutenant von Zuardowsky
geschrieben und die dringendste Vorstellung und Bitte wegen seiner Loslassung angewandt, worüber nächstens Antwort erwarte. Noch vor dem 25. hui. muss sich dieses entscheiden, weil er alsdann entweder frei oder schon auf dem Transport ist.

Die Krankheiten dauern hier noch immer fort, auf Klein Steinort ist der Gärtner Riworra gestorben. Kaum erholen sich einige, so sind doch bald wieder andere krank,. Mein Martin war seinem Ende auch schon nahe, ich bin mit seiner Aufführung als Mensch zufrieden. Herr Mondzig gibt sich bei den Kranken viel Mühe. Kahnert bewirbt sich um einen Dienst als Comiss in Warschau, danket untertänigst für gnädige Andenken, er würde dadurch sehr erfreuet.

Ich ersterbe mit tiefem Respekt
Ew. Hochgeboren untertänigster Diener
Rhenius

Zitierhinweis

Wilhelm Rhenius an Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Steinort, 14. Februar 1785. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_blw_mj2_jbb