Lyck, 19. Januar 1813, abends 8 Uhr

Euer Hochwohlgeboren zeige ich hierdurch ganz ergebenst an, dass Seine Majestät der Kaiser von Russland heute um 3 Uhr nachmittags unter Läutung der Glocken etc. zu Pferde hier angekommen ist, und dass derselbe von allen dazu bestimmten Personen empfangen worden ist, welche ich auf seinen ausdrücklichen Befehl, wie er sagte, als ein alter Bekannter ihm vorstellen musste; sein erstes Wort zu mir war: „ich komme als Freund, und freue mich sehr, dass ich in Preußen bin‟, seine Ankunft durch ein Ehrengeleite, begleitet von unzähligen Vivat rufenden Menschen und vorreitenden Postillionen, hatte wirklich etwas Feierliches. Wir hatten hierauf Audienz, bei welcher er mit allen sehr gütig sprach  Der Kaiser wurde von v. Farenheid-Angerapp und Graf Lehndorff-Steinort als Vertreter der Stände begrüßt. Lehndorff hielt eine Ansprache in französischer Sprache, deren Wortlaut nicht überliefert ist, vgl. Schultze, Lebensbild, S. 328. Hier auch ein Fragment des Briefes von Lehndorff an Schön über die Ereignisse des 19. Januar 1813, der Schultze nicht zur Verfügung stand, zitiert nach Droysen.
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und dem Grafen Lehndorff sagte, ich habe alles vergessen, was zwischen Ihrem König und mir kürzlich vorgefallen ist.
Der Oberkammerherr Graf Tolstoi sagte, es müsste ganz Europa darüber lachen, wenn wir nicht mit Russland alliiert wären - von hier gingen wir zum Fürsten Kutusow, ich fand, was ich schon kannte, andere waren überrascht, doch alle vereinigten wir uns, dass Gott oft Wunder tut - er nahm uns artig auf, genehmigte alle meine Vorschläge und hat mich wegen allem an den Chef des Generalstabes Fürsten Wolkonsky gewiesen. Mit demselben bin ich nun darüber übereingekommen, dass die von mir aufgesetzten Punkte von ihm genehmigt und sogleich  Vgl. ebd., Anm. 2.
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die in Abschrift beifolgenden offenen Ordres
gedruckt russisch und deutsch angefertigt werden sollen.

  Stein war von Alexander I. per Generalvollmacht am 6./18. Januar 1813 zum selbständigen Verwalter der preußischen Provinzen gemacht worden, die die russischen Truppen, den bisherigen Erklärungen zufolge, nur als Freunde und Verbündete Friedrich Wilhelms III. betreten hatten. Stein gelang es nicht, bei Yorck, Schön, Auerswald oder dem von ihm beantragten Landtag etwas zu erreichen. Er verließ Königsberg, ohne an die Spitze der Bewegung getreten zu sein. Am 21. Januar traf er in Gumbinnen mit Schön zusammen, am 24. gingen Schön und Lehndorff nach Königsberg, am 26. kehrte Lehndorff nach Steinort zurück. Ziel war es zu verhüten, dass durch Steins Forderung, Landhofmeister von Auerswald solle eine Sitzung des ostpreußischen Landtages einberufen, Uneinigkeit in die patriotische Bewegung komme, da die Stände eine Tagung, die von einer nichtpreußischen Behörde einberufen würde, nicht für gesetzmäßig erachten würden. Als Ausweg wurden die Deputiertenwahlen für eine Versammlung der Deputierten der Stände ausgeschrieben, vgl. Schultze, Lebensbild, S. 329.
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Dem Minister von Stein habe ich das Schreiben von Euer Hochwohlgeboren persönlich übergeben, auch über Memel gesprochen, und da derselbe über Rastenburg nach Königsberg zu reisen gedachte, denselben dahin vermocht, dass er nun diese Reise über Gumbinnen machen wird, weil ich hoffe mir Euer Hochwohlgeboren Zufriedenheit dadurch zu erwerben; von ihm werden Euer Hochwohlgeboren nun über Politik etc. und Hoffnung sehr genau unterrichtet werden.

Den Laufzettel für die Pferde schicke ich mit dieser Estafette ab. Ob der Kaiser den 21. oder 22. von hier abreist, ist noch ungewiss, der Großfürst wird morgen hier eintreffen, in Hinsicht auf die Verpflegung ist alles angeordnet und es herrscht Ordnung und Zufriedenheit.

Der Minister von Stein fährt morgen den 20. um 11 Uhr von hier weg und trifft also gegen die Nacht in Gumbinnen ein; er hat mir aufgetragen, Euer Hochwohlgeboren um ein Nachtquartier und Abendessen in Ihrem Hause zu bitten, welches ich auch bereits zugesagt.

Das Hauptquartier wird den 20., 21. und 22. hier in Lyck bleiben und sodann grade nach Johannsburg gehen, so ist es jetzt vorläufig bestimmt, doch wird es vielleicht noch abgeändert.

Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung habe ich die Ehre zu verharren

Euer Hochwohlgeboren ganz gehorsamster Diener Edler von Plotho

Zitierhinweis

Carl Johann Joachim Friedrich Edler Herr und Freiherr von Plotho an Theodor von Schön. Lyck, 19. Januar 1813. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_ovg_zbz_wy