Hier ist eine Anzeige des Bevollmächtigten des Besitzers der Steinortschen Güter, General und Reichsgrafen von Lehndorff, eingegangen, dass er sich über die Maßregel der Königlichen General-Kommission in Bezug auf die Auseinandersetzung dieser Güter bei Einem Hohen Ministerio beschwert hat. Ich für meine Person habe die Regulierung in diesen Gütern abgeschlossen, die Rezesse aufgenommen und mehr als eine Ursache zu glauben, dass der etwa von der General-Kommission zu erfordernde Bericht die Sache in ihrem wahren Zusammenhang nicht darstellen wird, und da ich auch nicht hoffen darf, denselben zu Gesicht zu bekommen, so muss unter meinen Verhältnissen mir daran liegen, dass Ein Hohes Ministerium über diese Angelegenheit vollständig und übersichtlich in Kenntnis komme, und ich erlaube mir daher, sie in ihrer nackten Gestalt, ohne alle Bemerkungen, hierdurch ehrerbietigst darzulegen mit der Versicherung, dass auch der kleinste Moment durch die Akten erwiesen wird.
Der Ökonomie-Kommissarius Bitt und Rovenhagen(?) bearbeiteten diese
Angelegenheit im Jahre 1817, indessen auf eine solche Weise, dass vornehmlich
durch ihre Schuld zweidritteile der Das
Regulierungsedikt hatte eigentlich das Ziel, die Bauern von ihren
Frondiensten und vielfältigen Abgaben zu befreien und ihnen dafür
Grundbesitz zu verschaffen. Dazu wurde den Bauern das Eigentum an den
Höfen, welche sie bewirtschafteten, übertragen. Von ihren bisherigen
Abgaben und Frondiensten an den Grundbesitzer konnten sie sich
freikaufen. Viele Bauern konnten jedoch diese Entschädigungssumme nicht
aufbringen und mussten den Rittergutsbesitzern bis zur Hälfte ihres
Landes als Entschädigung überlassen. Somit profitierten außer dem
bäuerlichen Mittelstand eigentlich nur die adligen Gutsbesitzer von der
Reform, die auf diese Weise ihren Landbesitz mehren konnten. Viele
Kleinbauern hingegen verschuldeten sich, weil ihre stark dezimierten
Ländereien nicht genug Ertrag brachten, und verloren ihr mühsam
erkauftes Land wieder. Als schließlich durch eine neue Verordnung auch
noch die Allmende (das von allen nutzbare Land eines Dorfes) den
Großbauern und Gutsherrn als Entschädigung zugesprochen wurde, verloren
viele Kleinbauern endgültig ihre Existenzgrundlage und mussten sich als
Landarbeiter auf den großen Gütern verdingen. Als Folge verdreifachte
sich die besitzlose Unterschicht.
[Schließen]Bauern um das
ihnen durch das Edikt vom 14. September 1811 zugesicherte Eigentum kamen
und die Gutsherrschaft von neunzig kulmischen Bauernhufen sechzig ohne
alle Regulierung anzog.
Das war die erste Sache, welche mir bei meiner Versetzung nach Königsberg vorgelegt wurde. Die von mir ausgegebene Verfügung
an den p. Bitt war missbilligend, und
da sie ihren Zweck verfehlte, so wurde mir das Kommissarium übertragen um zu
retten, was zu retten war, allein noch dringendere Angelegenheiten, wo Gutsherr
und Bauern sich im Stande der Insurrektion befanden und von beiden Seiten
Immediatbeschwerden einreichen wollten, z. B. Seegertswalde, Klein
Tauersen usw., forderten meine Gegenwart noch dringender, und
als diese Geschäfte ausgeglichen waren die Auseinandersetzung in den Bachmanschen(?) Gütern bei Memel, in welchen es gleichfalls zum
Aufstand und Empörungen gekommen war; unter diesen Umstände wurde der Steinortsche Auftrag auf den
Ökonomie-Kommissarius Podlasky
transferiert. Siehe hierzu auch den
Brief vom 16. Juni 1820, in: GStA PK, XX. HA, Rep. 54 GA
Lehndorff-Steinort, Nr. 867.
[Schließen]Dieser Mann, der mit peinlicher
Geschäftskenntnis landwirtschaftliche Unkunde und viel kleinlichen Stolz
verbindet, erbitterte die Gemüter so sehr, dass Bauern zur Untersuchung
wegen persönlicher Beleidigung gezogen wurden, er dem gutsherrlichen
Bevollmächtigten, Rendanten Werner in Angerburg, den Zutritt versagte und den General Grafen
Lehndorff in Köln in unpassender Form zum Termin
selbst vorlud.
Der Podlasky hatte in dieser wichtigen Angelegenheit
ein sehr unbrauchbares Subjekt, dessen Entfernung mir nach unsäglichem Kampf
erst jetzt gelungen ist, einen gewissen Morre zur Leitung der Bonitierung deputiert, welcher aus Mangel
an Kenntnissen in der Ökonomie und im Geschäft Erträge angenommen hatte, welche
die Wirklichkeit überstiegen. Der mitadhibierte Gutsbesitzer Kondukteur
Stachert hatte die verschiedenen
Klassen des Ackers und die Erträge der Wiesen nach den Bestimmungen des Morre
auf den Karten eingetragen und beide die Tage hindurch an den
Bonitierungsregistern nach diesen Verzeichnungen gearbeitet. Die Festsetzung
wurde aufgehoben, weil der Stachert
dringenderer Geschäfte halber abreiste. Der Morre ging hierauf mit den Karten nach Königsberg und fertigte mit dem Kondukteur
Lange von sämtlichen Ortschaften
die Vermessungsregister und erlaubte sich, nachdem der letztere, der selbst
Gutsbesitzer und praktischer Landwirt gewesen ist, auf das Unnatürliche der
Erträge ihn aufmerksam gemacht hatte, die mit Tusche eingezeichneten Erträge auf
den Wiesen wegzuradieren und geringere einzuschreiben. Ebenso ist mit den
aufgenommenen Bonitierungs-Protokollen und den darin angegebenen
Ackerklassenerträgen verfahren. In sämtlichen Ortschaften Dorf
Serwillen.
[Schließen]bis auf eine, woraus die Werte transloziert werden sollten,
sind die Ertragszahlen revidiert und andere eingeschrieben.
Als der Ökonomie-Kommissarius Podlasky im Sommer des abweichenden Jahres die Regulierung auf den Grund der Morreschen Register fortsetzen wollte, und der gutsherrliche Bevollmächtigte die abgeänderten Karten zu Gesicht bekam, protestierte derselbe förmlich gegen die Fortsetzung auf den Grund der verfälschten Dokumente. Der Podlasky, statt auf die Sache einzugehen, verbot dem Werner den Zutritt, zitierte den General Grafen von Lehndorff persönlich, ließ den bäuerlichen Boniteur nochmals kommen und ihn anerkennen, dass die vom Morre angenommenen Erträge nicht zu hoch wären, und fing ohne alle Veranlassung als ehemaliger Feldmesser an, die Karten zu revidieren, deren Unbrauchbarkeit zu behaupten und zu begehren, dass sämtliche Ortschaften von neuem vermessen würden.
Währenddessen liefen die Beschwerden des Werner ein und mir wurde der Auftrag, die Sache an Ort und Stelle näher zu untersuchen. Ich vernahm zuförderst den Morre, welcher sich durch die Behauptung zu rechtfertigen suchte, dass er die Erträge der Wiesen nach dem Gutachten des bäuerlichen Boniteurs alle erst in Königsberg festgestellt und der Stachert solche zu voreilig eingetragen habe. Ich bekam sehr bald in Königsberg noch die Überzeugung von der Unwahrheit dieser Angabe, die sich überdem nicht einmal auf die in den Bonitierungs-Protokollen revidierten Zahlen ausdehnen ließ, wollte jedoch vorläufig in diese Sache weiter nicht eindringen, weil ich hoffte, bei meiner Gegenwart in den Steinortschen Gütern alles in Güte beizulegen und die Sache zu beendigen. Dies ist mir auch gelungen und Separationen wurden während meiner zehntägigen Anwesenheit zu Stande gebracht und die Paraffe aufgenommen. Schon während meiner Anwesenheit in Steinort schrieb mir der General-Kommissarius Präsident von Sydow, wie er wünsche, dass ich die Sache nicht zu Ende brächte, sondern dieses durch den Ökonomie-Kommissarius Podlasky zur Erhaltung seines Ansehens geschehen solle. Ich erwiderte, wie mir dieses unter den obwaltenden Umständen unmöglich scheine, indem an ein gütliches Übereinkommen nicht zu denken sei und in Entstehung desselben von vorn mit der Vermessung angefangen werden müsse, die so sehr gewünschte Beendigung der Auseinandersetzung noch Jahre lang sich verziehen und die Bauern wenigstens wegen der ja entstehenden Vermessungs- und Regulierungskosten alle ausgehen würden. Gleichwohl hatte der Herr von Glaubitz seine Verfügungen in den einzelnen Steinortschen Sachen an den Podlasky zur Festsetzung erlassen und behauptete noch beim Vortrage der Hauptsache, dass ihm alles übertragen werden sollte. Meine dagegen aufgestellten Gründe wirkten jedoch so viel bei dem General-Kommissarius, dass die Sache mir zur Bearbeitung so lange überlassen werden sollte, bis die Rezesse bestätigt und mit der Ausführung vorgeschritten würde. In dieser Art wurde an den p. Werner verfügt und dies hat seine Beschwerde an Ew. Hohes Ministerium veranlasst. Durch die gedachte Verfügung der General-Kommission ist der Prozess wegen Verfälschung der Akten, dessen sich der Werner auf meine Vorstellungen begeben hatte, von neuem erweckt und dadurch die Königl. General-Kommission selbst in Verlegenheit gesetzt, wodurch ihr Ruf in der Provinz nur verlieren kann, wenn solche Sachen öffentlich zur Sprache kommen, die Beweise in den Akten selbst vorhanden sind und die Offizianten auf die einseitigen Anzeigen in Schutz genommen werden.
KrügerZitierhinweis