9. September 1870

Meine liebe Anna!

Du wirst wohl erfahren haben, dass auch wir, wie einige andere unserer Landsleute, hier in Basedow ein Lazarett errichtet und dazu das Torhaus für 20 Verwundete, welche wir jeden Augenblick erwarten, eingerichtet haben. Da ich nun vom Fürsten Pless durch unseren Landesdelegierten, General von Zülow, zum Direktor dieses Lazaretts beordert bin, so habe ich reichlich zu tun; darum mein Schweigen bis heute. Auch hatte  geb. Gräfin Wartensleben, Schwägerin Anna von Lehndorffs; deren Briefe in: APO, Bestand 382 FA Lehndorff, Nr. 405 (1861-1892).
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Editha
beim Einrichten so viel zu tun, und ist sie auch seit einiger Zeit so angegriffen, dass sie nicht schreiben kann.

Nun habe ich aber heute, Freitag früh, 1 Stunde Zeit; da will ich eben suchen, so gut es ich kann, Dir Deinen letzten Brief zu beantworten. Vorher aber danke ich Dir noch recht herzlich für Deinen lieben Brief zum 26. mit den aufrichtigen Glücks- und Segenswünschen für mich, so wie auch für dein trefflich gelungenes Bild. Bitten tue ich Dich aber noch um die Bilder Deiner Kinder, die ich bis jetzt nur   Carl E. von Lorck, (Hrsg.), Die Schröttersche Chronik aus Wohnsdorf, hrsg. unter Mitwirkung von Johann Georg von Rappard, Limburg/Lahn 1969.
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en miniature auf einem Bilde mit Dir
zusammen besitze, und möchte sie doch gern einzeln haben.   Editorische Auslassung [...]

Wir danken Dir auch recht herzlich, dass Du uns Carls Brief hast übersenden lassen. Es hat uns ungemein interessiert, als wir ihn lasen, er schildert alles so genau. Gott gebe nur, dass er nach dem Kriege wohl, frisch und gesund zu Dir und Deinen Kindern zurückkehren möge.

Er sei recht gesund, konnte aber nicht nach Helgoland fahren, wo er sonst immer seine Rückenschmerzen kuriert habe.

Der Verwundete Graf Wartensleben ist mein dritter Schwager Alfred, der beim ersten Garde-Regiment stand. Der Beinknochen über dem Knöchel ist zerschmettert, so dass ich fürchte, dass eine Amputation unvermeidlich. Sollte das aber nicht sein und er kann transportiert werden, so reise ich nach Frankfurt und hole ihn ab hierher.

  Editorische Auslassung [...]

Bitte grüße von mir alle Deine Gäste freundlich und behalte lieb Deine Dich treu und innig liebenden Geschwister! Cuno und Editha

Zitierhinweis

Cuno Graf von Hahn an Anna Gräfin von Lehndorff. 9. September 1870. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_gnw_vgn_2db