Steinort, den 1. Juni 1820

Ew. Hochgeboren

von seiner Majestät dem König zum General zu ernennen, haben wir alle in den öffentlichen Blättern mit dem größten Vergnügen und der innigsten Teilnahme gelesen, und ich füge noch meine herzlichsten Wünsche hinzu, dass mit dieser Würde-Erhebung auch zugleich andere Verhältnisse, die uns Ew. Hochgeboren näher bringen, eintreten mögen, um das Wohl der Güter, deren Bewohner und Diener durch weise Einrichtungen, Milde und Gnade befördern und begründen zu können. Dass ich diese nicht eher vollzogen, werden Sie gnädigst verzeihen; ich wollte erstens die Sommersaat einsäen, 2. die Stuten abfohlen und die Schafe ablämmern, und 3. die Übergaben an die Pächter vollziehen lassen, und überhaupt von allen übrigen Wirtschaftsverhältnissen eine zu hoffende Übersicht geben. Der Frühling war im Ganzen genommen nicht der beste für das Wachsen und Gedeihen, denn der Ausgang April und der Anfang des Mai war noch mit Nachtfrösten und Nordwinden unterbrochen, und die Wintersaat, Wiesen und Weiden litten sehr durch Dürre und Kälte, von Mitte Mai wurde es warm, aber immer kein Regen. Die Sommersaat wurde aber gut und trocken beackert, die Wintersaaten stehen aber durchweg gut, hin und wieder auf den Bergen etwas dünner, die Sommersaat fing auch schon sehr bei der Dürre an zu leiden, aber gestern und heute haben wir einen durchdringenden Landregen, der alles gut machen wird. Von der Stuterei, Schäferei und Sommeraussaaten wird Steiner eine ganz genaue Übersicht liefern, die ich in allem bestätigen kann. Dass bei den Pferden Unglücksfälle sich ereignet haben, kann bei Gott kein Mensch dafür, denn ein jeder hat gewiss seine Schuldigkeit getan. Ich habe den Rossarzt Hempel 2 mal hier gehabt, der Roßarzt Schüller aus Trakehnen, der die Königlichen Hengste revidiert hat, ist dreimal hier gewesen und hat sich jedesmal auf die Vorwerke bemüht und uns mit Rat und Tat beigestanden, und Ew. Hochgeboren haben sich bei Ihrem Hiersein von der Fütterung und Wartung besonders der jungen Pferde selbsten überzeugt.  Bei einer Schilddrüsenunterfunktion kommt es zu einer Verringerung des Grundumsatzes und damit zu einer verminderten Produktion von Schilddrüsenhormonen. Es kommt zu einer Kropfbildung. Die Unterfunktion verursacht eine geringere Wärmeproduktion und es kommt zu Leistungsabfall. Beim Pferd selbst ist ein Jodmangel an einer Gewichtszunahme bei fehlendem Appetit, Leistungsschwäche, Müdigkeit, Fellproblemen und einem niedrigen Blutdruck erkennbar. Ein dauerhafter Jodmangel während der Trächtigkeit führt zu einer Verlängerung der Tragezeit, zu schweren Entwicklungsstörungen am Skelett- und Nervensystem der Fohlen bis hin zur Geburt sehr schwacher Tiere bzw. Fehlgeburten. Bei adulten Pferden kann ein Jodmangel über einen längeren Zeitraum zu Ödembildungen in den Gliedmaßen oder zu einem längeren Fell führen. Jod wurde schon Anfang des 18. Jahrhunderts in der Asche von Seetang entdeckt und kurze Zeit später erstmals zur Behandlung eines Kropfes erfolgreich verwendet.
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Dem ohnerachtet ist von allen jungen Pferden kaum eins ohne Kropf davon gekommen; selbsten die jungen Stuten, die nach Trakehnen geschickt sind, hat der Kropf dorten befallen, jedoch sind sie alle so ziemlich jetzt durch.
Bei den Arbeitspferden ging es einem nicht besser, es wurden auf jedem Vorwerk 3 bis 4 Stück so krank, dass viele noch bis jetzt nicht gebraucht werden können, und ich gezwungen wurde, 6 Stück Arbeitspferde anzukaufen. Die jetzt lebenden 16 St. Fohlen sind sehr schöne Tiere und besonders die beiden Hengstfohlen von Buzzard und Trompator, die dem Vater in Farbe und Gestalt ganz gleichen. Die Übergaben sind an die Pächter vollzogen und es ist kein fehlerhaftes Stück Inventar übergeben, so totes wie lebendiges, ich habe aber doch die größten Ochsen und die jüngsten Pferde weggenommen, weil ich schon zum Voraus sehe, dass die Taxe des Viehs bei weiten nicht so hoch wie bei Stawken und Stobben herauskommen wird. Es sind überhaupt in allen Sachen sehr wohlfeile Zeiten, jedes Pferd ist um 10 bis 15 Sgr. wohlfeiler zu kaufen wie vor drei Jahren und das Rotvieh noch wohlfeiler, überhaupt sind hier schlechte Zeiten. Kein Mensch hat Geld, weil der Handel liegt. Die Taxe der Pächter in Serwillen wird circa 1.100 Rtlr. und die in Stawisken 400 Rtlr. betragen. Horn hat so viele Übergaben, dass er mir binnen 14 Tagen die vidimierte Übergabe-Rezesse zuschicken wird. Es ist alles genau nach Vorschrift behandelt und ich habe ausdrücklich vorbehalten, alle Inventarienstücke ohne den geringsten Tadel bei der Abgabe wieder zurückzugeben. Auch war bei etwaiger Umziehung der 4 Serwillschen Bauern in Ansehung der Gärten und Gebäude nichts verabredet. Ich habe also die Sache so einleiten lassen: Dem Pächter werden bis zur gänzlichen Einrichtung der Scheunen und Ställe zwei Erben nebst Gärten überlassen, 2 verbleiben der Herrschaft und hernach fallen hier alle 4 Erben nebst Gärten der Herrschaft zu. Um das Angespann, welches dem Pächter neu übergeben werden soll, noch zu nutzen, habe ich mit  Ein Wort unleserlich [...] Angespann vor den Übergaben nach Königsberg mit 378 Scheffel Weizen geschickt. und bekam 6 F. 18 G. Die übrigen Getreidesorten stehen noch immer schlecht. Korn 1 Scheffel 1 Rtlr. 6 Gr., Gerste 60 Gr., Haber 48 Gr., Erbsen 1 Rt. Unser jetziger Getreidebestand ist noch folgender: 387 Schfl. Weizen, 35 S.  Ein Wort unleserlich [...] Weizen, 1.300 Schfl. Korn, 239 S. Gerste, 165 S. Erbsen, 20 S. Bohnen, 160 S. Haber und 340 S. Malz. Der Bestand der Kasse ist: 1.241 Rtlr., 26 Gr. und bei der letzten Reise nach Königsberg habe ich an H. Grafen auf Warglitten die Johanni-Zinsen mit 300 Rtlr. und an H. Grafen von Dönhoff die im Juni fälligen Zinsen mit 243 Rtlr zugleich bezahlen lassen. Mit den Bauten sind wir auch schon etwas vorgerückt. Der Stall in Taberlack ist noch etwas zu latten und dann zu bedachen fertig, das Gebäude zur Scheune und 4 Ställe für die Altenteiler in Taberlack ist fertig, und am Wohnhaus arbeitet er jetzt. Dem Gramadies sein Speicher und Ställe wird heute aufgesetzt und am Brannthaus in Stawken steht der Zimmermann in Arbeit, und ich muss jetzt noch bitten um eine Erklärung wegen des neuen Kontrakts mit Berend in Stawken. Ich habe ihm geradezu erklärt, da er die von Ew, Hochgeboren mir schriftlich gegebene Bedingung nicht eingehen will, so besteht für mich sein alter Kontrakt in den Gütern, überhaupt sind keine Veränderungen vorgenommen. Bei Menschen, Vieh und Schafen haben sich wenige Sterbefälle und gar keine Unglücksfälle ereignet. In Klein Steinort sind die Schafe vorgestern geschoren und es sind 21 Pfund(?)   unleserlich [...] mit allem gewogen. Die Böcke, wenn gutes Wetter wird, sollen morgen geschore werden. Käufer haben sich zu den Böcken gemeldet H. von Kunheim auf  Ein Wort unleserlich [...] 4 St., H. von Kannewurf 2 St., Horn 1 St. nach der Schur abzuholen. Annoncen wegen Böcken und Schafen stehen in öffentlichen Blättern die Menge, vielleicht geht es Ihnen aber so wie  Eine weitere Auktion fand 1823 statt.
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H. Schmalz, der ist auf seiner Merino-Auktion
nicht einen Bock los geworden. Die Zeiten sind zu schlecht und es ist kein Geld unter den Menschen. Ich hatte in Kittlitz 230 Kartoffeln noch zum Verkauf und setzte den Preis auf 20 Groschen, ich habe aber noch über 100 Stück liegen und kein Mensch will sie haben.   Editorische Auslassung [...] Das Mastvieh gilt auch nicht viel, denn 1 Pfd. Fleisch gilt 5 Pr. Groschen.

Meine Frau mit mir empfehlen uns zur ferneren Gnade und ich ersterbe mit allem Respekt Ew. Hochgeboren untertänigster Diener Berent

Zitierhinweis

Friedrich August Berent an Carl Friedrich Ludwig Graf von Lehndorff. Steinort, 1. Januar 1820. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_oxl_5w5_s3b