Berlin, Februar 1758
Seit acht oder zehn Tagen sehen wir nur Franzosen hier; sie benehmen sich mit der
möglichsten Bescheidenheit, und ein Österreicher prahlt mehr als Hunderte von
diesen Herren. Trotzdem ich sie der Königin vorgestellt habe, kann ich Ihnen nur
die vier ersten mit Namen nennen, die Am 13. Februar nennt Lehndorff
die Brigadegenerale d'Ailly und Rougais, den Brigadier de Rivrai und den
Vivomte de l'Angle. Mit d'Ailly trifft er auch am 15. Februar zusammen
und ist erstaunt über eine Eigenschaft, die er den Franzosen nicht
zugetraut hätte, „nämlich ihr Schwärmen für den alten Adel und
erlauchte Verbindungen“
[Schließen]Herren d'Ailly, Rougé, Rouvray und den Vicomte de
Langle. Der Rest figuriert, und
diese Herren führen das Wort. Der Erstgenannte ist der beste Mensch in der Welt,
scheint ein Lebemann zur Zeit Ludwigs
XIV. gewesen zu sein, und liebt es trotz seiner 77 Jahre noch,
Fräulein von Forcade zu sehen, Soupers
zu veranstalten und guten Champagner zu trinken. Der zweite hat die ernste Miene
des Herrn von Borcke, der zur Zeit in
Torgau ist. Ich glaube, er hat
Geist, weil er während der ganzen Zeit, das ich ihn kenne, nicht versucht hat,
welchen zu zeigen. Der Dritte spricht gut, ist heiter und gefällt hier sehr. Der
vierte ist der Liebenswürdigste von allen, ein Verwandter des Herrn von
Maupertuis; er besitzt eine
geistreiche Art und ein hübsches Gesicht, das unseren Damen umso rührender
erscheint, weil er einen Arm in der Binde trägt; das erregt Mitleid. Unsere
Gesellschaften sehen augenblicklich ziemlich wie Pariser Spielhäuser aus: Die österreichischen Offiziere halten
die Bank, und die Franzosen setzen. Graf Gotter rüstet sich, 12 Diners diesen Herren zu geben, jedes zu
18 Gedecken. Er wird sie regimenterweise einladen, darauf verzichtend, ihre
Namen zu erfahren. Sie sprechen sich sehr verbindlich über uns aus. Einer von
diesen Herren sagte mir gestern Abend: Bezieht sich auf die Bewunderung für Friedrich II. nach der Schlacht bei
Roßbach.
[Schließen]Es gäbe nur einen König in Europa und das wäre der unsere.Ich antwortete ihm lebhaft: Das wüssten wir sehr gut. Darauf sagte er mir:
Es gebe eben soviel Preußen in Paris
wie in Berlin. Gestehen Sie, dass das
alles sehr galant ist!
Vgl. hierzu GStA PK, XX. HA, Rep. 127, Nrn. 10 ff.
und XX. HA, Rep. 127 Generallandschaft, Nr. 10 ff. zur russischen
Besetzung Ostpreußens.
[Schließen]Aber was es nicht ist, ist der Umstand, dass die Russen in Preußen uns in den Kirchen für die
dicke Kaiserin, für die
Missgeburten des Großfürsten
beten lassen, als wenn wir ihre Untertanen wären. Man meldet mir: Als man das erste
Mal diese Änderung gemacht hatte, sei das Weinen und Schluchzen dieses armen
Volkes so außerordentlich gewesen, dass der Führer der russischen Armee in Ostpreußen. Siehe
auch die Tagebucheinträge vom 8. bis 12. Januar 1758, Nachträge, ebd. 1,
S. 153.
[Schließen]General Fermor
selbst gerührt wurde und sagte, er hätte niemals geglaubt, dass man so
sehr um seinen Herrn lieben könne. Ich gestehe, dass mir meine Heimat noch nie
so teuer war wie jetzt; allen Barbaren möchte ich die Augen ausreißen. Sie haben
12 Galatage angesagt, ebenso zu Ehren ihrer Heiligen wie ihrer Prinzen; ich kann
mir ganz die Freude vorstellen, die an diesen Tagen herrschen wird. Editorische Auslassung [...]
Sie war Hofdame der
1757 verstorbenen Königin-Mutter.
[Schließen]Fräulein von Knesebeck ist unbezahlbar.
Der Hof war im Oktober 1757 nach Spandau
geflüchtet und Ende des Monats nach Magdeburg gegangen.
[Schließen]Die Reisen nach Spandau,
nach Magdeburg
, die Vergnügungen in Breslau,
alle Österreicher, die sie auf der Reise gesehen, die Franzosen, die sie hier
gefunden, und besonders die außerordentliche Güte des Königs, der
[Schließen]der hochseligen Königin die
Pension lässt, verdrehen ihr den Kopf. Sie fügt zu ihrer gewöhnlichen Heiterkeit
eine außerordentliche Lustigkeit hinzu, kurzum sie stellt auf alle Weise eine
glückliche Person dar, sie möchte hundert Zungen haben, um ihr Glück zu singen.
Editorische Auslassung [...]
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