Königsberg, 9. Juni 1935
Weise berichtet über 39 Archivpfleger in den Regierungsbezirken Königsberg, Gumbinnen und Allenstein. Etwa 60 Güter und Dörfer hätten ihre Archivalien im Staatsarchiv hinterlegt.
Editorische Auslassung [...]
Die Verzeichnung der neueren Aktenbestände der Stadtarchive wird
unter den Umständen, wie sie bisher bestehen, von Archivpflegern nicht
durchgeführt werden können. Vor allem gilt das von den Archiven der großen
Adelsfamilien, das Fürstlich Dohnasche
Archiv steht unter der fachmännischen Leitung des Herrn Bibliotheksdirektors Dr.
Krollmann und ist, wie ich vor
einiger Zeit bei einem Besuch Schlobittens gesehen habe, in jeder Beziehung in bestem
Zustande. Ebenso steht es mit dem Archiv der Grafen von Schwerin in Wildenhoff. Graf Eulenburg, Präsident des
Staatsministeriums, hatte am 26. Mai 1894 Finanzminister von Miquel
mitgeteilt, dass nach der Instruktion vom 31. August 1867 (Min.-Bl. S.
327 pp.) in den Staatsarchiven archivisches Material von Privatarchiven,
Städten und Landgemeinden gesammelt werden solle. Für die Abgabe als
Depositum sei die zu entrichtende Stempelsteuer auf den zu schließenden
Vertrag nicht hilfreich, vielfach sei auch die Bereitschaft für eine
Deponierung von der Übernahme der Transportkosten auf den Fonds der
Archivverwaltung abhängig gemacht worden. Zur Übetnahme des Archivs
Finck von Finckenstein-Schönberg reiste ein Archivbeamter nach
Schönberg. Diese Erwerbung, in die „auch Dorfarchive und Teile des
ehemaligen Pomesanischen Bischofsarchivs gelangt sind“, wurde
begrüßt, da im Staatsarchiv die „Nachrichten über jene vormals
ostpreußischen Gebiete nur ganz dürftig und auch die darauf
bezüglichen Akten der herzoglichen Regierung und des ostpreußischen
Etatministeriums sehr lückenhaft“ waren. Der Bericht des
Staatsarchivs an den Generaldirektor in Berlin, Danzig, 8. März 1910,
in: GStA PK, I. HA, Rep. 178, Nr. 1073, n. f. - Die Steuer ließ sich nur
durch Verzicht auf einen formlichen Vertrag umgehen und durch den
Schriftwechsel zwischen dem Archiv und Privatpersonen ersetzen, vgl.
GStA PK, Rep. 178, Nr. 1043, Bl. 142-142v.
[Schließen]Auch die Grafen von Eulenburg sollen, soweit
ich gehört habe, ihr Archiv wenigstens äußerlich in guter Ordnung
halten. Andere
Familienarchive sollen freilich in wenig glücklichem Zustande sein; aus eigener
Anschauung kann ich das freilich nur für das Graf
Lehndorffsche Archiv in Steinort bestätigen, dessen Besitzer mir bei einem Besuch
erklärte, dass er sich für das Archiv nicht interessiere, es jedoch nicht von
Steinort fortgebe, sich aber freuen würde, wenn ich für einige Monate sein Gast
sein und Nach Aussage der Familie war das Archiv am Beginn
des 20. Jahrhunderts zur Ostpreußischen Landschaft verbracht worden. Im
Gebäude des Landeshauses in der Königsberger Königstraße 28/31 befand
sich auch die Archivberatungsstelle Ostpreußen (Verwaltung des
Provinzialverbandes). Die Akten der Ostpreußischen Generallandschaft
waren Depositum des Staatsarchivs Königsberg (Rep. 127), vgl.
Altfindbuch XX. HA/430. Sie blieben zum großen Teil zusammen, nur die
Folianten wurden den Ostpreußischen Folianten zugeordnet (Ständeakten).
Nach den Angaben des Findbuchs betrafen die Güterakten auch die mit den
Lehndorffs verwandten Familien v. Rauter, v. Podewils, v. Dönhoff. Nach
dem Altfindbuch der Deposita des Königsberger Staatsarchivs (FB Nr. 456
und 456a) hatten die Familien v. Arnold, v. Kleist, v. Glasow, v.
Wrangel, zu Eulenburg, v. Brünneck ihre Archive hier deponiert.
[Schließen]das Archiv ordnen wolle. Allein schon dieser Fall zeigt, dass für die Ordnung
der adligen Familienarchive mit ehrenamtlichen Archivpflegern allein nicht
auszukommen ist und wie notwendig die in der angezogenen vom 21. Juni 1935,
A.V.1942
[Schließen]Verfügung vorgesehene Vermehrung der wissenschaftlichen
Archivbeamten zur Erfassung des außerhalb der Staatsarchive befindlichen
Schriftgutes ist.
Die Archivpfleger würden durch persönlichen Kontakt dafür sorgen, dass das Verantwortungsbewusstsein der Besitzer alten Schriftguts im Sinne einer sicheren Aufbewahrung geschärft wird. Sie haben ferner das Staatsarchiv in Einzelfällen auf wertvolles Material hingewiesen, das z. B. für Königsberg oder auch Berlin (Nachlass Kapp) erworben werden konnte. Editorische Auslassung [...] Eine systematische Verzeichnung des nichtstaatlichen Archivguts aber ist mit Hilfe allein der Archivpfleger nicht durchführbar. Editorische Auslassung [...] Unsere Provinz hat von jeher den Impuls ihres Lebens vom Staat empfangen, ihre Selbstverwaltung und das Bedürfnis nach eine solchen sind stets nur gering entwickelt gewesen. Mir will scheinen, dass sich diese Verhältnisse bis in die Archivpflege ausdrücken. Wirklichen Erfolg hatten wir, wo wir von Staats wegen vorgegangen sind und uns auf die Zusammenarbeit mit amtlichen Stellen beschränkten. Editorische Auslassung [...] Der Archivpfleger hat, weil er Privatmann ist, in Ostpreußen niemals eine Autorität wie ein Staatsbeamter. Eine systematische und brauchbare Verzeichnung des nichtstaatlichen Archivguts würde sich hier wohl nur erreichen lasen, wenn sie von Beamten des Staatsarchiv unternommen wird, wie das ja in der angezogenen Verfügung vorgesehen wird. Editorische Auslassung [...]
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