Königsberg, 18. April 1887

In der Graf Lehndorffschen Fideikommisssache finden wir auf die von Euer Hochgeboren an den unterzeichneten Kanzler und Oberlandesgerichtspräsidenten gerichtete, ressortmäßig von dem Ersten Senate des Oberlandesgerichts zu erledigende Eingabe vom 13. April 1887 Folgendes ergebenst zu bemerken:

  • 1. Der Pachtvertrag über Taberlack vom 6. Juli 1854 ist nur bis zum 1. Juli 1864 geschlossen. Ob derselbe verlängert worden oder ein neuer Vertrag geschlossen worden, konstatiert nicht. Hierüber sehen wir einer gefälligen Aufklärung entgegen.
  • 2. Die Vorwerke Stawken und Stobben sind nach dem Tod des Stifters verpachtet. In § 4 des Pachtvertrages über Stobben hat der Pächter sich zur Bestellung einer Kaution von 6.000 M in Ostpreußischen Pfandbriefen verpflichtet. Nach Artikel 28 der Stiftungsurkunde muss die Kaution den wirtschaftlichen Zustand und stiftungsmäßigen Beilass sichern und bei der Fideikommissbehörde deponiert werden. Die Kaution muss ferner nicht nur für den gegenwärtigen Fideikommissbesitzer, sondern auch zur Sicherstellung seiner Nachfolger bestellt werden. Demgemäß ersuchen wir Euer Hochgeboren:
    • a. durch das Gutachten des zuständigen Kreistaxators nachzuweisen, dass die Kaution von 6.000 M hinreichend ist, um den wirtschaftlichen Zustand und stiftungsmäßigen Beilass von Stobben zu sichern,
    • b. die Kaution bei der hiesigen Regierung zu hinterlegen und uns die Hinterlegungsquittung einzureichen,
    • c. die notarielle Erklärung des Pächters herbeizuführen, dass er die Kaution in Ergänzung des § 4 des Pachtvertrages auch zur Sicherung des etwaigen Fideikommissnachfolgers bestelle.

  • Der Pächter von Stawken hatte nach dem Pachtvertrag vom 30. Juni 1856 eine Kaution nicht zu bestellen. Bei Erneuerung des Vertrages hätte indessen der Artikel 25 der Stiftungsurkunde nicht außer Acht gelassen werden sollen. Nunmehr muss nachträglich die Bestellung der erforderlichen Kaution veranlasst werden.
    Übrigens stellen wir zu erwägen anheim, ob es nicht zweckmäßiger sein dürfte, die beiden Pachtverträge über Stobben und Stawken der Genehmigung der Herren Anwärter zu unterbreiten, machen auch darauf aufmerksam dass nach § 4 der Pachtverträge über Stawken, Pristanien, Serwillen, Stobben und Taberlack die Ehefrauen der Pächter für die Verpflichtungen ihrer Ehemänner Bürgschaft leisten sollen.
  • 3. In den  Nicht überliefert. Einzelne Buchtitel lassen sich aus Quittungsbelegen rekonstruieren, beispielsweise Hellwing, Lithographia Angerburgica (20 M), Hof-Kalender 1878 (6,60 M), Gräfliches Taschenbuch 1878 und 1883 (7,60 und 8 M), mehrere Bände Poschinger, Preußen im Bundestag (je 18,50 M), Salings Börsenjahrbuch 1882 und 1883 (30 M), Grimm, Michelangelo (289 M), Rangliste 1883 (8,50 M) etc., LASA, StA L, Bestand 21950 FA Lehndorff, FA Lehndorff, Nr. 262.
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    Verzeichnissen der Bibliothek und der Karten
    hätten auch die beiden Herren Anwärter die Erklärung, dass bei einem Verlust der Wert im Buchhandel maßgebend sein solle, unterschreiben müssen, da sie nach Artikel 33 der Stiftungsurkunde die einzelnen Preise durch ihre Unterschrift zu genehmigen gehalten sind. Euer Hochgeboren wollen daher gefälligst die nachträgliche Unterzeichnung der gedachten Erklärung in beglaubigter Form durch die Herren Anwärter herbeiführen.
  • 4. Wenn endlich Euer Hochgeboren erklärt haben, dass Sie einzelne Bücher der Fideikommissbibliothek vermachen, so können wir dieser Erklärung eine Bedeutung nicht beilegen. Denn ein Vermächtnis ist eine Zuwendung von Todes wegen; die von Euer Hochgeboren augenscheinlich beabsichtigte Schenkung aber bedarf zu ihrer Gültigkeit der gerichtlichen Form und Seitens der beschenkten Familie in der Form eines Familienschlusses der erklärten Annahme derselben.
     Vgl. die Anmerkung oben, liegen der Akte nicht bei.
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    Die überreichten 7 Pachtverträge und das Verzeichnis der Bibliothek erfolgen zurück.

Königliches Oberlandesgericht
I. Civil-Senat
Wolleben

Zitierhinweis

Königliches Oberlandesgericht an Anna Gräfin von Lehndorff. Königsberg 18. April 1887. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_mqq_bqp_pz