Lötzen, den 2. November 1871
Hochgeborene, hochzuverehrende GräfinGnädigste Frau!
Euer Hochgeboren wollen mir gnädigst erlauben, Hochdenenselben eine allergehorsamste Bitte vorzulegen.
Mein Ehemann, der Losmann resp. Arbeitsmann Carl Dembek hier in Lötzen ist gegenwärtig neunundvierzig Jahr und ich neununddreißig Jahre alt. Derselbe hat Sr. Majestät dem hochseligen König Friedrich Wilhelm den Vierten viele Jahre als Soldat gedient.
Am 2. April 1844 ist er in das stehende Heer eingetreten. Zur Reserve wurde er am 28. September 1846 entlassen, zum 1. Landwehraufgebot den 1. April 1856. Übungen hat er mitgemacht im Jahre 1850 und 53. Einberufen wurde er am 26. März und am 10. Oktober 1848 in Folge außerordentlicher Zusammenziehung, und einberufen war er in Folge der Mobilmachung vom 13. November 1850 bis zum 7. Mai 1851.
Mit meinem Ehemann leben wir beiderseits in erster und alleiniger Ehe, und habe ich in dieser Ehe 15 Kinder geboren, darunter zweimal Zwillinge. 13 von diesen habe ich erzogen und erst in späteren Jahre sind sieben gestorben. Sechs leben noch, von denen das älteste Mädchen 15 Jahre alt ist.
Die übrigen sind:
- 1. Friedrich 11 Jahre alt
- 2. Marie 9 Jahre alt
- 3. August 7 Jahre alt
- 4. Wilhelm 4 Jahre alt
- 5. Amalie ein Jahr zwei Monate alt.
Durch die Geburt so vieler Kinder ist meine Gesundheit zerrüttet, auch habe ich einen sehr starken Bruch.
Mein Ehemann ist auch gar nicht gesund und kann schwere Arbeiten gar nicht verrichten.
Außerdem haben wir schwere Notstandsjahre durchgemacht. Die Kinder müssen nicht nur ernährt, sondern auch erzogen werden. Und selbst in diesem Jahr sind uns die Kartoffeln missraten. Dabei sind Lebensmittel und Brennmaterial sehr teuer.
Euer Hochgeboren wollen die Gewogenheit haben, sich meiner zu erbarmen und mir eine Unterstützung zukommen lassen.
Euer Hochgeboren allertreueste DienerinDie Arbeitsfrau Marie Dembek
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