Steinort, 18. Oktober 1805

  Editorische Auslassung [...] Vorgestern wurde in sämtliche Güter ohne vorherige Nachricht für 5 Compagnien von Kalckreuth-Infanterie und 2 Compagnien von Courbiere Quartier gemacht. Die sämtlich in unseren Gütern stehende Mannschaft besteht in 1.300 Mann und 380 Pferden. Ich kann die Bestürzung und den Jammer der armen Menschen nicht genug schildern; bis 24 Mann liegen bei einem Bauern. Die Lebensmittel herbeizuschaffen und alle Fuhren und Posten herzugeben, übersteigt all unsere Kräfte. Schon die Lieferung und Wegebesserungen haben die Pferde schon ganz ruiniert und viele sind schon krepiert; wie das enden wird, weiß ich nicht, und mein Kopf, alles, was von mit verlangt wird, ist zu schwach, nicht einmal es zu berechnen, viel weniger, es dahin zu bringen, dass es ausgeführt wird. Die Fourage müssen wir bis aus Rastenburg für sämtliche Compagnien alle 3 Tage holen, und der Weg ist gar nicht mehr zu passieren. Bis Weihnachten gebe ich dem Bauern Zeit, dann hat er kein Brot, auch keine Pferde und Futter mehr. Wären doch lieber die Russen gekommen, die hätten uns doch wenigstens einen schleunigen Tod sterben lasen, aber jetzt zwingt man uns an einen langsamen selbst Hand anzulegen. Hier in Gr. Steinort habe ich 1/2 Compagnie nebst dem Major von Wussow und 2 Lieutenants, auch 28 Pferde. Meine besten Ställe auf sämtlichen Vorwerken sind mit königlichen Pferden besetzt und mein Vieh und Pferde weiß ich nirgends zu lassen. Das bisschen Futter muss ich teils liefern, teils wird es mir gestohlen. Der Wald wird ruiniert und die Zäune verbrannt, denn der Bauer kann mit seinen Pferden nicht mehr Holz anfahren. Kurz, den Gütern wird eine Wunde geschlagen, die vielleicht in 10 Jahren nicht geheilt werden kann. Vielleicht können Ew. Hochgeboren zur Verminderung dieses grausamen Übels was beitragen, oder geben Hochdieselben mir wenigstens einen guten Rat, denn sonsten habe ich ja keinen, der mir solchen erteilt. Das Wirrwarr ist zu groß, um das Detail denenselben genau zu beschreiben, es soll aber bei der ersten Gelegenheit geschehen.   Editorische Auslassung [...]

Zitierhinweis

Friedrich August Berent an Carl Friedrich Ludwig Graf von Lehndorff. Steinort, 18. Oktober 1805. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_ctr_kks_lcb