Preyl, 15. April 1898

Lieber Waldersee

Hier bleibt einem nichts übrig, als sich auch ein bisschen um die innere Politik zu kümmern, was sonst meine Art nicht ist. Deshalb möchte ich Ihnen sagen, dass Sie ein gutes patriotisches Werk tun, wenn Sie sich im alten Moltke-Kreis Heidekrug zum Reichstag aufstellen lassen, und lege ich das Telegramm des Präsidenten Hegel bei um nachzuweisen, dass es nicht umsonst sein würde, während große Besorgnis vor einer sozialdemokratischen Wahl ist, wenn Sie nicht einwilligen sollten. Ich denke, unter jetzigen Verhältnissen dürfte Ihnen der Schritt nicht geradezu unsympathisch sein, und würden Sie uns zu großem Ruhm gereichen und eine ganz ungeheure Blamage ersparen. Ihnen weitere Vorträge über den Gegenstand zu halten dürfte überflüssig sein, und möchte ich Sie bitten, die Sache nicht nebensächlich anzusehen, die in der Tat sehr wichtig ist, und nicht nein zu sagen, wenn sich dem Ihnen unübersteigliche Hindernisse in den Weg stellen.

Mit herzlichem Gruß Ihr alter Lehndorff

Zitierhinweis

Heinrich Graf von Lehndorff an Alfred von Waldersee. Preyl, 15. April 1898. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_rtw_bfd_gy