Forst i. L., 8. November 1891

Gnädigste Frau Gräfin!

Ihr gütiger Brief, den ich gestern erhielt, hat mich hoch erfreut; nicht etwa vorzugsweise darum, weil derselbe mir ziemlich sichere Aussicht auf die Erfüllung des von mir ausgesprochenen Wunsches zu geben scheint, sondern vor allem, weil er mir zeigt, dass Sie nach so langer Zeit mir noch jetzt die herzliche Güte bewahrt haben, von welcher ich früher so viele Beweise erhalten habe, die mir für mein ganzes Leben unvergesslich sind.

So danke ich dann zunächst für Ihre gütige Fürsprache bei Exzellenz von Wedel und wünsche ihr guten Erfolg. Sollte dieser nicht ausbleiben, so nehme ich mit herzlichem Danke für die Dauer meiner Arbeit im Wildbad Gastein das „Dachstübchen“ Ihrer Villa an – für mich und, will es Gott auch, für meine liebe Frau. Ohne mich würde dieselbe schwerlich jemals eine Reise in die Alpen unternehmen wollen und können, und eine solche Gelegenheit bietet sich uns wohl kaum jemals wieder. Ich hoffe deshalb alle Schwierigkeiten überwinden zu können und meiner lieben Frau ebenfalls diese unverhoffte geistige und leibliche Erfrischung verschaffen zu können, falls ich vom Herrn Minister für einige Wochen nach Bad Gastein gesendet würde. Wie ich mich freuen würde, falls ich zu all dem anderen dann noch mit Ihnen oder Gräfin Anna wieder einmal unter einem Dache zu wohnen das Glück hätte, würden Sie ja dann selbst sehen.

Dieser arbeitsvolle Tag sollte nicht zu Ende gehen, ohne dass ich Ihnen schon jetzt in aller Eile und Kürze dankte. Nehmen Sie bitte heut diese wenigen Zeilen freundlich auf, welche Ihnen meiner lieben Frau und meinen innigen Dank und herzlichste Empfehlung für Sie und Gräfin Anna bringen sollen.

In treuer dankbarer Verehrung küsst Ihre gütigen Hände, gnädigste Frau Gräfin, Ihr herzlich ergebener D. Gerlach

Zitierhinweis

D. Gerlach an Anna Gräfin von Lehndorff. Forst i. L., 8. November 1891. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_bvl_lt4_jdb