Berlin, den 21. Mai 1879
Auf Liegt der Akte bei, Bl. 93.
[Schließen]die gefälligen Schreiben vom 1. und Liegt der
Akte bei, Bl. 93.
[Schließen]20. d. Mts. betreffend die Erledigung eines der
großen Hofämter im Königreich Preußen übersende ich Ew. Exzellenz den von mir
heute erstatteten Immediatbericht, welchem Liegt der Akte bei, Bl. 97-98v.
[Schließen]ein Bericht
des Herrn Oberpräsidenten von Horn beigefügt ist, mit dem ganz ergebensten
Bemerken, dass in Betreff des Grafen
Lehndorff-Steinort in dem Berichte des Oberpräsidenten auf die
bekannte Gemeint ist die Strousberg-Affaire. Siehe hierzu
GStA PK, XX. HA, Rep. 54 Gutsarchiv Lehndorff-Steinort, Nr. 285 und u.
a. die Dokumente vom 1. Dezember
1875, 5. Dezember
1875, 27. Februar
1877.
[Schließen]Beteiligung desselben an dem Rumänischen
Eisenbahn-Unternehmen und die finanziellen Verwicklungen, in die der
Graf Lehndorff dadurch geraten sein soll,
nicht Bezug genommen worden ist. Da ich über die Lage
der Sache anderweitige Information einzuziehen Anstand nehmen zu müssen geglaubt
habe, so ist auch in meinem Bericht dieser Punkt nicht berührt, überlasse Ew.
Exzellenz Erwägung vielmehr ganz ergebenst, ob Sie beim mündlichen Vortrage der
Sache eine hierauf bezügliche Bemerkung einfließen lassen wollen.
Anlage 1
Berlin, den 21. Mai 1879
Der Geheime Kabinettsrat Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät, Wirklicher Geheimer Rat von Wilmowski, hat mir unter dem 1. d. M. mitgeteilt, dass Allerhöchstdieselben für die durch das Ableben des Direktors der Hauptverwaltung der Staatsschulden, Grafen zu Eulenburg, erledigte Würde des Landhofmeisters im Königreich Preußen den Grafen zu Dohna-Schlobitten und für die durch diese Berufung zur Erledigung gelangende Würde des Obermarschalls im Königreich Preußen den Grafen von Lehndorff auf Steinort in Aussicht zu nehmen geruht haben, vor definitiver Entschließung jedoch meinen alleruntertänigsten Bericht über diese Vorschläge entgegennehmen wollen.
In dem ehrfurchtsvollst angeschlossenen Berichte des Oberpräsidenten Wirklichen Geheimen Rats von Horn vom 14. d. M. ist hervorgehoben,
- a. was die Ernennung des Grafen zu Dohna-Schlobitten zum Landhofmeister betrifft; dass derselbe unter den gegenwärtigen Inhabern der Preußischen Landeswürden der Älteste sei, und dass es dem Herkommen entspreche, stets den nach dem Patente Ältesten zur Landhofmeisterwürde, als derjenigen, welcher der Vorrang vor den übrigen Landeswürden gebühre, zu berufen. Auch in allen anderen Beziehungen qualifiziert sich der Graf zu Dohna-Schlobitten in hervorragender Weise zu der gedachten Auszeichnung.
- b. den Grafen von Lehndorff auf Steinort betrifft, so spricht für
seine Berufung zu der Würde des Obermarschalls im Königreich Preußen der
Umstand, dass sowohl sein Großvater als sein Vater mehrere Jahre hindurch die Landhofmeisterwürde
bekleidet haben. Vgl. GStA PK, XX. HA,
Rep. 2 II, Nr. 2896, Bl. 149-150, 236 und 269. Carl Graf von
Lehndorff, Oberleutnant der Reserve, war Mitglied des
Herrenhauses „in Folge der Präsentation seitens des
Grafenverbandes.“ Für die Belehnung und Inbesitznahme
des Rittergutes wird hier der 16. April 1554 angegeben. Am 5.
Februar 1870 war der Besitz in ein Fideikommiss umgewandelt
worden und umfasste 1908 eine Größe von 6159 ha, 65 ar und einen
Ertrag von 48.000 M.
[Schließen]Sowohl seine persönliche Stellung und die Stellung seiner Familie, als auch sein ausgedehnter Grundbesitz lassen ihn der ihm Allerhöchst zugedachten Auszeichnung würdig erscheinen, obschon der Oberpräsident es als einen Mangel bezeichnet, dass derselbe einer ausgedehnten öffentlichen Tätigkeit ferngeblieben sei.
Der Oberpräsident von Horn hebt die Lauterkeit des Charakters des Grafen zu Dohna-Schlodien neben seiner Hingabe an die Interessen der Provinz besonders hervor und glaubt deshalb, dass die Berufung desselben zu einem der großen Hofämter der Provinz in derselben mit großer Befriedigung werde aufgenommen werden.
Dieser Auffassung glaube ich in tiefster Ehrfurcht beitreten zu sollen, zumal der Graf zu Dohna-Schlodien dem Grafen Lehndorff an Jahren so erheblich vorgeht und dieser bei der nächsten Vakanz Berücksichtigung finden kann.
Liegt der Akte bei,
Bl. 82.
[Schließen]In dem Berichte des Oberpräsidenten wird ein Präzedenzfall vom Jahre
1834 bezeichnet, wonach gleichzeitig zwei Burggrafen zu Dohna mit
Hofämtern der gedachten Art begnadigt gewesen sind. Auch Ew. Majestät haben
durch Allerhöchsten Erlass an mich vom 1. April 1867 gleichzeitig das
Landhofmeisteramt im Königreich Preußen dem Grafen
zu Dohna-Lauck und die Obermarschallwürde dem Grafen zu
Dohna-Schlobitten zu verleihen geruht.
Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät stelle ich hiermit alleruntertänigst anheim, mich huldreichst von der getroffenen Allerhöchsten Entscheidung in Kenntnis setzen zu lassen, damit ich die Patente seinerzeit vorlegen kann.
An des Kaisers und Königs Majestät
Redern
Anlage 2
Abschrift.
Der Oberpräsident der Provinz Ostpreußen.
Königsberg, den 14. Mai 1879.
Euer Exzellenz gestatte ich mir auf das sehr geehrte Schreiben vom 6. d. M. - No.
423 H. A. S. - betreffend die Ergänzung der durch den Tod des Landhofmeisters
Grafen zu Eulenburg entstandenen Lücke in den großen Hofämtern im Königreich
Preußen gehorsamst anzuzeigen, dass die Ernennung des gegenwärtigen
Obermarschalls des Königreichs Preußen, Legationsrats a. D. Grafen zu
Dohna-Schlobitten zum Landhofmeister des Königreichs Preußen dem auf die
Regimentsnote des Herzogs Albrecht vom Jahre 1542 gegründeten und in der
Kabinettsordre des hochseligen Königs Friedrich Wilhelm III. Majestät vom 9.
März 1834 anerkannten und bestätigten Herkommen entsprechen würde, nach welchem
der Landhofmeisterwürde im Königreich Preußen der Siehe hierzu in der Akte den Bericht Schöns vom
20. Dezember 1833, Bl. 14-14v.
[Schließen]Vorrang vor den anderen Landeswürden gebührt, und im Falle einer
Erledigung dieser Würde derjenigen der Inhaber der drei anderen Würden mit
Ausschluss des Kanzlers mit derselben bekleidet zu werden pflegt, welcher dem
Patente nach der Älteste ist, welcher Fall aber bei dem Obermarschall Grafen zu
Dohna-Schlobitten zutrifft, da derselbe mit seiner gegenwärtigen Würde bereits
durch den Allerhöchsten Erlass vom 1. April 1867 bekleidet worden ist, während
der Inhaber der anderen in Betracht kommenden Würde, Graf von
Keyserlingk-Rautenburg, erst mittels Allerhöchsten Erlasses vom 25. Februar 1874
zum Oberburggrafen ernannt worden ist.
Dürfte von dem gedachten Herkommen aber auch abgesehen werden, so würde der Obermarschall Graf zu
Dohna-Schlobitten doch vermöge seines ausgedehnten Besitzes und seines hoch
verdienstvollen Wirkens als Kommendator des Johanniter-Ordens, auch abgesehen
von der Stellung als Königlicher Kammerherr und von den geleisteten
Staatsdiensten, den Vorrang vor dem Otto Reichsgraf
von Keyserlingk zu Rautenburg, Mitglied des Reichstages.
[Schließen]Grafen von
Keyserlingk-Rautenberg
verdienen.
Sollte die Gnade seiner Majestät des Kaisers und Königs den vorläufig bereits kundgegebenen Allerhöchsten Intentionen gemäß die Würde eines Landhofmeisters des Königreichs Preußen in Berücksichtigung der vorgetragenen Umstände auf den Grafen zu Dohna-Schlobitten übertragen und damit die Würde des Obermarschalls erledigt werden, so stehe ich nicht an, die Wahl des Majors a. D. und Legationsrates z. D. Grafen von Lehndorff auf Steinort, dessen Großvater im Jahr 1803 zum Landhofmeister ernannt worden ist und dessen Vater vom Jahr 1843 ab die Würde eines Obermarschalls des Königreichs Preußen und demnächst vom November 1845 ab bis zu seinem Tode die Würde des Landhofmeisters bekleidet hat, zum Obermarschall als eine an sich durchaus geeignete zu bezeichnen. Derselbe ist aus einer Familie hervorgegangen, welche dem Könige und dem Vaterland eine Reihe verdienter und ausgezeichneter Diener gegeben hat und führt einen Namen, welcher durch die patriotischen Tugenden seines Vaters, zu deren voller Entfaltung demselben Gelegenheit gegeben war, sowie durch die Humanität, desselben zu einem allgemein gekannten und geachteten geworden ist. Sein ausgedehnter Grundbesitz sichert ihm eine unabhängige und hervorragende Stellung unter dem alten angesessenen Adel der Provinz, während seine loyale königstreue Gesinnung, seine politische Haltung und seine kirchliche Gesinnung ihn der Ehre würdig erscheinen lassen, welche ihm durch die Bekleidung mit der Würde des Obermarschalls zuteil werden würde. Es liegt wohl nur an äußeren Verhältnissen, dass der Graf von Lehndorff einer ausgedehnten öffentlichen Tätigkeit fern geblieben ist; jedoch hat er dargetan, dass es ihm nicht an der Hingebung und dem Talent zu umfassenderem gemeinnützigen Wirken fehlt, als es sich darum handelte, durch Herstellung der wichtigen, unter sehr schwierigen Verhältnissen geschaffenen Ostpreußischen Südbahn die Hilfsquellen der Provinz zu erschließen.
Unter solchen Umständen könnte ich meinen Bericht hier abschließen, wenn ich mich nicht gedrungen fühlte, die geneigte Aufmerksamkeit Euer Exzellenz auf einen Mann ehrerbietigst hinzulenken, welcher die soeben hervorgehobenen Vorzüge des Grafen von Lehndorff in vollem Maße teilt, hinsichtlich des Vorteils einer günstigen Vermögenslage und ausgedehnten Grundbesitzes ihm vielleicht überlegen ist und jedenfalls in höherem Lebensalter steht, da er sein 64. Lebensjahr vollendet hat, während der Graf von Lehndorff erst im 53. Lebensjahr steht. Es ist dies der Rittmeister a. D. und Kammerherr, erbliches Mitglied des Herrenhauses, Burggraf und Graf zu Dohna-Schlodien. Derselbe hat seit langen Jahren bei der Verwaltung der ständischen Angelegenheiten der Provinz mitgewirkt und ist auch nach der in Folge der Provinzialordnung eingetretenen Änderung der provinziellen Verfassung mit Eifer und Erfolg als Mitglied des Provinzial-Landtages, des Provinzial-Ausschusses und während des letzten Provinzial-Landtages als stellvertretender Vorsitzender desselben bei der Lösung der dem Provinzial-Verbande durch die veränderte Verfassung zugewiesenen wichtigeren Aufgaben tätig gewesen, und hat sich in dieser Tätigkeit durch seine Pflichttreue und durch die Lauterkeit seines Charakters sowie durch seine milde und zugleich feste und taktvolle Haltung allgemeine Anerkennung und Vertrauen erworben, so dass seine Wahl zum Obermarschall des Königreichs Preußen in der Bevölkerung der Provinz mit lebhafter Befriedigung und vielleicht mit größerer Teilnahme aufgenommen werden würde, als die Erhebung des Grafen von Lehndorff zu der gedachten Würde, welcher, wie erwähnt, dem öffentlichen Leben der Provinz ferner gestanden hat. Ich habe geglaubt, dieses Moment nicht unerwähnt lassen zu dürfen, weil die beregten großen Hofämter im Königreich Preußen auf das engste mit der geschichtlichen Entwicklung der Provinz zusammenhängen, und weil, der traditionellen Auffassung zufolge, durch die Erhebung von Eingesessenen der Provinz zu denselben ebensowohl den durch die Allerhöchste Gnade zu denselben berufenen Männern wie der Provinz selbst eine Ehre zuteil wird, auf welche Wert gelegt wird.
Vgl. Dohna, Lothar Graf
zu, Die Dohnas und ihre Häuser, 2 Bde., Göttingen 2013.
[Schließen]Der Umstand, dass ein Burggraf und Graf zu Dohna bereits Inhaber einer
der Würden ist
und demnächst zu der ersten derselben aufrücken soll, kann m. E. den Burggrafen
und Grafen zu Dohna-Schlodien von der Berücksichtigung bei der Verleihung der
vakant werdenden Würde des Obermarschalls nicht ausschließen; ich darf in dieser
Beziehung auf den Präzedenzfall, dass der Graf zu Dohna-Wundlacken unter dem 12.
Januar 1834 neben dem bereits im Jahr 1833 zum Oberburggrafen ernannten Grafen
zu Dohna-Schlobitten zum Obermarschall ernannt worden ist, gehorsamst Bezug
nehmen.
Euer Exzellenz gebe ich danach die weitere geneigte Entschließung mit dem Bemerken gehorsamst anheim, dass ich mich nicht in der Lage sehe, eine Persönlichkeit zu benennen, welche neben oder vor den beiden genannten Männern bei der Ergänzung der Lücke in den beregten großen Hofämtern in Betracht gezogen werden könnte.
gez. von Horn
An den Oberst-Kämmerer, Wirklichen Geheimen Rat und General der Kavallerie Herrn Grafen von Redern Exzellenz zu Berlin.
Zitierhinweis